Protocol of the Session on May 7, 2015

Ich möchte auch noch mal auf eine Dokumentation verweisen, die die ARD kürzlich ausgestrahlt hat, mit dem Titel „V-Mann-Land“. Hier hat ein ehemaliger V-Mann aus Nordrhein-Westfalen namens Wolfgang Frenz – vielleicht kennen seine Geschichte einige von Ihnen, der war 36 Jahre lang V-Mann des Landesverfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen in der NPD –, deutlich gemacht: Ohne die Gelder des Verfassungsschutzes hätte die Gründung der NPD zumindest in Nordrhein-Westfalen nicht stattfinden können. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, was passiert, wie gefährlich V-Mann-Einsätze sind. Genau deshalb kommen wir, kommt meine Fraktion mit den Erfahrungen aus NSU, alles zugemüllt mit Verfassungsschutz, V-Männern, die haben Geld vom Staat bekommen, damit haben sie rechtsextreme Organisationen aufgebaut. Ich erinnere an Tino Brandt und den Heimatschutz, man muss aber auch Tarif nennen, man kann Kai D. nennen, man kann Toni S. oder Corelli, Piatto nennen, man kann alle möglichen Leute als Beispiele heranziehen, die in diesen Skandal verwickelt sind und Geld erhalten haben und damit rechtsextreme Strukturen überhaupt erst aufbauen oder stärken konnten. Aber die NSUMordserie ist nicht aufgedeckt worden, sie ist nicht verhindert worden, sie ist nicht unterbrochen worden. Wie viele Beweise braucht es denn noch, dass V-Männer im Bereich Verfassungsschutz nun wirklich ein unnützes Mittel sind und man von einem V-Mann-Unwesen sprechen muss und man das unterbinden muss?

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Die aktuelle Debatte um das Verbot der NPD zeigt doch, wie gefährlich V-Leute sind, weil das den Eindruck erweckt, dass der Quellenschutz immer noch über der Frage

(Tom Schreiber)

steht, ein erfolgreiches NPD-Verbotsverfahren durchzuführen. Das kann doch nun wirklich nicht sein!

Anders – hier möchte ich das auch noch mal deutlich betonen – sehen wir, da muss man das auch differenzierter betrachten, die Frage des Einsatzes von Vertrauenspersonen bei der Polizei.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lenz, Frau Kollegin?

Ja, bitte!

Bitte sehr!

Die ist jetzt gar nicht mehr rechtzeitig zugelassen worden, denn Sie kommen jetzt zu dem Punkt, der mich interessiert: Hatten Sie mittlerweile Gelegenheit, intern zu klären, wie Sie in der V-Mann-Frage stehen?

Aber Sie dürfen gerne antworten!

Sehr geehrter Herr Kollege Lenz! Das mussten wir gar nicht klären, weil wir da eine sehr klare Position haben. Wenn Sie unsere Anträge und unser Abstimmungsverhalten verfolgen würden, dann wüssten Sie das auch. Wir haben die klare Position: V-Männer beim Verfassungsschutz nicht einsetzen! V-Männer beim Verfassungsschutz abschaffen! Sie sind ja selbst mit mir im Verfassungsschutzausschuss. Da frage ich Sie: Wo haben wir denn mal eine vernünftige Evaluation des V-MannWesens beim Verfassungsschutz zu Gesicht bekommen, die vom Kollegen Schreiber hier angemahnt oder angesprochen worden ist?

