Herr Buchholz! Wenn Sie hier sagen, dass Sie Steuererhöhungen – insbesondere bei den Benzinpreisen – dafür nehmen wollen, um Autobahnen zu bauen, dann ist das eine ganz interessante Aussage, die in die Öffentlichkeit gehört; denn so stellen wir uns den Autobahnneubau in Deutschland nun wirklich nicht vor.
[Beifall bei der CDU – Beifall von Henner Schmidt (FDP) – Daniel Buchholz (SPD): Wir haben überhaupt nichts von Steuererhöhungen gesagt!]
Sie wollen heute als Koalition diesen Antrag beschließen, in dem steht, dass Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren weiterhin in Zuständigkeit der Länder wahrgenommen werden können – es wird überhaupt nicht bestritten, dass das passiert – und dass Autobahnen nicht gegen den Willen des betroffenen Bundeslandes gebaut werden können – das passierte in der näheren Vergangenheit nicht sehr oft. Wer aber die Autobahnen bezahlt, nämlich der Bund, muss nach wie vor das Recht haben, notfalls auch Autobahnen bauen zu dürfen. So läuft das nämlich.
Wenn Sie diesen Antrag beschließen, machen Sie es dem Regierenden Bürgermeister aber wirklich nicht einfach bei seinen Gesprächen, die er mit anderen Ministerpräsidenten und auch mit der Bundesregierung führen muss, auch mit SPD-Ministern wie Ihrer Bundesbauministerin. Sie fragen sich alle: Allen Ernstes, ist diese Koalition und vorrangig die SPD in der Verkehrspolitik nur noch in der Lage, völlig kritiklos ihre Koalitionsvereinbarung abzuschreiben, ohne nachzudenken, ohne sich darüber Gedanken zu machen, wie die realen Verhältnisse in Deutschland wirklich sind? – Da Sie hier offensichtlich den Bundestagswahlkampf einläuten wollen, sage ich Ihnen ganz deutlich: So können wir in Deutschland nicht weiterregieren. Ich hoffe wirklich, dass Sie in der nächsten Bundesregierung nicht mehr vertreten sind oder zumindest in der Verkehrspolitik und in der Baupolitik nicht mehr die Verantwortung tragen. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt der Abgeordnete Herr Wolf das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Friederici! Sie haben in Ihrem Beitrag leider kein einziges Argument für die vorgesehene Infrastrukturgesellschaft und die dort noch immer existenten Schlupflöcher und Hintertüren genannt, mit denen eine Privatisierung der Autobahninfrastruktur möglich ist. Ich hätte da gerne eine Position von Ihnen gehört. Stattdessen haben Sie auf Ihre übliche Art und Weise versucht, sich am Kollegen Buchholz abzuarbeiten.
Wir haben mit Interesse gestern die Meldung vernommen, dass es einen Kompromiss zwischen CDU und SPD gegeben hat. Wir konnten allerdings noch nicht erkennen, worin dieser Kompromiss genau besteht. Außer Pressemeldungen und der Tatsache, dass sich heute die Bundestagsfraktionen damit befassen, liegt uns nichts vor.
Was uns vorliegt, ist der Gesetzentwurf der Bundesregierung, die in der Grundgesetzänderung, die sie vorschlägt, alle Möglichkeiten zur Privatisierung offenlässt. Die Gutachter, die in der Bundestagsanhörung von ADAC über SPD und Grüne bis Linke gehört worden sind, haben klar und deutlich erklärt: Das, was da an Grundgesetzformulierung vorliegt, öffnet Tür und Tor für Privatisierung. Die Tür für Teilprivatisierung, die Privatisierung von Tochtergesellschaften, die Beteiligung stiller Gesellschafter, Nießbrauchmodelle, die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums vonseiten des Bundes auf die Infrastrukturgesellschaft und für ÖPP-Modelle ist mit dieser Änderung meilenweit offen.
