Protocol of the Session on March 17, 2016

Vielen Dank, Herr Präsident! – Lieber Herr Kollege Behrendt! Ich übernehme mal die Lobhudelei für den Rest der Koalition. Zunächst einmal rufe ich gern in Erinnerung, dass es die CDU-Fraktion war, die seinerzeit den Impuls dazu gegeben hat, die Spielhallengesetzgebung im Land Berlin zu novellieren. Der erste Entwurf kam von uns. Man hat ihn dann in diesem Haus gemeinsam weiterentwickelt. Wie es so ist mit Oppositionsentwürfen: Sie werden gern mal links liegen gelassen, und nach einer kleinen Schamfrist holt man sie dann als Koalition wieder hervor. Das ist seinerzeit geschehen. Das haben wir in der Sache nicht kritisiert, nur im Verfahren, und anschließend natürlich mitgetragen. Auf die breite Zustimmung hat der Kollege Buchholz ja schon hingewiesen. Insofern haben wir die Zielstellung von Vornherein geteilt. Da weise ich Anwürfe auf das Schärfste zurück.

Zum Zweiten: Wir haben einiges erreicht. Wir haben sogar eine Menge erreicht. Wir haben schon viel erreicht, was den Aufwuchs an Spielhallen anging. Der ist mit diesem Spielhallengesetz gestoppt worden, und der 31. Juni dieses Jahres wird zum Schicksalstag der Be

standsspielhallen insofern, als dass wir jetzt für die Bestandsspielhallen durchsetzen, was wir an bundesweit schärfsten Auflagen für Spielhallen in Berlin haben.

Damit reagieren wir, und damit reduzieren wir die Zahl der Spielhallen auf ein nach unserer Überzeugung stadtverträgliches Niveau. Das hat nichts mit Verbotskultur zu tun, sondern ganz im Gegenteil. Wir erfüllen damit einen Auftrag, den wir als Gesetzgeber haben, nämlich den natürlichen Spieltrieb der Menschen auf eine vernünftige Art und Weise zu kanalisieren, zu regulieren und streng zu kontrollieren. Dafür haben wir die Voraussetzungen geschaffen, dafür verbessern wir jetzt noch die Voraussetzungen mit diesem Gesetzentwurf, und das ist ein gemeinsamer Erfolg, an dem wir hart gearbeitet haben und auf den ich stolz bin.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Wir dürfen, und auch das gehört zur Wahrheit, an diesem Punkt aber nicht stehenbleiben. Sie haben den Bezirken alles Gute gewünscht, das ist schon mal richtig. Wir müssen aber in der Tat beobachten, wie nun der Vollzug läuft und an welchen Stellen unsere Bezirke möglicherweise Unterstützung brauchen. Das werden wir gemeinsam tun, und wir werden gemeinsam dort nachsteuern. Wo wir merken, dass der Vollzug trotz der Erleichterungen, die wir mit diesem Gesetz schaffen, noch nicht in dem Umfang flüssig ist, wie wir uns das wünschen, werden wir politisch nachsteuern. Auch das gehört zu unserer Pflicht. Wir machen nicht nur Gesetze, sondern selbstverständlich werden wir auch darauf achten, dass die Bezirke in der Lage sein werden, das umzusetzen, gegebenenfalls mit der Unterstützung des Abgeordnetenhauses und des Senats. Das ist ein erster Punkt.

Ein zweiter, für mich auch sehr wichtiger Punkt, ist, dass natürlich eines nicht passieren darf: dass ab Sommer für die Spielhallen, die keine neue Erlaubnis erhalten, das Ende eingeläutet wird und einen Tag später Wettbüros am gleichen Standort eröffnen. Insofern arbeiten wir gerade intensiv daran, auch für die Wettstandorte in Berlin eine Regelung zu erarbeiten, die insbesondere das Thema Mindestabstände umfasst, wie wir es für die Spielhallen schon haben, und hierfür schnellstmöglich dem Haus einen Vorschlag vorzulegen. Meine Hoffnung ist, dass wir es vielleicht noch in diesem Jahr schaffen, auch dafür eine wirksame, umsetzbare Regelung zu erarbeiten, damit das nicht passiert, damit wir nicht den einen Missstand durch einen anderen Missstand ersetzen, sondern auch für die Flut und die zunehmende Zahl von Wettbüros in Berlin gilt: Wir wollen und wir werden harte Kante zeigen. Wir bleiben nicht am heutigen Tag stehen. Wir bleiben nicht bei diesem Gesetz stehen, sondern wir arbeiten gemeinsam weiter. Sie haben den Fleiß des Kollegen Buchholz zu Recht gelobt. Wir haben eine ganze Fraktion davon, und insofern trauen Sie uns ruhig zu, dass wir das in nächster Zeit auf den Tisch des Hauses legen werden. Ihre Glückwünsche nehmen wir dabei gern mit, und ich bin gespannt auf die Beratungen, die wir

