Protocol of the Session on February 18, 2016

Aber das ist ja nur ein Teil der Regelungen, die zur Debatte stehen. Wir werden auch ein beschleunigtes Asylverfahren für bestimmte Gruppierungen haben, die dann in Aufnahmezentren behandelt werden. Und da ich heute wieder sehr viel Unsinn gehört habe: Selbstverständlich ist der individuelle Schutz in jedem Fall gewährleistet. Darüber hinaus werden Verstöße gegen die räumliche Beschränkung stärkere Sanktionen erfahren. Ich glaube, das ist gerade für einen Ballungsraum wie Berlin eine gute Nachricht. Und wir werden auch die Rahmenbedingungen für die Erstellung ärztlicher Atteste im Zusammenhang mit den Abschiebungen präzisieren und klarstellen. Auch das ist grundsätzlich zu begrüßen, wie auch die Tatsache, dass der Bund bei der Beschaffung der nötigen Papiere für Personen, die Deutschland wieder verlassen müssen, auch stärker helfen wird, denn bei Abschiebungen ist es nach wie vor so, dass wir dort schneller handeln müssen. Berlin tut hier einiges, aber das ist leider nicht in allen Bundesländern der Fall.

(Canan Bayram)

Im Übrigen hat – das wurde auch schon erwähnt – das Bundeskabinett beschlossen, Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Herkunftsländer festzulegen. Nun ist in der Umsetzung Eile geboten. Dennoch: Das wäre ein wichtiges Instrument und wichtiger Schritt, um den Asylbewerberzustrom schneller bewältigen zu können. Das wird demnächst zur Abstimmung stehen. Wir werden uns alle auf weitere Regelungen einstellen müssen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Birk?

Nein, ich bin gleich fertig. – Wir müssen noch schneller und stringenter diejenigen, die unser Land wieder verlassen müssen, identifizieren und am besten von Anfang an gleich die Signale setzen, dass sich das Kommen in solchen Fällen auch gar nicht lohnt.

Im Übrigen reden wir hier über ein Bundesgesetz, wie wir wissen. Wir werden den Einfluss darauf höchstens mittelbar im Bundesrat ausüben können. Ich empfehle dem Land Berlin jedenfalls Zustimmung. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Kollege Dr. Juhnke! – Für die Piratenfraktion ergreift jetzt das Wort der Kollege Reinhardt, und er erhält es auch. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Dass die CDU das „C“ in Ihrem Namen nicht mehr so ernst nimmt und Ehe und Familie als Werte mit Füßen tritt, ist mittlerweile nichts Neues. Dass Sie den Familiennachzug einschränken wollen, das auch noch loben und sich in dem Sinn äußern, jedes syrische Kind, das nicht in Deutschland ist, sei gut, ist wirklich Hohn, das ist ekelhaft und keiner Fraktion in diesem Abgeordnetenhaus würdig.

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Unabhängig von allen Aspekten, bei denen wir hier im Haus nicht einer Meinung sind, das sind durchaus einige – beispielsweise, wenn es um die sogenannten sicheren Herkunftsstaaten geht oder die beschleunigten Asylverfahren oder schärfere Aufenthaltsregelungen –, gibt es Aspekte, die eigentlich nicht unbedingt einen Dissens hervorrufen sollten. Es ist interessant, mir ist sowohl beim Kollegen Juhnke als auch beim Kollegen Zimmermann aufgefallen: Sie haben beide bestimmte Aspekte dieses großes Pakets herausgepickt und sich darüber lobend oder mäßig lobend geäußert. Es waren bestimmte Aspekte, die ich jetzt nicht noch einmal einzeln aufzählen

werde. Beide haben Sie letztlich bestimmte Dinge aber auch nicht erwähnt.

