Protocol of the Session on November 26, 2015

Priorität der Fraktion der SPD und Priorität der Fraktion der CDU

Zukunft von Air Berlin sichern – Bund muss Codeshare-Flüge weiterhin ermöglichen

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU Drucksache 17/2585

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. In der Beratung beginnt die Fraktion der SPD und ich erteile dem Kollegen Schneider das Wort. – Bitte schön!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihnen liegt heute ein dringlicher Antrag vor, in dem es um eine Angelegenheit geht, die für Berlin, für Berliner Arbeitsplätze, aber auch für die Bundesrepublik Deutschland von herausragender Bedeutung ist. Die Koalition möchte, dass die Bundesregierung ihre diesbezüglichen Unternehmungen verstärkt und die Methodik der Codeshareflüge auf dem Vertragswege beschleunigt. Wir adressieren das als SPD-Fraktion natürlich ausdrücklich an das Bundesverkehrsministerium, weil wir erkennen, dass es sonst zu einer strategischen Verschiebung zwischen dem Standort Berlin, dem zukünftigen Standort in Schönefeld, möglicherweise zulasten anderer Verkehrsströme im Süden Deutschlands kommt, und das wollen wir in Berlin nicht akzeptieren!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Deshalb bitten wir auch um Ihre dringende Unterstützung hier im Haus, denn diese Verhandlungen müssen forciert werden. Es kann nicht sein – und das finden wir sogar inakzeptabel –, dass auf der Bundesebene zulasten einzelner Standorte, zulasten des ganzen Ostens Deutschlands möglicherweise falsche Prioritäten gesetzt werden. – Die Dringlichkeit erklärt sich von allein, denn hier ist der Zeitablauf das schlagende Argument. – Ich bedanke mich!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Kollegin Ludwig das Wort. – Frau Kollegin, bitte sehr!

[Unruhe]

Meine Herrschaften! Jetzt hat die Kollegin Ludwig das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Luftverkehr herrscht seit Jahren ein extremer Wettbewerbsdruck.

Air Berlin, mit viel Ehrgeiz im Markt gestartet, ist in den letzten Jahren mehrfach, auch selbstverschuldet, in starke Turbulenzen geraten. Ich erinnere mich aber noch gut, wie viel Hoffnung die Fluggesellschaft in die geplante Eröffnung des BER im Juni 2012 gesetzt hat: Berlin sollte für sie das neue Drehkreuz werden für viele Verbindungen weltweit und die angeschlagene Fluggesellschaft aus dem Tief holen. Auch war das Vertrauen in den Standort Berlin ein halbes Jahr vorher Grund für Etihad Airways, stark in Air Berlin zu investieren.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Brauner?

Nein! – Neben der Unternehmensbeteiligung half Etihad dem angeschlagenen Konzern auch mit rettenden Krediten in dreistelliger Millionenhöhe aus. – Das war natürlich kein Edelmut, sondern klar verbunden mit der Hoffnung auf eine Erweiterung der Landerechte in Deutschland. Und man kann davon ausgehen, dass diese damals vom Verkehrsministerium auch in Aussicht gestellt wurden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Reinhardt?

Nein! – Nun kennen wir alle die Geschichte: Der BER wurde nicht eröffnet; in Berlin entstand kein Drehkreuz, und Air Berlin strauchelt weiter. Aber auch dank der Codeshareangebote mit Etihad kann sich die Fluggesellschaft noch in der Luft halten. In den vergangenen zwei Jahren haben beide Fluggesellschaften ihre Flugangebote zu einem weltweit verbundenen Streckennetz vereint. Insgesamt umfasst dieses derzeit etwa 100 Routen.

Nun auf einmal pocht der CSU-Bundesverkehrsminister Dobrindt auf Details des Luftverkehrsabkommens mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, nach dem nur Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und – Überraschung! – München angeflogen werden dürfen. Warum aber auf einmal Flüge von Berlin, die seit vier Jahren als sogenannte Codesharingflüge kommentarlos genehmigt wurden, gestrichen werden sollen, bleibt völlig unklar – ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der CDU]

Will der bayerische Minister etwa das für seinen Münchner Flughaften vorteilhafte Abkommen sichern? – Skandalös, wenn das der Grund für sein Verhalten gegenüber Air Berlin wäre!

[Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

29 Verbindungen verstoßen nach Meinung des bayerischen Ministers plötzlich gegen das Abkommen mit den Emiraten und müssten ohne konkreten Grund gestrichen werden. Die Flüge erst zu genehmigen und sich dann nach mehreren Jahren auf bestehende Richtlinien zu berufen, ist ein Vorgang, mit dem kein Unternehmen dieser Welt seriös planen und wirtschaftlich arbeiten kann! Wir sind für faire Wettbewerbsbedingungen und keinerlei einseitige Bevorzugung – auch nicht oder schon gar nicht für München.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der CDU und den PIRATEN]

Das bedeutet nicht nur einen Umsatzausfall für Air Berlin in hoher zweistelliger Millionenhöhe. Auch wird dadurch die strategische Partnerschaft mit Etihad in Gefahr gebracht, und das ist ja nicht hausgemacht. Dann ist es auch nicht nur ein Problem für Air Berlin. – Im Übrigen muss ich als Grüne darauf hinweisen: Vor drei Tagen wurde Air Berlin von atmosfair ausgezeichnet als die international beste Fluggesellschaft mit der besten CO2-Bilanz – also auch aus diesem Grund heute ein paar positive Worte von meiner Seite für Air Berlin.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei SPD und CDU]

Aber nicht nur für die Fluggesellschaft, auch für den BER insgesamt und damit natürlich für Berlin hat das Ganze Probleme, und dieser gesamte Vorgang ist nichts als ein Fußtritt Dobrindts gegen Berlin – das kann nicht in unserem Sinne sein! Daher fordern wir Sie auf – Herrn Müller als Regierenden Bürgermeister und Sie, Frau Yzer als Wirtschaftssenatorin, vielleicht auch mit guten Kontakten in das CSU-Ministerium: Setzen Sie sich schnell für eine Überarbeitung dieser Regeln ein! Und wenn Sie schon dabei sind, können Sie auch gleich Antidumpingklauseln aufnehmen, wie sie sonst bei Luftverkehrsabkommen, z. B. zwischen der EU und den USA, üblich sind, um diesen Preisverfall am Flugmarkt zu begrenzen! – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei SPD und CDU]

Vielen Dank, Frau Kollegin Ludwig! – Für die CDU spricht der Kollege Friederici. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Koalition gibt heute ein klares Bekenntnis ab für den Luftverkehrsstandort Berlin und Brandenburg im Allgemeinen und für das Unternehmen Air Berlin im Besonderen. Der Flughafenstandort Berlin und Brandenburg ist einer der Wachstumsträger für unsere gemeinsame Region. Wir wollen, dass der Name der Stadt Berlin weiter und noch viel mehr auf den Flugzeugen des Unter

(Nicole Ludwig)

nehmens in alle Welt getragen wird. Wir wollen, dass Air Berlin hier in Berlin sein Luftverkehrsdrehkreuz unbeschadet jeglicher Restriktionen behält und weiter ausbaut. Deshalb unterstützen wir Air Berlin in seinem Bemühen, dass die gemeinsame Nutzung und Vermarktung von Flügen im Verbund mit anderen Fluggesellschaften, also das Codesharing, weiter für das Unternehmen möglich ist.

Wir sagen als CDU vor allem klar an die Adresse des Bundes: Was andere Fluggesellschaften dürfen, das muss auch für Air Berlin gelten! Deswegen waren wir auch sehr schnell bei der Geschäftsführung der Fluggesellschaft, um dies auch deutlich zu untermauern und uns solidarisch zu zeigen. Es ist Aufgabe der Berliner Landespolitik, die Wirtschaft, die Arbeitsplätze und die Menschen zu fördern und zu schützen. Wir sagen aber auch klar: Die noch nicht erfolgte BER-Eröffnung macht vielen Unternehmen und eben vor allem Air Berlin zu schaffen. Die Flughafenhauptkonkurrenten Berlins – das sind München und Düsseldorf – haben fertige, leistungsfähige Flughäfen, viel Luftverkehr und, zumindest Düsseldorf, ein weiteres Air-Berlin-Drehkreuz.

