Protocol of the Session on September 28, 2017

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Es kann nur zwei Gründe geben, Herr Czaja, es ist sehr nett, dass Sie das ansprechen: Entweder ist es komplettes Desinteresse, oder es ist ein Signal der mitregierenden Koalitionsfraktionen aus Grünen und Linken, dass sie aus einer gewissen stillen Protesthaltung heraus nicht mit den Sozialdemokraten hier im Saal sein wollen.

[Beifall und Heiterkeit bei der CDU]

Ich kann es mir nur an einem dieser beiden Punkte erklären. Dennoch, danke für diese Zwischenfrage! Das ist vielleicht auch für die Sozialdemokraten erhellend. Noch sind Sie ja hier mit in der Regierung. Im Bund haben Sie ja bedauerlicherweise Angst, künftig in Deutschland zu regieren, weil Sie Ihre eigene Partei schützen wollen, weil Sie vielleicht beim nächsten Mal mehr Stimmen möchten.

[Joschka Langenbrinck (SPD): Wie oft war denn der Senator Czaja nicht vertreten bei seinen Themen?]

Ich komme zurück: Sie haben im Jahr 2016 in Reinickendorf eine Kampagne gefahren, Sie wollen eine U-Bahn verlängern. Sie sind mit wesentlichen Vertretern der SPD Reinickendorf aufgetreten und haben eine Papp-U-Bahn aufgebaut und wollten jetzt sagen: Jetzt geht es los! Wenn Sie uns wählen, dann geht es los. – Sie haben in Neukölln mit der dortigen Bürgermeisterin Franziska Giffey eine

Fürsprecherin für die Verlängerung der U 7 zum Flughafen Schönefeld.

[Mario Czaja (CDU): Vorsicht, die ist jetzt Persona non grata!]

Auch diese Frau ist angetreten mit dem Wahlversprechen, sie wird alles dafür tun, dass die U-Bahn verlängert und der öffentliche Nahverkehr ausgebaut wird. Nichts davon findet sich in der Koalitionsvereinbarung, nichts davon findet sich in diesem Antrag. Sie wollen den öffentlichen Nahverkehr nur dort ausbauen, wo Sie den allgemeinen Verkehr auf der Straße behindern. Sie wollen den öffentlichen Nahverkehr nur dort ausbauen, wo Sie Verkehrsflächen verkleinern, wo Sie Chaos anrichten wollen in dieser Stadt, und das ist Ziel dieses Antrages, nicht der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Ein beredtes Beispiel dieser ideologischen Verkehrspolitik von Rot-Rot-Grün in Berlin ist, dass Sie wider jeden guten Verstand die Straßenbahn vom Alexanderplatz über das Kulturforum weiterbauen wollen. Sie wollen weiter durch die Potsdamer Straße bis zum Rathaus Steglitz. Sie wollen parallel zu einer S-Bahnstrecke, auf der Strecke des Busses 48 einen Parallelbetrieb machen, den es eigentlich in Berlin gar nicht braucht, denn wir haben bereits ein leistungsfähiges Verkehrsmittel der Berliner SBahn dort. – Jetzt komme ich wieder zu Ihrem Antrag, dem Ausbau des ÖPNV, wo Sie nur auf die Straßenbahnen gehen. Wenn Sie diese Strecke aus Steglitz bis nach Mitte ausbauen wollen, dann stimmen Sie doch endlich für die Stammbahn! Dann sorgen Sie dafür, dass die S 1 endlich im Fünf-Minuten-Takt fährt! Alles das steht nicht in diesem Antrag.

Ich sage es noch mal: Dieser Antrag ist zielgerichtet darauf ausgerichtet: Sie wollen bestimmte Menschen für ihr Wahlverhalten bestrafen, weil sie 2016 sich dazu bekannt haben, dass sie eher Auto fahren als öffentlichen Nahverkehr benutzen wollen.

[Lachen bei der LINKEN]

Da können Sie lachen, so viel Sie wollen, gerade von der Linkspartei. Ich weiß, es ist für Sie schwierig, andere Meinungen zu ertragen, aber es ist nun mal in einer Demokratie so, und ich weiß, dass Sie bis heute damit Probleme haben.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Aber es ist ganz klar, ich sage es Ihnen ganz deutlich, die Diffamierung einzelner Verkehrsteilnehmer, ergo hier der Autofahrer, auch des Wirtschaftsverkehrs und auch der BVG-Busse. Sie wollen Verkehrsflächen verkleinern, Sie wollen bewusst Straßenbahnen in normale Straßen legen, um den Individualverkehr zu behindern, und auch die Diffamierung der Menschen, die außerhalb des SBahnringes wohnen, weil sie dort schlechtere Verbindungen haben, ist keine auf ein Zusammenführen unserer Bundeshauptstadt zielgerichtete Politik. Die CDU

Fraktion sagt es ganz deutlich: Mit Ideologie in der Politik sind schon viele Menschen in diesem Land gescheitert. und wenn Sie es in der Verkehrspolitik auch so machen, werden Sie in dieser Koalition auch scheitern.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Ja, ja!]

Sie werden die Akzeptanz für mehr Benutzung im öffentlichen Nahverkehr nicht dadurch gewinnen, wenn Sie bestimmte Verkehrsteilnehmer stigmatisieren, und das tun Sie mit diesem Antrag.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Für die Fraktion Die Linke hat der Abgeordnete Herr Harald Wolf das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Friederici! Sie haben den Kollegen Schopf gelobt, weil er sachlich und unideologisch argumentiere. Das ist zutreffend.

[Udo Wolf (LINKE): Aber nicht Verkehrsteilnehmer diffamieren! – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN der SPD und den GRÜNEN]

Das kann man allerdings von Ihnen nicht sagen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

In der Wahrnehmung von Herrn Friederici ist die Straßenbahn offensichtlich ein Folterinstrument für Autofahrer.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Richtig!]

Ich kann dazu nur sagen: Wenn Sie sich mal umsehen in der Welt, werden Sie feststellen, dass immer mehr große Städte eine Renaissance der Straßenbahn erleben.

[Marcel Luthe (FDP): Havanna!]

Ich wusste gar nicht, dass Sie als Referenzpunkt jetzt Havanna haben. Das ist mir völlig neu.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Weltbürger!]

Wenn Sie sich umsehen, werden Sie feststellen, dass in immer mehr Städten, in den Vereinigten Staaten, in Zürich etc. die Straßenbahn als ökologisches, leistungsfähiges, schnelles und komfortables Verkehrsmittel eine Renaissance erlebt, und das ist kein Folterinstrument für den Autoverkehr, sondern Straßenbahn heißt Straßenbahn, weil sie auf der Straße fährt, und das werden wir in Berlin jetzt auch umsetzen. Die Straßenbahn wird nach dem Willen der Koalition zum Rückgrat des öffentlichen Personennahverkehrs. Deshalb werden wir sie ausbauen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Wir haben die Notwendigkeit des Ausbaus des öffentlichen Personennahverkehrsnetzes einmal aufgrund der wachsenden Stadt. Wir werden das Bevölkerungswachstum und das damit einhergehende wachsende Mobilitätsbedürfnis nicht durch ein Wachstum des Autoverkehrs lösen können, sondern nur durch ein steigendes Angebot im Rahmen des Umweltverbundes, des öffentlichen Personennahverkehrs und des Radverkehrs. Das ist die Perspektive, die wir haben, verknüpft mit intelligenter Mobilität, wo auch das Auto seinen Platz findet, aber es geht darum, dass die wesentliche Achse der Ausbau der Infrastruktur für den Umweltverbund ist, und in diesem Rahmen bildet für uns die Straßenbahn eine ganz wesentliche Säule.

Deshalb haben wir auch klar die Priorität darauf gelegt und nicht auf den U-Bahnbau, denn Sie werden mit der Straßenbahn viel rascher einen wesentlich größeren verkehrlichen Effekt erzielen – Nein, keine Zwischenfragen! – als mit dem teuren Ausbau einer U-Bahnstrecke.

[Michael Dietmann (CDU): Ist doch Quatsch!]

Ein Kilometer Straßenbahn ist 10 bis 15-mal günstiger als ein Kilometer U-Bahn, und auf bestimmten Strecken haben Sie eine ähnliche Beförderungsleistung.

[Holger Krestel (FDP):10 bis 15-mal schlechter!]

Es wird immer über automobile Elektromobilität diskutiert. Wir haben mit der Straßenbahn ein elektromobiles Angebot, das funktioniert, das große Menschenmassen in der Lage ist zu transportieren, und deshalb wollen wir das ausbauen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Wir wollen das Netz der Straßenbahn auch in den Westteil der Stadt führen.

[Holger Krestel (FDP): Pferdewagen! Sie vertreten doch die Partei der Rikschakultur!]

50 Jahre, nachdem am Kurfürstendamm 1967 die letzte Straßenbahn der Ideologie der autogerechten Stadt zum Opfer gefallen ist, werden wir die Straßenbahn jetzt wieder in den Westen führen, und deshalb der Vorschlag, die Linie vom Alexanderplatz über das Kulturforum bis hin zum Rathaus Steglitz zu führen. Das wird eine erhebliche verkehrliche Entlastung bedeuten.

[Holger Krestel (FDP): Welchen Verkehr meinen Sie denn?]

Wir wollen, dass die Anbindung von der Warschauer Straße zum Hermannplatz gewährleistet wird, und wir wollen die Weiterführung von der Turmstraße zum Mierendorffplatz. All das sind wichtige infrastrukturelle Verbesserungen des öffentlichen Personennahverkehrs. Das ist keine Schikane, sondern eine Verbesserung für die Berlinerinnen und Berliner. Das ist keine Klientelpolitik, sondern wenn Sie sich die Umfragen ansehen, zwischen 60 und 70 Prozent der Berlinerinnen und Berliner

(Oliver Friederici)

sagen: Die Priorität muss auf dem Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und des Fahrradverkehrs liegen. Das werden wir umsetzen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die Fraktion der AfD hat jetzt der Abgeordnete Herr Lindemann das Wort. – Bitte!

[Udo Wolf (LINKE): Brumm, brumm, brumm, Räder müssen rollen! – Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Ich rieche Diesel!]