Protocol of the Session on April 28, 2016

[Nein! von den GRÜNEN]

Es geht hier um eine grundsätzliche Frage. Die anderen Senatsverwaltungen sehen dann: Ach so, der Senatsverwaltung für Justiz lassen sie das durchgehen, dann können wir es ja auch mal versuchen! Mal gucken, ob das Parlament das merkt!

Mich wundert auch, dass Herr Senator Heilmann sich mit einer Seelenruhe nicht dazu äußert und es anscheinend unproblematisch findet, dass seine Verwaltung hier ihren verfassungsmäßigen Pflichten nicht nachkommt. Sie haben anscheinend kein Interesse daran, Beschlüsse dieses Parlaments umzusetzen. Das ist – um im Duktus Ihrer etwas realsatirisch wirkenden Kampagne zu bleiben – eine starke Leistung

[Philipp Magalski (PIRATEN): Ein starkes Stück!]

von einer starken Justizverwaltung für ein starkes Berlin zum starken Schutz von Bürgerrechten: Dieses Parlament fasst einen Beschluss, den Sie nicht umsetzen.

Und dem Fass den Boden aus schlägt die Mitteilung – zur Kenntnisnahme –, die ganz neu zu diesem Antrag gekommen ist. Dort steht:

Zu 3.: Die Einrichtung eines SMS-Informationssystems befindet sich anhaltend in der Entwicklungsphase. Die rechtlichen und technischen Anforderungen müssen insbesondere auch unter Berücksichtigung datenschutz- und haushaltsrechtlicher Aspekte eingehend geprüft werden. Wann ei

ne Umsetzung des Pilotprojektes im Rahmen des beschlossenen Haushaltsplanes möglich sein wird, ist noch nicht absehbar.

Sie prüfen jetzt seit fast anderthalb Jahren. Der bzw. die Datenschutzbeauftragte von Berlin hat schon seinen bzw. ihren Kommentar dazu abgegeben.

[Udo Wolf (LINKE): Im Vergleich zu Henkel ist das aber flink!]

Dass man im Vergleich zu Frank Henkel besser sein kann, ist evident, das muss man nicht noch mal begründen. – Sie prüfen und prüfen und prüfen. Was wollen Sie noch prüfen? Warum setzen Sie es nicht um? Es dauert drei Monate, um es zu machen. Sie hätten hier die Möglichkeit, sich vor dem Parlament zur rechtfertigen. Das haben Sie schon beim letzten Mal nicht gemacht, als es darum ging, dass Sie Ihre Beschlüsse nicht umsetzen. Es ist sehr interessant, dass es niemanden interessiert, wenn unser System der parlamentarischen Demokratie nicht mehr funktioniert. Das ist auch Wasser auf die Mühlen von gestörten Verschwörungstheoretikern im Internet, die sagen: Deutschland ist nur eine GmbH, wir werden alle überwacht. – Das ist ein Bärendienst für die Demokratie. Der einzige Wermutstropfen ist, dass man sieht, dass Sie Ihre Verwaltung nicht im Griff haben und dass Sie da nichts können.

Ich habe jetzt gelernt, dass die Koalition eine sofortige Abstimmung des Antrags vornehmen möchte. Das finde ich sehr interessant.

[Heiko Melzer (CDU): Das war der Antrag der Piraten!]

Ach, so, das haben wir beantragt! Na gut, dann müssen Sie sich ehrlich machen und sich die Frage stellen, ob Sie diese schlechte Leistung des Senators – – Es interessiert mich nicht, was mein parlamentarischer Geschäftsführer alles macht, ich vertraue ihm blind.

[Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Davon können andere parlamentarische Geschäftsführer nur träumen, ich weiß. Ich vertraue ihm blind, das hat schon alles seine Ordnung, wie wir das machen.

Lassen Sie sich nicht von diesem Senator für seine schlechte Arbeit in Geiselhaft nehmen. Wenn Sie diesen Antrag heute ablehnen, sagen Sie damit, dass Sie das okay finden. Es ist ohnehin eine Posse, dass wir die Zeit dieses Plenums mit so einem Antrag verschwenden müssen,

[Beifall von Dr. Manuel Heide (CDU) – Dr. Manuel Heide (CDU): Zehn Minuten!]

aber es ist die einzige Möglichkeit, auf diese Missstände ordentlich hinzuweisen.

[Beifall von Stefan Gelbhaar (GRÜNE) und Carsten Schatz (LINKE)]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage Ihres Kollegen Höfinghoff?

Bitte!

Es geht ganz schnell, lieber Kollege Lauer! Aus der Fraktion rechts neben mir habe ich jetzt schon mehrmals die Frage gehört, wovon Sie überhaupt reden. Vielleicht mögen Sie es noch mal kurz zusammenfassen.

Ich rede von den Dingen, die die CDU nicht interessieren, nämlich Bürgerrechte.