Die Polizei stellt sich wenigstens der Diskussion, sie stellt sich den konkreten Fällen. Sie haben die eine Liste angesprochen, die wir im Bereich OK bekommen haben. Der Verfassungsschutz legt uns eine solche Evaluation in keiner Weise vor, handelt intransparent, und nach NSUSkandalen wurden übrigens nicht nur bundesweit, sondern auch in Berlin einschlägige Akten geschreddert. Dies trägt nicht dazu bei, dass mehr Transparenz ins VMann-Wesen kommt, sondern ganz im Gegenteil wesentlich mehr Intransparenz. Es werden Informationen, Akten vernichtet. Es werden Akten nicht an Untersuchungsausschüsse herausgerückt. Und immer wieder die Frage:

Was treiben da V-Männer vom Verfassungsschutz? – Deshalb ist unsere Position hier ganz klar, Thüringen macht vor, dass es geht: V-Männer beim Verfassungsschutz abschaffen!

Bei der Polizei – hier gelten übrigens auch andere gesetzliche Regeln – sehen wir das differenzierter. Es ist ein Unterschied, wenn die Polizei mit klaren gesetzlichen Regelungen, Straftatbeständen, dieses Mittel einsetzt. Aber auch hier muss man sagen, dass das Mittel nicht unproblematisch ist und dass es klarere Regeln braucht. Hier stellt sich unserer Ansicht nach die Berliner Polizei der Diskussion und dem Reformbedarf. Die Fälle, die von Herrn Taş schon angesprochen worden sind, machen das deutlich. Es ist kein unproblematisches Mittel, auch nicht im OK-Bereich, wenn wir über den Provokateur sprechen.

Es ist für mich ein gewaltiger Unterschied –, wenn wir über den Einsatz von V-Leuten sprechen, ob ich mich mit Staatsfeinden, mit Terroristen gemeinmache und ins Bett gehe, die den Staat, die Demokratie bekämpfen und dafür die Gelder verwenden, die sie vom Staat erhalten, oder ob ich es mit Kriminellen tue. Das ist für mich ein klarer Unterschied. Beim Einsatz von V-Leuten bei der Polizei, insbesondere im OK-Bereich muss ich Ihnen deutlich sagen, sehen wir mehr Transparenz, und weil wir hier klarere gesetzliche Regeln sehen, aber auch noch deutlichere Regelungen schaffen müssen, haben wir eine differenzierte Position. Deshalb werden wir uns bei dem Antrag zu dieser Frage der Linken enthalten. Aber ich betone noch mal: V-Männer beim Verfassungsschutz abschaffen!

Deshalb möchte ich am Schluss betonen: Dreieinhalb Jahre nach dem Bekanntwerden von NSU ist die Aufklärung lange nicht beendet, auch die Konsequenzziehung nicht. Die umfassende Reform der Sicherheitsbehörden kann nur ein wichtiger Bestandteil sein. Insbesondere der konsequente Einsatz gegen Rechtsextremismus, gegen Rassismus, gegen Rassenwahn, gegen Vorurteile, egal wie, wo, ist von zentraler Bedeutung. Wir müssen die Zivilgesellschaft stärken und unterstützen. Über die Reform der Sicherheitsbehörden zu reden, ist nur ein Bestandteil. Aufklärung, Konsequenzziehung NSU ist noch lange nicht vorbei.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Kollegin Herrmann! Bleiben Sie noch eine Sekunde stehen! Während Ihrer Rede hatte sich Kollege Wolf noch eingebucht wegen einer Zwischenfrage.

[Clara Herrmann (GRÜNE): Tut mir leid!]

Das wäre auch eine Endfrage, aber weil er sich so früh eingebucht hatte. – Bitte schön!

(Clara Herrmann)