Nun habe ich gesehen, dass die SPD vor einiger Zeit, auch unter dem Druck der öffentlichen Diskussion, gesagt hat: So wollen wir das nicht. – Sie hat Änderungsvorschläge vorgelegt. Das ist eine teilweise Verbesserung. Allerdings bedeutet das, was die SPD vor einer Woche vorlegelegt hat, nur, dass Teilprivatisierung und die Privatisierung von Tochtergesellschaften ausgeschlossen sind, nicht aber ÖPP-Modelle, nicht stille Beteiligung und diese ganzen indirekten Modelle der Beteiligung Privater. Auch das muss ausgeschlossen werden. Wir werden uns ansehen, was dann endgültig vereinbart worden ist, ob auch diese Schlupflöcher geschlossen sind. Solange sie nicht geschlossen sind, sagen wir: Das ist nicht akzeptabel.
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Frank Zimmermann (SPD) und Daniel Buchholz (SPD)]
Denn was bedeutet das? – Das bedeutet: Solange diese Schlupflöcher existieren, werden attraktive Anlagemodelle für private Versicherungsgesellschaften und andere institutionelle Anleger eröffnet, die gegenwärtig bekanntlich aufgrund der Niedrigzinspolitik einen Anlagenotstand haben und höhere Renditen wollen als die, die gegenwärtig auf dem Kapitalmarkt mit risikofreien Anlagemöglichkeiten existieren. Wenn Sie mal einen Blick in das europäische Ausland werfen, zum Beispiel nach Frankreich, wo es Teilnetz-ÖPP mit einer Umsatzrendite von 20 bis 24 Prozent gibt, dann können Sie sich ja vorstellen, was das an Belastung bedeutet; denn Sie müssen die Profite der Privaten zahlen, und Sie müssen die höheren Finanzierungskonditionen zahlen, die Sie bei einer privaten Finanzierung haben. Das heißt, Sie legen doppelt drauf. Und das ist genau der Grund, weshalb auch der Bundesrechnungshof diese Konstruktion kritisiert und gesagt hat: Ihr müsst das im Grundgesetz ausschließen. – Nichts anderes fordern wir an dieser Stelle. Die öffentliche Daseinsvorsorge darf nicht zum Renditeobjekt für private Anleger werden, sondern sie hat die Aufgabe, der Allgemeinheit zur Verfügung zu stehen, und das zu möglichst günstigen Konditionen.
Lassen Sie mich noch eine Anmerkung machen: Die Tatsache, dass diese Autobahninfrastrukturgesellschaft und dieses Gesetzesvorhaben gekoppelt sind mit dem Länderfinanzausgleich, ist wieder mal ein Beispiel dafür, wie vonseiten der Bundesregierung Schindluder mit dem Föderalismus getrieben wird. Die Bundesregierung begibt sich in eine Situation der Erpressung, indem sie gegenüber den Ländern sagt: Entweder ihr stimmt dieser Privatisierungsmöglichkeit zu, oder der Länderfinanzausgleich und die Regelung, die wir da gefunden haben, platzen. Ich sage: Auch davon muss man sich endlich mal verabschieden, dass über den Bundesrat vonseiten der Bundesregierung derartige Deals, sachfremde Koppelungsgeschäfte, gemacht werden, mit denen die Länder in ihrer autonomen Entscheidung in Geiselhaft genommen und erpresst werden. Das ist nicht akzeptabel. Deshalb glaube ich, dass dieser Antrag, den wir gestellt haben, ein guter Antrag ist.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Von uns, der AfD, wird jegliche Privatisierung der Bundesautobahn abgelehnt. Wir sehen bereits den Rechtsformwechsel in eine bundeseigene GmbH oder Aktiengesellschaft äußerst kritisch. Wir alle kennen die negativen Folgen dieser Flucht in das Privatrecht. Ich möchte hier nur an den Verkauf der Berliner Wasserbetriebe erinnern. Mehr muss ich dazu wohl nicht sagen.
