Protocol of the Session on January 14, 2016

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Und dann, wenn Sie das gemacht haben, Herr Geisel, können Sie uns gern erzählen, dass Sie eine Vereinbarung mit einem landeseigenen Unternehmen abgeschlossen haben.

Ich will das alles gar nicht kritisieren. Man soll solche Vereinbarungen durchaus abschließen. Ich möchte sogar zwei Punkte loben: Das Thema Fahrzeuggesellschaft sind Sie angegangen, und da haben wir aus der Opposition mit Linken und Piraten schon eine ganze Weile eingefordert, so etwas zu machen in Sachen S-Bahn, Stichwort landeseigener Fuhrpark. Gut, dass Sie sich hier endlich offener zeigen!

Ich sage auch: Gut ist, dass die BVG endlich Planungssicherheit bekommt. Ich hätte nicht erwartet, dass ich diesen Begriff so großziehen muss. Herr Kreins hat eben ohne Not das Thema Privatisierung der BVG auf den Tisch gelegt. Wer redet denn darüber? Ist das jetzt ein

(Ole Kreins)

Signal an sich selbst? Ist das ein Signal Richtung CDU? – Das versteht hier keiner im Haus, was Sie da ansprechen.

[Zurufe von der SPD]

Dass Sie das Thema Cross-Border-Leasing hier aufmachen – wer war das denn? – Das waren doch Sie von der SPD mit Ihren Finanzsenatoren, die die BVG in solche Spielchen reingetrieben hat! Dass Sie das jetzt ausschließen, das ist positiv, und das ist gute Planungssicherheit.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Aber eigentlich hatte ich gedacht, nur zur Planungssicherheit unter dem Aspekt der Zukunftsperspektive reden zu müssen, und da wollte ich eigentlich sagen: Das kommt alles viel zu spät, Herr Kreins! Das ist eben auch nicht unwichtig. Sie haben den Fuhrpark der BVG auf Verschleiß gefahren. Da haben wir inzwischen ein Durchschnittsalter bei den U-Bahnen von 27 Jahren – normal und okay sind 20 Jahre. Das war Ihre Sparbüchse der vergangenen Jahre. Hier wurde viel zu wenig investiert, und das muss sich ändern.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Wissen Sie: Sie machen es uns als Opposition einfach zu leicht. Schreiben Sie doch keinen Letter of Intent und veranstalten Sie dann für ein Fünfseitenpapier eine Aktuelle Stunde hier im Haus! Das ist ein Papier, das in fünf Jahren vielleicht Wirkung entfaltet. Das ist peinlich. Machen Sie eine Pressemitteilung, wenn Sie etwas geschafft haben, wenn Sie etwas zu verkünden haben! Die Berlinerinnen und Berliner wollen Sie als Regierung wahrnehmen; sie wollen sehen, dass die Busse und Bahnen schneller werden, dass sie günstiger werden, dass sie ökologischer werden – das nennt man übrigens „Regieren“. Das andere ist alles Pressearbeit.

[Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

Ja, wir machen das natürlich auch! Aber wir sind auch nicht die Regierung – das sind Sie! Dass man das noch vier Jahren immer noch erklären muss, finde ich schon bemerkenswert.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Sie sind im Amt, und deswegen haben Sie aktuell auch die Verantwortung für die öffentlichen Betriebe und Güter und dafür, dass unsere Dienstleistungen hier in der Stadt wieder funktionieren – das kann man erwarten; das erwarte ich als Minimumstandard von einer Regierung. Aber das leisten Sie nicht. Die Bürgersteige verrotten, die Radwege fehlen, Busse und Bahnen stehen im Stau, fallen aus oder sind überfüllt, die S-Bahnausschreibung haben Sie vermurkst, die U 55 wird teurer und dauert länger, die CO2-Verkehrsemissionen steigen auch wieder an, der Fuhrpark ist veraltet. Das ist die traurige Bilanz. Das ist der Ist-Zustand. Nur, dass wir uns nicht falsch verstehen: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BVG leisten ausgezeichnete Arbeit, die Berliner Busfahrer

werden inzwischen sogar im Ausland als freundlich und originell wahrgenommen – das stand kürzlich in der „BZ“ –, wie in Wien etwa. Ich persönlich sage, ich kann auch gut damit leben, wenn mir morgens ein Busfahrer mal nicht entgegenstrahlt, solange eben der Bus pünktlich ist.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Will heißen, die Fehlfunktionen bei Bus und Bahn liegen woanders, nicht bei der BVG, nicht bei den Mitarbeitern, und sie haben Farben. Die Farben sind Schwarz und Rot, Rot und Schwarz. Berlin muss funktionieren, und Sie von der SPD und CDU sind noch bis September 2016 dafür verantwortlich, und der Letter of Intent ist deswegen nur ein Feigenblatt, auf dem können Sie sich nicht ausruhen.

