Protocol of the Session on September 28, 2017

Sie lachen zu Recht, denn dann kam nämlich gestern Ihr Last-Minute-Dringlichkeitsantrag. Aus nachdenklich wurde fassungslos. Ganz ehrlich, ich finde es eine

Frechheit, einen solchen Antrag nach einem Volksentscheid vorzulegen. Wären Sie damit vor einem Jahr gekommen, hätten Sie Ihren großen Masterplan

[Carola Bluhm (LINKE): Welcher Masterplan?]

irgendeinmal vor dieser Entscheidung zu Papier gebracht,

[Sebastian Czaja (FDP): Wir haben ein Gesetz vorgelegt. Das haben Sie abgelehnt!]

dann hätten wir uns parlamentarisch – das ist nämlich Ihr Job – damit auseinandersetzen und vielleicht auch qualifizieren können.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Stattdessen haben Sie nicht nur die Unverfrorenheit, zu spät zu kommen – Nein! Das haben Sie gerade noch einmal in Ihrer Rede deutlich gemacht –, Sie haben überhaupt keinen Plan davon, wie diese Offenhaltung realisiert werden soll.

[Holger Krestel (FDP): Deswegen haben wir es aufgeschrieben!]

Statt praktikabler Vorschläge, wie man eine Offenhaltung umsetzen könnte, präsentieren Sie vier Tage nach dem Volksentscheid – was? Sie präsentieren eine Wunschliste an den Senat. Herzlichen Glückwunsch!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Vallendar von der AfD-Fraktion?

Ach nein, danke! – Sie wissen selbst nicht genau, wie es laufen soll, aber der „blöde Senat“ soll sich jetzt einmal überlegen, wie er das umsetzt. – Herzlichen Glückwunsch! Dann fordern Sie auch noch Sachen, die vom Volksentscheid nicht einmal abgedeckt sind, beispielsweise wie die Bebauung der Elisabeth-Aue.

[Sebastian Czaja (FDP): Es ist doch nur logisch, dass da gebaut werden muss, wenn Tegel offengehalten wird!]

Wissen Sie, ganz ehrlich, bei einem solchen Vorgehen ist das Ergebnis vom Sonntag leider keine Überraschung.

[Zuruf]

Schauen wir uns Ihre Wunschliste doch einmal ganz genau an. Wir sollen den Landesentwicklungsplan ändern, damit es keine Flughafenfestlegungen mehr gibt. Haben Sie eigentlich einmal darüber nachgedacht, was das konkret bedeutet?

[Sebastian Czaja (FDP): Mehr als Sie!]

Sicher! Selbst wenn wir das tun würden, könnten wir doch mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass

Brandenburg Ihrem Superplan nicht zustimmen würde. Das hieße, wir müssten das einseitig tun, was zur Folge hätte, dass wir mindestens drei Jahre warten müssten, bis das in Kraft tritt.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Bis dahin wird der BER ohnehin nicht fertig! Was soll denn das?]

Was hätte das zur Folge? – Wir stellen doch damit nicht nur den Flughafen infrage. Wir stellen alles, was zwischen dem Land Berlin und dem Land Brandenburg an Verkehrsplanung, an Wohnungsbau, an Bauplanung, an Infrastrukturplanung, an gemeinsamer Bildung gemacht wird, infrage.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Ich habe gesagt, was Sie tun müssen – Landesentwicklungsplan!]

Wenn das für Sie verantwortungsvolle Politik ist? Für mich ist es das nicht.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Das politische Porzellan, das wir damit zerschlagen, ist überhaupt nicht mehr zu kitten.

[Stefan Evers (CDU): Das ist Populismus!]

Nehmen wir einmal an, wir würden es trotzdem machen, könnten wir 2021 frühestens Ihren ersten Wunsch erfüllen, nämlich den Widerruf vom Widerruf widerrufen und die Entwidmungsverfügung entwidmen. Das hieße, wir könnten den Weiterbetrieb von Tegel frühestens 2022 sichern.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Weil vorher der BER doch gar nicht fertig ist!]

Das ist noch sehr optimistisch gerechnet. Es wären mindestens fünf Jahre von einem juristisch hoch riskanten „hätte, könnte, würde“, ohne dass es ein wasserfestes Rechtsgutachten gibt. Wahrscheinlich würde es doppelt so lange dauern, doppelt so lange, eine Zeit, in der vor allem Anwaltskanzleien in dieser Stadt profitieren, aber Häuser an Wert verlieren, Unternehmen ihre Pläne in die Schublade stecken können, es keine Planungssicherheit gibt, 13 000 Wohnungen allein in Spandau nicht gebaut werden können.

[Heiko Melzer (CDU): Hätte der BER denn dann schon eröffnet?]

Das ist Ihnen alles egal. Ich finde das unverantwortlich.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Immerhin haben Sie erkannt, dass man Lärmschutzmaßnahmen für den Weiterbetrieb brauchte, Kostenpunkt 400 Millionen Euro bis über 1 Milliarde Euro. Das zahlt aber nicht der Senat

[Christian Gräff (CDU): Auch!]

oder die Steuerzahler. Das würde die Flughafengesellschaft bezahlen. Die würden wir dann im Direktflug in

den Bankrott befördern. Dann hätten Sie zwar Ihren Flughafen, aber keinen Betreiber mehr.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Lachen bei der AfD – Georg Pazderski (AfD): Da macht sogar der Finanzsenator schon die Augen zu bei dem, was Sie hier erzählen!]

Dann wollen Sie, dass wir neue Flächen finden.

Ich bitte wieder um etwas Ruhe!

Was schlagen Sie vor? Kleingärten plattmachen, Elisabeth-Aue beplanen, und den Rest soll sich der Senat aus der Rippe schneiden? Selbst zur Beuth-Hochschule haben Sie keinen Vorschlag gemacht. Dass die FeuerwehrAkademie keine andere Fläche hätte als Tegel, wissen Sie selbst.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Schon wieder falsch!]

Das wissen Sie, und trotzdem tun Sie so, als wäre dies möglich.

Liebe Opposition! Ich kann verstehen, dass Sie so viel Hoffnung in den Berliner Senat setzen. Das tun die Berliner und Berlinerinnen auch. Wir können vieles, aber eines können wir nicht: zaubern! Meine Oma hat immer gesagt: Wünschen kann man sich alles –, aber wir machen hier Politik und nicht Wolkenkuckucksheim.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zurufe von der FDP]

Was Sie hier heute als Blaupause zur Offenhaltung Tegels verkaufen wollen, ist lediglich die Offenlegung Ihrer eigenen Ratlosigkeit. Sie wissen, dass das nicht möglich ist – an keiner einzigen Stelle.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Holger Krestel (FDP): Da war Ihre Oma aber schon weiter!]

Hätten Sie das früher eingesehen, hätten wir uns die ganze Debatte sparen können.

Ich habe einen Wunsch: Kommen Sie endlich Ihrer Verantwortung als gewählte Abgeordnete und Vertreter dieser Stadt nach! Kontrollieren Sie die Regierung, treiben Sie sie an!

[Christian Gräff (CDU): Machen wir!]

Aber verschwenden Sie nicht unsere Zeit mit Scheindebatten, sondern lassen Sie uns über die echten Probleme reden!