Protocol of the Session on November 26, 2015

Vielleicht führen Sie ja die Gespräche woanders.

(Oliver Friederici)

Kollege Wolf! Nur zur Information: Die Wirtschaftssenatorin sitzt dort weiter hinten.

Ich bitte um Entschuldigung! Ich habe auf Ihren üblichen Platz gesehen und sehe jetzt, dass sie das Thema intensiv mit ihrem Staatssekretär bespricht. Das freut mich!

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Zuruf von Joachim Esser (GRÜNE)]

Ich glaube aber, dass die Sache nicht ganz so einfach ist, wie sie hier in manchem Debattenbeitrag dargestellt worden ist. Es ist in der Tat so, dass die Frage der Codeshareflüge in dem Luftverkehrsabkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten nicht geregelt ist, dass auch immer klar war, dass die Genehmigung, die es bisher gegeben hat, keine endgültige, sondern eine befristete ist.

[Daniel Buchholz (SPD): Aber es ist über vier Jahre geduldet worden!]

Ja, es ist über vier Jahre geduldet worden, und es ist auch vor einem Jahr gesagt worden, dass jetzt letztmalig verlängert werde, und es gibt Verhandlungen. In Verhandlungen gibt es unterschiedliche Interessen. Es ist richtig darauf hingewiesen worden, dass man den Verdacht haben muss, dass der bayerische oder der aus Bayern stammende Bundesverkehrsminister auch über die Maßen bayerische Standortinteressen vertritt. Dafür gibt es einige Indizien. Es ist gleichzeitig so, dass das deutsche Unternehmen Lufthansa unter einem starken Wettbewerbsdruck steht und es deshalb ein Interesse seitens der Bundesregierung gibt, an dieser Stelle auch die Interessen der Lufthansa zu wahren. Gleichzeitig ist es aber auch ganz offensichtlich, dass Etihad und die Vereinigten Arabischen Emirate die Situation von Air Berlin – dass die Existenz von Air Berlin unter anderem an diesen Codeshareflügen hängt, neben allen anderen unternehmerischen Fehlern, die in der Vergangenheit gemacht worden sind – nutzt, um sozusagen Air Berlin in diesen Verhandlungen zu nehmen, um ein Maximum an Interessen für die Vereinigten Arabischen Emirate durchzusetzen und dabei herauszuholen. Das muss man auch berücksichtigen. Es kann nicht sein, dass das Abgeordnetenhaus von Berlin – einige Redebeiträge gingen in diese Richtung – einfach sagt: Liebe Bundesregierung! Erfülle alle Forderungen von Etihad und der Vereinigten Arabischen Emirate, die das Interesse haben, ihr Luftdrehkreuz in Abu Dhabi zu stärken und auszubauen – zulasten des deutschen Standortes. Das kann auch nicht die Position sein, liebe Kolleginnen und Kollegen!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Wie gesagt, wir unterstützen diesen Antrag, weil wir der Meinung sind, dass die Bundesregierung in diesen Verhandlungen keine Münchner Lobbyinteressen zu vertre

ten hat, sondern dass sie versuchen muss, ein Ergebnis zu erzielen, mit dem dann auch die Interessen von Air Berlin gewahrt werden und damit eine wirtschaftliche Perspektive für Air Berlin entsteht. Aber ich sage: Es sind noch mehr Themen abzuwägen als nur die Interessen von Air Berlin. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank! – Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich jetzt dem Kollegen Buchholz.

[Björn Eggert (SPD): Der sah eben noch ganz anders aus!]

Wer den Schaden hat, spottet jeder Beschreibung. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – In meinem Ablaufplan sollte die Rederunde eine Viertelstunde später beginnen. Da war ich nicht ganz up to date.

Meine Damen! Meine Herren! Ich will direkt auf den Kollegen Wolf eingehen. Denn, mit Verlaub, auch wenn Sie dem Antrag zustimmen werden, ist jetzt doch ein bisschen etwas durcheinandergegangen, was die Fluggesellschaften und das Codesharing angeht. Wir müssen uns alle vergegenwärtigen, was er bedeutet, dieser schöne englische Begriff. Auf gut Deutsch: Eine Fluggesellschaft fliegt mit Ihrem Flugzeug, und dieser Flug wird von mehreren Fluggesellschaften mit verschiedenen Namen unter verschiedenen Flugnummern angeboten. Das ist das Einzige, worum es inhaltlich beim Thema Codesharing geht. Das ist tatsächlich recht kompliziert geregelt.