[Beifall von Ajibola Olalowo (GRÜNE) und Heidi Kosche (GRÜNE)]

Sie müssen sich mal fragen, wenn die Grünen bei Erfolgen anderer Städte und anderer Luftverkehrsstandorte applaudieren, was Sie damit für einen Schaden für Berlin anrichten! Sie richten damit Schaden für die gesamte Stadt an! Fragen Sie sich mal, ob das so gut ankommt!

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Heide Kosche (Grüne) – Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Ihr Anti-Berliner!]

Hier klar zu zeigen, dass wir es in Berlin und Brandenburg auch können – das hat die Gesellschaft zum einen bewiesen. Aber sie und ihre Mitarbeiter haben vor allem bewiesen, dass sie zu Tegel und Schönefeld-Alt stehen und hier eines der beiden Drehkreuze des Unternehmens unter schwierigen Bedingungen bestehen lassen und ausbauen. Das vor allem ist eine große Leistung von Air Berlin, und dafür herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Air Berlin ist seit seinem letzten Quartalsergebnis auf einem guten Weg. Air Berlin verzeichnet erstmals wieder Quartalsgewinn aus generiertem Umsatz. Wir wollen und werden als Berliner Koalition weiter das Übrige dafür tun, dass Air Berlin seine Codeshareflüge weiter fliegen und anbieten darf, und wir fordern in dem Zusammenhang die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg auf, solide und planvoll weiter mit einem belastbaren, wirklichen Fertigstellungstermin für den BER zu arbeiten.

Air Berlin hat eine gute Chance für die Zukunft – nicht nur, weil dieses Unternehmen und seine Mitarbeiter das verdienen. Air Berlin steht in schwierigen Zeiten gerade

zu mustergültig für Berlin, auch wenn die beiden alten Flughäfen Tegel und Schönefeld-Alt weit über ihrer Belastungsgrenze stehen. Deshalb kann, nein muss heute von diesem Parlament, von unserem Antrag der Koalition – und jeder in der Opposition ist aufgerufen, mitzumachen – hier und heute ein klares Signal ausgehen zur Förderung von Air Berlin, ihrer Arbeitsplätze und der internationalen Flugverbindungen von Air Berlin – gerade eben von und nach Berlin. Wir treten energisch für die Zukunft Berlins und auch die Zukunft der Unternehmen – und hier ganz besonders von Air Berlin – und der Arbeitsplätze ein, für die Region, und bitten daher alle Fraktionen um Unterstützung für diesen Antrag heute in der Abstimmung. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Kollege Friederici! – Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt der Kollege Harald Wolf. – Sie haben das Wort, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Friederici! Keine Sorge – wir werden diesen Antrag unterstützen!

[Daniel Buchholz (SPD): Sehr gut!]

Denn es geht um ein wichtiges Berliner Unternehmen; es geht um Tausende von Arbeitsplätzen, und es geht auch um die perspektivische Frage der Wirtschaftlichkeit des BER. Ich stelle mir allerdings die Frage, wozu ein solcher Antrag hier im Berliner Abgeordnetenhaus kurz vor Toresschluss nötig ist,

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

weil das eigentlich das tägliche Brot des Senats ist. Ich möchte wissen, was die Wirtschaftssenatorin gegenüber der Bundesregierung unternommen hat, ich möchte wissen, was der Verkehrssenator gegenüber seinen Kollegen im Bund unternommen hat,

[Benedikt Lux (GRÜNE): Wo sind die eigentlich?]

um die Interessen Berlins und die Interessen des Unternehmens und des Standortes hier zu gewährleisten und zu sichern. Das wäre eine interessante Information, eine interessante Auskunft. Ich sehe, dass beide zuständigen Senatoren gegenwärtig gar nicht auf der Bank sitzen.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Daniel Buchholz (SPD): Da sind sie doch!]

Vielleicht führen Sie ja die Gespräche woanders.