Sie lachen zu Recht, denn dann kam nämlich gestern Ihr Last-Minute-Dringlichkeitsantrag. Aus nachdenklich wurde fassungslos. Ganz ehrlich, ich finde es eine
Frechheit, einen solchen Antrag nach einem Volksentscheid vorzulegen. Wären Sie damit vor einem Jahr gekommen, hätten Sie Ihren großen Masterplan
dann hätten wir uns parlamentarisch – das ist nämlich Ihr Job – damit auseinandersetzen und vielleicht auch qualifizieren können.
Stattdessen haben Sie nicht nur die Unverfrorenheit, zu spät zu kommen – Nein! Das haben Sie gerade noch einmal in Ihrer Rede deutlich gemacht –, Sie haben überhaupt keinen Plan davon, wie diese Offenhaltung realisiert werden soll.
Statt praktikabler Vorschläge, wie man eine Offenhaltung umsetzen könnte, präsentieren Sie vier Tage nach dem Volksentscheid – was? Sie präsentieren eine Wunschliste an den Senat. Herzlichen Glückwunsch!
Ach nein, danke! – Sie wissen selbst nicht genau, wie es laufen soll, aber der „blöde Senat“ soll sich jetzt einmal überlegen, wie er das umsetzt. – Herzlichen Glückwunsch! Dann fordern Sie auch noch Sachen, die vom Volksentscheid nicht einmal abgedeckt sind, beispielsweise wie die Bebauung der Elisabeth-Aue.
[Sebastian Czaja (FDP): Es ist doch nur logisch, dass da gebaut werden muss, wenn Tegel offengehalten wird!]
Wissen Sie, ganz ehrlich, bei einem solchen Vorgehen ist das Ergebnis vom Sonntag leider keine Überraschung.
Schauen wir uns Ihre Wunschliste doch einmal ganz genau an. Wir sollen den Landesentwicklungsplan ändern, damit es keine Flughafenfestlegungen mehr gibt. Haben Sie eigentlich einmal darüber nachgedacht, was das konkret bedeutet?
Sicher! Selbst wenn wir das tun würden, könnten wir doch mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass
Brandenburg Ihrem Superplan nicht zustimmen würde. Das hieße, wir müssten das einseitig tun, was zur Folge hätte, dass wir mindestens drei Jahre warten müssten, bis das in Kraft tritt.
Was hätte das zur Folge? – Wir stellen doch damit nicht nur den Flughafen infrage. Wir stellen alles, was zwischen dem Land Berlin und dem Land Brandenburg an Verkehrsplanung, an Wohnungsbau, an Bauplanung, an Infrastrukturplanung, an gemeinsamer Bildung gemacht wird, infrage.
Nehmen wir einmal an, wir würden es trotzdem machen, könnten wir 2021 frühestens Ihren ersten Wunsch erfüllen, nämlich den Widerruf vom Widerruf widerrufen und die Entwidmungsverfügung entwidmen. Das hieße, wir könnten den Weiterbetrieb von Tegel frühestens 2022 sichern.
Das ist noch sehr optimistisch gerechnet. Es wären mindestens fünf Jahre von einem juristisch hoch riskanten „hätte, könnte, würde“, ohne dass es ein wasserfestes Rechtsgutachten gibt. Wahrscheinlich würde es doppelt so lange dauern, doppelt so lange, eine Zeit, in der vor allem Anwaltskanzleien in dieser Stadt profitieren, aber Häuser an Wert verlieren, Unternehmen ihre Pläne in die Schublade stecken können, es keine Planungssicherheit gibt, 13 000 Wohnungen allein in Spandau nicht gebaut werden können.
Immerhin haben Sie erkannt, dass man Lärmschutzmaßnahmen für den Weiterbetrieb brauchte, Kostenpunkt 400 Millionen Euro bis über 1 Milliarde Euro. Das zahlt aber nicht der Senat
oder die Steuerzahler. Das würde die Flughafengesellschaft bezahlen. Die würden wir dann im Direktflug in
[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Lachen bei der AfD – Georg Pazderski (AfD): Da macht sogar der Finanzsenator schon die Augen zu bei dem, was Sie hier erzählen!]
Was schlagen Sie vor? Kleingärten plattmachen, Elisabeth-Aue beplanen, und den Rest soll sich der Senat aus der Rippe schneiden? Selbst zur Beuth-Hochschule haben Sie keinen Vorschlag gemacht. Dass die FeuerwehrAkademie keine andere Fläche hätte als Tegel, wissen Sie selbst.
Liebe Opposition! Ich kann verstehen, dass Sie so viel Hoffnung in den Berliner Senat setzen. Das tun die Berliner und Berlinerinnen auch. Wir können vieles, aber eines können wir nicht: zaubern! Meine Oma hat immer gesagt: Wünschen kann man sich alles –, aber wir machen hier Politik und nicht Wolkenkuckucksheim.
Was Sie hier heute als Blaupause zur Offenhaltung Tegels verkaufen wollen, ist lediglich die Offenlegung Ihrer eigenen Ratlosigkeit. Sie wissen, dass das nicht möglich ist – an keiner einzigen Stelle.
[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Holger Krestel (FDP): Da war Ihre Oma aber schon weiter!]
Ich habe einen Wunsch: Kommen Sie endlich Ihrer Verantwortung als gewählte Abgeordnete und Vertreter dieser Stadt nach! Kontrollieren Sie die Regierung, treiben Sie sie an!
Aber verschwenden Sie nicht unsere Zeit mit Scheindebatten, sondern lassen Sie uns über die echten Probleme reden!