Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer von Transparenz spricht, meint allzu oft nicht wirkliche Durchschaubarkeit, sondern eher die Möglichkeit, auch dort mitzuentscheiden, wo keine eigene Entscheidungsverantwortung liegt. Die allgegenwärtige Einbeziehung der wie auch immer Betroffenen wirkt zwar transparent, bewirkt aber nicht selten das Gegenteil von Transparenz, nämlich Scheintransparenz. Es ist kein Ausbund von Intransparenz, wenn der kulturelle Akteur an der Spitze sich nicht vorrangig den Akteuren in der Breite vermitteln muss. Die Annahme, einen Auswahlprozess gestalten zu können, der die Mitarbeiter intensiv einbindet und gleichzeitig eine öffentliche Personaldiskussion vermeidet, ist eine Scheinlösung. Wer Spitzenpersonal nicht öffentlich verbrennen möchte, der darf es nicht halböffentlich unter Feuer stellen. Es sollte keine Zumutung für die Akteure sein, von ihnen die Einsicht zu erwarten, dass es Betroffenheit nicht nur auf der Bühne, sondern auch vor der Bühne gibt.
Zu begrüßen ist es, dass in den Ausschussberatungen davon Abstand genommen wurde, Intendantenverträge in allen Einzelheiten offenlegen zu lassen. Die Attraktivität eines Intendantenvertrages macht sich allerdings bei Weitem nicht an der bloßen Gehaltszahlung fest. Wirklich spannend ist es mitunter, wie die zahlreichen Nebenregelungen gestaltet sind. Ich nenne als Beispiel: Welche Präsenzpflichten bestehen? Welche Nebentätigkeiten sind gestattet? Welche Aufgaben dürfen in welchem Umfang und auf wessen Kosten wem übertragen werden?
Alle Forderungen nach Transparenz im hohen Kulturbetrieb müssen sich außerdem einer sehr banalen Erkenntnis beugen. Wer z. B. die Tagebücher von Fritz Raddatz, Thomas Bernhard oder Martin Walser liest, erfährt, dass die schönen Künste dann doch außerordentlich heftig nach dem schnöden Mammon greifen. Wer hier die Büchse der Eitelkeiten öffnet, darf sich nicht wundern, wenn Vertragsverhandlungen zu Transferzockereien entarten.
Die sehr sachliche Diskussion im Kulturausschuss gibt Anlass zur Hoffnung, dass wir als Parlament dem Senat für die weiteren Diskussionen um Spitzenbesetzungen im Kulturbereich wichtige Leitgedanken mit auf den Weg
geben konnten. Meine Fraktion ist der Auffassung, dass es sich der FDP-Antrag mit der Gesamtthematik allerdings doch etwas zu einfach gemacht hat. Für eine Zustimmung haben wir uns mehr erwartet, als nur den Senat aufzufordern, ein Konzept vorzulegen. Die AfD-Fraktion wird sich deshalb der Stimme enthalten. – Ich danke Ihnen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Werte Gäste! Die Fraktion der FDP fordert mehr Transparenz bei der Besetzung von Intendantenstellen.
Das ist jetzt erst mal nicht so der Burner. Sie haben ja sicher durch die Beiträge aller meiner Vorredner gemerkt, dass diese Forderung vom gesamten Haus getragen wird. Ihr Antrag aber ist weder durchdacht, noch enthält er konkrete Vorschläge, wie sich die Situation verbessern könnte. Er ist oberflächlich formuliert und bleibt zu vage. Na ja, ich bin ja auch schon froh, dass keine historischen Flughäfen drin vorkamen und dass er nicht gereimt war.
Apropos Reime: Auf diesen Antrag kann ich mir keinen Reim machen. Sie vermischen hier drei völlig verschiedene Ebenen. Es geht um Konzeption, Transparenz und Partizipation.
Zum Ersten kann es kein allgemeingültiges Konzept für die Besetzung einzelner Häuser in einer so vielfältigen Kulturlandschaft wie Berlin geben. Das muss und wird für jede Kultureinrichtung individuell ausgearbeitet.
Zum Zweiten geht es um Transparenz. Was verstehen Sie darunter? Das müssen Sie präzisieren. Hinterher für Transparenz zu erklären, was rausgekommen ist, das reicht nicht. Wir sind auf jeden Fall für Transparenz, aber von Anfang an: Klare Kriterien, nach denen besetzt werden soll, ein faires, ergebnisoffenes Auswahlverfahren und eine gut und belastbar begründete Ernennung!
Drittens geht es um Partizipation. Die ist auch meiner Meinung nach selbstverständlich notwendig – die Einbeziehung des Ensembles, der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und der Leitungsebene in den Entscheidungsprozess. Aber wie stellen Sie sich das konkret vor? Wir sind für die aktive Mitwirkung in Findungskommissionen.
