Protocol of the Session on September 28, 2017

[Sebastian Czaja (FDP): Das haben wir gemerkt!]

Das war sozialpolitisch verwerflich. Dafür kann sich auch die CDU die Frage stellen, wenn Herr Friederici hier ein flammendes Plädoyer für einen Ermäßigungstarif für Einzelfahrkarten hält und das für die Frage sozialer Gerechtigkeit hält, dann hat er irgendwas nicht verstanden. Natürlich ist die Tariffrage beim Thema Mobilität eine sehr spannende und wichtige, aber diese Spezialfrage ist nicht die allein entscheidende.

[Sebastian Czaja (FDP): Aber eine wichtige!]

Jetzt noch einmal ein Punkt, wo wir schon dabei sind: Wir haben als Koalition schon wesentliche Punkte herausgegriffen. Wir haben das Sozialticket mit 27,50 Euro deutlich günstiger gemacht. Das hat sehr vielen Familien geholfen. Wir haben jetzt eben auch festzustellen, dass im Jahr 2018 die Fahrpreise nicht steigen werden. Auch das hat mit dieser Regelung zu tun, auch wenn der VBB etwas anderes verkündet. Das ist Sozialpolitik, wie wir sie machen wollen und wie es sinnvoll ist.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Last but not least, nur um zu zeigen, was diese Arbeitsgruppe alles leisten müssen wird und wie weit das Feld dort ist: Es wird dort um Azubitickets gehen, um Jobtickets, um Kombitickets, es wird darum gehen, die ganze Tarifsystematik einfacher zu machen, wenn es darum geht, ob man das Sozialticket auf Wohngeldempfänger ausweiten kann, um die Frage von sozial verbesserten Schülertickets, will heißen Kostenfreiheit oder deutlich reduziert – das alles wird da behandelt werden und zu diskutieren sein.

[Sebastian Czaja (FDP): Wann kommt das Ergebnis?]

Da nehmen wir gerne Ihren Aspekt mit auf, aber es ist wirklich – und dabei bleibe ich – nur ein Aspekt und auch nicht der entscheidende Aspekt. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz und mitberatend an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch hierzu höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Ich komme zu

(Stefan Gelbhaar)

lfd. Nr. 18:

Unzulässige Eingriffe in Privatsphäre sofort stoppen! Grundrechte von Berlins Lehrkräften schützen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/0548

[Beifall von Paul Fresdorf (FDP)]

In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU und hier die Kollegin Bentele.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Umfragen kommen, Umfragen gehen, weshalb sollte uns eine besonders interessieren oder sogar aufregen? Wir diskutieren heute über die Studie „Wie viel Vielfalt verträgt Schule?“, weil diese auf einen Beschluss des Abgeordnetenhauses zurückgeführt wird. Wir mussten selbst erst einmal suchen, welche eigentlich gemeint war, und haben dann festgestellt, da hat der Senat bei der Aufgabenstellung ganz schön gedreht. Bei Beschluss von Drucksache 17/1683 ging meine Fraktion davon aus, dass – so wie es unter Punkt g auch steht – eine Studie über die Lebenssituation von LSBTIJugendlichen angefertigt werden sollte, dass also ganz klar die Jugendlichen im Fokus stehen und natürlich auch befragt würden. Auch bei der Bundesstudie, auf die in dem Beschluss Bezug genommen wird, handelte es schließlich um eine Befragung von 5 000 Jugendlichen.

Der Titel der Befragung, die die Senatsverwaltung für Bildung aber herausgegeben hat, lautet: „Wie viel Vielfalt verträgt Schule?“, und untersucht werden sollen Verhaltensweisen, Einstellungen und Annahmen von Lehrkräften. Im Erkenntnisinteresse stehen also wahlweise die Institution Schule oder die Lehrkräfte, nicht aber die Jugendlichen, so wie wir es beschlossen haben. Sie erzeugen gegenüber den Schulleitungen also den Eindruck höherer Legitimität, die es bei wahrer Nennung des Erkenntnisinteresses gar nicht gegeben hätte, denn für eine Lehrerbefragung und der Abfrage der sexuellen Orientierung gibt es in meiner Fraktion nämlich keine Mehrheit.

Was die Senatsverwaltung für Bildung hier gemacht hat, ist Etikettenschwindel, und es ist ein Vertrauensbruch, was besonders schwer wiegt, weil Vertrauen unter Politikern ein rares Gut ist.

[Lachen von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Wir müssen hier aber auch darüber diskutieren, weil durch die Beauftragung der Befragung Folgendes klar wurde: Die Senatsverwaltung für Bildung lässt Grenzüberschreitungen zu. Als Arbeitgeberin fordert sie ihre Angestellten und Beamten ausdrücklich dazu auf, ihre sexuelle Orientierung preiszugeben und Auskunft über die sexuelle Orientierung ihrer Kollegen und Schüler zu geben.

[Zuruf von der FDP: Krass!]

