Protocol of the Session on May 28, 2015

Gegen diese Menschen und ihr menschenverachtendes Treiben hilft es nichts, selbst auf den Gebrauch des Wortes „Rasse“ konsequent zu verzichten und es durch andere Begriffe wie beispielsweise „ethnische Herkunft“ zu ersetzen.

Weiter zitiere ich den Kollegen Montag aus seiner Pressemitteilung:

(Dr. Susanna Kahlefeld)

So gut gemeint der Ansatz der Linken ist, sich von jeglichen Rasseideologien in Bezug auf Menschen zu verabschieden und in Zukunft nicht mehr von Rassen in Bezug auf Menschen zu sprechen, so falsch und kontraproduktiv scheint uns der Ansatz, in allen Völkerrechtsverträgen im europäischen Recht und im Grundgesetz das Wort „Rasse“ zu streichen und durch „ethnische, soziale und territoriale Herkunft“ zu ersetzen. … Einem solchen Antrag werden wir nicht zustimmen.

[Dr. Simon Weiß (PIRATEN): Haben wir auch nicht gemacht!]

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, es bleibt ein schlechtes Gefühl bei der Ablehnung dieses Antrags. Wir stimmen hier aber nicht über Gefühle, sondern über die Änderung der Verfassung ab. Da sollte sowohl juristisch als auch wissenschaftlich ein Vorschlag vorgelegt werden, der überzeugt. Dies war hier nicht der Fall. Deshalb werden wir dem Antrag nicht zustimmen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank Herr Kollege Kohlmeier! – Der Kollegin Dr. Kahlefeld erteile ich jetzt das Wort für eine Kurzintervention, auf die dann der Kollege Kohlmeier replizieren kann. – Bitte schön

Zunächst zum Begriff „rassisch“ und „rassistisch“: Die Intention der Verfassung ist, dass niemand aufgrund seiner „Rasse“ diskriminiert werden darf. Und genau das ist im Begriff „rassistisch“ ausgedrückt und nicht in dem Begriff „rassisch“. Man muss das Ganze im Kontext lesen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Dass 14 Bundesländer bisher keine Änderung vorgenommen haben, ist genau das, was der UNAntirassismus-Ausschuss uns vorwirft, dass wir da zurückstehen. Ich hätte mir gewünscht, dass wir in Berlin einen Schritt weitergehen und den Empfehlung des UNAntirassismus-Ausschusses folgen.

Zur Anhörung: Herr Barskanmaz hat festgestellt, dass der Ersatz des Begriffs „Rasse“ den Rassismus nicht beseitigt. Da hat er vollkommen recht. Da sind wir uns ganz einig. Er stellt sich damit aber ganz explizit gegen die Haltung des UN-Antirassismus-Ausschusses, dem wir folgen, dass eine falsche Begrifflichkeit, eine unklare oder überholte Folgen auf die Rechtsprechung hat. Das blendet er in seiner Stellungnahme vollkommen aus. Da gibt es tatsächlich einen Dissens zwischen ihm und uns. Wir folgen der Stellungnahme des UN-AntirassismusAusschusses.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Danke schön! – Herr Kollege Kohlmeier! Möchten Sie erwidern? – Nein. Dann erteile ich jetzt dem Kollegen Dr. Lederer für die Linksfraktion das Wort. – Bitte sehr!

Vielen Dank! – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist jetzt ein gutes Jahr her, dass wir in erster Lesung den Änderungsantrag bzw. den Vorschlag zur Änderung der Landesverfassung von Grünen und Piraten diskutiert haben, den Begriff „Rasse“ aus der Verfassung zu streichen und das Diskriminierungsverbot in Artikel 10 Abs. 2 der Verfassung neu zu fassen. Damals ist hier in der Debatte Offenheit vonseiten aller Fraktion signalisiert worden, zumal andere Bundesländer hier vorangegangen sind. Es trifft nicht zu, dass 14 Bundesländer alles beim Alten gelassen hätten. Dass wir immer nur über Brandenburg reden, bedeutet nicht, dass in anderen Bundesländern nicht auch Veränderungen vorgenommen worden sind, in Thüringen beispielsweise. Das sei nur nebenbei erwähnt. In Brandenburg war es so, dass im November 2013 der Landtag eine solche Änderung der Landesverfassung verabschiedet hat.

Aus unserer Sicht gab es in der ersten Lesung aber auch ein paar offene Fragen. So habe ich damals für unsere Fraktion deutlich gemacht, dass wir das Anliegen des Antrags teilen; denn die Verwendung des Begriffs „Rasse“ lässt Ideologie und Denkkategorien als akzeptabel erscheinen, die die Existenz menschlicher Rassen betonen. Das – da kann kein Zweifel bestehen – kann rassistischem Denken Vorschub leisten. Deshalb ist eine solche Klarstellung auch richtig und wichtig, auch wenn die symbolische Wirkung sicher höher als der tatsächlich geänderte Regelungsgehalt ist.

Ich will aber auf die Senatsstellungnahme verweisen, in der steht, dass sich der Senat auch offen für eine Veränderung zeigt, Hauptsache, der Regelungsgehalt wird nicht eingeschränkt. Darin sind wir uns mit Sicherheit alle einig.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Wir hatten zum Ursprungsantrag als Linksfraktion rechtssystematisch tatbestandsbezogene Einwände vorgebracht. Wir haben gesagt, dass es in der ganzen Norm objektive Tatbestandsmerkmale in Artikel 10 Abs. 2 gibt, die beibehalten werden sollten. Im Ursprungsantrag war das so nicht der Fall, weil die Ursprungsformulierung tatsächlich auf subjektive, also die Motivlagen des Handelnden abgestellt haben. Dazu haben wir gesagt, dass das nicht sein kann. Es hat aber die Anhörung gegeben. Darüber ist schon viel gesagt worden. Wir haben sie auch ausge

(Sven Kohlmeier)

wertet. Im Ergebnis gibt es einen veränderten Antrag, der die Einwände aufgenommen hat. Ich finde es gut, weil deutlich ist, dass die Beschäftigung mit dem Vorgang im Rechtsausschuss zu einer Veränderung geführt hat. Sie hat dazu geführt, dass die Aspekte berücksichtigt worden sind. Deshalb liegt hier heute auch ein Antrag von drei Fraktionen vor und nicht mehr nur von zwei wie beim Ursprungsantrag.

Ich habe keine Illusion. Die Ausschussablehnung ist erfolgt. Es wird hier heute nicht anders ausgehen. Der Kollege Kohlmeier hat es auch schon gesagt. Ich finde, dass es eine verpasste Chance ist. Ich glaube, es wäre unproblematisch gewesen. Es wäre aber vor allem ein Signal für die vielen Menschen gewesen, die es selbst als durchaus beeinträchtigend oder diskriminierend empfinden, dass in einer Verfassung unseres Landes immer noch von „Rasse“ die Rede ist. Die Anhörung im Rechtsausschuss hat auch deutlich gemacht, dass es richtig gewesen wäre. Nun ist es, wie es ist. Ich habe die Hoffnung, dass es hier heute keine sang- und klanglose Beerdigung des an sich richtigen Anliegens ist, sondern dass es noch einmal aufgegriffen wird. Es sollte doch auch in Berlin möglich sein, was in Brandenburg funktioniert hat.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Das wird nun vermutlich in dieser Legislaturperiode nichts mehr, deckt sich aber ein wenig mit der Bewegung in den anderen Themenfeldern, nämlich dem Stillstand. Es wird bis zur Wahl einfach nichts mehr passieren. Ich hoffe aber, dass es dann vielleicht doch noch einmal aufgegriffen werden kann. Was ich hier in der ersten Lesung des Antrags auch angemerkt habe, ist, dass es im Diskriminierungsverbot des Artikel 10 Abs. 2 Tatbestände gibt, die das Alter oder die Behinderung von anderen Menschen betreffen, die aber bislang in unserer Landesverfassung noch keine Berücksichtigung gefunden haben. Ich hoffe, dass wir beim zweiten Anlauf zu einem besseren Ergebnis kommen werden, als es jetzt bedauerlicherweise der Fall ist. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Danke schön! – Die CDU-Fraktion hat die Kollegen Seibeld als Rednerin benannt, und ich erteile ihr das Wort. – Bitte!

