Nur dann erzeugen Sie wirklich die Freiheit für den Mieter, dass er sagen kann: Nein, das lasse ich mir nicht gefallen. Ich lasse mir diesen Investor, so wie er sich verhält, nicht gefallen. – Nur dann geht es, wenn wir eine Auswahl anbieten, wenn wir endlich wieder einen ausgeglichenen Markt haben, wo wir nicht alles aushalten müssen, was sich hier mancher in Berlin erlaubt.
Es gibt aber auch Lichtblicke, wo wir bei Ihnen sind. Das ist der Kulturetat. Ich begrüße, dass die Tarifangleichungen für die Zuwendungsempfänger endlich auch im Haushalt dargestellt sind und es nicht zulasten der künstlerischen Qualität gehen muss. Insofern werden wir dort viele Dinge mittragen. Auf der anderen Seite haben wir auch hier die Frage – das gilt für Kultur, für Wissenschaft, für Krankenhäuser –: Wie hoch ist der Sanierungsstau? Wie hoch ist der Sanierungsstau in unseren Kultureinrichtungen? Das heißt: Wenn das eine Thema abgearbeitet ist, steht das andere Thema vor uns.
Wo wir nicht so zueinanderkommen, das ist der Bereich Verkehr, das wird Sie nicht überraschen. Auch wir haben überhaupt nichts gegen das Fahrrad,
wir haben auch nichts gegen Investitionen in diesem Bereich. Wir haben aber was dagegen, dass wir das Geld für unendlich viele Gremien ausgeben und für Fahrradbeiräte, wenn damit noch nicht ein einziger Fahrradweg neu gebaut ist.
Wir würden – statt zwei Straßenbahnlinien – endlich mal die Verlängerung der U-Bahn ins Märkische Viertel bauen wollen. Dann würden Sie 50 000 Einwohnern die Chance geben, endlich auch vernünftig mit der U-Bahn
durch Berlin zu kommen. Das wäre der kürzeste Lückenschluss, dessen Planung schon seit langen Jahren vorliegt.
Wir sehen bei Wirtschaft nicht den Bedarf weiterer Rekommunalisierungen – übrigens auch hier ein Risiko für die Zukunft; Stichwort Schattenhaushalt. Das Thema Schattenhaushalt betrifft nicht nur die Wohnungsbaugesellschaften, es betrifft nicht nur SIWANA, sondern auch Berlin-Energie als Landesbetrieb, wo ich nur warnen kann, dass wir – und damit sind wir wieder am Anfang – wieder in einer Situation sind wie in den Nullerjahren, dass wir auf Beteiligungen gucken, die alle in den roten Zahlen sind. Das kann es nicht sein, das kann nicht unsere Aufgabe sein. Wir werden die Haushaltsberatungen insofern konstruktiv begleiten; ich freue mich darauf. – Vielen herzlichen Dank!
Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Abgeordnete Frau Schillhaneck das Wort. – Bitte schön!
Okay, das merke ich mir! – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, vor Ihnen liegt ein Haushaltsentwurf, der ganz klar ein investitionsorientierter ist. Dazu gehört der Wohnungsbau, und gerade an der Stelle weiß ich nicht, warum Sie sich so daran stören, dass wir nicht nur neue Wohnungen bauen wollen. Wir wollen vor allem auch Wohnungen, die jetzt schon existieren, als bezahlbaren Wohnraum für die Mieterinnen und Mieter erhalten, die sonst in Wohnungen verdrängt werden würden, die es heute noch gar nicht gibt.
Insofern gehören die 100 Millionen Euro für die Wahrnehmung des kommunalen Vorkaufsrechts ganz klar zur Investitions- und Wohnungsbaustrategie dieser Koalition.
Die Opposition wirft uns vor – weil wir auf Sanierung und Investitionen setzen –, wir würden unsolide handeln. Gestern im Hauptausschuss fiel auch das Wort unverantwortlich.
Wir tilgen, wir konsolidieren, wir machen keine neuen Schulden, und das ist erheblich mehr als andere sich vor 15, 20 Jahren überhaupt hätten erträumen können. Dieser Haushalt ist ausbalanciert, er ist nachhaltig und gerecht, und zwar auch gegenüber der Zukunft. Wir investieren, wir tilgen, und zwar nicht nur das, was uns die Mindesttilgung aufgibt. Wir tilgen etwas mindestens genauso Wichtiges, nämlich die heimlich unheimliche Verschuldung in Form von maroder Infrastruktur, und das geht eben nur über Investitionen. Genau deswegen ist es ein Investitions- und Tilgungshaushalt.
Die Herausforderungen, vor denen wir in Berlin stehen, sind nicht nur die 59 Milliarden Euro Verschuldung, die noch da sind. Zu denen kommen wir gleich noch, die sind nämlich nicht vom Himmel gefallen. Da ist zunächst einmal festzustellen, dass Berlin wächst. Mehr Berlinerinnen und Berliner heißt auch mehr Bedarf bei Schulen und Kitas, mehr Bedarf an Wohnraum, mehr Arbeit auf allen Ebenen der Verwaltung, ob es um bezirkliche Bauämter oder Elterngeldstellen geht, um die Anerkennung von Berufsabschlüssen oder um die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises. Wir wollen, wir brauchen dazu eine gut funktionierende, effiziente Verwaltung und einen guten öffentlichen Dienst. Dazu gehört von unserer Seite her auch der ehrgeizige Plan, bis Ende dieser Legislaturperiode in Sachen Bezahlung und Besoldung den Bundesdurchschnitt erreicht zu haben.
