Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kollegen! In der Tat, das Wohnraumgesetz steht heute sozusagen wieder zur Debatte, zur letzten Debatte, was die Abstimmung angeht. Wir haben intensiv an dem Gesetz gearbeitet. Die Anhörung hat deutlich gemacht: Es gibt Licht und Schatten, aber es gibt ein Verfahren, das jetzt geschlossen ist und auch zur Abstimmung gestellt werden kann und das für die Mieterinnen und Mieter im sozialen Wohnungsbau erhebliche Vorteile bringen wird.
Die individuelle Härtefallklausel, die jetzt schon angesprochen wurde, ist bei 30 Prozent, aber es gibt auch eine Staffelung, werte Kollegin Schmidberger, sie ist teilweise niedriger, wenn die Objekte größer sind oder aus bestimmten Baualtersklassen kommen. Ich glaube, das ist ein erster Einstieg und ein wichtiger Einstieg und auch ein Stück weit die konsequente Fortsetzung dessen, was
wir im Jahr 2013 verabredet hatten. Frau Spranger und ich haben uns intensiv dafür eingesetzt, dass wir ein Mietenkonzept für die Großwohnungssiedlung machen, das sich nicht von Jahr zu Jahr hangelt, sondern die Koalition hat gesagt: Wir machen hier einen weiteren Schritt, damit wir Luft haben in dem Thema: Wie gehen wir mit dem alten sozialen Wohnungsbau verlässlich um? – Daher haben wir bis 2017 das Mietenkonzept beschlossen. Das war ein guter Schritt für die Mieterinnen und Mieter, und heute wird es noch besser.
Insofern ist die individuelle Förderung der wichtigste Baustein, was die Mieter des alten sozialen Wohnungsbaus betrifft. Für uns genauso wichtig ist festzuhalten, dass es zukünftig keine Privatisierung von Wohnungsbaugesellschaften mehr geben wird. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Und natürlich ist die Struktur der Mieterbeteiligung auch sehr deutlich festgeschrieben. Das ist sehr vernünftig.
Und, last but not least: Der Neubaufonds, der unabhängig von Haushaltsjahren da ist, in dem auch Modernisierung gefördert werden kann, ist ein wirklicher Meilenstein. Da bin ich sehr froh, dass wir das heute gemeinsam so beschließen können. Ich bedanke mich bei den Grünen, dass sie in diesen drei wichtigen Punkten entsprechend mit uns mitgehen. Ich glaube, das bringt die Stadt im Bereich der Mietenpolitik sehr deutlich voran.
Es sind noch nicht alle Probleme gelöst. Das ist ein richtiger Schritt, und deswegen haben wir auch gemeinsam einen Entschließungsantrag mit wichtigen Eckpunkten vorbereitet. Der wichtigste Eckpunkt aus unserer Sicht ist das Thema fiktive Kosten, und der zweite wichtige Punkt ist: Wie können wir auch im alten sozialen Wohnungsbau Modernisierung in die Bestände bringen? Es ist nämlich heute schon so, dass die Betriebskosten teilweise so hoch sind, dass sie eine zweite Miete sind und damit auch hohe Bruttomieten entstehen. Und da ist es ist der Tat so, wie schon festgestellt wurde: Da ist die Gesamtmietbelastung zu hoch. Das liegt aber auch daran, dass die Betriebskosten zu hoch sind.
Wir wollen in der Expertenkommission genau da den Finger in die Wunde legen und nach Möglichkeiten suchen. Erstens: Wie gehen wir mit fiktiven Kosten um? Zweitens: Wie können wir die Bestände energetisch ertüchtigen? Das ist bisher, in den alten Bestimmungen, ausgeschlossen. Das ist ein Unding. Viele Objekte stehen seit 40 Jahren. Wir müssen sehen, wie dort mit gezielten und vernünftigen Investitionen Betriebskosten und damit Mietbelastungen für alle Mieterinnen und Mieter gesenkt werden.
Wir haben es deshalb in die Form eines Entschließungsantrags gepackt, weil es schwierig ist, das mit einem Federstrich zu ändern. Wir sehen, dass das Artikelgesetz sehr komplex ist. Wir haben das auch bei der Diskussion
zur Volksinitiative festgestellt. 50 Seiten sind sehr viel. Unser Artikelgesetz ist ähnlich kompliziert gestrickt wie das Volksgesetz und nicht gerade einfach zu lesen. Deswegen haben wir uns bei aller Sympathie für das Thema fiktive Kosten und deren Begrenzung und Sympathie für das Thema: Wie gehen wir mit der Modernisierung und der Expertenkommission um? – für den Entschließungsantrag entschieden. Es ist der bessere Weg.