Für die Fraktion der CDU hält die Rede der Kollege Dr. Juhnke. Ich erteile ihm das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion sieht in dem Instrument der V-Personen ein unverzichtbares Instrumentarium der Erkenntnisgewinnung. Das tun wir nicht alleine, das tut auch der Innensenator, und das tut auch der Generalbundesanwalt, insbesondere auf den Feldern organisierte Kriminalität und Staatsschutzkriminalität. Ich möchte, dass wir Informationen haben über Terrorgruppen. Und ich möchte, dass wir Informationen über Extremisten haben. Dieses Mittel ist gleichwohl umstritten, weil auch die Personen, mit denen man es dort zu tun hat, durchaus umstritten sind. Deswegen ist es wichtig, dass man dieses Mittel richtig anwendet und dass wir auch lernen. Ich glaube, da ist in der Vergangenheit einiges passiert. Wenn man sich nicht ideologisch mit der Frage beschäftigt, dann kommt man zu der Erkenntnis, dass sich der Einsatz von V-Leuten in der Vergangenheit bei der Findung von Straftaten bewährt hat. Die pauschale Diskreditierung unter dem Stichwort NSU hilft da auch nicht weiter und blendet vieles aus. Auch im Phänomenbereich Rechtsextremismus wurden mithilfe von V-Personen Erfolge erzielt. Ich denke etwa an die Verbote rechtsextremer Kameradschaften.

Nun liegt es in der Natur der Sache, dass diese Informationen, die dort gewonnen werden, selten voll umfassend sind, sondern eher für die Umfeldanalyse geeignet sind. Von daher werden diese Informationsmosaikstücke erst zusammengesetzt. Deswegen kann man auch nicht immer sagen, dieser Erfolg sei nun eindeutig auf die Information von V-Personen zurückzuführen, sondern es ist ein Teil der Erkenntnisgewinnung, der klare Nutzen oder eine klare Größenordnung ist immer schwer messbar und auszudrücken. Entscheidend ist aus meiner Sicht auch – das klang schon bei dem einen oder anderen hier an –, dass man den Blick nicht auf die Einzelfälle beim Staatsschutz verengen darf. Das wichtigere und auch viel größere Anwendungsfeld besteht nämlich bei der allgemeinen Kriminalität. Wir haben im Innenausschuss eine lange Liste vorgelegt bekommen, die über Erfolge berichtet hat, die durch Informationen von V-Personen kamen. Der Ausschuss – insbesondere die Opposition – war nicht geduldig genug, diese Liste anzuhören. Das wollte man dort nicht zur Kenntnis nehmen, weil es nicht ins Bild passte und man andere Dinge wichtiger fand.

Deswegen will ich die Gelegenheit nutzen, hier einige der Dinge aufzulisten, die uns vorgelegt wurden, z. B. im Bereich der Einbrüche und der Eigentumskriminalität der Einbruch in das Brücke-Museum 2002, das Aufbrechen von Bankschließfächern 2011, der Bandendiebstahl 2012, bundesweit agierende rumänische Einbrechergruppierungen 2013, Blitzeinbrüche 2014, Manipulation von Geldautomaten. Auch auf dem Feld der Schutzgelderpressung

waren V-Mann-Informationen wichtig, genauso wie bei der Sicherstellung von Falschgeld in hohen sechsstelligen Bereichen, im Bereich des Waffenhandels und von Raubtaten, z. B. Überfälle auf Geldtransporte oder auch der sogenannte Pokerraub, über den in den Medien sehr stark berichtet wurde, wie auch die Sprengung von Geldautomaten. Auch in der Rockerkriminalität, wo man immer sagt, dort herrsche die Omertà und niemand sage etwas, hat es in einzelnen Fällen durch den Einsatz von V-Personen Erfolge gegeben, ebenso bei Entführungs- und Tötungsdelikten. Ich erinnere an das besonders verabscheuungswürdige Verbrechen am Polizeibeamten Uwe Lieschied, das Tötungsdelikt im Jahr 2006.

