Vielen Dank, Herr Kollege Gelbhaar! – Die Aufforderung zum Konsum illegaler Drogen lasse ich einmal beiseite.
Herr Kollege Gelbhaar! Sie sind ja Abgeordneter aus Pankow. Ich möchte Ihnen die Frage stellen, ob Sie jemals mit einem Auto die 114 durch Pankow, Weißensee bis nach Rummelsburg gefahren sind. Dort haben wir viele Tramstrecken, die man unterschiedlich frequentiert, und es gibt die Ampelvorrangschaltung. Wenn Sie das noch dazu an einem Freitagnachmittag machen, haben Sie durch die Konfliktsituation Tram und Auto, ich glaube, eine Stauzeit von netto 20 bis 25 Minuten.
Stimmen Sie mir zu, dass gerade in dieser Situation, auch durch die Ampelvorrangschaltung, eine Straßenbahn eher ein Staufaktor denn eine Verkehrsentlastung ist?
Nein, da stimme ich Ihnen nicht zu. Ganz einfach: Stellen Sie sich vor, die Straßenbahn gäbe es dort nicht! Dann hätten Sie vielleicht eine gefühlt freiere Straße für sich, aber die Leute, die dort die Straßenbahn nutzen, würden trotzdem von A nach B kommen wollen. Das fehlt immer in Ihren programmatischen Ansätzen. Die Leute wollen von A nach B kommen und nehmen entweder das Auto, das Fahrrad oder Bus und Bahn. Wenn Sie die Bahn wegnehmen, werden sie das Fahrrad oder das Auto nehmen. Wenn Sie auf das Auto setzen, wird es noch mehr Stau geben. Deswegen ist es eben nicht schlau, was Sie sagen. Man muss die Straßenbahnen beschleunigen und attraktiv machen, sodass mehr Leute dieses Fahrzeug benutzen. Dadurch wird insgesamt mehr Raum frei, auch für Autofahrerinnen und Autofahrer. Das vergessen Sie, und deswegen bekommen Sie in der Verkehrspolitik keinen Fuß auf den Boden, solange Sie diesen Punkt – Angebot schafft Nachfrage – nicht in Ihren Planungen und Gedanken berücksichtigen.
Letzter Punkt: Wir machen uns hiermit auf den Weg. Die Straßenbahn ist ein hocheffizientes Verkehrsmittel. Berlin kennt die Straßenbahn im Osten sehr gut. Es kannte sie früher in allen Stadtteilen. Sie wurde damals massiv angenommen und hatte so viele Fahrgäste wie heutzutage die BVG mit U-Bahn, Bussen und Bahnen zusammen. Man muss sich immer wieder vor Augen führen, was eine Straßenbahn leisten kann. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Für die Fraktion der FDP hat jetzt der Abgeordnete Herr Schmidt das Wort. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ist ein entscheidender Beitrag zu einer wachsenden und vor allem zu einer funktionierenden Stadt, die uns am Herzen liegt. Er ist natürlich ganz besonders da wichtig, wo Neubaugebiete erschlossen oder Wohngebiete verdichtet werden. Der ÖPNV ist wesentlicher Teil einer integrierten Stadtplanung, die wir als FDP-Fraktion konsequent verfolgen, und ein Ansatz der Stadtplanung, der in der Vergangenheit oft genug versäumt wurde, sonst hätten wir manche der Verkehrsprobleme nicht, die wir heute schon haben.
Unsere Überlegung ist aber, welches Verkehrsmittel für die jeweilige Erschließung optimal ist. Das muss im Einzelfall ganz rational abgewogen und betrachtet werden. Deshalb wollen wir für jeden einzelnen Vorschlag zu den ÖPNV-Trassen prüfen, welche Lösung die beste wäre. Ich finde es bedauerlich, dass sich die Koalitionsfrakti
onen einseitig – ohne eine solche konkrete Betrachtung – immer wieder nur auf Straßenbahnlinien konzentrieren.
Wir haben weder diese Straßenbahneuphorie – nachdem Herr Wolf uns indirekt eben noch die Straßenbahn auf dem Ku‘damm empfohlen hat –, noch haben wir die Straßenbahnallergie, die auf der anderen Seite des Hauses vorhanden ist. Wir sind einfach dafür, das konkret zu betrachten.
Für uns sind aber auch Lückenschlüsse im U-Bahnnetz ausgesprochen wichtig, die die Koalitionsfraktionen unerklärlicherweise nicht angehen wollen. Ganz besonders betrifft das die U-Bahnanbindung des Märkischen Viertels, die mit überschaubarem Aufwand schnell hergestellt werden könnte.
Deshalb, liebe rot-rot-grüne Koalitionsfraktionen, nehmen Sie doch einfach Ihre einseitige Fixierung auf die Straßenbahn zurück, und gehen Sie etwas differenzierter und rationaler an die ganze Sache heran!
Die Straßenbahn ist nur in ganz bestimmten Zusammenhängen sinnvoll, nämlich da, wo sie unbehindert auf einer eigenen Trasse, auf eigenem Gleisbett fahren kann, und da, wo sie nicht in einem sowieso schon überfüllten Straßenraum zu Blockaden führt. Genau das ist aber bei einigen der vorgeschlagenen Trassen der Fall. Das betrifft insbesondere die Straßenbahnlinie Alexanderplatz– Potsdamer Platz–Kleistpark–Steglitz. Diese lehnen wir als FDP-Fraktion ganz eindeutig ab.
