Protocol of the Session on June 22, 2017

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der SPD]

Wir zeigen auch, dass wir die Infrastruktur, mit der unsere Sicherheitsbehörden tagtäglich auskommen müssen, kennen und auch an den entscheidenden Stellen verbessern wollen. Eine kooperative Leitstelle, die im Falle eines Anschlags schnell zusammentritt, die vernetzt arbeiten kann, bei der Netzbetreiber, Wasserwerke usw. an einem Tisch sitzen, schnell reagieren können, brauchen wir, und diese wollen wir mit Priorität aufbauen.

Auch die Observationseinheiten, das Mobile Einsatzkommando, sollen von Jahr zu Jahr wachsen, übrigens die Truppen, die Einheiten, die im letzten Jahr Amri nicht mehr beobachten konnten oder wollten. Das werden wir herausfinden, und genau hier stellen wir eine Schraube an und sagen: Wir stellen auch mehr Polizei ein. Wir wollen von 16 600 auf ungefähr 17 300 wachsen bei der Berliner Polizei, sukzessive mit guter Ausbildung, nachhaltig, in den nächsten Jahren, und dabei wollen wir auch gezielt Expertinnen und Experten haben, die diese schwere Aufgabe der Überwachung von Gefährdern übernehmen können.

Das ist durchaus auch realistisch – wir sind trotzdem immer noch nicht so megareich als Land –, weil dieser Senat, weil Rot-Rot-Grün gut verhandelt hat, übrigens besser als die Regierung davor. Der Bund wird ab dem nächsten Jahr 60 Millionen Euro zusätzlich für die Hauptstadtsicherheitskosten übernehmen. Das ist übrigens auch Geld, das diese Bundeshauptstadt durchaus verdient hat. Wir sind da früher in Vorleistung gegangen. Wir haben die Staatsbesuche abgesichert. Wir sichern die Botschaften. Die Leute müssten eigentlich viel besser verdienen, die das tagtäglich machen.

[Beifall von Holger Krestel (FDP)]

(Hanno Bachmann)

Wir sichern Großdemonstrationen. Wir sichern einiges, was an Hauptstadtsicherung anfällt. Und endlich, kann man sagen, zahlt der Bund auch die Rechnung für Leistungen, die er bestellt hat. Darüber können wir alle froh sein, dass dieser Senat das gut verhandelt und abgeschlossen hat.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Aber damit sind wir noch nicht am Ende. Wir haben direkt vor den Toren der Stadt in Blumenberg eine der größten Bundespolizeiliegenschaften der Republik, und sage und schreibe 28 Jahre nach der Wende, 27 Jahre nach der Wiedervereinigung gibt es die „ersten Überlegungen“ im CDU-geführten Bundesinnenministerium, die Spezialeinsatzkräfte des Bundes, die GSG 9, weg aus dem Raum Köln-Bonn nach Berlin zu verlegen. Es haben viele Vorredner vor mir Angst vor Terroranschlägen in Berlin gemacht. Wie wäre es denn eigentlich, wenn die Konsequenz wäre und auch einmal der Groschen bei der CDU fällt, dass diese Spezialeinsatzkräfte endlich in die Nähe von Berlin rücken, damit sie nicht im Falle des Falles zwei Stunden mit dem Hubschrauber, sondern eine Viertelstunde in die Stadt brauchen? – Das wäre ein effektiver Sicherheitsgewinn.

Stichwort effektiver Sicherheitsgewinn: Die Philosophie dieser rot-rot-grünen Antiterrorpolitik ist eine, die die Sicherheitsarchitektur gezielt stärkt, die guckt, wie wir die personelle, aber auch die sachliche Ausstattung gezielt verbessern, und eine, die nicht ständig nach mehr und mehr Überwachung schreit. Ich glaube, das ist auch richtig so, und ich glaube auch, dieses Land hat es verdient, dass wir nicht immer weiter und immer mehr die Rechtsgrundlagen für die Überwachung auch von unbeteiligten Bürgerinnen und Bürgern ausdehnen. Was Sie alles wollen: Vorratsdatenspeicherung, Schleierfahndung, übrigens, obwohl wir die Einrichtung von Kontrollstellen schon längst möglich machen wollen, Fußfessel, Videoüberwachung, überall und jederzeit, ohne dass Sie wissen, wer das auswerten soll. – Nein, und das ist ein politisches Signal, wir konzentrieren uns auf die Menschen und auf die Technik, die Tag für Tag für Sicherheit und Schutz in dieser Stadt sorgen, und auch auf den Opferschutz, der die Leute ordentlich betreuen soll. Ich glaube, dass wir deswegen eine höhere Sicherheitskompetenz haben als Sie. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die Fraktion der FDP hat jetzt der Abgeordnete Herr Luthe das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich sehr gefreut, als ich begonnen habe, diesen Antrag zu lesen. Die Überschrift, lieber Kollege Zimmermann, war sehr vielversprechend. Blöderweise ging es danach nicht so weiter. Wenn Sie davon sprechen, Terror effektiv zu bekämpfen, Infrastrukturen zu stärken, dafür zu sorgen, dass wir auf Bedrohungslagen reagieren können, dass wir diese Bedrohungslagen verhindern können usw. und so fort, dann fehlt diesem Papier, das leider eben halt nur eine ziemlich nebulöse Ansammlung von Ideen ist, vor allem eines: Es fehlt die Finanzierung für unsere Polizei, für unsere Feuerwehr und unsere Rettungsdienste, die schlichtweg vollständig am Limit sind.

