Das hat ja schon mancher seit Jahren geahnt, und jetzt kriegen wir es als Gesetz. Bei behördlichen Angelegenheiten entscheidet nicht die Sachkunde oder geht es nicht nach klaren, nachvollziehbaren Regeln zu, man könnte meinen, nach Spielregeln, nein, da entscheidet das Los. Manche nennen so etwas auch Willkür.
Gibt es auch Nebenwirkungen oder gar Risiken? – Der legale Spielstättenbetrieb wird in die Illegalität getrieben. Der illegale Spielstättenbetrieb, Café-Casinos genannt, Internetspielplattformen usw. bleiben weitestgehend unangetastet.
Aber für die Spiel- und Spaßkamarilla Buchholz/Brauner ist das Ziel erreicht. Die Stadt wird schöner, weil man die im Dunkeln ja nicht mehr sieht. Und der Staat wird ärmer, weil er die Steuern verliert. Was waren das in Russland für Deppen, die die Alkoholsucht bekämpften, indem sie die Verkaufsstellen für Schnaps und Wein geschlossen hielten! Seit Jelzin kennt die ganze Welt den Erfolg solchen Tuns. Und was sind wir in Berlin doch für
Glückspilze! Berlin, die Boomtown der Games-Industry, also der Spieleindustrie und der Spieleentwickler, wird die einzige Metropole sein, die von fast allen legalen Stätten zum Spielen und Ausprobieren der Spieleentwicklung befreit wird – wieder ein Titel, den Berlin beanspruchen kann. Stattdessen haben wir einen Turboshooter für illegale Café-Casinos. Das ist der Kollateralschaden, den allerdings die Spaßkamarilla gerne hinnimmt.
Ob jetzt die Rede lustig war oder nicht, darüber kann man sich ja streiten, aber hier Behauptungen in den Saal und in der Berliner Öffentlichkeit zu verbreiten,
die wirklich bar jeder Kenntnis der Praxis sind, das ist ein echtes Unding. Das muss ich Ihnen ganz klar sagen. Ich will das gerne jetzt belegen, weil an der Stelle nicht stehenbleiben kann, dass Sie behaupten – erste Feststellung –, wir würden das legale Spiel oder vielleicht insgesamt den Berlinerinnen und Berlinern Spiel, Spaß und Spannung verbieten. Dem ist nicht so, Kollegin Matuschek, überhaupt nicht, im Gegenteil. Ich habe persönlich – und wir haben das sehr intensiv beraten – dafür gesorgt, dass in diesem Gesetz das Stichwort „Zuverlässigkeit“ exklusiv und ausdrücklich auch für alte Betreiber betrachtet wird. Und das heißt, Kollegin Matuschek, vielleicht sollten Sie einmal in Ihrem Leben eine solche Razzia begleiten, damit Sie das reale Leben kennenlernen – für eine Linksfraktion, kann ich nur sagen, ist es unterirdisch und peinlich, hier solche Dinge zu verbreiten –, dann wüssten Sie nämlich, was es an illegalem Glücksspiel in der Stadt gibt und könnten das mal live erleben. Es gibt die meisten Betreiber von Spielhallen. Wenn wir die normalen Routineuntersuchungen machen, wenn die durchgeführt werden, die Beanstandungsquote, Kollegin Matuschek, liegt bei 80 bis 95 Prozent. Das heißt, nicht einmal jeder fünfte Betreiber hält sich an Recht und Gesetz. Es ist ein Unding, dass Die Linke so etwas schön findet, wenn sich nicht mal 20 Prozent der Betreiber an Recht und Gesetz halten.
dass für die Auswahl von verbleibenden Spielhallen gilt: Wer sich an Recht und Gesetz hält, der hat verdammt noch mal eher das Recht, eine Spielhalle auf zu halten, als irgendjemand, der ständig Gesetze und Verordnungen bricht, und das ist die Realität. Da kann man wirklich ärgerlich werden, wenn Sie so was hier verbreiten.
Ihre Fraktion, sogar Sie persönlich, Frau Matuschek, hat vor fünf Jahren im Abgeordnetenhaus beschlossen, das Spielhallengesetz, das wir hier jetzt weiter reformieren und novellieren, wo es notwendig ist, um die Entwicklung der Spielbranche zu berichtigen. Und wir erleben, dass es eben nicht so ist – vielleicht sind Sie da, ich weiß nicht, aus welchem Grund auch immer, in der Vergangenheit stehengeblieben, die Zeiten sind lange vorbei –, dass jemand vor dem Spielgerät sitzt und da in ein Groschengrab einfach Groschen reinschmeißt. Heute laden Sie gepflegt den 50-Euro-Schein rein. Und das ist eine andere Qualität von Spiel. Sie hat sehr wenig mit Unterhaltung zu tun. Sie hat was damit zu tun, dass dort Millionen- und Milliardenumsätze gemacht werden, und zwar auf Kosten von spielsüchtigen Menschen.