Verwaltungsmodernisierung ist aber noch mehr. Aufgabenkritik ist an und für sich sinnvoll. Wenn Sie aber heute das Wort in den Mund nehmen, gibt es gute Gründe, warum sich viele Verwaltungsmitarbeiterinnen und Verwaltungsmitarbeiter erst einmal wegducken und das Weite suchen, denn unter diesem Begriff, diesem Deckmantel ist in der Vergangenheit vor allem eins gelaufen – der Stellenabbau,
und zwar meist mit dem Rasenmäher und keineswegs spezifisch und in irgendeiner Art und Weise aufgabenkritisch.
Daran knabbern wir heute noch. Die Antwort darauf kann nicht sein, dass wir in einer Situation, in der wir es könnten, jetzt einfach mal die Gießkanne auspacken und ungefähr genauso unspezifisch etwas draufgeben. Wir müssen genau gucken, wo wir das Personal brauchen. Wir müssen vor allem auf Ausbildung setzen, und wir müssen darauf setzen, die freien Stellen, die es in der Stadt noch gibt, ob in der Verwaltung oder z. B. bei der Polizei und der Feuerwehr, endlich zu besetzen. An dieser Stelle möchte ich kurz feststellen, dass zumindest wir wenig Verständnis dafür haben, wenn der Verfassungsschutz,
der beim letzten Mal schon 45 Stellen draufgekriegt hat, laut Plan noch einmal 20 Stellen extra kriegen soll, ohne dass es irgendeine Form von organisationeller, grundsätzlicher Veränderung gegeben hat.
Ganz ehrlich: Warum sollen wir glauben, dass jene Behörde – ja, lieber Kollege! –, die z. B. im Vorfeld des schrecklichen Attentats am Breitscheidplatz im vergangenen Jahr – da war Ihr Senator noch zuständig – so versagt hat, das jetzt ohne jede Reform besser machen würde, nur weil wir ihr mehr Stellen geben? – Das sehe ist jetzt gerade nicht so ganz.
Nein, keine Zwischenfragen, bitte! – Zu den Herausforderungen gehört auch die Digitalisierung. Immer mehr Unternehmen eröffnen in Berlin sogenannte Digital Labs, in denen sie die Auswirkungen der digitalen Transformation untersuchen. Wir führen die E-Akte ein. Und ganz wichtig: Der politische Schwenk hin zu einer koordinierten Strategie ist endlich geschafft. Wir haben eine Staatssekretärin als Chief Digital Officer und stellen die nötigen Mittel zur Verfügung. Und was uns auch ganz wichtig ist: Wir fahren die Open-Data-Strategie weiter und stellen sicher, dass Daten, die in der Verwaltung oder auch in den öffentlichen Unternehmen vorliegen, standardmäßig offen nutzbar sind. Auch das bildet sich in diesem Haushalt ab, denn ohne haushaltsmäßige Unterlegung geht so etwas nämlich nicht.
Ob bei Wohnungsbau, Kita oder Verkehr, diese Koalition denkt über den Tag, aber auch über die Legislaturperiode hinaus.
Und das war nicht immer so. Da kommen wir zur Herkunft unseres Schuldenbergs, der immer noch sehr beachtlich ist. Als sich der Bankenskandal voll entfaltet hatte, als alle Karten auf dem Tisch lagen, da hatte diese Stadt 63 Milliarden Euro Schulden. Die letzte Regierung Diepgen hatte noch irgendwie versucht, der Krise hinterherzurennen und in einem irregeleiteten Glauben an Privatisierung und jenes mysteriöse Wesen namens Markt, das man aber leider nur halb verstand, den Karren noch aus dem Dreck zu ziehen.
Da wurde dann aus Wohnungsbaugesellschaften Geld abgezogen, die damalige Landesbank bewirtschaftet wie eine in Gutsherrenhand gefallene Kreissparkasse, Wasserbetriebe teilprivatisiert, sich auf eine Olympiabewerbung kapriziert. Sie kennen die Liste. Sie ist noch ein bisschen länger. All das war vor allem eines: eine absolut skandalöse Wette darauf, dass spätere Generationen die Zeche schon irgendwie zahlen würden. Genau das ist dann nämlich auch eingetreten. Das ist jetzt unser Problem.
Ganz klar: Was diese Stadt gemeinschaftlich in den letzten Jahren an Schuldenabbau geleistet hat, das ist beeindruckend. Wir sind nicht mehr Haushaltsnotlageland, wir sind Konsolidierungsland. Man muss ganz ehrlich sagen: Das Berlin von heute muss sich heute von niemandem, auch nicht von Bayern oder sonst wem, erklären lassen, wir lägen nur irgendwem auf der Tasche und würden nichts tun.
Was diese Stadt geleistet hat, auch an Aufbau z. B. von wirtschaftlicher Basis, ist beeindruckend, und ich erwarte eigentlich, dass das auch bundesweit anerkannt wird.
Zum nachhaltigen und zukunftsfähigen Haushalt gehört, dass wir die doppelte und gekoppelte Herausforderung von Energie und Verkehrswende angehen. Auf Städte kommt eine besondere Aufgabe zu, denn Energieverbrauch und CO2-Ausstoß werden überwiegend von Städten verursacht. Der Erfolg der Energiewende hängt von Lösungen für nachhaltiges Leben und Arbeiten in den Metropolen ab. Genau dafür haben wir das Stadtwerk gestärkt.
Die Energiewende ist nicht ohne die Verkehrswende denkbar und machbar. Ganz klar: Wir setzen auf CO2arme oder -freie Verkehrsträger in einem guten Mobilitätsmix. Es ist mir ziemlich neu, dass wir über einzelne Radwege reden würden. Ich glaube, Sie verwechseln ein bisschen die Ebenen. Die Fahrradbeiräte sind im Regelfall eine Bezirksangelegenheit.