Selbst wenn die Rohdaten wirklich nur bei den Wissenschaftlern landen sollten, eine solche Abfrage verbietet sich per se.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Die sexuelle Orientierung von Lehrern und Schülern muss auch in Berlin und auch unter Rot-Rot-Grün Privatsache bleiben dürfen. Am Arbeitsplatz darf keinerlei Druck ausgeübt werden, sich zu seiner sexuellen Orientierung positionieren zu müssen. Es darf auch kein Klima für Schnüffelei geschaffen werden, indem der eine Mutmaßungen über die sexuellen Orientierungen der anderen anstellt.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der AfD]

Diese Umfrage rührt an Grundrechte. Sie ist übergriffig und respektlos und deshalb sofort zurückzuziehen.

Zu guter Letzt: Wozu wird denn die Angabe der sexuellen Orientierung aus wissenschaftlichen Gründen gebraucht? Soll diese Studie in Wirklichkeit etwa dazu dienen, einen Zusammenhang zwischen der sexuellen Orientierung und pädagogischer Kompetenz herzustellen?

[Lachen von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Von solchen Gedankenspielen kann ich nur dringend abraten, Frau Kofbinger!

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Ich auch!]

Berliner Lehrer, egal ob sie lesbisch, schwarz, muslimisch oder CDU-Wähler sind, müssen die Sicherheit haben, dass ihnen volle pädagogische Leistungen in allen Bereichen zugetraut und sie ausschließlich nach Leistung eingestellt und befördert werden.

[Beifall von Dr. Hans-Christian Hausmann (CDU) – Anja Kofbinger (GRÜNE): Aber sie haben das getan, Entschuldigung! – Sebastian Walter (GRÜNE): Darum geht es doch gar nicht! – Dr. Hans-Christian Hausmann (CDU): So sieht‘s aus!]

Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Die Senatsverwaltung für Bildung hat einer im Kern –

[Zurufe von den GRÜNEN]

Jetzt hören Sie einfach mal zu, bevor Sie sich totlachen!

[Georg Pazderski (AfD): Das wär doch mal was! – Anja Kofbinger (GRÜNE): Ich lach mich jetzt schon tot! Machen Sie weiter!]

guten Sache einen Bärendienst erwiesen. Ziehen Sie dieses Experiment zurück! Setzen Sie den Parlamentsauftrag um! Befragen Sie die Berliner LSBTI-Jugendlichen selbst und lassen nicht zuerst andere über sie sprechen! – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Dr. Lasić das Wort.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Sie haben es nicht verstanden, Frau Bentele! – Georg Pazderski (AfD): Aber wichtig ist, dass Sie es verstanden haben! – Zurufe von der CDU]

Können wir weitermachen?

[Paul Fresdorf (FDP): Wir wären so weit!]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist gut, dass ich hier stehe, denn auch ich habe mich nach der Martenstein-Kolumne mit kritischen Fragen an die Senatsverwaltung gewandt. Damit stehe ich hoffentlich nicht im Verdacht, mich dem Thema mit Scheuklappen zu widmen. – Was Sie hier verzapft haben, liebe CDU, ist aber Quatsch. Zwischen der Kolumne und dem heutigen Plenum sind zehn Tage vergangen. In diesen Tagen haben sich eine Reihe Fragen geklärt, eigentlich auch für Sie, liebe CDU, spätestens nach dem letzten Bildungsausschuss. Da Sie Fakten jedoch offenbar gern ignorieren und lieber plakative Schaufensteranträge verabschieden, ordne ich die Sachlage für die Zuhörerinnen und Zuhörer gern ein.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Fakt ist, es gab eine umfassende Befragung der Lehrkräfte zum Umgang mit sexueller Vielfalt im Unterricht, und eine von sehr vielen Fragen war auch die nach der sexuellen Orientierung. Jetzt kommen die einzigen Fragen, die für uns zum aktuellen Zeitpunkt von Relevanz sein dürften:

Nummer 1: Wer fragt hier eigentlich nach der sexuellen Orientierung der Lehrkräfte? – Diese Frage ist eindeutig geklärt: nicht die Senatsverwaltung für Bildung, sondern die Wissenschaftler der Sigmund-Freud-Universität. – Nummer 2: Ist man gezwungen, die Frage zu beantworten? – Nein, das ist man nicht. Alles ist freiwillig: die Teilnahme der Schulen, die Teilnahme der einzelnen Lehrkräfte, die Beantwortung der Fragen. – Frage Nummer 3: Werden die individuellen Daten der Senatsverwaltung zur Verfügung gestellt? – Nein, das werden sie nicht. Daten, anhand derer einzelne Schulen oder Personen identifiziert werden können, werden geschützt, zum Beispiel durch die Form der Datenspeicherung und löschung. Auf keinen Fall werden diese Daten an Dritte wie beispielsweise an die Senatsverwaltung für Bildung weitergegeben. – Das war es!

Diese Informationen haben wir alle im Bildungsausschuss bekommen, und damit muss sich der Fall eigentlich für uns alle erledigt haben.

[Beifall von Carsten Schatz (LINKE) – Canan Bayram (GRÜNE): Aber Frau Bentele hat im Ausschuss nicht zugehört!]