[Zurufe von Jutta Matuschek (LINKE) und Harald Wolf (LINKE)]

Sie müssen sich das jetzt leider anhören, Sie haben eben etwas anderes erzählt, dass dieses Codesharing absolut Standard ist zwischen allen großen Airlines auf der Welt, auch mit vielen internationalen Verträgen abgesichert ist, die großen Airlineverbünde das alle standardmäßig tun. Hier geht es ganz speziell darum, ob das, was zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigen Arabischen Emiraten geregelt ist, nun den Standort Berlin negativ betreffen soll oder nicht. Ich sage Ihnen, das ist auch eine Lex Anti Berlin.

[Uwe Doering (LINKE): Von wem denn?]

Das lassen wir uns nicht bieten! Das kann die Bundesregierung so nicht durchgehen lassen.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Uwe Doering (LINKE): Von wem ist es eine Lex Anti Berlin?]

Es kann nicht sein, dass mit der Weigerung des Bundesverkehrsministeriums, die von Etihad beantragten Codesharingflüge zu genehmigen, hier wirklich der Fortbestand der Airline Air Berlin gefährdet wird. Fragen Sie einmal die Personalräte, fragen Sie die Betriebsräte, es ist ein Unternehmen, das hier in Berlin seinen Hauptsitz hat, rund 8 000 Mitarbeiter!

[Harald Moritz (GRÜNE): Aber nicht alle in Berlin!]

Es geht letztlich, das ist ausgerechnet worden, um einen Umsatz von 140 Millionen Euro für die Fluggesellschaft Air Berlin. Es wäre fahrlässig, nicht nur fahrlässig, sondern vorsätzlich, wenn der Bundesverkehrsminister aus absolut egoistischen Gründen – weil er den Luftstandort München stärken will – Berlin preisgibt. Wir werden das jedenfalls nicht zulassen und kündigen ganz klar unseren Widerstand an.

Ich will noch eines klarstellen, weil Sie gefragt haben, was die Wirtschaftssenatorin und der Regierende Bürgermeister tun. Ich habe ihn eben noch einmal gefragt, ich kann es Ihnen ganz genau sagen. Dieser Regierende Bürgermeister Michael Müller hat nicht nur persönlich Herrn Dobrindt angesprochen, hat Briefe geschrieben, hat mit mehreren Mitgliedern der Bundesregierung – auch dem Wirtschaftsminister, mit anderen –, hat mit mehreren Länderministerpräsidenten schon darüber gesprochen, wie wir das Problem lösen können. Diese Landesregierung ist dazu aktiv. Wir wollen ihr mit diesem Antrag den Rücken stärken, damit ganz klar ist: Nicht nur die Landesregierung, sondern auch das Berliner Abgeordnetenhaus als Landesparlament fordern, diese egoistische und engstirnige Haltung des Bundesverkehrsministers aufzugeben. Wenn es darum geht, dass die Lufthansa etwas vorteilhaft haben kann, dass sie ihre Flüge international ausrichten kann, da gab es noch nie Probleme mit Codesharingflügen mit deren Allianz. Komischerweise wird bei Etihad und Air Berlin ein ganz großes Trara darum gemacht. Es geht jetzt aktuell um 31 Codesharingflüge.

Sie müssten bitte zum Ende kommen!

Deswegen sagen wir: Bitte folgen Sie diesem ganz klaren Aufruf des Abgeordnetenhauses! Wir bekennen uns zu dieser Gesellschaft, wir bekennen uns zu diesem Standort und den Arbeitsplätzen, die hier mit den Codesharingflügen gesichert werden müssen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Danke schön! – Herr Kollege Wolf! Wollen Sie replizieren? – Bitte schön!

Lieber Kollege Buchholz! Wir sind uns doch darüber einig, dass es notwendig ist, eine Regelung zu finden, die das Unternehmen Air Berlin und die Arbeitsplätze sichert. Darüber sind wir uns einig, deshalb stimmen wir diesem Antrag auch zu.

Ich habe nur auf eines hingewiesen und da unterliegen Sie einem Irrtum: Bei den Codeshareflügen geht es nicht einfach darum, dass die alle unter dem gleichen Kennzeichen fliegen, sondern es geht um die Frage, ob für Umsteigebeziehungen durchgebucht werden kann. Das ist im Interesse der Arabischen Emirate und des Luftdrehkreuzes in Abu Dhabi. Darum geht es bei dieser Angelegenheit.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Etihad versucht und die Vereinigten Arabischen Emirate versuchen, ihre Interessen zu vertreten. Darauf habe ich hingewiesen.

