Protocol of the Session on May 18, 2017

[Torsten Schneider (SPD): Wir messen Größe nicht in Zentimetern! – Heiterkeit]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Leipziger Platz beschäftigt uns hier nach fast einem Jahr wieder, und es ist doch ganz klar, das habe ich damals gesagt, das ist von Herrn Evers schon zitiert worden: Natürlich war dieser Vorgang auch aus unserer Sicht nicht in Ordnung.

[Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Heiko Melzer (CDU): War oder ist?]

Dass ein Senator eine einsame Entscheidung trifft und dadurch ein Bauherr davon befreit wird, Wohnungen zu bauen, ist nicht in Ordnung. Das ist politisch falsch, und das haben wir damals auch so kritisiert.

[Sven Rissmann (CDU): Und jetzt?]

Ich würde jetzt aber mal ein bisschen in die Zukunft schauen. Solches Senatorenbaurecht darf es nicht wieder geben. Das ist etwas, was wir mit der neuen Senatorin bei jeder Gelegenheit besprechen werden. Ich glaube, das kann man an der Stelle auch einmal sagen:

[Zuruf von Christian Gräff (CDU)]

Der damalige Stadtentwicklungssenator ist nicht mehr in diesem Amt. Die Stadtentwicklungsverwaltung wird jetzt von einer anderen Senatorin geleitet, betreut, und dass das eine andere Partei ist, ist, glaube ich, im Interesse des Wechsels auch mal gar nicht so schlecht.

[Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, der LINKEN und der FDP – Zuruf von der CDU: Bravo!]

Was mich allerdings wundert – um doch noch mal auf die CDU einzugehen –,

[Zuruf von Joschka Langenbrinck (SPD)]

ist, dass Sie gerade an einem solchen, im Maßstab dieser Stadt doch sehr kleinteiligen Vorgang beginnen, Ihre Regierungstätigkeit aufzuarbeiten. Das verwundert schon.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Herr Otto! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Evers?

Unbedingt!

Bitte, Herr Evers, Sie haben das Wort!

Das freut mich sehr! – Sie haben ja auch Akteneinsicht genommen. Stimmen Sie mir – erstens – zu, dass es sich nicht nur um eine „normale“ Befreiung handelt, sondern die Frage an den Senator, die er mit Ja beantwortet hat, gemäß Aktenlage lautete: Soll, obwohl eine Befreiungsgrundlage nicht vorliegt, gleichwohl befreit werden? – Das ist schon ein Unterschied zu dem üblichen Befreiungsvorgang, von dem Sie sprechen. Darf ich – zweitens – fragen, ob damit Ihre Erwartung an die Senatorin ist – obwohl nach wie vor eine Möglichkeit besteht, einen rechtmäßigen Zustand herzustellen –, das mit Blick auf die von Ihnen erwähnte Zukunft nicht zu tun?

Der Senator hat entschieden; das lag auf seinem Tisch. Das war politisch falsch. Ob das rechtswidrig war, kann ich nicht entscheiden, das muss ich Ihnen ehrlich sagen.

[Torsten Schneider (SPD): Das wissen nur AfD und CDU! – Zuruf von Sven Rissmann (CDU)]

Da müsste tatsächlich jemand eine Klage einreichen, dann kann man das feststellen. Ich sage Ihnen – wir sind hier im Parlament –: Das war politisch falsch. Das war damals so, und das sehe ich immer noch so.

Ich war jetzt aber bei der Frage: Was hat Sie eigentlich bewogen, die Aufarbeitung Ihrer eigenen Regierungstätigkeit und -beteiligung an so einem kleinteiligen Vorgang zu begehen? Ich hätte mir gewünscht, dass Sie hier zum Beispiel mal die Rolle Ihres Aufsichtsratsmitgliedes bei der Flughafengesellschaft beleuchtet hätten, der daran beteiligt war, den Generalplaner zu entlassen

[Stefan Evers (CDU): Ei, ei, ei!]

und dieses Projekt in ganz schweres Fahrwasser gebracht hat. Liebe CDU! Da ist noch viel aufzuarbeiten!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der LINKEN und der FDP – Zurufe von Mario Czaja (CDU) und Dr. Gottfried Ludewig (CDU)]

Ob man an dem Fall Leipziger Platz noch irgendetwas ändern kann, werden wir im Ausschuss besprechen. Das werden wir rechtlich prüfen lassen, das ist doch völlig klar. Ich würde aber denken, diese Koalition, diese Regierung und diese Senatorin, die jetzt für Stadtentwicklung zuständig ist, werden Sie nach einem, zwei, drei, vier Jahren doch an ganz anderen Dingen messen müssen.

[Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Die werden Sie daran messen müssen, ob wir den Wohnungsneubau hingekriegt haben. Die werden Sie daran messen müssen, ob wir als Koalition die Stadterneuerung auf den Weg gebracht haben. Die werden Sie daran messen müssen, ob wir die energetische Sanierung des Wohnungsbestandes ordentlich vorangebracht haben.