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Es geht darum, dass auch Sie bei Ihren diversen Aktivitäten – – Es gibt Vorurteile, die man gegenüber konservativen Abgeordneten hat. Vor diesem Hintergrund hat es mich gewundert, dass man jetzt eine Razzia im „Artemis“ durchgeführt hat. Auch der „Artemis“-Besuch ist in einer Funkzellenabfrage sichtbar. Vielleicht wollen Sie so etwas wissen. Vielleicht wollen Sie es auch nicht wissen. Aber die Daten sind trotzdem da. – Vielen lieben Dank!

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank, Kollege Lauer! – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Kollege Kohlmeier – und er erhält das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Lauer! Ich gebe zu, dass das heute wohl die schwerste Rede in dieser Legislaturperiode für mich ist, und zwar nicht wegen des Themas, das wir heute aufrufen, sondern weil der Antrag, den Sie einreichen, inhaltlich völlig zutreffend ist und ich von dem Antrag auch überzeugt bin.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Gleichwohl werde ich begründen, warum wir den Antrag in der Sofortabstimmung ablehnen werden.

[Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN – Dr. Klaus Lederer (LINKE): Koalitionsdisziplin!]

Keine Koalitionsdisziplin! Sie haben mit Ihren Zwischenrufen insofern recht, als wir den Antrag heute beschließen könnten. Nur – lieber Kollege Lauer, Sie haben es selbst gesagt – das SMS-Tool zur Information über Funkzellenabfragen kommt dann vermutlich trotzdem nicht.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Ja! – Zuruf von Dr. Klaus Lederer (LINKE)]

Wir könnten vermutlich noch zehn Anträge in diesem Parlament beschließen – es wird immer noch nicht kommen. Wir könnten dem Justizsenator auch körperliche Gewalt androhen, aber auch dann wird es nicht kommen.

[Beifall bei den PIRATEN – Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Sie könnten ihn austauschen!]

Ich kann ihn nicht austauschen, liebe Kollegen der Piraten, das wissen Sie! Ich bin an diesem Punkt genauso wie Sie desillusioniert und enttäuscht vom Justizsenator.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Er lacht darüber, aber das ist auch in Ordnung. Dann sieht er wenigstens gut aus.

Die Piratenfraktion hat es zutreffend dargestellt: Es gibt seit 2013 in diesem Parlament die Aufforderung an den Senat und in dem Fall an den Justizsenator, die Berichte über den Einsatz von Funkzellenabfragen abzuliefern. Das sind ca. 60 Millionen Daten, Handydaten, die jährlich von Berlinerinnen und Berlinern erhoben werden. Jede Fraktion hat natürlich eine andere Motivation für diesen Antrag und für diesen Bericht. Die Opposition lehnt die Funkzellenabfrage ab und möchte diesen Bericht haben, um das zu begründen und darzustellen. Die CDU begrüßt die Funkzellenabfrage und will deshalb den Bericht. Und wir wollen den Bericht haben, um die Angemessenheit der Funkzellenabfrage und dieser Maßnahme zu überprüfen und uns dann eine Meinung dazu zu bilden. Wie auch immer die Motivlage in den Fraktionen ist – es gibt einen einstimmigen Beschluss in diesem Haus, dem Parlament einen konkreten Bericht mit substantiierter Darlegung und Datenlage vorzulegen. Es ist ein Kernelement unserer Demokratie, dass die eine Gewalt, nämlich dieses Haus, die andere kontrolliert und dafür auch Berichte anfordert.

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Das passiert in diesem Haus immerzu. Kollege Schneider macht es im Hauptausschuss permanent.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Es ist also keine Raketenwissenschaft, hier einen Bericht abzuliefern.

Es ist auch nichts Geheimes daran zu finden, uns diesen Bericht vorzulegen. Es gibt in diesem Haus einen Datenraum, dort könnte man geheime Dinge hinterlegen.

Ich stelle fest: Seit drei Jahren liefert uns Herr Justizsenator Heilmann den Bericht erst gar nicht, dann zögerlich teilweise und zuletzt – er liegt hier gerade in der Mappe, heute eingereicht – ohne Anlagen.

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Und ein SMS-Informationsmodul gibt es immer noch nicht. „Danke für gar nichts“, würde es jetzt in einer Satiresendung heißen. – Ernsthaft: Ich bin politisch und auch persönlich enttäuscht von Ihnen, Herr Senator! Politisch bin ich enttäuscht, weil ich das Gefühl habe, dass sie als Justizsenator das Parlament nicht ernst nehmen.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Und persönlich bin ich enttäuscht, weil Sie mir in der Vergangenheit immer wieder versichert haben, dass Sie den Antrag des Parlaments umsetzen und ein SMSModul schaffen werden. Und ja, ich habe es Ihnen geglaubt, weil Ihnen eine gewisse IT-Affinität nachgesagt wird.