Protocol of the Session on February 23, 2012

Das heißt aber nicht, dass nicht alles daran gesetzt werden muss, die drohende Lärmbelastung für die umliegenden Gemeinden so weit wie möglich zu reduzieren. Da sind wir uns, denke ich, alle einig. Insofern ist die Zielrichtung dieses Antrags, die Optimierung der Flugrouten, die Reduzierung der Lärmbelastung natürlich absolut richtig und wird von uns unterstützt. Wir wollen, dass jede Möglichkeit geprüft wird, schon jetzt, ab morgen. Nach meiner Information ist das auch schon der Fall. Es gibt eine AG Betriebsregie beim Flughafen, die genau das tut, was der Antrag fordert. Es kann dann der abhängige Parallelbetrieb wirklich dazu beitragen, dass die Flugrouten noch einmal anders festgesetzt werden. Allerdings geht immer die Sicherheit vor. Der abhängige Parallelbe

trieb ist vermutlich nicht in Spitzenzeiten möglich. Da muss man genau hingucken.

Es ist die geforderte Evaluierung der Flugrouten auch bereits beauftragt. Die Fluglärmkommission soll sich damit befassen. Längstens nach einem Jahr Flugbetrieb erwarten wir aber, erwartet die betroffene Bevölkerung dann auch fundierte Ergebnisse, und zwar aufgrund einer nachvollziehbaren transparenten Faktenlage. Denn was die Informationspolitik rund um die Flughafeneröffnung betrifft, gibt es doch große Defizite. Da ist viel Vertrauen verspielt worden, weil die Bürgerinnen und Bürger zunehmend das Gefühl haben, hier wird nicht immer mit offenen Karten gespielt.

[Ramona Pop (GRÜNE): Hier wurde von Anfang an nicht mit offenen Karten gespielt!]

Nicht immer, sage ich. Das sehe ich auch so. – Ich erinnere an den Streit um die Flugrouten. Herr Moritz hat es ausgeführt. Aktuelles Beispiel, keine drei Tage ist es her, da wurde bekannt, dass es doch deutlich mehr Flugbewegungen mit einer deutlich höheren Lärmbelastung geben wird. Weiß man das wirklich erst seit Kurzem, oder ist das die berühmte Salamitaktik, Scheibchen für Scheibchen die unangenehmen Nachrichten verabreichen?

[Felicitas Kubala (GRÜNE): Fragen Sie doch mal den Regierenden!]

Ich denke, das Vorgehen ist nicht akzeptabel. Die Akzeptanz des Flughafens wird damit nicht besser. Denn bei den Betroffenen steigt tatsächlich das Misstrauen, wie ehrlich und ernsthaft es mit der Überprüfung der Flugrouten eigentlich gemeint ist.

Deswegen fordere ich hier ausdrücklich – auch für die SPD –, dass jede denkbare Möglichkeit zu prüfen ist, um die Lärmbelastung zu reduzieren. Dazu kann die Arbeit der AG Betriebsregie beitragen, wenn sie alle Möglichkeiten auslotet.

Sie müssen zum Schluss kommen.

Bin gleich zu Ende. – Dazu kann die vorgesehene Evaluierung der Flugrouten beitragen, deren Optimierung sich aus dem laufenden Flugbetrieb ergeben wird.

[Wolfgang Brauer (LINKE): Flugschiffe!]

Beides ist auf den Weg gebracht. Dennoch sollte man das Ganze im Ausschuss noch einmal besprechen. Dann, denke ich, wird man auch eine gemeinsame Entscheidung treffen können. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Danke, Frau Kollegin! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt der Kollege Harald Wolf das Wort. – Bitte sehr, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben das Thema ja im Rahmen einer Besprechung schon in der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses behandelt. Dort hat sich in der Diskussion das angedeutet, was wir auch heute in der Plenarsitzung erleben, nämlich einen weitgehenden Konsens über die Fraktionen in dieser Frage, dass das Betriebsregime des Flughafens überprüft werden muss unter der Zielsetzung, hier eine Minimierung der Lärmbelastung der Bevölkerung zu erreichen.

Das Thema des unabhängigen Parallelbetriebs ist in der Tat eine Schlüsselfrage, weil die Vorgabe, dass der Parallelbetrieb unabhängig während der gesamten Betriebszeit des Flughafens gewährleistet sein muss, dazu geführt hat, dass bestimmte Flugrouten ausgeschlossen wurden, so z. B. die auch einmal zwischendurch vom Regierenden Bürgermeister und vom Senat insgesamt damals zur Prüfung vorgeschlagene Route über die Gosener Wiesen, die den Müggelsee entlastet hätte.