[Zuruf von Joschka Langenbrinck (SPD)]

Die werden Sie daran messen müssen, ob wir die Befreiung des Berliner Wohnungsbestandes – ungefähr 100 000 Wohnungen – von Asbest geschafft haben. Das sind die großen Dinge, die wir vorhaben. An denen können Sie uns messen, und darüber diskutieren wir weiter. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Der Tagesordnungspunkt 17 steht auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 18 war Priorität der Fraktion der CDU unter Nummer 3.6.

Ich komme zu

lfd. Nr. 19:

Berufsfachschüler unterstützen – BVG-Preise für Berufsfachschüler absenken

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/0325

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion. – Herr Abgeordneter Mohr! Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Ich freue mich, Ihnen heute in diesem Hohen Hause meinen Antrag Berufsfachschüler unterstützen – BVG-Preise für Berufsfachschüler absenken vorstellen zu dürfen und hoffe zunächst einmal auf Ihre Aufmerksamkeit. Dem vorliegenden Antrag ging eine Schriftliche Anfrage an den Senat voraus. In dieser Anfrage fragte ich den Senat, wie viele Berufsfachschüler in Berlin keine Ausbildungsvergütung erhalten bzw. sogar ein Schulgeld entrichten müssen. Gemäß der Antwort des Senats trifft dies derzeit auf über 10 000 Berufsfachschüler zu. Etwa 10 000 vornehmlich junge Menschen in Berlin befinden sich in einer wirklich schwierigen Situation: Berufswunsch versus Finanzierung desselben.

Wir reden hier von vielen Berufen im Gesundheits- und Sozialwesen, beispielsweise von sämtlichen therapeutischen Berufen. Es sind also keineswegs Berufe, bei denen man nach Erlernen volle Taschen hat. Ich als Physiotherapeut kenne diese Situation nur allzu gut. Sie ist wirklich dringend verbesserungswürdig und ohne familiäre Unterstützung kaum zu meistern. Aber nicht jeder hat das Glück, in einer solchen Familie aufzuwachsen, wie ich es hatte. Dementsprechend braucht es eben auch unserer Unterstützung, unserer Hilfe, all die Menschen in ihrem Ausbildungswunsch zu bestärken, die es ohnehin schon schwerer haben als andere.

Ein Bankkaufmann-Azubi verdient ca. 1 000 Euro im Monat, ein Bäckersjunge ca. 500 Euro, ein Schüler gar nichts, und ein Berufsfachschüler kriegt nicht nur kein Geld, nein, er muss sogar mitunter noch mehrere Hundert Euro im Monat an Schulgeld zahlen. Nicht nur das: Bis dato wird der Berufsfachschüler bei der BVG so behandelt wie der Auszubildende, der 500 oder 1 000 Euro im Monat verdient, und muss so für die ganz normale AzubiMonatskarte 57 Euro bezahlen. Das ist aus meiner Sicht unfair und erschwert den jungen Leuten, jene Berufe zu ergreifen, derer wir doch so sehr bedürfen. Bei diesen Leuten zählt wirklich jeder Euro. Dementsprechend fordere ich Sie auf, den ohnehin schon benachteiligten Berufsfachschülern wenigstens ein Stück weit entgegenzukommen. Lassen wir Sie doch wenigstens für die BVG einfache Schüler sein und als Berufsfachschüler das BVG-Ticket zu den Kosten eines Schülertickets erwerben!

Wenn ich schon dabei bin, Ihnen über meine persönliche Erfahrungen zu berichten, dann lassen Sie mich gleich noch mit einer weiteren Erfahrung anschließen. Nein, nicht mit einer Erfahrung als Physiotherapeut, sondern als Abgeordneter.

[Katalin Gennburg (LINKE): Oh!]

Ich bin in diesem Hohen Hause der zweitjüngste Abgeordnete und gerade einmal 28 Jahre alt.

[Zuruf von Niklas Schrader (LINKE)]

Ich bin neu in diesem Metier und doch sehr verwundert, wie mitunter gute und vernünftige Anträge einfach abgeschmettert werden, nur weil sie von der Opposition kommen. Das können unsere Wähler so sicherlich nicht gewollt haben. Das ist wenig verantwortungsvoll.

[Zuruf von Tom Schreiber (SPD)]

Das ist aus meiner Sicht auch politisch unklug.

[Zuruf von der LINKEN: Thema!]

Bitte bügeln Sie diesen Antrag in den entsprechenden Ausschüssen nicht einfach ab! Erkennen Sie den Nutzen und unterstützen Sie über 10 000 junge Menschen da draußen, indem wir sie wenigstens beim Erwerb der Monatskarte etwas entlasten! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Andreas Otto)