Meine Damen und Herren! Kollege Dr. Lederer! Wir können, was das Thema angeht, sehr gerne im Gespräch bleiben. Ich glaube auch, dass es keinen Dissens zwischen allen Fraktionen gibt, dass die Formulierung „Rasse“ nicht glücklich ist, und dass wir uns einig sind, dass eine andere Formulierung besser wäre. Allein, es bleibt,

dass die Anhörung nicht ergeben hat, wie die Formulierung sein könnte. Thüringen hat in der Tat seine Verfassung in „ethnische Zugehörigkeit“ geändert. Dazu hat mindestens einer der Anzuhörenden im Rechtsausschuss gesagt, dass das eine Einschränkung des Schutzbereiches wäre und man im Übrigen, wenn man Rassismus meine, auch Rassismus sagen müsse, weswegen Ethnie kein geeignetes Synonym wäre, das man an dieser Stelle einsetzen könnte.

Einer der Anzuhörenden hat gesagt, „rassistisch“ wäre die richtige Formulierung. Der zweite hat gesagt, „rassistische Gründe“ wäre die richtige Formulierung, und der dritte hat gesagt, „Diskriminierung aufgrund der Rasse“ wäre eine gute Formulierung.

[Unruhe]

Meine Herrschaften! Ich bitte um etwas Ruhe und darum, der Rednerin, bitte, zu folgen. Es geht um eine ernste Sache. – Bitte schön!

Bei vier Anzuhörenden und drei Formulierungsvorschlägen finde ich, dass es nicht ganz einfach ist zu entscheiden, wie die glücklichste, beste sprachliche Regelung ist. Wir ändern nicht irgendeine Verordnung oder irgendein Gesetz, sondern die Verfassung eines Bundeslandes. Da finde ich, dass man sich auch sprachlich, grammatikalisch und was den Schutzbereich angeht, gründlich Gedanken darüber machen sollte. Nichtsdestotrotz bin ich und ist auch meine Fraktion nach wie vor offen dafür, das Thema weiter zu erörtern und darüber nachzudenken, ob sich eine Formulierung findet, mit der sich alle Fraktionen und auch die Sachverständigen abfinden können.

Lieber Kollege Lederer! Sie haben den Eindruck erweckt, es gäbe noch ganz viele Bundesländer. Es gibt genau Brandenburg und Thüringen, alle anderen haben inklusive des Grundgesetzes das Wort „Rasse“ in dem entsprechenden Artikel stehen oder verweisen auf den Gleichheitssatz des Grundgesetzes, in dem „Rasse“ steht. Das wird nicht daran liegen, dass allen anderen Bundesländern in Deutschland nicht aufgefallen ist, dass die Formulierung „Rasse“, vorsichtig ausgedrückt, möglicherweise sehr unglücklich und längst überholt ist, sondern an demselben Problem, vor dem wir gestanden haben: Es fehlt schlicht die Entscheidung oder die Frage, was tatsächlich als geeigneter Begriff zu nehmen wäre, der gleichzeitig den Schutzbereich nicht einschränkt und nicht zu einer Veränderung der Rechtsprechung führt; denn das ist, glaube ich, das Letzte, was wir wollen, dass sich an der Stelle tatsächlich die Rechtsprechung verändern bzw. negativ verändern würde.

(Dr. Klaus Lederer)

Wir bleiben also bei unserer momentanen Entscheidung, nicht weil wir die Formulierung „Rasse“ glücklich finden, sondern weil wir nach der Anhörung zu dem Ergebnis gekommen sind, dass es keinen übereinstimmenden glücklicheren, besseren, juristisch passenderen Begriff gibt. Ein Verschlimmbessern der Verfassung beseitigt das Problem, glaube ich, nicht, sondern macht es eher schlechter als besser. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Sven Kohlmeier (SPD)]

Danke schön, Kollegin Seibeld! – Für die Piraten spricht jetzt Dr. Weiß. – Bitte sehr!