(Dirk Behrendt)

auch zu diesem Sachverhalt führen werden. Ich glaube, hier gibt es Regelungs-, hier gibt es in Zukunft noch Handlungsbedarf, und dem werden wir gerecht werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke Frau Kollegin Matuschek, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Buchholz! Sie haben vielleicht gehofft, dass ich eine Kurzintervention gegenüber Ihren persönlichen Beleidigungen in meine Richtung mache. Das habe ich nicht gemacht. Es ist allerdings auch ein bisschen schwer, mit einem Eiferer Ihres Typs zu diskutieren, wenn Sie die Argumente, die vorlegt werden, von Vornherein diskreditieren.

Eine ordentliche Anhörung zu diesem Gesetz im Wirtschaftsausschuss ist von der Koalition versagt worden, und damit hat sich die Koalition selbst auch der Möglichkeit entledigt, den Vorwurf – der steht im Raum –, mit diesem Gesetz ein Quasi-Berufsverbot zu erlassen – dieser Vorwurf ist von der IHK erhoben worden –, aus dem Weg zu räumen. Das haben Sie unterlassen. Sie werden Ihre Gründe dafür haben, warum Sie den 500 legalen Spielhallenbetreibern eine solche Diskussion nicht ermöglichen.

Dass es Missstände gibt, zum Beispiel durch die Konzentration von Spielhallen in bestimmten Straßenzügen, bestreitet doch überhaupt niemand. Dass diese Missstände zum Beispiel durch unterschiedliche Handhabung des Bauordnungsrechts in Ost- und Westbezirken herrühren, blenden Sie, Herr Buchholz, seit Jahren aus.

[Daniel Buchholz (SPD): Nein!]

Im Bezirk Lichtenberg ist die Untersagung einer Spielhalle am Bahnhof Karlshorst aus baurechtlichen Gründen durchgesetzt worden. Da ist es üblich, dass bei dem Antrag schon sofort auch das Bauamt zur Prüfung des Ortes auf Geeignetheit mit einbezogen wird.

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Evers?

Nein, keine Fragen! – In anderen Bezirken, offensichtlich vornehmlich in Spandau, unterbleibt oder unterblieb die Prüfung der Anträge auf Errichtung von Spielhallen oder spielhallenähnlichen Einrichtungen nach bauord

nungsrechtlichen oder sonstigen Vorgaben offenbar flächendeckend.

Richtig ist, dass das Spielhallengesetz von Berlin die Befristung der vorhandenen Konzessionen zum 31. Juli dieses Jahres vorschreibt. Sie von der Koalition hatten jetzt viereinhalb, fünf Jahre Zeit, ausgestattet mit Regierungsverantwortung eine rechtlich einwandfreie, transparente und nachvollziehbare Regelung zu finden, wie die Neuvergabe von Konzessionen und die Durchsetzung der 500-Meter-Abstandsvorgabe hätte geregelt werden können. Jetzt, kurz vor Ultimo, kommen Sie um die Ecke, und der dichte Bezug zum Wahlkampf ist nicht von der Hand zu weisen. Sie haben fünf Jahre gepennt,

[Daniel Buchholz (SPD): Was haben Sie denn gemacht, Frau Matuschek?]

vielleicht auch auf Zeit gespielt und kommen jetzt mit einem umständlichen, aufwendigen Verfahren, an dessen Ende ein Losentscheid, also ein Glücksspielverfahren, steht, und das nennen wir Verweigerung von Regierungsverantwortung, Herr Buchholz.

[Beifall bei der LINKEN – Andreas Gram (CDU): Au weia!]