Das heißt, diese starre Vorgabe hat dazu geführt, dass wir das Ergebnis jetzt haben, so wie es ist. Deshalb ist es richtig, dass jetzt diese starre Vorgabe noch mal überprüft wird, ob es wirklich notwendig ist, dass dieser unabhängige Parallelbetrieb während der gesamten Betriebszeit des Flughafens gewährleistet ist. Ich glaube, dem ist nicht so. Er wird sicherlich zu bestimmten Zeiten, zu den Spitzenzeiten, notwendig sein. Es gibt auch Äußerungen des Regierenden Bürgermeisters und Aufsichtsratsvorsitzenden der Flughafengesellschaft in diese Richtung. Deshalb sollte das überprüft werden so wie auch die Möglichkeit überprüft werden soll, ob das Münchener Verfahren, wo erst mal länger geradeaus geflogen wird, bevor dann abgeknickt wird, nicht auch am Flughafen Willy Brandt möglich und denkbar ist.

Insofern glaube ich, dass wir hier einen breiten Konsens haben. Es wäre gut, wenn sich dieser Konsens auch in einer Beschlussfassung des Abgeordnetenhauses widerspiegelte und nicht nur in allgemeinen Diskussionen, weil das dann auch noch mal ein klarer Auftrag wäre. In diesem Sinne werden wir das im Ausschuss diskutieren, und ich hoffe, dass wir dann einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen für die zweite Lesung haben, den wir dann auch hier verabschieden können.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Friederici das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kurz vor Öffnung des neuen Flughafens und erstmals nach 16 Monaten Bürgerprotesten haben die Grünen nun entdeckt, dass ein abhängiger Flugroutenparallelbetrieb für die darunter wohnenden Menschen besser ist, als wenn es nicht so ist.

[Michael Schäfer (GRÜNE): Sie lügen!]

Ich hatte zunächst die Hoffnung, das liegt an Benedikt Lux, aber der hat in seiner neuen Funktion ja gar nicht unterschrieben. Wir alle wissen, dass ein unabhängiger Parallelbetrieb bei BER in vertretbarem Rahmen notwendig sein wird und auch sein muss. Wer hier etwas anderes behauptet, ist völlig realitätsfern, und ich weiß genau, dass auch grüne Politiker in Flugzeugen sitzen werden, die in unabhängigem Parallelbetrieb fliegen werden.

Richtig und wichtig ist auch, dass der Berliner Senat und die ihn stützenden Parteien CDU und SPD die Zeiten des unabhängigen Parallelbetriebs maßvoll gesetzt wünschen. Dies alles ist aber längst bekannt, genauso wie eben, dass BER ein leistungsfähiger Arbeitsplatzmotor sein muss, Steuerkraft und mehr Internationalität in die Region bringen wird, aber auch die Anwohner so wenig wie möglich darunter leiden dürfen. Dass der unabhängige Parallelbetrieb nur in Spitzenzeiten notwendig ist, dass die Flugrouten schon vor Eröffnung neu evaluiert werden sollen und dass dies führende Vertreter beider Landesregierungen von Berlin und Brandenburg bereits so sehen, schreiben die Grünen teilweise selbst im Begründungstext ihres vorliegenden Antrags oder auch im Antragstext.

[Harald Moritz (GRÜNE): Sie machen es nur nicht!]

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und die Fraktionen von CDU und SPD erklären dies seit über einem halben Jahr. Wir haben das als Koalitionsfraktionen schon früher mitbekommen als die hier und heute aufgewachten Grünen.

Trotzdem wollen diese Grünen, obwohl die Position von Berliner Senat, SPD und CDU klar ist, nun wieder einen Bericht. Senat und vor allem die Verkehrsverwaltung sollen mit Berichtswünschen einer Fraktion blockiert werden, Verwaltungshandeln soll gebunden werden, nur damit die Grünen mal den Bürgerinitiativen sagen können: Seht her! Wir, die Grünen, haben als dauernde Berliner Oppositions- und Dagegenpartei Papier produzieren lassen. – Da sage ich ganz ehrlich: Dafür ist eine Berliner Verwaltung nun wirklich nicht da.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Das ist das traurige Produktionsergebnis der Grünen in der Verkehrspolitik, nur weil sie es dank des innerpar

teilichen Streits bisher nicht geschafft haben, auch nur annähernd ein normales Verhältnis zu den Bürgerinitiativen zu entwickeln.

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Kommen noch Argumente?]