Wir hatten schon eine Expertenkommission. Dort haben wir viele Punkte erarbeitet, die wir jetzt auch für unser Gesetz brauchten. Im nächsten Schritt werden wir die Punkte gemeinsam angehen.
Wir haben in der Stadt schlechte Erfahrungen gemacht, wenn man an dem alten sozialen Wohnungsbau herumschraubt. Als nämlich versucht wurde, aus der Förderung auszusteigen, sind viele Probleme entstanden, mit denen wir uns heute herumschlagen.
Der Ausstieg war, so, wie er gemacht wurde, schwierig; viele Probleme – Fanny-Hensel-Kiez usw. – hätten wir so nicht. Wir wissen, jeder Fall ist schwierig.
Deswegen auch das individuelle Prüfen – unsere Linie von Anfang an; das mit den fiktiven Kosten habe ich an der Stelle schon 2011 vorgeschlagen.
Ich freue mich, dass wir das gemeinsam in der Expertenkommission beraten können und dann auch dafür Lösungen finden, genauso wie Frau Spranger und ich die Lösung mit dem Mietenkonzept gemeinsam erarbeitet haben. Ich denke, wir können vieles für die Mieterinnen und Mieter tun. Ich freue mich auf die Abstimmung und die gemeinsame Arbeit.
Kollege Brauner! Kleinen Moment noch! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Matuschek? Die hat sie noch während der Rede signalisiert.
Nein? – Nicht, Frau Kollegin! Damit hat aber Ihre Fraktionskollegin Lompscher jetzt das Wort. – Und das erteile ich Ihnen jetzt auch! Bitte, Frau Lompscher!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Iris Spranger! Um es klar zu sagen: Auch die Linke ist für bezahlbare Sozialmieten, für einen sozialen Versorgungsauftrag der städtischen Gesellschaften und auch für den Wohnraumförderfonds. Trotzdem können wir Ihrem Gesetz nicht zustimmen. Das werde ich im Weiteren erläutern.
Die Forderung nach bezahlbaren Mieten und einem Stopp der Verdrängung ist dringlicher denn je. Deshalb gab es das Mietenvolksbegehren mit seinem großartigen Erfolg, und nur deshalb – seien Sie ehrlich – gibt es heute das Gesetz. Das ist und bleibt ein Erfolg und ein Verdienst der Initiative.
Der Senat ist zunächst massiv dagegen vorgegangen. Eine rechtliche Einschätzung aus dem Hause Henkel gibt es bis heute nicht. Sie blieb genauso wie Horrorzahlen Drohgebärde des Senats für Gespräche jenseits von Augenhöhe. Deshalb verbietet es sich – für uns zumindest –, von einem Kompromiss zu sprechen.
Senat und Koalition schmücken sich also heute mit einem Gesetz, das vom Mietenvolksbegehren weit entfernt ist. Deswegen können wir nicht zustimmen und haben umfangreiche Änderungsvorschläge erarbeitet. Wenn Sie diesen zustimmten, dann könnten auch wir zustimmen, dann hätten wir eine Alternative.
Die Initiative trat an, um die Mieten in Berlin bezahlbar zu machen. Speziell der soziale Wohnungsbau und die städtischen Wohnungen sollen diesem Zweck dienen. Was bringt nun dieses Gesetz? – Die Mieten im sozialen Wohnungsbau werden überhöht bleiben, weil das Kostenmietrecht bleibt. Und wenn hier immer erzählt wird, man könne in einem halben Jahr keine große Reform machen, dann sage ich Ihnen: Diese Prüfung läuft seit 2010, und seit 2010 sind Sie nicht bereit, das Kostenmietrecht zu reformieren.
Selbst der Einfrierungsgrundsatz, nach dem Mieten nicht sinken, obwohl Kosten sinken, bleibt erhalten und auch die Absurdität rückwirkender Mieterhöhungen. So verdienen sich Private mit dem sozialen Wohnungsbau weiterhin eine goldene Nase.
