Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der in den Ausschüssen diskutierte Antrag verdeutlicht: Die Politiker der Piratenpartei machen sich Sorgen über die Zukunft Berlins, einer wachsenden Stadt. Sie wollen keine Festansprache halten wie „Wir schaffen das!“. Sie wollen einen Lösungsansatz bieten, um die offensichtlichen Probleme der wachsenden Stadt zu lösen, und sehen diese Lösung in einer neuen Verwaltungsstruktur, in der Stelle einer Berliner Beauftragten für Partizipation und wachsende Stadt.
Viele haben jetzt schon gesagt, dass das lustig ist – gut! Man kann es auch ernster nehmen. Der Antrag fordert einen Gesetzentwurf vom Senat, und das, obwohl die Gesetzgeberinnen und Gesetzgeber hier in den Reihen des Abgeordnetenhauses sitzen. Es blieb auch im Ausschuss für bürgerschaftliches Engagement offen, warum die Piratenfraktion nicht selbst als Teil der gesetzgebenden Versammlung zur Feder gegriffen hat oder greifen will. Was dort aber deutlich wurde, ist: Es geht nicht um eine neue Stelle, sondern es geht um ein zusätzliches, also neues Amt, das mit 20 bis 25 Mitarbeitern besetzt und mit einem Haushalt von 3 Millionen Euro ausgestattet werden soll.
Dieses Amt, als oberste Landesbehörde eingerichtet, soll im Wesentlichen unterstützen und optimieren, überwachen, begleiten, beobachten, koordinieren und beraten, und zudem sollen personenbezogene Daten erhoben und übermittelt werden können bis hin zur Amtshilfeleistung für Aufsichtsbehörden anderer Mitgliedsstaaten der EU. Dieses Amt soll anscheinend auch den Petitionsausschuss ersetzen können und Beschwerdestelle für jede Person bis hin zu Dienstkräften der Berliner Behörden werden. Um seinen Aufgaben gerecht zu werden, sollen selbstverständlich alle öffentlichen Stellen diesem Amt verpflichtend Einsicht in Unterlagen geben und Auskünfte erteilen. – Ich frage mich immer, wie mit so wenigen Mitarbeitern diese vielen Ämter begleitet werden. Aber gut! Kurzum: Der Antrag fordert ein Gesetz für die Errichtung eines Wie-auch-immer-Amts, das externe Beratung und interne Kontrolle vereint, unabhängig agieren kann und keiner parlamentarischen Kontrolle unterliegt.
Ich könnte jetzt noch Bürokratie, Lobbyismus und Interessenvertretung ins Feld führen, will mich aber auf unsere Forderungen an vorhandene Strukturen bei der Erfüllung der bestehenden Aufgaben in der sogenannten wachsenden Stadt beschränken, auch weil die Die Linke zu diesem Thema mehrere Anträge und Besprechungen in das parlamentarische Geschehen eingebracht hat: zu Kitas, Schulen, sozial verträglichem Wohnungsbau; ein flüchtlingspolitisches Konzept gehört dazu genauso, wie die Forderung nach einem Stadtentwicklungsplan „Soziale und kulturelle Infrastruktur“ und Weiteres.
Die Linke erwartet auch aus haushaltspolitischen Gründen kein zusätzliches Amt, sondern dass die vorhandenen Strukturen ausreichen, aber insbesondere, dass der Regierende Bürgermeister verfassungsgemäß in der wachsenden Stadt die Richtlinien der Regierungspolitik bestimmt.
Er ist derjenige, der sich auch um die Einhaltung der Richtlinien kümmern und überwachen soll, und er hat das Recht, über alle Amtsgeschäfte Auskunft zu erlangen. Die vom Senat gebildete Arbeitsgruppe „Wachsende Stadt“ muss allerdings endlich auch abrechenbare Arbeitsergebnisse vorlegen.
Und nicht zuletzt: Die Senatskanzlei muss insbesondere die Aufgaben der Ressortkoordinierung wieder ernster nehmen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Platta! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag auf Drucksache 17/2534 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich – gegen Piraten – die Ablehnung und der Hauptausschuss mehrheitlich – gegen Piraten – die Ablehnung auch mit Änderungen. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der Piraten. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktion der SPD, die CDU-Fraktion, Bündnis 90/Die Grünen und die Linksfraktion. Enthaltungen? – Ich sehe keine Enthaltungen. Dann ist der Antrag abgelehnt.
„Zentrale Koordination Sporthalle“ einrichten – Sportvereine und Schulen bei der Sanierung entlasten
In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat Herr Abgeordneter Schweikhardt – bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Sportvereine und Schulen leisten sehr wertvolle freiwillige Hilfe und Unterstützung für Geflüchtete, auf die
Berlin mehr als stolz ist, selbstlos, solidarisch und unter Verzicht auf viele Sporthallen. Da muss es selbstverständlich sein, dass Berlin die Hallen, sobald sie nicht mehr als Notunterkünfte gebraucht werden, den Bezirken, Vereinen und Schulen besenrein wieder zur Verfügung stellt.
