Das ist jetzt Respekt vor dem Parlament. Wenn ich von einem Parlamentarier gefragt werde, möchte ich dem auch Antwort geben.
Deshalb sage ich an dieser Stelle: Jeder Vertrag – das müssen Sie wissen, Sie sind ja Rechtsanwalt – zeichnet sich dadurch aus, dass man das, was in dem Vertrag nicht berücksichtigt ist, erst in der Vertragslaufzeit feststellt. Es gibt keinen Vertrag, der so wasserdicht ist, dass er alle Eventualitäten des Lebens absichert. Und deshalb ist meine Schlussfolgerung: Sie müssen rein ins Unternehmen, Sie müssen Einfluss haben auf das operative Geschäft. Denn dann können Sie auch auf diese Eventualitäten reagieren. Das ist meine Konsequenz.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Respekt, Herr Gelbhaar von der Grünen-Fraktion! Da haben Sie den ehemaligen Senator ganz schön ins Straucheln gebracht. Da war er dann nicht mehr so ganz klassenkämpferisch. Denn er hatte ja rund zehn Jahre Zeit, sich auf die Krise vorzubereiten als verantwortlicher Senator und auch zehn Jahre Zeit, andere Verträge abzuschließen. Herr Wolf, das haben Sie nicht getan! Und das ist vor allen Dingen Ihr Versäumnis.
Nun wollen sich also auch endlich mal die Grünen zur Berliner S-Bahn äußern. Sie haben sich trotz innerer Zerstrittenheit mühsam auf einen Minimalkonsens S-Bahnantrag einigen können. In der letzten Wahlperiode wollten ja die Grünen, kaum dass Schneeflockenwirbel auftrat und die erste S-Bahn zu spät in ihre klassischen Wohnquartiere in Prenzlauer Berg und Friedrichshain fuhr, sofort den S-Bahnvertrag kündigen. Damit wäre verkehrspolitisch das Fiasko erreicht worden, und wir hätten verantwortungslos einen vertrags- und disziplinarlosen Zustand erreicht, der die Steuerzahler bis heute Hunderte Millionen Euro gekostet hätte.
Nun sitzen andere im Führerstand der Grünen in der Verkehrspolitik und wollen diese Kündigung plötzlich nicht mehr – und das alles ohne den üblichen grünen Mediator. Ganz auffällig sind massive handwerkliche Fehler im Grünen-Antrag, wie beispielsweise unklare Formulierungen zur Teilausschreibung; mal heißt es Teilnetz, mal Teilstrecke. Auch die Formulierung „Fortführung der S-Bahn“ ist vollkommen unklar und zeigt wieder einmal die Halbherzigkeit der Grünen bei diesem Thema des öffentlichen Nahverkehrs, was eindeutig auch einen Blick auf den Zustand dieser Partei wirft.
Die Linie des SPD-CDU-Senats ist demgegenüber völlig klar und wurde bereits sowohl im letzten Plenum am 12. Januar als auch im Verkehrsausschuss am 18. Januar, vonseiten des Regierenden Bürgermeisters zuletzt vor diesem Podium, durch die Fraktionen von CDU und SPD und durch die Worte des Verkehrssenators Michael Müller eindeutig kommuniziert: Erstens: Die Deutsche Bahn AG hat mit Schreiben vom 11. Januar 2012 bekundet, dass sie es ablehne, sich von ihrem Eigentum zu trennen.
Somit geht also ein Verkauf der S-Bahn gar nicht. Zweitens: Wir werden die Konsequenzen aus der Absage der Bahn in unsere Überlegungen einbeziehen müssen. Aus Sicht der Union ist die Teilausschreibung der S-Bahn –
so wie von Klaus Wowereit vor zwei Wochen gesagt – die Folge, die sich aus der Absage ergeben wird, um zukunftsfähig zu sein, wie er völlig zu Recht damals sagte. Drittens: Senator Michael Müller stellte im Verkehrsausschuss in Aussicht, dass Einzelheiten zur Teilausschreibung Anfang Februar vorliegen und – viertens – auch die Fragen zur Beschaffung neuer Fahrzeuge zeitnah geklärt sein werden.
Die Polemik der Grünen will aus parteipolitischem Interesse die aktuelle Situation der Berliner S-Bahn und dabei auch die Erfolge, die Senat und Unternehmen erreicht haben, bewusst verdrängen. Denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Geschäftsführung der Berliner S-Bahn haben, eben weil der Berliner Senat den S-Bahnvertrag mit härteren Strafen vereinbart hat, nun endlich verbesserte Bedingungen für den vereinbarten Leistungsumfang erreicht. Dazu gehören endlich wieder rund 500 Wagen im Betrieb. Alle Radsätze wurden getauscht bis November 2011. Nahezu alle Fahrmotoren wurden überarbeitet. Die wesentliche Aufstockung der Ausbildungslehrgänge für Triebfahrzeugführer und Investition in Informationssysteme für die Kunden! Das sind doch endlich auch einmal Erfolge der Berliner S-Bahn! Und ich rate den Grünen, die Verkehrspolitik und die S-Bahn Berlin nicht immer schlechter zu machen, als sie ist. Das haben die Mitarbeiterinnen und die Mitarbeiter der Berliner S-Bahn nicht verdient!
Natürlich bestehen auch noch Defizite bei der Berliner S-Bahn, wie beispielsweise Personalmangel und ähnliche Dinge. Auch eine Linie fährt nicht. Aber das wird sukzessiv angegangen, aber nicht mit solchen verwirrten Anträgen, wie Sie das hier vorschlagen.
Nein! – Ein Wort zum Antrag der Piratenfraktion: Das sind zwar Vorstellungen, die Sie da haben, die allerdings so, wie Sie sich das vorstellen, nicht umsetzbar sind. Sie sind nicht ausfinanziert. Sie können sie so nicht umsetzen. Es kompliziert auch das Verfahren. Denn wir brauchen jetzt schnell Fahrzeuge und schnell die Ausschreibung. Und Transparenz – das habe ich Ihnen gesagt – wird längst gewährleistet. Fast in jedem Verkehrsausschuss ist das bei uns Thema.
Nein! – Das Fazit zum Grünen-Antrag ist: Der Senat handelt bereits, bevor sich die Grünen mal auf einen gemeinsamen Antrag fraktionsintern verständigen konnten. Die Berliner Koalition hat sich zu einem festen Fahrplan mit klar definierten Zielen bekannt. Dazu gehören die Fragen der Teilnetzausschreibung, der Neubeschaffung von Zügen und damit einhergehend die permanente parlamentarische Unterrichtung. So sieht moderne Berliner Verkehrspolitik aus. CDU und SPD bekennen sich im Gegensatz zu den Grünen eindeutig zur Berliner S-Bahn – in guten wie in schlechten Zeiten. Das unterscheidet uns, die Regierungsfraktionen, von Ihnen, den fahrplanlosen Grünen.
Vielen Dank, Herr Friederici! – Es ist eine Kurzintervention der Abgeordneten Hämmerling angemeldet. – Bitte sehr!
Herr Friederici! Ich lasse es mir nicht nehmen, auch wenn ich für das Fachgebiet nicht mehr zuständig bin, auf Sie zu reagieren, wenn Sie Unsinn erzählen.
Ja, ich muss wahrscheinlich dann immer reden. – Vor anderthalb Jahren waren Sie sozusagen noch Schwarzfahrer bei der S-Bahn, wussten nicht, wie man sich ein Ticket kauft, sind mit Herrn Henkel und der Presse ohne Fahrschein unterwegs gewesen.
Ich weiß gar nicht: Haben Sie das Bußgeld inzwischen bezahlt? Und heute wollen Sie uns die Welt erklären. Sie wollen uns erklären: Die S-Bahn ist ganz toll, und die Grünen machen die Beschäftigten zur Schnecke. So ein Blödsinn!
Haben Sie gemerkt, dass nach wie vor Lokführer fehlen, weil die S-Bahn es nicht geschafft hat, vor drei Jahren das damals schon fehlende Personal neu zu schulen und einzustellen? Ist Ihnen das aufgefallen, oder haben Sie das nicht gemerkt? Vielleicht sind ja auch die Zeitungen voller Falschmeldungen, kann ja sein.
Ich will Ihnen noch eins sagen, weil Sie es immer wiederholen: Ja, wir haben gesagt – zu einem bestimmten Zeitpunkt, als uns die Bahnvorstände das dritte Mal hier ein X für ein U vorgemacht haben im Ausschuss –: Jetzt ist Zeit zu kündigen, und jetzt ist es Zeit für die Auferlegung. – Das heißt nämlich, dass man zu bestimmten Kon
ditionen von der Deutschen Bahn die Verkehrsleistung weiter verlangen kann, bis zum Ablauf des Vertrages. Den verzögern Sie seit zwei Jahren, weil Sie nicht handlungsfähig sind. Erst war es die Regierung davor, und Sie als Grüßaugust der Deutschen Bahn sagen: Wir wollen jetzt eine Teilausschreibung, aber dann im ganzen Stück. Und am Ende soll es wieder die Deutsche Bahn kriegen. – Nein! Es geht darum, Arbeitsplätze bei der Bahn zu schaffen – viele, sichere Arbeitsplätze. Und der größte Arbeitsplatzvernichter bei der Berliner S-Bahn war die S-Bahn selbst. Sie hat 30 Prozent des Personals abgebaut in der Vergangenheit. Das nehmen Sie zur Kenntnis! Wir wollen das Personal schützen. Wir wollen dafür sorgen, dass die Arbeitsplätze bei der Bahn sicher sind.
Und ob das Unternehmen dann am Ende S-Bahn oder anders heißt, das ist letztlich nicht wichtig. Entscheidend ist, dass wir zuverlässigen, pünktlichen S-Bahnverkehr bekommen, dass die Beschäftigten zu Tarifen bezahlt werden, dass wir umweltfreundliche und soziale Standards setzen. Und genau das hätten Sie in einer Ausschreibung, hätte der Regierende Bürgermeister mit der Linksfraktion in einer Ausschreibung schon vor einem Jahr auf den Weg bringen können. Der Verkehrsverbund hatte die Unterlagen fertig. Das ist nicht gewollt worden, weil man sich mit fadenscheinigen Gründen lieb Kind bei den Beschäftigten machen wollte. Dabei war schon im letzten Jahr klar: Die Bahn – Grube hat es im Ausschuss gesagt – ist nicht bereit, die S-Bahn zu verkaufen. Keine Chance also für dieses Konstrukt! Um die Teilausschreibung kommen Sie nicht herum. Sie werden sie machen müssen. Letztlich, Herr Friederici, bitte ich Sie, doch mal bei der Sache zu bleiben, die Realität zu erkennen. Die S-Bahn ist mitnichten das, was Sie heute vorgaukeln wollen. Sie ist mitnichten so ein Unternehmen, mit dem wir alle zufrieden sein können. Deswegen ist hier Handlungsbedarf.
Ja! – Wir wollen wissen, was der Senat vorhat, wie viel Geld er in die Hand nehmen will. Das ist das ureigenste Recht des Parlaments. Darüber können Sie nicht einfach mit Ihren großspurigen Sprüchen hinweggehen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Hämmerling! Die Grünen-Fraktion hat
gut daran getan, dass Sie nicht mehr verkehrspolitische Sprecherin sind. Das konnte man eben wieder hören.
Sie versuchen wieder mal, sich zu rechtfertigen. Wir hatten drei Winterkrisen. Die waren tragisch. Die waren schlimm. Da gebe ich Ihnen recht. Aber auch Wahrheit ist, es war eben nur die Berliner S-Bahn, die dieses Krisenszenario hatte.
Aber Sie wollten jedes Mal den Vertrag mit der S-Bahn kündigen. Wir hätten einen vertragslosen Zustand. Dieser vertragslose Zustand hätte uns so viel Geld gekostet, weil wir keine Disziplinarmaßnahmen gegen die Berliner S-Bahn mehr hätten durchsetzen können. Dieses ist Ihr großes Problem, das Sie in der Vergangenheit hatten. Was Sie jetzt versuchen, ist ein halbherziger Antrag, und weil Sie in Ihrer Fraktion nun endlich mal einen Konsens in einer Fachfrage gefunden haben, wo sich vielleicht alle so ein bisschen einig sind, wollen Sie mit diesem Thema wahrscheinlich hier punkten.
Noch mal zum Thema S-Bahnticket, Frau Hämmerling: Ich besitze seit fast zehn Jahren ein Umweltticket entweder der BVG oder der S-Bahn. Ich wechsele da immer hin und her.
Ich nutze das immer wieder zu fast 90 Prozent in Berlin. Ich glaube, Belehrungen muss ich mir da von Ihnen nicht gefallen lassen.
Sie wissen es ja selbst auch besser. Wir haben uns ja auch schon öfter in öffentlichen Verkehrsmitteln gesehen. Wir haben uns auch schon öfter bei Veranstaltungen gesehen. Es ist tragisch, muss ich Ihnen ehrlich sagen, dass Sie vom Thema „Kündigung des Vertrags“ durch so einen schlechten Antrag versuchen abzulenken. Sie tun mir leid.
Vielen Dank! – Für die Fraktion der Piraten hat nun der Abgeordnete Claus-Brunner das Wort. – Bitte sehr!