Die Mietensubvention, die wir im Grundsatz richtig finden, kann allenfalls eine Brückenlösung sein. Aber auch als Brückenlösung muss sie zu tragbaren Mieten führen,
Wir wollen die Gesamtmiete als Maßstab und fordern, dass endlich eine soziale Richtsatzmiete eingeführt wird. Warum Senat und Koalition diese Möglichkeit nicht nutzen, Eigentümer an den Kosten der möglichen und notwendigen Mietsenkung zu beteiligen, das bleibt ihr Geheimnis.
Anders als die Initiative hätte das Parlament eben hier handeln können und auch müssen. Die Koalition aber lehnt es ab. Und weil das so ist, schlagen wir Ihnen heute zusätzlich zu Ihrer Entschließung auch eine Entschließung vor. Das ginge übrigens ganz einfach. Die Aufwendungsdarlehen werden bekanntlich deutlich oberhalb der heute marktüblichen Zinsen verzinst. Diese Zinssätze sollen von der IBB auf das marktübliche Niveau abgesenkt und der dadurch entstehende Spielraum für Mietsenkungen genutzt werden. Das ist nur eine einzige Aktion dieses Senats und kann heute beschlossen werden.
Außerdem soll sich das Abgeordnetenhaus verpflichten, weitergehende Rechtsgrundlagen zur Mietsenkung noch in dieser Legislaturperiode zu beschließen, eben nicht so unverbindlich wie in Ihrem Entschließungsantrag, sondern eine klare Selbstverpflichtung mit einer klaren Fristsetzung.
Wie gesagt, nach dem Senatsgesetz sollen WBSBerechtigte bis zu 30 Prozent ihres Einkommens für die Nettokaltmiete in städtischen und in Sozialwohnungen aufwenden. Wir sagen: nicht mehr als 30 Prozent des Einkommens für die Gesamtmiete, und folgen damit im Übrigen dem Maßstab der Rechtsprechung, die alles über einem Drittel als unzumutbar ansieht. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht?
Mit dem Senatsgesetz kann es übrigens noch schlimmer kommen. Die Mietzuschüsse sollen bei 2,50 Euro gekappt werden. Das hat auch eine zynische Logik, weil ja die absurden Kostenmieten nicht geändert werden und die Kosten für die Mietzuschüsse aber nicht aus dem Ruder laufen sollen. Das Ergebnis ist dann sozial grotesk, und es wird nicht nur wenige treffen.
Auch deshalb schlagen wir vor, die Möglichkeit jährlicher Mieterhöhungen um 13 Cent pro Quadratmeter und rückwirkender Mieterhöhungen auszusetzen. Es wäre übrigens schön, wenn hier mal klargestellt würde, ob denn die jährlich 13 Cent rauf dann auch unter diese Kappungsgrenze fallen. Wir finden, der soziale Woh
Und was ist mit den Sozialwohnungen ohne Anschlussförderung? Hier hat der Senat die pauschale Befreiung von der Belegungsbindung aufgehoben, aber dennoch bleiben diese Wohnungen für eine soziale Wohnraumversorgung verloren. Bei Neuanmietung gilt der Mietzuschuss nicht für Bestandsmieter, und wir reden immerhin von 28 000 Wohnungen, wird die Miete, die über 10 Euro pro Quadratmeter hinausschießt, für den Mietzuschuss nicht berücksichtigt, obwohl der Vermieter jederzeit – und das wissen Sie – die volle Kostenmiete von 13 oder gar 19 Euro verlangen kann. Die aktuellen Fälle in der Koloniestraße oder in der Schöneberger Straße sprechen da eine eindeutige Sprache. Damit hat natürlich auch die Belegungsbindung überhaupt keinen Sinn. Notwendig wären stattdessen ein Verbot fiktiver Kosten und ein verbindlicher Weg hin zu einer Systemänderung bei den Kostenmieten mit einem externen Expertengremium.
Und was sollen wir jetzt mit dem landeseigenen Wohnungsbestand machen? Wir finden es gut, dass deren sozialer Versorgungsauftrag gesetzlich formuliert und die de facto sowieso nicht bestehende Gewinnabführung auch rechtlich ausgeschlossen wird. Aber die Regelungen zur Miethöhe, die dem Mietenbündnis entspringen, sind eben nicht sozial tragbar. Warum darf denn z. B. die ortsübliche Vergleichsmiete nach Modernisierung weiterhin um eine fiktive Betriebskosteneinsparung überschritten werden? Was heißt es denn, wenn Mieten nach Modernisierung 20 Prozent über Mietspiegelwerten von 8 oder 9 Euro liegen dürfen?