Das Verfahren zur Bestimmung der Abstandsregelung ist dermaßen kompliziert und arbeitsaufwendig für die Ordnungsämter wie für die anderen beteiligten Ämter, dass man nur staunen kann, was der Gesetzgeber angesichts der Ämterkatastrophe in Berlin denen an zusätzlichen Arbeiten überträgt. Der Senat hat Ihnen in seiner Stellungnahme mitgeteilt, dass nämlich in den Bezirken weder personell noch fachlich entsprechende Ressourcen zur Verfügung stehen. Die wie aus dem Hut gezauberten zusätzlichen Kräfte nur für die Umsetzung dieses Spielhallengesetzes wären in anderen Bereichen wie Jugend- oder Bauämtern schon vor Jahren gern in den Bezirken gesehen worden und hätten dort Gutes getan, unter anderem auch Café-Casinos kontrolliert.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Jetzt kommen neue Kräfte und ein Übermaß an Verwaltungstätigkeit zur Bekämpfung der legalen Spielhallen gleich dazu. Ob das Amt für Statistik, dem die zentrale Ausübung der Abstandsermittlung übertragen wird, dafür die nötigen Ressourcen hat, wage ich zu bezweifeln.

Bezüglich der Café-Casinos, deren Anzahl die Zahl der legalen Spielhallen um ein Vielfaches übersteigt, hätten längst in den vergangenen Jahren die entsprechenden Kontrollen, die Sie jetzt mit dem neuen Gesetz versprechen, stattfinden können. Da hätte man längst einschreiten können. Für Café-Casinos oder Ähnliches gibt es übrigens keine Abstandsregelung, weder von Schulen und Jugendeinrichtungen noch voneinander selbst.

[Daniel Buchholz (SPD): Bundesrecht!]

Dort findet zu großen Teilen halb oder gänzlich illegales Glücksspiel statt, dort muss es bekämpft werden. Da

(Stefan Evers)

hätten Sie längst und seit Jahren mehr Personal einsetzen und das Problem bekämpfen können.

Das neue Gesetz, und das hat Ihnen, Herr Buchholz, Ihr geschätzter Kollege Buschkowsky ins Stammbuch geschrieben, wird massive Verdrängungseffekte ins halb- oder illegale Glücksspiel bewirken.

Da wir nun auch schon über die Spielverordnung reden: Wo waren Sie denn, Herr Buchholz? Warum haben Sie denn keine Pressekonferenz gemacht, als die Spielverordnung 2013, 2014 auf Bundesebene geändert wurde, die Reduzierung der Anzahl der Spielautomaten auf zwei, aber erst ab 2019? Warum sind Sie da nicht aufgesprungen und haben nicht sofort gesagt: Das ist ein Gesetz, vom Wirtschaftsminister Gabriel unterschrieben, das nicht Ihren Intentionen entspricht? Wo waren Sie, als in diesem Gesetz, in der Spielverordnung die jetzige Bestandsregelung von drei Automaten pro Café festgeschrieben wurde? Da waren Sie nicht zu sehen. Das ist ein bisschen merkwürdig.

Ein letzter Satz sei mir noch zu den Grünen vergönnt: Sie haben den Antrag für die Spielverordnung eingebracht. Sie, Herr Behrendt, haben im Ausschuss gesagt, Sie möchten sämtliche Glücksspielautomaten und sämtliche Spielhallen verbieten. Das kann eine Meinung sein. Aber ich frage Sie, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen: In anderen Sphären der Sucht, z. B. bei Alkohol- oder Drogensucht, verfolgen Sie eine Politik, die die Süchtigen nicht in die Kriminalität zwingt – warum machen Sie es beim Spiel? – Es gibt Gewerbe, die müssen und sollen streng reguliert werden, es gibt sogar Gewerbe, die müssen verboten werden, beispielsweise der Waffenhandel. Aber die persönliche Abneigung gegen bestimmte legale gewerbliche Tätigkeiten, Herr Buchholz, sei es Schaustellerei, Prostitution oder eben Spielhallenbetrieb, sollte nicht ausschlaggebend sein für Gesetzestexte. Gesetzesfolgen abzuschätzen gehört zur ordentlichen Gesetzesarbeit. Das haben Sie unterlassen!

[Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank! – Für eine Zwischenbemerkung hat jetzt der Kollege Buchholz das Wort.

[Dr. Gabriele Hiller (LINKE): Das muss jetzt nicht sein! Wir haben es schon so oft gehört. – Jutta Matuschek (LINKE): Der Eiferer!]

Vielen Dank, Herr Präsident! – Kollegin Matuschek! Ich weiß nicht, ob ich erschüttert sein soll

[Zurufe von der LINKEN: Ja!]

oder ob ich sagen soll, es ist eigentlich unglaublich, was für Argumente die Linksfraktion hier bringt. Nehmen wir allein das letzte Argument, wie man mit Süchtigen umgehen soll! Die Spielsucht ist seit dem Jahr 2001 als Krankheit anerkannt, als stoffungebundene Sucht. Und dafür, dass wir selbstverständlich genauso wie bei anderen Süchten schauen müssen, dass wir die Menschen in dieser Stadt, wo immer es geht, davor bewahren und präventiv arbeiten, geben wir im Jahr 450 000 bis 470 000 Euro im Land Berlin aus. Das ist der richtige Ansatz.