Das ist spannend, denn wir haben in den letzten Monaten mehrere sogenannte Asylpakete bekommen, mehrere Veränderungen im Aufenthalts- und Asylverfahrensbereich, die das Land Berlin akut betroffen haben. Der nicht mehr anwesende Sozialsenator Czaja kann davon ein Lied singen. Die Unterbringung im Land Berlin, die Registrierung und Leistungsausgabe ist dadurch massiv zurückgeworfen und eingeschränkt worden. Sie alle haben das in den letzten Monaten erlebt.

Wir hatten zum Beispiel die verkürzte Auszahlung von Taschengeld, die jetzt monatlich erfolgen soll. Das war eine neue Bundesregelung, die dem Misstrauen gegenüber allen neu Ankommenden in Deutschland entspringt, aber de facto dazu geführt hat, dass wir im Land Berlin Mitarbeiter im Landesamt hatten, die bei der Leistungsausgabe überhaupt nicht mehr hinterherkamen, was uns bei der Leistungsausgabe und im Bereich Unterbringung zurückgeworfen hat. Es gab außerdem die Verlängerung des verpflichtenden Aufenthalts in Sammelunterkünften. Das hat dazu geführt, dass Menschen nicht mehr bei Freunden und Familien unterkommen können, obwohl sie schon ein Netzwerk haben. Das belastet den Staat unnötig, das belastet die Menschen unnötig. Es gab beispielsweise auch die Diskussion über die Wiedereinführung des Sachleistungsprinzips. Auch das ist etwas, das eigentlich abgeschafft worden ist, weil es unnötige Bürokratie bedeutet. Residenzpflicht: unnötige Bürokratie, unnötige Repression und so weiter und so fort.

Sie alle haben in den letzten Monaten erlebt, dass von der Bundesebene völlig kontraproduktive, lediglich absurde Ressentiments seitens bestimmter Gruppen der Bevölkerung dienende neue Erlasse und Regelungen kommen, die niemandem helfen und die uns im Land Berlin um Meilen zurückwerfen. Da kann ich nicht verstehen, dass Sie sich hier hinstellen und ein Loblied auf das Asylpaket II singen, denn das wird wieder passieren, und es wird wieder so sein, dass das Land Berlin dadurch nur Nachteile hat und die Repressionen und die Nachteile für die Betroffenen auch weiterhin auf dem Papier stehen.

[Beifall bei den PIRATEN]

Weiterhin ist interessant, dass Sie beide das Asylpaket II loben, obwohl wir schon aktuell im Land Berlin und in Deutschland gegen geltendes internationales und Europarecht verstoßen. Wir hatten dazu gestern eine Debatte im Europaausschuss. Wir haben darüber diskutiert, dass wir aktuell gegen verschiedene europäische Asylverfahrensrichtlinien und Aufnahmerichtlinien verstoßen – gerade im Bereich Unterbringung. Berlin bemüht sich da, kommt aber nicht hinterher. Das Asylpaket II verstößt eindeutig gegen die EU-Aufnahmerichtlinie und verschlimmert noch die aktuelle Situation.

(Dr. Robbin Juhnke)

Besonders schwerwiegend wird es daher schutzbedürftige Flüchtlinge treffen – Kranke, Traumatisierte und Minderjährige –, gerade wegen der Einführung beschleunigter Verfahren und wegen des Mangels an der Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. Kranke müssen in detaillierten Attesten nachweisen, warum eine Erkrankung gegen die Abschiebung spricht. Abschiebungshindernisse in Form von PTB werden nicht mehr anerkannt. Die Aussetzung des Familiennachzugs für minderjährige Flüchtlinge wird außerdem gegen die UN-Kinderrechtskonvention verstoßen. Ich weiß nicht, wie Sie, Frau Bentele und die Sprecher bei der SPD-Fraktion, dazu stehen. Ich kann es nicht gutheißen. Unabhängig davon, dass es Nachteile für die Betroffenen bringt, verstößt Berlin, verstößt Deutschland gegen internationale Konventionen, gegen UN-Konventionen. Das wird durch das Asylpaket II noch verschärft.