Ich kenne das doch auch. Sie erinnern sich vielleicht, vor ein paar Jahren hatten wir die Diskussion mit Emirates wegen der Direktflüge von Berlin. Da gab es auch ein Luftverkehrsabkommen. Dabei ging es um die Frage, ob Emirates bereit ist, Direktflüge von anderen Standorten, die sie genehmigt bekommen hatten, abzugeben, und dann von Berlin aus zu fliegen. Dafür hätte es die Genehmigung der Bundesregierung gegeben. Insofern findet gegenwärtig das gleiche Spiel statt, leider auf dem Rücken von Air Berlin. Darauf wollte ich hinweisen, dass die Interessenlage nicht so eindeutig ist, dass man sagen könnte, jetzt gebt einfach mal den Vereinigten Arabischen Emiraten und Emirates das, was sie wollen, sondern die Interessenlage ist etwas komplizierter. Deshalb glaube ich, dass das ganze Problem nur so gelöst werden kann, dass man ein neues Luftverkehrsabkommen mit den Vereinigen Arabischen Emiraten schließt, in dem ein Interessenausgleich stattfindet. Es kann jedoch nicht sein, dass man einfach sagt, jetzt gebt Etihad und den Vereinigten Arabischen Emiraten das, was sie schon seit langem verlangen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Die Piratenfraktion hat den Kollegen Baum als Redner benannt. Ich erteile ihm jetzt das Wort – bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Geehrte Kollegen und Kolleginnen! Werte Gäste! Hier wurde schon einiges gesagt und im Prinzip bleibt mir fast gar nicht mehr viel. Deswegen kann ich es nach dem Austausch von Herrn Buchholz und Herrn Wolf relativ kurz machen. Wir freuen uns natürlich, wenn die Koalition explizit die Oppo

(Daniel Buchholz)

sition auffordert und um Hilfe ruft. In diesem Fall müssen wir sagen, aufgrund der Sachlage werden wir diesem Antrag auch zustimmen.

[Daniel Buchholz (SPD): Wunderbar!]

Mich wundert aber auch schon, dass wir seit Herbst 2014 – nachdem jetzt die letztmalige Verlängerung angekündigt wurde – versuchen, eine Unterstützung in Richtung Bundesregierung zu verabschieden. Dass es nun aber so kurzfristig kommt, hat mich durchaus überrascht. Es würde mich freuen, wenn Sie grundsätzlich die großen Stücke, die Sie auf die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses halten, auch innerhalb des eigenen Senats umsetzen würden, beispielsweise in Bezug auf den Beschluss zum Bericht der Funkzellenabfrage, bei dem es einige Zeit gedauert hat, bis dieser überhaupt innerhalb des eigenen Senats ernst genommen wurde.

Ich komme zurück zum Antrag. Es wurde schon erwähnt, dass die Codesharingflüge nicht nur bedeuten, dass man ein eigenes Ticket anbieten kann. Es geht explizit auch darum, dass man nicht umbuchen und ein neues Ticket buchen muss, wenn man längere Flüge absolvieren möchte, gerade auch bei durch den Partner durchgeführten Flügen. Deswegen zeigt es aber auch ein bisschen das Problem, das es immer bei den Codesharingflügen gibt, dass es eine Wettbewerbsverzerrung ist. Dessen muss man sich auch bewusst sein. Sie fußen auf Absprachen und entsprechenden Vereinbarungen, die zu Vereinbarungen führen, sich nicht gegenseitig in die Quere zu kommen. Es geht nicht ausschließlich nur um die Interessen von Air Berlin. Vielmehr muss man immer berücksichtigen, welches Interesse der Andere an diesen Codesharingflügen hat, sie hier mit Air Berlin anzubieten.

Hier wird ein Antrag der großen Koalition von SPD und CDU vorgelegt, der eine andere große Koalition von SPD und CDU im Bund beauftragen soll. Es wird ein Brief von Berlin nach Berlin geschickt. Das ist in etwa so, als würde ein Brief von CDU-Fraktionsvorstandsmitgliedern an die eigene Parteichefin und Bundeskanzlerin gerichtet.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Buchholz?

Gleich, nachdem ich meinen Satz beendet habe. – Mein Kollege Lauer sagte das neulich: Wenn das passiert, ist das Kind in den Brunnen gefallen. Ich hoffe, dass es hier nicht zu spät ist und dieser Antrag tatsächlich etwas bewirken kann. Allein, ich habe meine Zweifel. – Jetzt!

Jetzt hat der Kollege Buchholz das Wort. – Bitte!

Vielen Dank, Herr Kollege für die Möglichkeit! Ich habe eine Frage. Sie sprachen vorhin an, dass Codeshareflüge eigentlich nur eine Wettbewerbsverzerrung seien. Ist Ihnen klar, dass beim Codesharing natürlich auch ein ökologischer Vorteil entsteht, weil nämlich nur ein Flugzeug für einen Flug benutzt wird, welcher unter mehreren letztlich Markennamen vertrieben wird und damit das Flugzeug besser ausgelastet ist?

[Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

Meine Damen und Herren! Jetzt antwortet der Kollege Baum!

[Zurufe von den Grünen]