Der Zeitpunkt, zu dem dieser plakative Antrag eingebracht wird, ist allerdings sehr bemerkenswert, schon weil im Vorfeld unter Beteiligung sowohl des Senates als auch der großen Koalition im Bund bereits alle Weichen für diese Infrastrukturgesellschaft Verkehr – wie die neue Gesellschaft heißen soll – gestellt wurden, und zwar sowohl im Bund-Länder-Spitzengespräch im Dezember als auch in der 953. Sitzung des Bundesrates im Februar als auch, wie schon von Herrn Friederici erwähnt, gestern in der großen Koalition im Bund. Zwar soll das Ganze erst ab dem Jahr 2021 in Kraft treten, aber die Pflöcke für diese Entscheidung liegen bereit und werden im Bundestag mit den Stimmen der großen Koalition eingeschlagen, gerade noch rechtzeitig vor der Bundestagswahl. So weit die Situation.
Der uns vorliegende Antrag soll nachteilige Auswirkungen einer kommenden Privatisierung wieder einfangen. Der Senat soll sich in geeigneter Weise dafür einsetzen, dass bestimmte nachteilige Änderungen auf Bundesebene und bei der Änderung des Grundgesetzes unterbleiben. Das klingt schön. Ganz vergessen wird dabei aber, dass auch der rot-rot-grüne Senat von Berlin auf dieses Konstrukt eingestiegen ist. Dieselbe Koalition, die nun diesen scheinheiligen Antrag stellt, hat dieses clevere Konstrukt selbst mit ermöglicht. Im Bundestag wurden hierzu Experten angehört, die klargestellt haben, dass die geplanten gesetzlichen und grundgesetzlichen Regelungen nicht geeignet sind, letztlich eine völlige Privatisierung bei den Noch-Bundesautobahnen zu verhindern. Der Bund schloss diesen Deal mit den Bundesländern einschließlich Berlin und zieht das Ding nun durch, und die Kritik von Experten und vom Bundesrechnungshof – alles kleinkarierte Erbsenzähler!
Die große Koalition wird mit den Stimmen der SPD dem ausgehandelten Pakt letztlich zustimmen. Dieser uns im Abgeordnetenhaus vorliegende Antrag der Koalitionsfraktionen geht daher völlig ins Leere. Heute die große Show hier im Abgeordnetenhaus und morgen die Zustimmung der SPD im Bundestag zur Privatisierung – wie bigott ist das denn?
Die Grünen im Bundestag, schon ganz in freudiger Vorerwartung einer Regierungsbeteiligung, üben sich in Enthaltung. Zur Ehrenrettung der Linken muss ich immerhin anerkennen, dass diese sich wenigstens im Bundestag gegen die Grundgesetzänderung positioniert hat. Ein Hauch von Opposition, aber auch nur da, wo es nicht weh tut!
Aber – damit hier kein falscher Eindruck entsteht – wir müssen leider auch feststellen: Da, wo Die Linke in Regierungsverantwortung steht – und das ist nun mal hier in Berlin der Fall –, trägt sie diese Entscheidungen mit, die den Weg zur Privatisierung von Staatsvermögen ebnen.
Was lernen wir aus dieser bedauerlichen Situation? – Man darf Entscheidungen solcher Tragweite nicht ausschließlich Landesregierungen, dem Bundesfinanzminister und dem Deutschen Bundestag überlassen. Entscheidungen solcher Tragweite müssen unter den Vorbehalt eines Volksentscheides auf Bundesebene gestellt werden.
Placeboanträge wie dieser, die im Ergebnis nichts verändern, aber der Öffentlichkeit den Eindruck vermitteln sollen: Wir tun was –, bringen uns kein Stück voran.
SPD, Grüne und Linke könnten eine Privatisierung der Autobahn noch stoppen. Die ausreichende Mehrheit im
Bundestag haben Sie, nur nutzen Sie sie nicht. Stattdessen stellen Sie diesen Antrag hier leider im falschen Parlament. Bigotterie à la Rot-Rot-Grün in Reinkultur!
Mit einem wirkungslosen Beschluss unseres Abgeordnetenhauses, der lediglich einen hübschen Titel trägt, ist niemandem gedient. – Vielen Dank!
[Beifall bei der AfD – Daniel Buchholz (SPD): Das ist aber wirklich bigott, Kollege! – Steffen Zillich (LINKE): Das hilft uns ungemein!]