Wenn ich mir das anschaue, wie Sie hier argumentieren – wir werden ja noch zwei Ausschussberatungen, im Stadtentwicklungs- und im Wirtschaftsausschuss, haben –, wenn das die Haltung der Linksfraktion bleiben wird, dann können Sie mir glauben, ich werde persönlich die Plakate in Berlin aufhängen und den Berlinerinnen und Berlinern sagen: Die Linksfraktion hat kein Problem damit, dass eure Geschäftsstraßen, eure Erholungsstraßen, wo immer ihr langlauft, von Spielhallen dominiert sind, wo keiner mehr leben möchte, wo keiner einkaufen möchte. Es zieht mir wirklich die Schuhe aus. Ich kann Sie nur inständig bitten, das zu reformieren und dass vielleicht Leute, die ein bisschen Ahnung haben –
Letzter Satz! – und ein Gesetz lesen können, sich das in der Linksfraktion mal ernsthaft anschauen, sich die Substanz angucken und dann auch sagen: Das ist sehr unterstützenswert, was hier von der Koalition vorgelegt wird. Der Kollege Behrendt hat es dankenswerterweise schon gesagt: Es ist ein sehr vernünftiges und sehr weit reichendes Gesetz. – Danke schön!
Herr Buchholz! Das ist ja das Problem, dass Sie in Ihrem Eifer nicht mehr in der Lage sind zu differenzieren.
Wir haben überhaupt nichts gegen Regeln bei den legalen Spielstätten, die auch eingehalten werden müssen. Da haben wir das Spielstättengesetz gemeinsam beschlossen. Diese Regeln müssen umgesetzt werden. Was Sie beschreiben und in Ihrem Eifer hier wieder an die Wand gemalt haben, sind aber in den meisten Fällen, und zwar in den überwiegenden Fällen, die illegalen Spielstätten. Da haben Sie ein Vollzugsproblem. Das konnten wir in den vergangenen vier Jahren beobachten.
Dort, in den sogenannten Café-Casinos, wo keiner hinkommt und das kontrolliert, findet illegales Glücksspiel statt, findet auch keine Besteuerung von Glücksspiel statt, wie es in den legalen Spielhallen eben auch stattfindet. Dort ist das Problem, dass da Leute reingehen können und sich dort um Kopf und Kragen wegspielen. Und das ändern Sie durch dieses Gesetz nicht einen Millimeter.
Dann haben wir außerdem noch die vielen Wettbüros. Ich fand das ja auch lustig, der „Tagesspiegel“ kam auch auf die Idee, der Losentscheid wäre schon wieder ein Grund für ein Wettbüro. Die Wettbüros haben Sie auch nicht in Ihrem Fokus.
Und Sie setzen hier ein Gesetz mit einem Eifer an, der wirklich weit über Ihr Ziel hinausschießt, weil Sie das Ziel gar nicht mehr im Auge haben. Das Ziel muss doch heißen, die illegalen Spielstätten zu bekämpfen und aufzulösen.
Und als allererstes Ziel muss oben anstehen, die Spielsucht zu bekämpfen. Deswegen habe ich es vorhin in meiner satirischen Rede auch gesagt: Alkoholsucht bekämpft man nicht, indem man den Alkoholverkauf unterbindet.
Spielsucht bekämpft man nicht, indem man die legalen Spielstätten auf ein Zehntel ihrer Anzahl reduziert. Die Suchtprävention ist ein ganz anderes Thema, als Sie in Ihrem Gesetz überhaupt nur angerissen haben.
Vielen Dank, Frau Matuschek! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Mayer. – Bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kollegen! Werte Gäste! Hier im Haus haben wohl sicher nur wenige Sympathien für Geldspielgeräte und Spielhallen. Es ist sicher auch unschön, wenn sich viele Spielhallen in bestimmten Gegenden konzentrieren. Insofern begrüßen wir es auch grundsätzlich, dass jetzt weiter gegen die Konzentration von Spielhallen vorgegangen wird.
Aus meiner Sicht ist es auch so, dass Herr Buchholz mit einem gewissen Eifer herangegangen ist. Das merkt man daran, dass das Gesetz zur Umsetzung der Abstandsverordnung an verschiedenen Stellen schon etwas schräg geraten zu sein scheint, obwohl – das sieht man dem Gesetzentwurf auch an – da sehr viel Mühe reingeflossen ist, nicht nur an der Länge, sondern da wurde schon ein bisschen nachgedacht.
Schräg ist tatsächlich – das wurde jetzt aber auch schon dreimal gesagt – das Losverfahren. Das ist schon eine besondere Ironie, dass die Vergabe der Lizenzen dann möglicherweise als Glücksspiel organisiert werden soll.
[Daniel Buchholz (SPD): Was wäre denn Ihr Vorschlag? – Christopher Lauer (PIRATEN): Machen Sie doch eine Kurzintervention!]
Ich antworte jetzt einfach auf die Zwischenfrage. – Es gäbe Alternativen. Das können wir im Ausschuss diskutieren. Eine wäre z. B. eine Lizenzvergabe gegen Höchstgebot.
An dem Gesetz ist so richtig unsympathisch, dass dort bürokratische Hürden aufgebaut werden, die man nur als Schikane bezeichnen kann. Es ist sicherlich nichts gegen ordentliche Verwaltungswege zu sagen, aber so, wie das da formuliert ist, ist es wirklich schon ein starkes Stück. Wenn ich mir überlege, dass solche Anforderungen an anderen Stellen gestellt werden würden, nämlich innerhalb von drei Monaten alles einreichen zu müssen, dann unverschuldete Verspätungen, die einem zulasten gehen, dagegen ist kein Behelf möglich.