Dabei ist es doch jetzt, knapp drei Monate vor Eröffnung von BER wichtiger, dass an entscheidender Stelle sämtliche Kraft in Gesprächen und Strategien entfaltet wird, als die Verwaltung mit Schreibarbeiten zu beschäftigen. Das ist moderne Verkehrspolitik. Das wollen die Berlinerinnen und Berliner und diejenigen, die von den Flugrouten betroffen sind, und das steht in krassem Widerspruch zum überholten Antrag der Grünen.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE) – Weitere Zurufe von der LINKEN]

Vielen Dank! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat Herr Abgeordneter Moritz. – Bitte sehr!

Sonntagsreden haben wir viele gehört. Im Wahlkampf sind auch von Ihrer Partei, der CDU, auf den Montagsdemos in Friedrichshagen starke Reden gehalten worden.

[Uwe Doering (LINKE): Von Herrn Czaja!]

Nur: Bei den Taten sieht man nichts. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung hat ja extra gefragt: Können wir abhängige Flugrouten festlegen? – Alle haben gesagt: Nein! Es geht nicht, das geht an die Wirtschaftlichkeit. – Und die Flugrouten sind so festgelegt worden. Diese AG Betriebsregime überlegt, ob sie das vielleicht sonntags aussetzen können, aber die überlegen doch nicht, ob ich diesen abhängigen Parallelbetrieb für den Normalbetrieb vorsehen kann und dementsprechend andere Flugrouten festlege. Das passiert eben nicht. Da fehlen eben die Taten. Ich glaube, es ist notwendig, dass aus dem Abgeordnetenhaus endlich ein Beschluss, ein Auftrag an die Landesregierung, an Herrn Wowereit als Aufsichtsratsvorsitzenden kommt, dort solch einen Beschluss durchzusetzen, dass man da auch andere Sachen machen kann. Und nicht immer diese billigen Sachen: Die Grünen sind aufgewacht. – Wenn Ihnen nichts anderes einfällt! – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank, Herr Moritz! – Möchten Sie antworten, Herr Friederici? – Sie verzichten. – Dann hat jetzt für die Fraktion der Piraten Herr Abgeordneter Höfinghoff das Wort. – Bitte sehr!

Ich bedanke mich, Frau Präsidentin! – Liebe alle!

[Dr. Gabriele Hiller (LINKE): Liebe alle?]

Herr Friederici! Sind Sie mittlerweile wach? Selbst wenn die Grünen erst heute aufgewacht sein sollten, habe ich definitiv in der Zeit, die ich in diesem Plenum bzw. in diesem Abgeordnetenhaus Mitglied bin, den Eindruck: Was Bauen, Wohnen und speziell Verkehr angeht, schläft die radikale Mitte aber immer noch. – Das scheint auch niemanden wirklich vom Hocker zu hauen. Die Überraschung ist nicht groß.

In diesem Antrag geht es darum, dass der Senat prüfen lassen soll, ob die Lärmbelästigung auch tagsüber erträglich sein kann – ergebnisoffen. „Ergebnisoffen“ finde ich ein ziemlich wichtiges Wort. Da sind ziemlich viele komische Wörter gefallen. U. a. sprach Frau Harant von der SPD davon, dass die meisten Berliner sich auf diesen Flughafen freuen. Wo, bitte, kommen diese „meisten Berliner“ her? War das eine „Bild“-Onlineumfrage? Mir sind diese Zahlen nicht bekannt. Ich weiß von einer Bürgerinitiative, die sich für ein Nachtflugverbot einsetzt – und dementsprechend sollte in deren Interesse geprüft werden, wie wir die Tagesauslastung so weit regeln können –, eine Bürgerinitiative bzw. ein Volksbegehren, das Herr Friederici und seine Fraktion zusammen mit ihren Koalitionspartnern – wer da jetzt federführend für wen ist, kann ich bis heute nicht sagen – bereits dreimal aus dem Ausschuss verbannt hat, sodass wir bis heute nicht in der Lage sind, eine Anhörung stattfinden zu lassen, um dort dem Willen der Bürger, den Sie ja hier die ganze Zeit so proklamieren, auch mal Gehör schenken zu können.

Da ist auch die Rede von Vertrauen in die Politik, das die Bürger haben sollen. Welches Vertrauen, bitte, sollen denn Bürger in die Politik haben, wenn sie nicht mal ihr Wort an die Politiker richten dürfen in den Gremien, die dafür zuständig sind? – Also, Herr Friederici, das war armselig,

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

unterste Schublade! Wenn Sie irgendwann noch Argumente haben, die gegen einen Antrag der Grünen sprechen könnten, dann möchte ich Sie bitten, sie mir hier in diesem Plenum oder aber gerne auch im Ausschuss noch mal kundzutun. Bisher war da nichts.

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr empfohlen. – Ich höre dazu keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.3: