Ich bin mir, ehrlich gesagt, nicht sicher, ob Sie nicht wieder umkehren und zurücklaufen. Ihr Antrag zeigt wieder einmal, dass Sie sich nicht entscheiden können, ob Sie staatstragend oder kritisch sein wollen.
Lieber Benedikt Lux! Auf der einen Seite kritisieren Sie zu Recht die Machenschaften der Geheimdienste und die Gefahren des V-Leute-Einsatzes beim Verfassungsschutz. Auf der anderen Seite aber vertrauen Sie in der Antragsbegründung bei der Polizei auf die Kontrolle durch die Staatsanwaltschaft und die Gerichte. Wir haben bei der Aufarbeitung des Berliner NSU-Skandals alle gesehen, dass das nicht funktioniert. Das ist inkonsequent und unlogisch. Deshalb bekommen Sie von uns zwar Unterstützung für Ihr Anliegen, aber zum Antrag nur eine Enthaltung. – Herzlichen Dank!
Kollege Taş! Da Sie so wenig Zeit hatten, um durchzuatmen und auch das zu verarbeiten, was Sie vorgetragen haben, möchte ich noch drei Fragen stellen, die sie als Zwischenfrage von mir nicht zugelassen haben. Zum einen habe ich deutlich gemacht, dass keine verurteilten Straftäter V-Personen werden dürfen, und zum anderen habe ich deutlich gemacht, dass keine szenetypischen Straftaten zugelassen werden. Darauf sind Sie nicht eingegangen, sondern Sie haben weiter das Gegenteil behauptet.
Zweitens würde ich von Ihnen gern wissen wollen – Sie haben gerade die Haushaltsberatungen des Verfassungsschutzausschusses angesprochen und für das Parlament ein Stück weit vorgezogen –, was denn die Titel, die Sie gerade angesprochen haben, eigentlich genau beschreiben. Ich kann auch irgendeinen Titel aus dem Haushalt benennen und sagen, dass da ganz viel Geld drin ist. Und? Was sagt das aus? – Nichts! – Beschreiben Sie doch genau, was der Titel eigentlich bedeutet!
Die letzte Frage an die Linksfraktion: Warum stehen Sie eigentlich nicht unter dem Antrag der Grünen zur Abschaffung von V-Leuten? – Herzlichen Dank!
Ich habe ja deutlich gemacht, dass nach dem neuen Verfassungsschutzgesetz weiterhin Schwerkriminelle als VPersonen angeworben werden dürfen. Es wird übrigens sogar geregelt – Sie haben wohl nicht richtig gelesen –, dass diese auch Straftaten begehen dürfen. Also dürfen solche Leute weiterhin auch in Berlin angeworben werden.
Ja, auch in Berlin sieht es nicht anders aus. Mit dem neuen Haushalt wollen Sie, lieber Tom Schreiber, mit der CDU gemeinsam den Verfassungsschutzetat aufstocken. Darauf bin ich vorhin eingegangen. Sie wollen auch den Einsatz von V-Leuten hier in Berlin ausweiten.
Ich bin auf den Haushaltsplan eingegangen. Wenn Sie sich die entsprechenden Titel genauer anschauen – das habe ich Ihnen ja noch mal deutlich gesagt –, können Sie sehen: Von den 530 000 Euro, was bis jetzt drin war, soll auf 680 000 Euro erhöht werden. Das ist deutlich mehr. Und beim LKA sieht es auch nicht wesentlich anders aus. Insofern habe ich Ihre Fragen bereits beantwortet. Es wäre gut, wenn Sie zuhören könnten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war versucht, die Rede des Kollegen Lenz von vor drei oder vier Monaten einfach mal vorzulesen, weil das Thema hier ja in regelmäßigen Abständen immer wieder neu diskutiert wird. Nach wie vor lehnen wir den Antrag der GrünenFraktion, auf V-Leute zu verzichten, ab. Für jeden demokratischen Nachrichtendienst sind V-Leute ein unverzichtbares Aufklärungsmittel.
Besonders im Bereich des gewaltbereiten Extremismus und Terrorismus sind V-Leute erforderlich, da sich solche Gruppen erfahrungsgemäß abschotten, konspirativ planen und sich mit anderen Maßnahmen nur schwer beobachten lassen. Der Einsatz menschlicher Quellen ist daher nicht oder nicht vollständig verzichtbar. Eine wehrhafte Demokratie darf sich aber nicht vorsätzlich taub und stumm stellen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die zunehmende Gewalt von rechtsextremer, linksextremer und islamistischer Seite.
Die Begründung des Grünen-Antrags verweist übrigens fälschlicherweise auf den NSU-Komplex, in dem sehr viele sehr bedauerliche Dinge passiert sind, allerdings kein V-Mann vom Berliner Verfassungsschutz beteiligt war.
Auch wird der falsche Eindruck erweckt, dass mit dem Geld für V-Leute extremistische Strukturen in Berlin erst hätten entstehen können. Dabei müssten die Grünen eigentlich wissen, dass die Bezahlung der V-Leute in Berlin so gering ist, dass sich daraus keine Strukturen finanzieren lassen, zumal es auch V-Leute gibt, und zwar gar nicht so wenige, die aus nicht finanziellen Gründen beim Verfassungsschutz Informationen abliefern.
Die Begründung ist auch hinsichtlich der angeblich fehlenden Unterrichtung über den Einsatz von V-Leuten
durch die Senatsinnenverwaltung falsch. Der Verfassungsschutzausschuss wird über die Erkenntnisse von VLeuten sowohl abstrakt als auch konkret unterrichtet, allerdings zugegebenermaßen meistens in nichtöffentlichen oder geheimen Sitzungen. Trotzdem lassen sich manche dieser Erkenntnisse danach in den Zeitungen nachlesen.
Hinzu kommt, dass die Berliner Vorschriften für die Gewinnung und Führung von V-Leuten sehr viel restriktiver sind als die Vorschriften in anderen Bundesländern oder im Bund. Auch nach Reformen des Verfassungsschutzes aufgrund der Erfahrungen aus dem NSUSkandal sind die Regelungen auf Bundesebene im Bereich der V-Leute immer noch nicht so restriktiv wie in Berlin.
Die Grünen konnten sich übrigens mit ihrer Forderung nach Abschaffung von V-Leuten nicht einmal in Thüringen durchsetzen, wo sie in Regierungsverantwortung sind.
Es steht zwar in ihrem Wahlprogramm, die Abschaffung von V-Leuten beim Verfassungsschutz, allerdings hat es nach Regierungsübernahme nichts dergleichen gegeben.
Nach heftiger Kritik der Sicherheitsbehörden anderer Bundesländer und des Bundes wird es auch weiterhin VLeute beim Verfassungsschutz in Thüringen geben.
Richtigerweise sind die V-Leute nicht immer vertrauenswürdig. Das ist zutreffend. Deshalb verlässt sich der Verfassungsschutz – auch das dürfte bekannt sein – nicht auf Aussagen von V-Personen, sondern prüft diese immer durch andere nachrichtendienstliche Mittel gegen. Aber ein vollständiges Bild ergibt sich häufig nur durch die zusätzlichen Informationen der V-Leute.
Der Antrag der Grünen vermittelt den Eindruck, als ob der Verfassungsschutz eine Armee an V-Leuten führe. Dabei müssten die Grünen aus den Berichten im Verfassungsschutzausschuss wissen, dass V-Leute lediglich in einer sehr geringen Anzahl vom Verfassungsschutz geführt werden. Im Übrigen würde ich gern verstehen, warum Sie beim Verfassungsschutz die V-Leute abschaffen wollen, beim Staatsschutz des LKA aber offenbar nicht.
Auch aus Sicht der Grünen geht es wohl doch nicht ganz ohne V-Leute. Trotz der schlimmen Erfahrungen aus dem NSU-Skandal bleibt der punktuelle rechtsstaatliche Einsatz von V-Leuten nach Ansicht der CDU-Fraktion auch weiterhin gerechtfertigt und notwendig. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Kollegin Seibeld! – Für die Piratenfraktion spricht jetzt der Kollege Pavel Mayer. – Bitte sehr!
Vielen Dank, sehr geehrter Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Es geht heute mal wieder um V-Personen, die nach dem Willen der Grünen nicht mehr vom Verfassungsschutz eingesetzt werden dürfen. Ja, V-Leute sind ein Problem, sie passen einfach vom Prinzip ganz schlecht in eine freiheitlich-demokratische Grundordnung.
Entschuldigung, Herr Kollege Mayer! – Meine Herrschaften! Dort hinten haben sich Grüppchen gebildet. Wenn Sie einen Diskussionsaustausch haben, hören Sie entweder zu oder gehen Sie raus, bitte!
Ja! Meine Zeit ist weitergelaufen, aber egal. – V-Leute sind ein Problem, sie stehen im Widerspruch zu zentralen Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Gerade das eine Prinzip, nämlich die Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung, ist zwangsläufig in dem Bereich aufgrund der Geheimhaltung weitgehend ausgehebelt. Wenn es um V-Leute geht, ist das Parlament weitgehend außen vor. Ich gehe darauf gleich noch ein bisschen genauer ein. Insbesondere stellt sich das Problem der Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz, wenn V-Leute fast zwangsläufig Straftaten begehen müssen und dabei vom Staat geschützt werden. Da haben wir ein prinzipielles Problem.
Hinzu kommen die bekannten Probleme bei der beschäftigungsrechtlichen Einordnung von V-Leuten: freie Mitarbeiter, aber weisungsgebunden, haftungsrechtlich wie Beamte, personalrechtlich keine Dienstkräfte, Amtsträger umstritten, rechtliches Minenfeld, von den Steuern und Sozialabgaben für V-Leute mal ganz abgesehen.
Das Ganze ist auch keine Theorie. Das sorgt auch beim Verfassungsschutz und bei den deutschen Sicherheitsbehörden für viele Probleme, weil in der Vergangenheit deutsche Staatsanwälte und Gerichte zunehmend dazu neigten, nicht nur an Straftaten beteiligte V-Leute zu