Protocol of the Session on September 28, 2017

rechtliche, finanzielle. Könnten Mittel aus dem Verfügungsfonds oder dem Bonusprogramm dafür genutzt werden? Ich denke, wir haben genug Gesprächsstoff für den Ausschuss, was die Potenziale von Schulkleidung und die Umsetzbarkeit anbetrifft. Was allerdings die Herangehensweise anbetrifft, so sehen wir hier aber klar die einzelnen Schulen und nicht den Senat als Akteure in der Pflicht. Insofern werden wir dem AfD-Antrag in der vorliegenden Form auch nicht zustimmen können.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat die Kollegin Kittler das Wort

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Die Debatte zur einheitlichen Schulkleidung kommt seit Langem immer wieder. Die AfD nimmt hier total alte Hüte wieder auf. Es geht Argumente dafür, es gibt Argumente dagegen. Einige sind hier heute schon genannt worden. Ansonsten kann ich nur sagen, das Argument der Verhinderung des Zwangs zu teuren Markensachen hört sich erst einmal gut an, wird allerdings sofort infrage gestellt, wenn überlegt wird, was eigentlich dazu gehören soll. Denn von den Sneakers bis zur Winterjacke oder vom Schulrucksack bis zum Mobile Phone würde noch jede Menge an Markensachen möglich sein. Es wird damit überhaupt nicht verhindert. Es würde sich hundertprozentig darauf verlagern.

Das Argument der Zusammengehörigkeit mag eines sein, Möglichkeiten der Diskriminierung, weil man zum Beispiel zu einer Schule gehört, die nicht so anerkannt ist, können aber nicht ausgeschlossen werden. Meine Kollegin aus der SPD-Fraktion hat darauf schon hingewiesen.

Letztlich ist die Frage zu stellen, was das kosten und wer das bezahlen soll. Auch das hat hier heute schon Raum gefunden. Sollen Eltern oder das Land Berlin zahlen? Das wäre auch die Frage. Um es noch einmal ganz kurz zum Schluss zu sagen: Jede Schule kann das beschließen. Es können Schüler und Schülerinnen, Eltern, Pädagogen beantragen. Ich kenne eine Schule in freier Trägerschaft in meinem Bezirk, die das auch macht. Aber dort hängt natürlich auch ein bisschen mehr Geld bei den Eltern daran. Die Mehrheit der Berliner Schulen hat Angebote wie T-Shirts oder Hoodies oder Ähnliches im Angebot. Das können die Schüler und Schülerinnen bzw. deren Eltern kaufen, oder sie können es auch lassen. Bei Sportteams von Schulen ist es üblich, dass sie ein T-Shirt haben. Insofern ist fakultativ längst Realität in den meisten Schulen. Also muss sich der Senat hier nicht einmischen. – Das war es.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Fresdorf das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kittler! Ich bin erschrocken: Wir sind uns schon wieder einig. Seitdem wir in dieses Hohe Haus zurückgekehrt sind, rede ich hier mit Ihnen über die selbstständige Schule. Genau da gehört es hin, in die Entscheidungshoheit der Schule. Wenn sich eine Schule mit all ihren Gremien darauf verständigt, auf Wunsch der Schülerinnen und Schüler, dass einheitliche Schulkleidung getragen wird, müssen wir uns nicht die Uniform vorstellen, die Sie sich vielleicht vorstellen, sondern vielleicht ein T-Shirt oder ein Hoodie, wie Sie es zu Recht sagten, Frau Kittler, dann ist das in Ordnung. Es funktioniert auch an einigen Schulen. Im wohl schönsten Bezirk dieser Stadt, in Spandau, gibt es Grundschulen, die das erfolgreich an einem Tag in der Woche durchführen, an dem die Kinder freiwillig mit einem T-Shirt mit Schulemblem zur Schule kommen und ein tolles WirGefühl erzeugt haben. Das funktioniert. Das erfolgte aber auf Wunsch der Schülerinnen und Schüler. Dort gehört es hin. Ich weiß nicht, warum jetzt der Senat kommen und sagen soll: Leute, ihr könnt übrigens auf eigenen Wunsch einheitliche Schulkleidung tragen. – Das wissen sie. Sie machen es vielleicht auch gerade deswegen nicht, weil sie es nicht wollen. Die müssen nicht dort hingetrieben werden.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Es ist aber ein anderes Staatsdenken, dass Sie vertreten, verehrte Kollegen von der AfD, als wir. Wir denken nicht, dass es aufoktroyiert werden muss, sondern wir denken, dass es aus der Schule selbst herauskommen muss. Wir werden jede Schule dabei unterstützen, wenn sie das machen möchte. Ansonsten freue ich mich auf die Ausschussberatung. Vielleicht kann man das auch noch qualifizieren. Dann schauen wir einmal.

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Tomiak das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir beschäftigen uns heute auf Antrag der AfD mit der Einführung von Schuluniformen an Berliner Schulen. Weder

(Hildegard Bentele)

ist das Thema aktuell eine große Debatte an Berliner Schulen, noch besteht dafür eine Notwendigkeit. Die Fraktion der AfD beteiligt sich selbst in der Regel nur mangelhaft an relevanten Themen im Bereich Bildung. Zu den Haushaltsberatungen wurden Berichtsanträge zu spät gestellt, und gegen die gemeinsam beschlossenen Regularien bei Anhörungen werden Anzuhörende zu völlig anderen Thematiken befragt, als auf der Agenda stehen. Wie überall glänzt die AfD auch beim Thema Bildung nur mit einem: mit populistischem Nonsens.

Der eineinhalbseitige Antrag der AfD führt zwei Studien zur Unterstreichung der These auf. Die beiden angeführten Studien sind aus den USA. Es ist nicht wirklich sinnvoll, die pädagogische Situation in den Vereinigten Staaten mit jener an Berliner Schulen zu vergleichen, da mitunter massive sozioökonomische und kulturelle Unterschiede in der Bildungslandschaft vorherrschen. Weiterhin scheint die AfD die Studien selbst nicht gelesen zu haben, denn sie schreibt, dass in diesen Studien positive Effekte von Schulkleidung belegt würden. Dem ist aber mitnichten so.

Schauen wir uns die Studien an, Studie Nr. 1: Bei der Studie „Uniforms in the Middle School“, bei der Uniformen als Reaktion auf Sicherheitsprobleme und gangbezogene Vorfälle erprobt wurden, lassen Sie unerwähnt, dass 87,3 Prozent der Schüler sagen, dass sie keine Schuluniform tragen möchten. Das allein wäre für mich Argument genug, um die Debatte abzuhaken, denn Schüler entgegen ihrem Willen in eine aufgesetzte Konformität zu zwingen, halte ich für höchst problematisch.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Jeder Schüler ist ein eigenständiger Mensch. Und ja, es gibt soziale und ökonomische Unterschiede auch unter den Berliner Schülerinnen und Schülern. Diese vorhandenen Unterschiede und Ungerechtigkeiten äußerlich unsichtbar zu machen, statt die Ursachen der Ungerechtigkeiten zu bekämpfen, ist der völlig falsche Weg.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Wir müssen dafür kämpfen, dass alle Schülerinnen und Schüler dieselben Bildungschancen bekommen, und nicht so tun, als könnten wir soziale Gerechtigkeit erreichen, wenn alle dasselbe Hemdchen tragen. Die Idee mit den blauen Hemdchen ist auch nicht neu, aber ich bin ernsthaft überrascht, dass sie von Ihrer Seite kommt.

Zurück zur Studie! Der Absatz „Discussion“ endet auf – ich übersetze –:

Jedoch wurden unsere Ergebnisse nicht mit generellem Abschneiden der Schule verglichen, was bedeutet, dass die Ergebnisse bezüglich der Reglementierung der Uniformierung nicht abschließend beurteilt werden können.

Studie Nr. 2, die Studie „Dressed for Success: Do School Uniforms Improve Student Behavior, Attendance, and Achievement?“, rekurriert auf Seite 1 in der Einführung auf eine Studie aus 1998, die kaum Unterschiede in Bezug auf Anwesenheit, Verhaltensprobleme oder Drogenmissbrauch feststellt, sondern, im Gegenteil, dass die Einführung von Uniformen negativ mit Testergebnissen korreliert. Auch aus dieser Studie habe ich einige Zitate mitgebracht und war so frei, sie zum besseren Verständnis zu übersetzen: Seite 1:

Jedoch bleiben die Auswirkungen der Uniformen auf die Schüler unklar.

Seite 9:

Die Ergebnisse zeigen kein klares Bild. In keinem Fall sind die Spezifikationen statistisch signifikant, daher können wir nicht behaupten, dass Uniformen Auswirkungen haben.

Seite 11:

Erneut können wir nicht final behaupten, dass es Auswirkungen gebe, da es keinen Fall gibt, in dem die Modelle statistisch signifikant wären.