Vielen Dank! – Meine Damen und Herren! Da ein paar Mal in der Diskussion schon das Wort „symbolisch“ gefallen ist, ist jetzt vielleicht die Zeit, mal kurz eine Lanze für die symbolische Politik oder die Symbolik in der Politik zu brechen. Wir sind gerade an einer Stelle der Landesverfassung beim Diskriminierungsverbot im Bereich Grundrechte und Staatsziele, da findet man viele schöne Dinge wie die Würde des Menschen, Grundrechte wie die Meinungsfreiheit, die Bekenntnisfreiheit, die Versammlungsfreiheit, das Recht auf Bildung usw., ich könnte jetzt alle aufzählen. Sie sind, zumindest an der Stelle, wo sie nicht weitergehend sind als die entsprechenden Vorschriften im Grundgesetz, auch vor allem symbolischer Natur. Sie stehen aus gutem Grund am Anfang unserer Landesverfassung und bekräftigen noch mal, welche Grundrechte und Grundwerte es sind, die die restliche Verfassung, die Gesetzgebung und auch – so sollte man es sich wünschen – die Ausübung der staatlichen Gewalt binden und prägen sollen.

Die Entscheidung zu symbolischer Politik ist an der Stelle also schon gefallen. Wir befinden uns hier auch zu einem gewissen Grad im Raum der symbolischen Politik. So wie es ein Stück symbolischer Politik, ein Stück Symbol ist, einen solchen Antrag zu stellen, so ist eben auch die Ablehnung eines solchen Antrags ein symbolischer Akt. Das ist jetzt einfach mal als Tatsache festzustellen.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Wenn man aber einen solchen Abschnitt in der Verfassung hat, dann muss man sich auch darüber unterhalten, ob die Formulierungen, die dort gewählt sind, vollständig, ausreichend oder einfach überhaupt nicht mehr passend sind. Es wurde schon gesagt, dass Einigkeit besteht, dass die Formulierung, so wie sie an der Stelle in unserer Landesverfassung ist, nicht angemessen ist, wenn dort von „Rasse“ die Rede ist. Weder ist Rassismus die Ungleichbehandlung von Menschen mit einer anderen Rasse

oder von irgendwelchen anderen Menschen – Menschenrassen gibt es nicht, das ist zum Glück unstrittig –, noch wäre es sachgerecht, Rassismus und rassistische Diskriminierung auf die Fälle zu reduzieren, wo Menschen einer solchen Rassentheorie anhängen. Also ist auch diese Lesart nicht die richtige. Es muss eine bessere Formulierung her.

Damit haben wir uns in der Anhörung differenziert auseinandergesetzt. Es fällt jetzt das Argument, es habe verschiedene Meinungen gegeben. Ich verstehe die Argumente – wir haben sie am Ende auch mit dem Änderungsantrag geteilt –, die dagegensprechen, „aus rassistischen Gründen“ zu schreiben. Ich verstehe auch die Argumente, die dagegensprechen – sie sind auch noch mal wiederholt worden; zumindest die Conclusio ist wiederholt worden –, die dagegensprechen, „ethnische Herkunft“ oder „Ethnie“ zu schreiben. Ich würde aber gerne mal die konkreten Argumente hören, die dagegensprechen, „rassistische“ zu schreiben, wie wir es am Ende vorgeschlagen haben.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Dass andere Anzuhörende einen anderen Formulierungsvorschlag besser gefunden hätten, ist nicht das Argument dagegen. Und das Argument, dass es rein symbolisch ist, ist auch kein Argument dagegen, denn wenn es Ihnen wirklich darum ginge, dass es nur rein symbolisch ist, dann hätten Sie das schon am Anfang klar sagen können, dann wäre klar gewesen, dass da nicht viel zu machen ist.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Unruhe]

Es geht auch nicht nur darum, dass zufälligerweise eine unglückliche Formulierung in der Verfassung steht. Wenn wir die Verfassung mal gründlich durchlesen – –

Herr Kollege Dr. Weiß! Darf ich Sie einen Moment unterbrechen? Da hinten haben sich wieder Gesprächsgruppen gebildet. – Meine Herrschaften! Gehen Sie doch raus, wenn Sie sich austauschen wollen, bitte schön!

[Beifall bei der LINKEN]

Es nicht nur zufälligerweise eine unglückliche Formulierung unserer Verfassung, wie sie vielleicht auch an irgendeiner anderen Stelle findbar wäre, wenn man lange genug guckt, sondern es ist eine Formulierung, die in der Tat für viele betroffene Menschen und auch für die betroffenen Verbände, das wissen wir auch, problematisch ist. Da sollte man meiner Ansicht nach sehr genau zuhören, warum das so ist. Ich denke, das hat durchaus

(Cornelia Seibeld)