[Beifall bei der FDP]

Sie können, meine sehr verehrten Damen und Herren auch von der CDU und von der AfD, Maßnahmen vorschlagen noch und nöcher, die in irgendeiner Weise auch noch von der Polizei oder der Feuerwehr oder dem Rettungsdienst übernommen werden sollen. Kapazitativ ist das schlichtweg nicht mehr möglich, weil die Polizei, die Feuerwehr und die Rettungsdienste in dieser Stadt systematisch über 20, 25 Jahre vernachlässigt worden sind.

[Beifall bei der FDP]

Wenn Sie von Präventionsmaßnahmen reden, dann ist das schön und gut. In einer idealen Welt, in der wir unendliche Mittel zur Verfügung haben, ist das eine sehr sinnvolle Maßnahme, um dem Terror den Nachwuchs zu entziehen. Wir haben aber erst einmal in der Verantwortung für die Sicherheit der Menschen in dieser Stadt darauf zu reagieren, dass diejenigen, die längst radikalisiert sind, die Taten nicht verüben können, und wenn sie die Taten verüben, wir zumindest sofort darauf reagieren können. Wir haben 33 Jahre alte Fahrzeuge bei der Berliner Feuerwehr mit 1,3 Millionen Kilometern auf dem Tacho. Wir haben 600 000 Überstunden bei der Berliner Feuerwehr. Wir haben knapp eine Million Überstunden bei der Berliner Polizei. Alles, was Sie hier an Maßnahmen vorschlagen, ist schön und gut. Das kann man alles machen, wenn man erst einmal dahin kommt, dass wir durch eine gezielte Personalpolitik die Polizei und die Feuerwehr in dieser Stadt stärken, dass wir den Nachwuchs fördern, dass wir auch nicht sagen, wie Herr Kandt das gemacht hat, wir müssen uns damit abfinden und nehmen, wen wir kriegen können für unsere Berliner Polizei. Wir brauchen die Besten eines jeden Jahrgangs bei der Berliner Polizei, und das ist Präventionsarbeit gegen Terror.

[Beifall bei der FDP]

Wir brauchen hochmotivierte Leute, die verstehen, dass ihre Regierung, ihr Senator hinter ihnen steht und ihnen finanziell und ideell an jeder Stelle den Rücken stärkt. Was wir nicht brauchen, ist ein Senator, der Polizeibeamten in den Rücken fällt.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

(Benedikt Lux)

Wir brauchen keinen Senat, der sich auf Verjährung gegenüber den Feuerwehrleuten beruft und damit Leute demotiviert, sich weiter einzusetzen.

Das wäre ein Programm gegen Terror, zur Prävention von Terrorismus und letztlich dazu, die Sicherheit in dieser Stadt zu stärken.

[Frank Zimmermann (SPD): Noch ist das kein Programm!]

Alles andere, jede andere Maßnahme, die Sie vorschlagen, nimmt letztlich weiter Mittel weg, die wir tatsächlich für die Sicherheit in der Stadt investieren können. Wenn ich höre, es gebe einen großartigen neuen Hauptstadtvertrag, der jetzt so viel besser verhandelt sei!

[Frank Zimmermann (SPD): Machen Sie doch mal den Hauptstadtvertrag!]