Ich versuche das noch mal so zu erklären, dass auch die Kollegen von der FDP eine Ahnung haben, worum es geht. Da ist zum einen die kulturpolitische Ebene, auf der der Senat agiert. Hier geht es um die kulturelle Identität des Landes. Dazu gehört die Berliner Schnauze genauso wie die Summe der Kulturangebote. Da spielen die Theater, die Chöre, die Orchester, die Opernhäuser in dieser Stadt eine entscheidende Rolle. Jedes Haus hat sein eigenes Profil, seinen eigenen Stil, seine eigene Form. Theater sind keine Immobilien, sondern sie sind Lebewesen. Sie sind ganz sensible Organismen. Diese Häuser vertrauen wir Intendanten und Intendantinnen an. Sie leiten diese dann, sie entdecken und motivieren die völlig unterschiedlichen Talente und besonderen Fähigkeiten der Ensembles, der Werkstätten und der Gäste, und sie nutzen die technischen und räumlichen Möglichkeiten, um ihr Publikum zu halten und ein neues Publikum zu fesseln.
Das muss alles zusammenpassen. Da entsteht in jeder Intendanz eine Schicksalsgemeinschaft, im besten Fall eine Ära. Hier die richtigen Künstler und Künstlerinnen zusammenzubringen, ist die hohe Kunst. Dafür gibt es kein Universalrezept. Jedes Haus ist anders, hat eine eigene Geschichte und hat eine eigene Seele. Je stärker die Identifikation aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, aller Darsteller und Darstellerinnen, aller Techniker und Technikerinnen und aller künstlerischen Leiter und Leiterinnen ist, desto stärker wirkt das Haus und desto stärker wird es sich in die Identität Berlins einbrennen. Das haben wir gerade an der Volksbühne sehr eindringlich erleben dürfen. Natürlich kann das keine Senatorin und kein Senator allein entscheiden. Hier kann und muss es eine individuelle Findungskommission geben. Für mich ist es völlig selbstverständlich, dass in diesen Findungskommissionen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die Ensembles vertreten sind.
Noch ein Wort zur öffentlichen Diskussion: So ziemlich jede neue Intendantin, jeder neue Intendant ist am Anfang heftig umstritten. Menschen sträuben sich nun mal instinktiv gegen neue Ideen. Sie haben Angst vor Veränderungen. Aber das ist für Sie ja nichts Neues. Was erzähle ich Ihnen? Das erklärt ja auch Ihren bescheidenen Erfolg. Veränderung ist aber gerade im Kulturbetrieb unerlässlich. Unsere Bühnen sollen schließlich keine Museen sein. Wir sehen dort den Jungbrunnen unserer Gesellschaft. Gerade Berlin weiß doch, dass wir uns nur dann treu bleiben, wenn wir uns ständig neu erfinden, wenn wir mutig sind und Neues ausprobieren. Dazu brauchen wir die mutigsten, die visionärsten, die frechsten Kreativen, die wir kriegen können. Dass diese Herausforderung mit dem Blick auf die kreative Vielfalt der ganzen Stadt angenommen wird und diese Aufgabe fair und transparent umgesetzt und mit klaren Zielvereinbarungen und großem Vertrauen gemeinsam angegangen wird, haben wir uns als neue Regierung in das Programm geschrieben.
Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag der FDP-Fraktion, Drucksache 18/0038, empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich – gegen FDP und bei Enthaltung CDU und AfD – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der FDP. Gegenstimmen? – Gegenstimmen der SPD-Fraktion, der Fraktion Bündnis/Die Grünen und der Linksfraktion. Enthaltungen? – Enthaltungen bei der CDU-Fraktion sowie der AfD-Fraktion. Der Antrag ist damit abgelehnt.
Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin Drucksache 18/0289
Tagesordnungspunkt 17 war Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter Nummer 3.3. Die Tagesordnungspunkte 18 bis 20 stehen auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 21 war Priorität der AfD-Fraktion unter Nummer 3.4.
In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion, und für die AfD-Fraktion hat Herr Scholtysek das Wort. – Bitte schön!
Vielen Dank Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Die Wörter „Diesel“ und „Feinstaub“ sind für Frau Senatorin Günther bekanntlich der blanke Horror, die Umweltzone hingegen stellt für sie das Allheilmittel für die Stadt Berlin dar. In flammenden Reden prophezeit uns heute Frau Günther das frühzeitige Ableben von Tausenden Berlinern, herbeigeführt durch todbringende Dieselfahrzeuge. Ähnliches war schon 2011 von der
Erst wenn nur noch Fahrzeuge mit grüner Plakette in die Umweltzonen einfahren dürfen, wird der verkehrsbedingte und besonders gesundheitsgefährdende Dieselruß deutlich zurückgehen. … Auf absehbare Zeit gibt es kein besseres Instrument gegen tödlichen Feinstaub.