Verschärft wird der Sportflächenmangel durch die unhaltbaren baulichen Zustände, die nach wie vor zu zig Hallensperrungen führen. Ein Sanierungsstau, den sich Berlin nicht leisten kann – weder für Sportlerinnen und Sportler noch für Schülerinnen und Schüler, und auch nicht für Geflüchtete, deren Inklusion durch Sportangebote in eben diesen Hallen deutlich besser gelingen kann als durch die Unterbringung in Betten des Katastrophenschutzes. Mittlerweile gibt es eine Arbeitsgruppe im Senat, die sich dieser Sache angenommen hat. Aber das reicht nicht. Auch ein Konzept zum Leerzug der Turnhallen, welches beim Rat der Bürgermeister zur Abstimmung liegt, reicht nicht.
Seit dem 1. Januar dieses Jahres gibt es eine Richtlinie für den Kostenersatz für die von der Sicherstellung von Sportstätten erheblich betroffenen Sportvereine. Auch die reicht nicht. Darin heißt es:
Diese Richtlinie verfolgt den Zweck, möglichst vielen förderungswürdigen Sportorganisationen, die ab 2015 von der Sicherstellung von Sportstätten zur Unterbringung von Flüchtlingen durch das Land Berlin erheblich in der Erreichung ihrer satzungsgemäßen Zwecke betroffen sind, Unterstützung zu leisten.
Genau das beschreibt das Problem, für dessen Lösung wir unseren Antrag formuliert haben. Es geht eben nicht darum, mit einem gedeckelten Budget von 1 Million Euro möglichst vielen Sportorganisationen Unterstützung während der Notunterbringung zukommen zu lassen, sondern es geht darum, die gesamte sportliche Infrastruktur zu gewährleisten. Aber nicht einmal diese in Aussicht gestellten Entlastungen für Miet-, Lager- und Transportkosten sind sicher, denn die Erstattungsleistung kann auf einen Teilbetrag der nachgewiesenen Kosten reduziert werden, wenn erkennbar ist, dass die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel des Landes Berlin für eine vollständige Erstattungsleistung an alle Antragsteller nicht ausreichend sind. Es wird also nur ein Teil erstattet, und das auch erst nach Abschluss des Jahres, denn vorher ist ja kaum bekannt, welche Summen beantragt werden und wie hoch der Prozentsatz der Erstattung sein wird.
Diese Probleme potenzieren sich, wenn es um die Sanierung von gesperrten oder beschlagnahmten Hallen geht. Millionenbeträge vorfinanzieren, Bauleistungen ausschreiben und beaufsichtigen, neueste Vorschriften in Baurecht umsetzen, sei es bezüglich Barrierefreiheit oder energetischer Mindeststandards, Verwaltungsvorgänge kennen und beschleunigen und vor allen Dingen rechtzei
tig zu wissen, wann die Hallen wieder zur Verfügung stehen werden, das sind alles Qualifikationen, die Schulen, Vereine und selbst Bezirke nicht haben. Sollen denn wirklich bei gut 100 Hallen die Träger einzeln die immer wieder gleichen Probleme bekommen, die Sportlerinnen und Sportler viel Zeit verlieren und die Berliner Bürgerinnen und Bürger am Ende Lehrgeld zahlen? – Nein! Wir wollen, dass Bezirke, Schulen und Vereine entlastet und nicht für ihr Engagement bestraft werden.
Deshalb beantragen wir jetzt, dass der Senat eine zentrale Koordination Sporthalle einrichtet, welche die schnellstmögliche Sanierung aller Sporthallen sicherstellt, und die als Notunterkunft benutzten Hallen dem Sport so schnell wie möglich wieder zur Verfügung stellt, dass alle Beteiligten in diese Koordination einbezogen werden, dass der Senat dafür Sorge trägt, dass keine verwaltungsbedingten Verzögerungen entstehen und dass barrierefrei und nachhaltig saniert wird und dass die kompletten Kosten ohne Vorleistungen der einzelnen Träger übernommen werden. Berlin kann es sich nicht leisten, auf das Ergebnis eines Volksbegehrens zu warten. Wir brauchen jetzt Lösungen. Die Sportlerinnen und Sportler haben sofort geholfen. Der Senat hatte mittlerweile genug Zeit zu planen, wie er jetzt den Vereinen, Schulen und Bezirken helfen wird. – Danke für die Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Schweikhardt! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Buchner – bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! 62 der über 1 000 Berliner Sporthallen können derzeit nicht als solche genutzt werden, weil sie als Notunterkünfte für geflüchtete Menschen dienen. Es ist bedauerlich, dass das Sporttreiben in der Stadt dadurch eingeschränkt wird. Ich will aber auch als leidenschaftlicher Sportpolitiker eindeutig sagen, dass der Leib und das Leben von Menschen am Ende das deutlich höhere Gut sind.