Bei den entsprechenden Auswirkungen bezieht sich die Studie auf Verbesserungen im Bereich des Sozialverhaltens, der Anwesenheit und der Testergebnisse der Schüler.

Ich habe noch eine Kleinigkeit zum Mitmachen mitgebracht. Nehmen Sie Ihr digitales Endgerät zur Hand, und gehen Sie in die Google-Suche. Jetzt geben Sie die Worte „scientific studies pro school uniforms“ ein. Enter! Klicken Sie auf das zweite Suchergebnis, scrollen Sie runter, und gucken da auf die referenzierten Studien! Sie werden, wenn Sie das machen, sehen, was ich meine. Einmal die eigene Position googeln, das zweite Ergebnis als Quelle nehmen, nicht mal lesen, ob die Quelle inhaltlich zu einem passt oder nicht – das kann man machen, aber ich finde es peinlich.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Stefan Förster (FDP)]

Ferner bezieht sich die AfD auf die positive Auswirkung von Schulkleidung in Großbritannien und in Brandenburg. Hier zieht die AfD keine Studien heran, die ihren Aussagen widersprechen würden; hier wird einfach nur behauptet. Die AfD führt als Hauptargument eine nicht näher genannte nichtöffentliche INSA-Studie an, laut der 81 Prozent der Befragten Befürworter der Einführung von Schuluniformen seien. Es wäre allerdings sinnvoll, die Studie zu veröffentlichen, denn zumindest bei den anderen zurate gezogenen Studien stellen wir fest, dass sie nicht imstande sind, wissenschaftlich zu arbeiten. Ich helfe da gerne nach.

Abschließend möchte ich anmerken, dass die Fraktion der AfD selbst das beste Beispiel dafür ist, dass schicke

Hemdchen nicht leistungssteigernd wirken, sonst hätte sie bei ihren feinen Anzügen einen vernünftigen Antrag abgeliefert. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Herr Wild gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Wie gewohnt, beträgt die Redezeit bis zu drei Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Warum Schuluniformen wichtig sind: Wir wollen unsere Kinder zu selbstbewussten Teamplayern erziehen, die wissen, wer sie sind und wo sie hingehören. Wir wollen unsere Kinder nicht zu Schaufensterpuppen und Modemarken erziehen. Für die Einführung von Schuluniformen in Berlin spricht: Die Schüler fühlen sich wohler, die Leistungen verbessern sich, Mobbingtendenzen nehmen ab, das Wir-Gefühl wird gestärkt, und die Kosten für die Eltern sinken.

[Dr. Ina Maria Czyborra (SPD): Nein!]

Ich weiß nicht, wer von Ihnen Kinder hat. Wenn Sie Kinder haben und teure Markenklamotten kaufen müssen, wissen Sie, wovon ich spreche.

Es gibt in Berlin, aber auch in Brandenburg mehrere Beispiele, wo es – zumindest mit Pullovern – ganz gut läuft. Die Schuluniform in England ist typischerweise eher eine Ganzkörperuniform, zum Teil auch mit gleichen Schuhen.

[Zuruf von Joschka Langenbrinck (SPD)]

Plappern Sie mir nicht unqualifiziert dazwischen!

[Heiterkeit bei der AfD]

Eine Studie der Universität Münster ergibt, dass 54 Prozent der befragten Lehrer für die Einführung von Schuluniformen sind, jedoch nur 20,6 Prozent dagegen. Eine Studienrätin formulierte: Schule ist keine Party, Schule ist Arbeitsplatz. – Es geht in der Schule darum, Lerninhalte zu vermitteln, und nicht um Wettbewerb, wer die trendigsten und teuersten Klamotten trägt. Das Übertreiben der individuellen Selbstentfaltung erschwert grundsätzlich das Vermitteln von Regeln.

Eine verpflichtende Schulkleidung hat in Deutschland keine Tradition, deswegen favorisiere ich ein Modell, das man an Pilotschulen ausprobiert, um dann zu schauen, ob es funktioniert. Dann können wir das Volk entscheiden lassen. Machen wir eine Volksentscheidung, ob die Menschen in Berlin das wollen!

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Schuluniformen setzen einen Kontrapunkt zu den linksrot-grün versifften pädagogischen Experimenten, die Sie in den letzten Jahren gemacht haben, ich sage nur: Gender, JÜL, Inklusion, Abschaffung der Realschulen – eine Katastrophe nach der anderen!

[Zurufe von Regina Kittler (LINKE) und Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Ich befürworte den Antrag der AfD-Fraktion. – Schönen Dank!