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Zu dem Thema Bundesautobahn kann man sehr viel und sehr lange reden. Ich glaube, es ist uns allen wichtig, dass die bestehenden Autobahnen in den Zustand versetzt werden, dass man sie gut benutzen kann. Das ist heutzutage an vielen Stellen nicht der Fall. Das ist quasi der Treiber dieser Debatte. Es wird immer damit argumentiert, dass man an den Ansatz, wie man Autobahnen verwaltet, herangehen muss. Dabei ist aber vielmehr das Problem – und das wissen wir alle –, dass es eine Unterfinanzierung gibt, insbesondere beim Bestand der vorhandenen Autobahnen, dass man diese nicht so hegt und pflegt, dass sie gut benutzbar wären. Damit wird begründet, dass man frisches Geld holen muss, und dadurch werden öffentlich-private Partnerschaften und Ähnliches ins Spiel gebracht.
Wir Bündnisgrünen stimmen dem vorliegenden Antrag zu, weil er nicht nur die Frage der Privatisierung angeht, sondern auch noch weitere Aspekte anspricht, die wichtig sind. Wenn Sie es nachlesen wollen: Wir erheben in dem Antrag die Forderung, dass Autobahnbau nicht gegen den Willen eines Bundeslandes vorangetrieben werden kann. Wir haben damit unsere Erfahrungen gemacht, gerade in Berlin, mit dem Weiterbau der A 100. In verschiedenen Teilen wurde dabei getrickst, über die Feststellung, dass sich der 17. Bauabschnitt schon im Bau befinde, und Ähnliches. Da muss von der Bundesebene Transparenz hergestellt werden. Eine solche Autobahngesellschaft ist das genaue Gegenteil. Wie es schon vom Kollegen Buchholz erwähnt worden ist: Bei der DB Netz weiß man häufig nicht, was genau an welcher Stelle passiert. Diese Forderung nach Transparenz gilt nicht nur für die DB
Netz, die gilt für alle Unternehmungen, die von der Bundesebene kommen und die Länderinteressen berühren. Deshalb ist es vollkommen klar, dass wir uns hier im Land Berlin eine Meinung zu diesem Vorhaben auf Bundesebene bilden müssen. Deshalb gibt es diesen Antrag. Er ist ein bisschen komplex. Vielleicht ist er zu komplex für die AfD, weshalb die gesagt hat: Man muss ihn einfach nur ablehnen. – Wir haben einen Verhandlungsauftrag für unseren Senat formuliert. Deswegen ist der etwas länger geraten, von a bis g werden konkrete Forderungen erhoben. Ich würde gern erfahren, wo Sie da Probleme haben. Sie sind da beim Stückwerk geblieben.
Ich möchte noch eines sagen: Es wird viel über Nichtsgenaues-weiß-man-nicht gesprochen. Im Netz lassen sich inzwischen erste Formulierungen finden. Danach soll im Vertrag bzw. in der Vereinbarung stehen, dass ins Grundgesetz die Passage kommen soll – ich zitiere mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident –:
Eine Beteiligung Privater im Rahmen von öffentlich-privater Partnerschaft ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahn- oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen.
„Wesentliche Teile davon umfassen“, ganz ehrlich, das ist eine Formulierung, die alles offen lässt. Diese Formulierung, die dort offenbar in Rede steht, wird nicht dem gerecht, was wir hier fordern. Deshalb fordere ich auch von unserer Seite den Senat auf, hart hineinzugehen und zu vertreten: Das ist nicht im Interesse Berlins. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist durchaus richtig, dass die große Koalition im Bund – hier handelt es sich um eine bundespolitische Frage – eine ganze Menge handwerklichen Nachbearbeitungsbedarf an diesem Gesetz zur Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen hat. SPD und CDU auf Bundesebene haben sich in den letzten Jahren nicht gerade durch gerichts- und verfassungsfeste Gesetzgebung ausgezeichnet. Die Bundesregierung hat also Kritik verdient, und wir Freien Demokraten sind immer gern dabei, zusammen mit der SPD deren eigene Regierung zu kritisieren.