Wie wichtig uns der Sport ist, beweisen unter anderem zwei Maßnahmen, die das Abgeordnetenhaus und der Senat sehr schnell und unbürokratisch auf den Weg gebracht haben. Erstens wurden Mittel bereitgestellt, mit deren Hilfe ausfallender Schulsport in kommerziellen Einrichtungen ersetzt werden kann, also zum Beispiel in Eislauf- oder Kletterhallen, beim Schwimmen oder in Fitnessstudios. Zweitens: Sportvereine, die davon betroffen sind, dass ihre Halle im Moment nicht zur Verfügung
steht, bekommen die Möglichkeit, Ersatzräume anzumieten. Mir ist klar, dass das beim Turnen oder Tischtennis ganz gut funktionieren kann, dass aber Sportarten wie Handball oder Hockey mit einem großen Platzbedarf im Moment enorm eingeschränkt sind.
Trotzdem gilt, dass wir den Antrag zur zentralen Koordination Sporthalle absolut nicht für schlecht erachten, aber für unnötig. Die notwendigen Schritte sind in Abstimmung zwischen Senat, Abgeordnetenhaus, den Bezirken und dem Sport bereits gegangen worden. Gemeinsam ist eine Prioritätenliste erarbeitet worden, nach der die Hallen so schnell wie möglich wieder für den Sport freigezogen werden und zur Verfügung stehen sollen. Ich bin ganz froh, dass die beiden für den Leistungssport und für die Sportarten Handball und Hockey wichtigen großen Sporthallen Horst-Korber-Sportzentrum und RudolfHarbig-Halle ganz weit oben stehen. Ich glaube, dass es auch gelingen wird, andere Hallen, bei denen es größere Schwierigkeiten gibt – ich denke an das Sporttreiben von Menschen mit Behinderungen, wofür es schwieriger ist, Ersatzstandorte zu finden –, weit oben in der Prioritätenliste zu platzieren und diese Hallen möglichst zeitnah zurück zu übergeben. Zum Fahrplan selbst ist inzwischen genug in den Medien gesagt worden. Es geht darum, möglichst nach den Sommerferien die Hallen wieder dem Schul- und Vereinssport nach und nach übergeben zu können.
Es wurden auch alle notwendigen Maßnahmen getroffen, um dort, wo es nötig ist, die erforderlichen Instandsetzungen und Sanierungen schnellstmöglich und ohne Verzögerungen vorzunehmen. Es ist auch klar- und sichergestellt, dass es nicht am Geld scheitern wird, damit die belegten Hallen wieder zur Verfügung stehen, denn dafür haben wir 5 Millionen Euro im Haushalt zur Verfügung gestellt und übrigens auch klargestellt, dass das Mittel sind, die zusätzlich zum Sportstättensanierungsprogramm kommen, das wir bereits deutlich erhöht haben. Kurzum: Der Senat und die Regierungskoalition handeln, wo anderswo noch Anträge geschrieben werden. Deshalb können wir den Antrag auch ablehnen.
Ich möchte trotzdem abschließend noch ein paar Worte zu dem jetzt gestarteten Volksbegehren zum Thema Schulsporthallen sagen. Dieses Volksbegehren will erreichen, dass Sporthallen nur noch im Katastrophenfall für die Übernachtung von Menschen herangezogen werden dürfen. Das ist ziemlich sportfremd. Ich selbst habe manche Nacht in Sporthallen übernachtet und kann mir nicht wirklich vorstellen, dass anlässlich größerer Wettkämpfe, beispielsweise dem Deutschen Turnfest, aber auch bei vielen Wettkämpfen von Vereinen, künftig der Katastrophenfall ausgerufen werden soll.
Wenn aber ein solches Volksbegehren in Kenntnis der schwierigen Situation ausgerechnet von einem Reinickendorfer CDU-Abgeordneten gestartet wird,
der relativ wenig bis gar nichts dafür getan hat, dass in Reinickendorf Alternativen zur Verfügung gestellt werden – gerade der Bezirk Reinickendorf ist dafür nicht bekannt! –,
dann finde ich das schon bemerkenswert, weil die Vernunft auf dem Rücken des Wahlkampfes geopfert wird. Ich bin froh, dass sich der organisierte Sport, dass sich der Landessportbund und die Sportverbände darauf nicht eingelassen haben. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Grünen ist übersichtlich. Herr Schweikhardt hat die Notwendigkeit zum Handeln begründet. Er hat sie auch dargestellt: 30 unsanierte Hallen in den Bezirken, 60, die derzeit als Unterkunft für Flüchtlinge genutzt werden. Diese müssen saniert werden. Das ist eine Herausforderung. Warum Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, diesen Antrag nicht mittragen wollen, ist mir auch nach der Rede des Kollegen Buchner nicht schlüssig geworden.