So, wie Sie das hier alles in einen Topf werfen und dann ganz wild umrühren und meinen, Sie hätten irgendein Argument gegen das Spielhallengesetz gebracht, ist es wirklich traurig. Und das, was Sie an Argumenten gebracht haben: Die ganzen letzten Sätze waren alle eins zu eins aus dem Lobbyistenhandbuch der Automatenwirtschaft. Es ist wirklich traurig, Frau Matuschek! Und dass die Linksfraktion das so mitmacht, erschüttert mich wirklich.

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Schauen wir uns doch einmal an, was Sie gesagt haben! Sie haben den Begriff „Berufsverbot“ der IHK zitiert, weil er Ihnen gefällt, weil er offensichtlich Ihrer Meinung entspricht. Frau Matuschek! Da haben Sie aber eines wirklich vergessen: Wir – Sie und ich, die Linksfraktion und die SPD – haben damals im Jahr 2011 das Spielhallengesetz maßgeblich vorangebracht. Und da haben wir die 500 Meter Abstand von einer Spielhalle zur nächsten damals schon gesetzlich verankert. Haben Sie das vergessen oder verdrängt? Das müssen Sie mir mal beantworten! Vergessen oder verdrängt, etwas anderes kann es nicht sein!

Dann haben Sie die Unterschiede zwischen Ost und West angesprochen. Da haben Sie völlig recht, weil nämlich in vielen Ostberliner Bezirken mehr Sachen beplant sind. Das ist völlig richtig, aber es weckt einen ganz unguten Eindruck, Frau Matuschek: Sie und Ihre Fraktion interessieren sich für den Westteil der Stadt einen Kehricht! Es interessiert Sie nicht, dass in Neukölln, in Moabit und in Spandau ganze Straßenzüge unter der Last von zu vielen Spielhallen stöhnen und dort keiner mehr einkaufen und leben will. Es interessiert Sie nicht, weil Sie der Westteil nicht interessiert. Na, herzlichen Dank für diese Spaltung der Stadt, Frau Matuschek!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Dann kommen Sie mit Argumenten wie: Viereinhalb Jahre nichts getan! – Also im Gegensatz zu Ihnen habe ich sehr regelmäßig auch mit der Automatenwirtschaft – Kollege Behrendt! – gesprochen. Und dieser Satz ist wirklich nicht nur so dahingesprochen, sondern es stimmt tatsächlich. Ich nehme auch an deren Veranstaltungen teil, sogar an Tagungen der Automatenwirtschaft, weil

(Jutta Matuschek)

ich mir beide Seiten anhören möchte, die wir hier regeln wollen. Aber wo waren denn Ihre Anträge in den letzten viereinhalb Jahren, wenn Ihnen irgendetwas nicht gefallen hat? – Nichts, gar nichts dazu von der Linksfraktion, nichts von Ihnen, Frau Matuschek!

Die zusätzliche Arbeit in den Bezirken haben Sie angesprochen. Dieses Argument ist nun das allerpeinlichste Argument überhaupt! Es gibt Bezirke, Frau Matuschek, die es schaffen, regelmäßig sämtliche Spielhallen komplett durchzukontrollieren. Und andere schaffen es nicht, weil sie sich eben andere Schwerpunkte suchen. Das macht aber jeder Stadtrat und jedes Bezirksamt für sich selbst. Vielleicht kennen Sie zu viele Stadträte, die ablehnen, die Spielhallen zu kontrollieren. Das ist aber eher ein Armutszeugnis für die Linkspartei, nicht für alle anderen, die das regelmäßig machen.

Schließlich und endlich, was Sie auch völlig verdrängt oder vergessen haben oder – ich weiß es nicht – was jetzt überlagert wird durch industriepolitische Erwägungen der Linkspartei – man höre und staune: Wir haben gemeinsam – die SPD und Die Linke – in den Jahren 2010 und 2011 mehrere Parlamentsanträge zur Eindämmung der Spielsucht im Land Berlin und zur Zurückdrängung der Spielhallen eingebracht. Genau die Punkte, die Sie angesprochen haben, dass die Spielverordnung des Bundes verschärft werden soll, waren damals schon – 2011, 2012 – Inhalt dieser Anträge.

Sie kommen bitte zum Ende, Herr Kollege Buchholz?