Wenn Sie sich das Delta einmal anschauen, sehen Sie: Im Prinzip bekommen wir nach wie vor 60 Millionen Euro nicht zurück, die wir entsprechend für den Bund auslegen. Wenn Sie im Übrigen die 160 Millionen Euro, die wir mittlerweile an Gesamtkosten für das veranschlagen, was im Berliner Haushalt für Sicherheit vorgesehen ist, aber gar nicht den Berlinerinnen und Berlinern zugutekommt, einmal herausrechnen und die Beamten herausrechnen, stellen Sie fest, dass wir unter den Stadtstaaten, unter den Metropolen in Deutschland, an letzter Stelle liegen, was die Polizeidichte angeht. Da müssen wir heran, das ist Sicherheit – und nicht eine wie auch immer geartete neue Maßnahme und die Sammlung von weiteren Vorschlägen auf Papier.

In den Haushaltsplanberatungen müssen wir deutlich machen, dass uns Sicherheit am Herzen liegt. Wir Freien Demokraten werden dazu ganz deutliche Vorschläge machen. Ich hoffe, dass Sie uns an dieser Stelle folgen und nicht wieder ein neues Papier vorlegen mit hübschen Maßnahmen, die keiner umsetzen kann.

[Beifall bei der FDP]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Lux?

Immer gern!

Bitte, Herr Lux! Sie haben das Wort.

[Paul Fresdorf (FDP): Kurz vor Toresschluss!]

Lieber Kollege Luthe! Können Sie mir erklären – vielleicht auch vorrechnen –, wie sich die Einnahmebasis des Landes Berlin entwickeln wird, wenn die Steuersenkungspläne Ihrer Partei nach der Bundestagswahl Wirklichkeit werden sollten?

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Das ist eine sehr gute Frage!]

Das ist keine unmittelbar innenpolitische Frage, lieber Herr Kollege Lux.

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Oh doch!]

Ich kann Ihnen aber grundsätzlich sagen: Wir sind ja als Freie Demokraten im Gegensatz zu der SPD der Auffassung – der Kollege ist leider nicht im Raum –,

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Sie drücken sich um die Antwort!]

dass die Bürger selbst ganz gut wissen, was sie mit ihrem Geld anfangen sollen, und dass sie dafür auch keine SPD brauchen, die im Hauptausschuss erklärt, es interessiere sie nicht, was die Menschen in dieser Stadt wollen – die SPD-Fraktion wisse das besser. Insofern glaube ich, dass wir wunderbare Möglichkeiten haben, Menschen in die Stadt zu holen, die ein Interesse daran haben, in Sicherheit zu leben und die dann auch gern davon ausgehen, dass ihre Steuern sinnvoll verwendet und nicht umgeschichtet werden.

[Beifall bei der FDP – Benedikt Lux (GRÜNE): Ich glaube, ich muss meine Frage noch einmal nachlesen!]

Es gibt eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Woldeit, wenn Sie das auch noch zulassen.

Vielen Dank, Herr Kollege Luthe! – Ich knüpfe an die Frage des Kollegen Lux an. Stimmen Sie mir zu, dass die Innere Sicherheit grundsätzlich einen politischen Willen voraussetzt? Stimmen Sie mir weiterhin zu, dass allein vom monetären Gesichtspunkt aus eine kumulierte Stelle von einem Polizeidienstposten, A 7 bis A 11, rund 47 000 Euro im Jahr kostet und somit die rund 47 Millionen Euro für 1 000 Polizeidienststellen allein durch die City-Tax finanziert werden könnten?

(Marcel Luthe)

[Torsten Schneider (SPD): Dann wäre sie aber unwirksam!]

Ich glaube nicht, dass Sie an irgendeiner Stelle tatsächlich eine, ich sage einmal, zuordenbare Gegenfinanzierung brauchen. Die Frage ist nicht, ob wir uns Sicherheit leisten können, sondern ob wir uns fehlende Sicherheit in dieser Stadt weiterhin nicht leisten können. Deswegen brauchen wir eine klare Mittelallokation.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Torsten Schneider (SPD): Herr Luthe, das war eine doppelte Verneinung!]

Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen mir nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und mitberatend an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung und an den Ausschuss für Verfassungsschutz sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie den Geräuschpegel noch etwas dämpfen könnten, würde ich gern die lfd. Nr. 3.5 aufrufen. – Das war eine Aufforderung, den Geräuschpegel zu reduzieren.

[Holger Krestel (FDP): Es ist doch jetzt still! – Georg Pazderski (AfD): Ganz still können wir auch nicht sein! – Zuruf von der CDU: Friedhofatmosphäre!]