Ich finde es gut, dass Sie die wachsende Stadt inzwischen entdecken. Beim Thema Wohnraum waren Sie da Jahre zu spät, aber der Groschen ist gefallen, das attestiere ich Ihnen. Beim Thema Bürgerämter ist der Groschen jetzt auch gefallen. Da sind Sie leider bloß noch in der Nachsorge, weil es eben nicht umsichtige Politik war, sondern alles viel zu lange gedauert hat, aber insgesamt haben Sie das Thema in der Breite noch nicht entdeckt. Das Thema „wachsende Stadt“ braucht einen Paradigmenwechsel. Natürlich sind jährlich 50 000 Berlinerinnen und Berliner auch im Verkehr zu versorgen. Und wie reagieren Sie? – Sie lösen eine Aufgabe, die wir jetzt schon haben, indem Sie uns etwas über Zugbeschaffungen in fünf oder in zehn Jahren erzählen. Mit Verlaub, Herr Geisel, mit Verlaub, Herr Kreins, wir kennen das Berliner Senatstempo. Ich will das mal kurz definieren: Das Berliner Senatstempo ist gleich das Durchschnittstempo aller 15 anderen Landesregierungen in dieser Bundesrepublik plus fünf Jahre.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Das ist das Berliner Senatstempo, und da sage ich einfach mal: Sie müssen schneller werden!

Berlin wächst, wir brauchen also dringend Verbesserungen bei Bus und Bahn, sowohl auf den überlasteten Strecken als auch für die Anbindung von neuen Quartieren, und da ist sie wieder, diese rot-schwarze Fehlfunktion, denn selbst wenn wir sofort jährlich deutlich mehr für den BVG-Betrieb zur Verfügung hätten, wir könnten das Geld eben nicht ebenso schnell sinnvoll ausgeben. Warum? – Es gibt keine U-Bahn-Reserve mehr, mit der Taktverbesserungen ermöglicht würden. Die Bestellung neuer Wagen dauert aber Jahre, Herr Kreins, und das wissen Sie auch. Wenn Sie mehr Wagen wollen, weil es jetzt voll ist, dann sollten Sie uns erklären, wie Sie jetzt mehr Wagen bekommen und nicht in fünf oder zehn Jahren.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Das ist keine umsichtige Politik. Hier haben Sie versagt! Bei der Straßenbahn sieht es nur ein bisschen besser aus.

Straßenbahnen kann man leichter kaufen, sind leichter bestellbar, aber hier ist das Problem ein anderes. Die Planung neuer Strecken wurde jahrelang verschlampt, und auch bisher hat man das Gefühl, dass Herr Senator Geisel hier mit der angekündigten Straßenbahnoffensive auch nur Pressepolitik betreibt. Ohne schnelle Planung wird es noch Jahrzehnte dauern, bis neue Linien Entlastung schaffen können. Das geht nicht! Hier muss der Senat, hier muss Herr Geisel endlich ran.

Das einzige Verkehrsmittel, das also schnell in Berlin einsetzbar ist, ist der Bus. Der Bus ist aber nicht die Lösung für die wachsende Stadt, denn er fasst deutlich weniger Fahrgäste, er ist relativ teuer, und er ist auch langsamer. Gleichwohl, Herr Geisel, auch hier müssen Sie ran, denn hier haben Sie eine Chance, dass Sie kurzfristig etwas bewegen können. Aber, Herr Geisel, da stellt sich eines heraus: Sie haben kein Konzept für die schwierigen Linien. Die Probleme sind alle bekannt – seit 20 Jahren. 20 Minuten warten auf den nächsten Bus, dann fünf hintereinander – die sogenannte Rudelbildung –, und keine Lösung ist in Sicht. Die Busbeschleunigung stockt, weil der Senat neue Busspuren scheut, wie der Teufel das Weihwasser, die Verkehrslenkung Berlin wird inzwischen als „Verkehrslähmung“ verspottet. Herr Geisel, tut Ihnen das eigentlich nicht weh? Das sind Ihre Mitarbeiter, an denen liegt es doch wohl nicht, die haben Sie doch immerhin ausgewählt. Also liegt es doch wohl daran, dass Sie als Senat keine Vorgaben zu Priorisierungen von Bus und Bahn getätigt haben, dass der Senat eben nicht sagt, Bus und Bahn sollen Vorrang haben, und deswegen schalten Sie die Ampeln eben auch falsch. Und wir sagen – im Gegensatz dazu – Bus und Bahn haben Vorrang, und Sie müssen das endlich auf den Weg bringen. Das gilt jetzt, und das ist richtig.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Um es noch mal plastisch für Sie zu machen, Herr Geisel, fahren Sie einmal mit dem Bus M 41. Das ist die vielbeschriebene Rudelbildung am Morgen und auch am Nachmittag. Wir wollen, dass die Busse fahren, wie sie angekündigt sind, und das ist Ihre Arbeit, werte SPD und CDU. Das ist Ihr Job!