Diese konkrete Trassenführung würde nämlich ganz bewusst völlig unzumutbare Stauzustände auf der Leipziger und Potsdamer Straße verursachen, wo sich auch heute schon der Verkehr staut. In diese Engpässe jetzt noch eine Straßenbahn hineinzulegen, würde diese Straßen komplett blockieren. Wir entlasten die Stadt nicht vom Autoverkehr, indem wir bewusst einen Dauerstau auf einzelnen Strecken herbeiführen, sondern nur, indem wir zusätzliche, attraktive Alternativen schaffen. Die Straßenbahn muss deshalb eingesetzt werden, wo sie Sinn macht. Dort, wo sie Sinn macht, unterstützen wir sie auch als FDP-Fraktion: auf eigenem Gleisbett, in guter Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln und ohne massive Behinderung des Straßenverkehrs.
Bei der Verlängerung zur Turmstraße, der Verbindung Schöneweide–Adlershof, beim Ostkreuz und bei der Anbindung von Blankenburg Süd und anderer Neubaugebiete hat die Straßenbahn selbstverständlich ihren Platz. Die Straßenbahn hat aber keinen Platz auf der Potsdamer und Leipziger Straße, auch wenn der damalige
SPD-Senator Strieder illegalerweise schon die Schienen vorab verlegt hat. Nehmen Sie bitte auch hier die einseitige Fixierung auf die Straßenbahn zurück! Bauen Sie Straßenbahnen dort, wo sie Sinn machen, und nicht dort, wo sie den Straßenverkehr bewusst blockieren!
Akzeptieren Sie, dass die U-Bahn erweitert werden muss, und zwar nicht nur ins Märkische Viertel, sondern auch zum Flughafen Tegel! Da sehen wir, anders als Sie, keine Straßenbahnlinie. Zum Westkreuz, zum Ostkreuz und zur Anbindung des BER brauchen wir den schienengebundenen Ausbau des ÖPNV, sonst kann unsere Stadt auf Dauer weder wachsen noch funktionieren. Wir brauchen aber einen Ausbau, der der konkreten Situation angemessen ist. U-Bahn, Straßenbahn, Regionalbahn, S-Bahn – jedes Verkehrsmittel gehört dorthin, wo es am besten passt.
Der vorliegende Antrag erfüllt diese Anforderungen nicht. Wir werden ihn deshalb in der vorliegenden Form ablehnen. Aber wir werden auch ganz konkrete Änderungsanträge in die Haushaltsberatungen einbringen, mit denen wir zeigen, wo aus unserer Sicht welche Linien und Verkehrsmittel hingehören. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Herr Wild gemäß § 64 Absatz 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit hierzu beträgt bis zu drei Minuten. – Sie haben das Wort!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Regierungsfraktionen wollen eine Straßenbahn vor jeden Häuschen haben. Es gibt aber auch Leute, die mit dem Auto fahren müssen. Die Alternative ÖPNV und Individualverkehr kann als Win-win-Situation im öffentlichen Straßenraum auf fertigen Straßen nur dann Erfolg versprechen, wenn der Verkehr fließt. Dazu muss der Individualverkehr aber auch fließen. Folgt man den links-rotgrünen Eselkarrenfraktionen, dann generiert man Straßenrückbau, Straßenhindernisse, und man plant den Stau, den Infarkt.
Für einen fließenden Verkehr braucht man sinnvolle Straßenplanungen. Mehrspurige Einbahnstraßen können da weiterhelfen. Stockt der Verkehr, reserviert man Spuren für den Bus oder – noch schlimmer – wandelt Straßenspuren zu Gleisbereichen um, sinkt natürlich das Durchlassvermögen der Straße. Die Kapazität einer Straße misst sich an den tatsächlich transportierten Menschen und nicht nur an den öffentlich transportierten Menschen.
Straßenbahnen machen eigentlich nur auf eigenen Trassen Sinn, die neben oder unter den Straßen verlaufen, aber dann sind es eben U-Bahnen oder S-Bahnen. Straßenbahnen sind durch die Schienenbindung extrem unflexibel. In den Fünfzigerjahren erkannte man das in freien Teil Berlins. Man schaffte die Straßenbahnen ab. Das war eine gute Entscheidung des Senats. Busse schaffen ähnliche Transportkapazitäten wie Straßenbahnen,
sind flexibel und mit dem Individualverkehr kompatibel. Es gibt Doppelgelenkbusse, die 200 Fahrgäste transportieren können. Straßenbahnen sind Verkehrsmittel aus dem vergangenen Jahrhundert. Sie gehören ins Museum. Für einen abgasarmen Stadtverkehr setzten wir lieber auf sparsame Busse.
Wenn wir uns vorstellen, die Sonnenallee, wo man heute schon kaum durchkommt, würde noch zusätzlich von einer Straßenbahn befahren, wird klar, wo die Infarktplaner hinwollen. Sie wollen in die Urban-Tech-Republic, wie Tegel künftig heißen soll. – Leute, ihr müsst ein Ding an der Waffel haben! Geht in die Republik Freies Wendland, und lasst die Berliner mit diesem Quatsch in Ruhe! – Schönen Dank!
Ich darf darauf hinweisen, dass Formulierungen, die auch nur im Entferntesten etwas mit Beleidigung zu tun haben, unparlamentarisch sind. Dazu dürfte wohl auch gehören: Sie haben etwas an der Waffel.
Weitere Wortmeldungen liegen zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor. – Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz und mitberatend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.