Herr Zimmermann! Sie haben gesagt, wir würden keine Vorschläge machen. Ich weiß nicht, ob Sie den Diskussionen der letzten Monate gefolgt sind. Hier sind zahlreiche Vorschläge zur besseren Unterbringung gemacht worden – beispielsweise zur Unterbringung in zweckentfremdeten Ferienwohnungen und vieles mehr, was wir hier schon diskutiert haben. Aber ganz konkret werfe ich Ihnen vor, dass Sie mit keinem Jota angesprochen haben, wie Berlin Einfluss auf das aktuelle Verfahren nimmt. Wir diskutieren hier alle darüber, ob man dieses oder jenes machen soll. Meiner Ansicht nach ist es letztendlich irrelevant, was wir hier diskutieren, solange der Regierende Bürgermeister hier sitzt und keinerlei Einfluss auf die Verfahrensveränderungen auf Bundesebene nimmt. Dazu hört man nichts.

Herr Regierender Bürgermeister! Ich würde mir wünschen, dass Sie abseits aller Parteivorstellungen mal darauf Einfluss nehmen, dass so etwas, was wir im November erlebt haben, dass nämlich das Land Berlin massive Nachteile dadurch hat, dass auf Bundesebene völliger Murks beschlossen wird – das ist die Aussage Ihres eigenen Sozialsenators, durch mich leicht umformuliert –, nicht wieder passiert und dass so ein Schwachsinn – ich darf das Wort jetzt sagen, es wurde vorhin nicht gerügt – hier nie wieder passiert. Darauf sollten Sie auch aktiv Einfluss nehmen, denn sonst bringt uns die gesamte Debatte hier überhaupt nichts. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank, Kollege Reinhardt! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zu dem Antrag haben die drei antragstellenden Oppositionsfraktionen die sofortige Abstimmung beantragt. Die Koalitionsfraktionen hingegen beantragen die Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ord

nung. Hierüber lasse ich zuerst abstimmen. Wer also der Überweisung an den – kurz gesagt – Innenausschuss zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? – Das sind in toto die Oppositionsfraktionen. Wer enthält sich? – Das Erstere war die Mehrheit. Damit ist der Antrag überwiesen.

Das war unsere heutige Tagesordnung. Die nächste, die berühmte 77. Sitzung findet am Donnerstag, dem 3. März 2016 wieder um 11.00 Uhr statt.

Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche allen einen guten Heimweg.

[Schluss der Sitzung: 18.44 Uhr]

(Fabio Reinhardt)

Anlage 1

Konsensliste

Vorbehaltlich von sich im Laufe der Plenarsitzung ergebenden Änderungen haben Ältestenrat und Geschäftsführer der Fraktionen vor der Sitzung empfohlen, nachstehende Tagesordnungspunkte ohne Aussprache wie folgt zu behandeln:

Lfd. Nr. 16:

Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung ablehnen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung vom 20. Januar 2016 Drucksache 17/2679

zum Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/2327

einstimmig – mit allen Fraktionen – für erledigt erklärt

Lfd. Nr. 17:

Konzeption zum Ausbau des Sportmuseums Berlin

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Sport vom 15. Januar 2016 Drucksache 17/2704

zum Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU Drucksache 17/1005

einstimmig – bei Enthaltung LINKE und PIRATEN – mit geändertem Berichtsdatum „30. April 2016“ angenommen

Lfd. Nr. 18:

Begleitung auf dem Weg zur Qualifikation für den ersten Arbeitsmarkt

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen vom 21. Januar 2016 Drucksache 17/2705

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/2265

mehrheitlich – gegen GRÜNE und PIRATEN bei Enthaltung LINKE – auch mit geändertem Berichtsdatum „31. Mai 2016“ abgelehnt

Lfd. Nr. 19:

Rettung für die Rettungsdienste — Senat muss Berliner Feuerwehr endlich unterstützen

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/2699

an InnSichO (f), GesSoz und Haupt