Einen Punkt will ich noch nennen: die Preise. Wenn wir den Autoverkehr nicht zunehmen lassen wollen, dann müssen wir den ÖPNV attraktiver gestalten, und das gelingt eben auch nur mit einem besseren Angebot und besseren, attraktiven Preisen. Und auch da hat sich der Senat nicht mit Ruhm bekleckert, ständige Preissteigerungen, obwohl kaum Inflation passiert, die Energiepreise sinken und die Einkommen in Berlin weiter niedrig sind. Eine Hin- und Rückfahrt kostet jetzt deutlich mehr als 5 Euro. Da ist für viele Berlinerinnen und Berliner einfach die Schmerzgrenze erreicht. Das hält sie davon ab, den ÖPNV zu benutzen. Das muss sich ändern!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Marion Platta (LINKE)]

Sie dürfen sich nicht darauf zurückziehen, dass wir einen Zuwachs an Fahrgästen haben, weil der aktuell allein darauf begründet ist, dass es mehr Berlinerinnen und Berliner gibt. Das ist zu wenig. Das ist faul. Wir müssen hier ran an die Preise. Der Regelsatz für Mobilität liegt bei 25 Euro. Das Sozialticket kostet 36 Euro. Sie als SPD sollten merken, dass dazwischen eine Differenz von 11 Euro liegt. Und Sie als SPD sollten eigentlich dafür einstehen, dass sich da etwas ändert, hingegen haben Sie in dieser Legislaturperiode diesen Abstand noch vergrößert.

[Zuruf von Ole Kreins (SPD)]

Herr Regierender Bürgermeister Müller! Sie waren einmal Verkehrssenator. Sie können also sehr gut einschätzen – und Sie haben versprochen, Ihre Hausaufgaben zu erledigen –, was zu tun ist. Ich glaube, Sie sehen auch, diese Vereinbarung, das ist ein Tippelschritt in die richtige Richtung, aber es ist ein Tippelschritt. Das kann es nicht gewesen sein für die Zeit bis September. Der Rest der Hausaufgaben sollte hier noch begonnen werden. Nehmen Sie Herrn Geisel da in die Pflicht! Berlin muss funktionieren! Und dann kommen wir da einen Schritt weiter. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Friederici das Wort!

[Unruhe bei der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist natürlich typisch, dass die – –

Kleinen Moment einmal, Herr Friederici! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte dem Kollegen Friederici das Wort erteilt und nur ihm! – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Wahrscheinlich müssen die Grünen-Abgeordneten erst mal die Rede ihres Kollegen verarbeiten.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Die war sehr gut!]

Es ist mir völlig klar, Opposition heißt natürlich kritisieren. Opposition heißt, da den Finger reinlegen, wo es offensichtlich Mängel gibt, aber das waren nichts anderes

(Stefan Gelbhaar)

als alte Textbausteine, und unterschiedlich zu dieser Opposition im Vergleich zu den früheren Oppositionsrednern der Grünen ist, dass Sie nicht einmal mehr in der Lage sind, in der Aktuellen Stunde eigene Konzepte aufzubauen und hier vorzutragen, und das ist das eigentlich Traurige an dieser Opposition, die hier im Abgeordnetenhaus ist und uns als Regierung eigentlich treiben sollte.

[Beifall bei der CDU – Oh! und weitere Zurufe von den GRÜNEN]

Herr Gelbhaar! Noch ein Wort zu den Busspuren, weil Sie die immer wie ein Mantra vor sich hertragen. Ihre Partei, die Grünen in Steglitz-Zehlendorf, hat in der letzten Legislaturperiode in Steglitz-Zehlendorf gemeinsam mit den Sozialdemokraten

[Joachim Esser (GRÜNE): U-Bahn gebaut!]

die Busspur in der Steglitzer Schloßstraße abgeschafft. Die haben wir heute nicht mehr. Dafür haben wir einen breiten Fahrradstreifen, aber das sorgt dann richtig für Verspätungen im Busverkehr. Also fassen Sie sich mal an die eigene Nase!

[Beifall bei der CDU – Zuruf von den GRÜNEN]

Berlin ist eine wachsende Stadt, und genauso wie die Stadt sich entwickelt, ist es auch erforderlich, dass der ÖPNV – also der öffentliche Nahverkehr – den Herausforderungen der Zukunft angepasst wird, denn wir alle wollen auf dem Weg von A nach B vor allem nicht in den Stau kommen. Bereits in unserem letzten Doppelhaushalt 2014/2015 haben wir uns darauf verständigt, der BVG höhere Mittel zur Verfügung zu stellen. Diese dienen der Erweiterung der bisherigen Angebotspalette, insbesondere dort, wo eine verstärkte Nachfrage nach Verkehrsleistungen und eine Verbesserung des Angebotes erforderlich sind.

[Joachim Esser (GRÜNE): Das können Sie gar nicht, weil Sie gar keine Fahrzeuge dafür haben!]