Bis heute wird uns immer wieder gebetsmühlenartig erklärt, die Umweltzone sei das Instrument schlechthin im Kampf gegen den Feinstaub. Tatsächlich wissen wir mittlerweile, dass es eher ein Kampf im Sinne eines Don Quichotte ist, ein ständiger Ritt gegen einen Feind, der nicht wirklich greifbar ist.
Fast alle Daten und Zahlen, die ich Ihnen heute zitiere, stammen aus Veröffentlichungen der jetzigen und der vorherigen Senatsverwaltung für Umwelt. Das sollte Ihnen also alles bekannt sein. Ausgehend von reinen Modellrechnungen musste die Senatsverwaltung im Jahr 2009, also nach einem Jahr mit Umweltzone, feststellen, dass es einen Rückgang der Feinstaubbelastung um lediglich drei Prozent gab. Von 2011 bis heute gab es praktisch kaum einen Rückgang. Wie kann das sein? Dazu müssen wir uns anschauen, wie sich der Berliner Feinstaub überhaupt zusammensetzt. Aus dem Luftreinhalteplan 2011 bis 2017 der Senatsverwaltung lässt sich entnehmen, dass sage und schreibe zwei Drittel, genauer gesagt, 64 Prozent der gemessenen Feinstäube gar nicht aus Berlin kommen. Dieser sogenannte Eintrag aus regionalem Hintergrund sind Feinstaubpartikel, die aus Hunderten von Kilometern Entfernung zu uns geweht werden. Zwei Drittel aller gemessenen Feinstäube kommen also aus ganz Europa und nicht aus Berlin. Genau das soll aber die Umweltzone suggerieren. Uns soll glaubhaft gemacht werden, dass Feinstaub in Berlin nur aus Berlin ist und nur in Berlin bekämpft werden kann.
Ich komme zurück zur Frage der Herkunft. Nur ein Drittel stammt also tatsächlich aus Berlin und konkret hier aus häuslichen Heizungsanlagen, Kraftwerken, aus Kleingewerbe, aus Bautätigkeiten, aus Zigarettenrauch und aus dem gesamten Berliner Verkehrssystem und hier im Wesentlichen aus Abrieb, verursacht durch Reifen, durch Bremsen, durch sämtliche mechanisch beanspruchten Teile. Hier erkennen wir übrigens, dass damit auch die U-Bahn, die S-Bahn und auch jedes Lastenfahrrad, jeder Tretroller und jedes Elektroauto zum Entstehen von Feinstaub beiträgt. Erst ganz zum Schluss – das können Sie alles in Ihren eigenen Veröffentlichungen nachlesen – kommt Dieselruß, der nur zu vier Prozent des Berliner Feinstaubes beiträgt durch das, was letztlich aus dem Auspuff kommt.
Da laut Statistischem Bundesamt mittlerweile rund 97 Prozent aller Dieselfahrzeuge eine Grüne Plakette haben, ist davon auszugehen, dass hier an Feinstaub aus Verbrennungsmotoren nichts mehr zu verringern ist. Wenn Sie sich die Anforderungen der EU an Euro-5-Fahrzeuge, das sind die Fahrzeuge mit der Grünen Plakette, und Euro-6-Fahrzeuge, das sind die Fahrzeuge mit der Blauen Plakette, die so sehr von Frau Günther gefordert werden, ansehen, werden Sie feststellen, dass in Bezug auf den Feinstaubauswurf beide Normen gleich sind. Euro 5 und Euro 6, Grüne und Blaue Plakette, haben die gleichen Vorgaben. Lediglich bei Stickoxid gibt es einen geringen Unterschied. Auch da stellen wir fest, dass durch die Nachrüstung von Bussen und Schwerverkehr mit Stickoxidminderungssystemen die größten Verursacher wegfallen würden, wenn wir die Veröffentlichungen des Senats studieren.
Hier sollte die landeseigene BVG mit gutem Beispiel vorangehen und zunächst einmal ihre gesamte Busflotte umrüsten.
Das ist aber noch nicht der Fall. – Davon abgesehen sollte zukünftig aber lieber konsequent mit intelligenten Verkehrssystemen, dynamischen Lichtsignalanlagen, grüner Welle, intelligenter Lenkung des Schwerverkehrs und so weiter gearbeitet werden, statt mit einer Beibehaltung und möglichen Verschärfung der ohnehin völlig überflüssigen Umweltzone.