Von daher glaube ich, dass es absolut falsch wäre, das zu negieren, und dieses Mittel pauschal abzuschaffen, wie es die Linken hier tun wollen. Ich halte das für geradezu gemeingefährlich. Es ist auch nach der Rechtsprechung unserer höchsten Gerichte absolut unumstritten, dass im Grundsatz dieses Mittel eingesetzt wird. Natürlich muss man dafür sorgen, dass entsprechende Verwaltungsvorschriften und polizeiinterne Regelungen einen vernünftigen Umgang mit diesem Instrumentarium erlauben. Ich glaube, dazu ist viel passiert. Ich erinnere auch an die Konsequenzen, die Berlin gezogen hat. Ich erinnere an das Feuerberg-Gutachten oder auch an andere Dinge, die uns Hinweise gegeben haben, was man verbessern kann. In der Vergangenheit ist da schon sehr viel passiert. Wenn wir überlegen, wie der Stand des Einsatzes vor vielleicht noch 15 Jahren war, dann liegen Lichtjahre zwischen damals und heute.

Ich habe auch keine Veranlassung – weil es heute permanent durch die Diskussion wabert – zu bezweifeln, dass im Zuge des NPD-Verbotsverfahrens, von dem wir alle hoffen, dass es erfolgreich ausgehen wird, die Verwaltung die notwendige Staatsferne beachten wird. Das hat der Innensenator auch mehrfach in den entsprechenden Ausschüssen dargestellt. Von daher weiß ich nicht, weshalb Sie das hier immer wieder infrage stellen.

Im Übrigen geht das, was Sie heute fordern, noch weiter als das, was in Thüringen passiert, wo das Land gerade das Pech hat, von einer linken Regierung regiert zu werden, wo sie die V-Leute nur im Verfassungsschutz – und dort auch nur in bestimmten Feldern – abschaffen wollen. Dort gehen sie auch nicht so weit, wie Sie es hier heute verlangen. Sie tun das, weil Sie wissen, dass Sie nicht in der Verantwortung sind. Sie können hier viel fordern. Es wird Gott sei Dank nicht umgesetzt, weil es hier eine klare Mehrheit gibt, die das ablehnt.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Ihre Kanzlerin spitzelt für den NSA! Das muss man mal festhalten!]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Zillich?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage. Ich bin auch gleich am Ende mit meinen Ausführungen.

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Könnten Sie Herrn Lux bitten, hier nicht weiter herumzuschreien? – Ich weiß, es fällt Ihnen schwer, sich zu benehmen, aber heute muss es einmal sein. Wir sind hier nicht auf der Vollversammlung der Grünen, sondern im Parlament.

[Beifall bei der CDU – Benedikt Lux (GRÜNE): Herzlich willkommen!]

Ich sehe in dieser Initiative der Linkspartei, die im Übrigen immer wieder Probleme hat, sich vom Extremismus abzugrenzen,

[Uwe Doering (LINKE): Ich grenze mich ab!]

wieder einen weitere Versuch, die Sicherheitsbehörden vollständig ihrer Eingriffsmittel zu berauben. Dazu sehe ich keine Veranlassung. Aus diesem Grund werden wir die Anträge ablehnen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Benedikt Lux (GRÜNE): In welcher Sangesbruder- schaft war der denn? – Heiko Melzer (CDU): Hör doch mal auf mit deinen sinnfreien Sprüchen!]

Danke schön! – Für die Piratenfraktion erteile ich jetzt das Wort dem Kollegen Höfinghoff. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu den Ausführungen meiner Vorredner aus der Koalition möchte ich kurz mit einem Zitat von Theodor W. Adorno eingehen. Er sagte:

Ein Deutscher ist ein Mensch, der keine Lüge aussprechen kann, ohne sie selbst zu glauben.

Mit diesem Zitat möchte ich explizit auch eine Aussage zur Aufarbeitung deutscher Geschichte treffen. Deutschland, wo es 70 Jahre Tradition hat, Böcke zu Gärtnern zu machen, wo ab 1945 niemand Nazi gewesen sein will, wo alle im Geiste Widerstand geleistet haben wollen! Deutschland, wo der erste Bundeskanzler nach dem Krieg sagte:

Man schüttet kein dreckiges Wasser aus, wenn man kein reines hat.

Deutschland, wo 70 Jahre nach Kriegsende das Wort Entnazifizierung nicht ohne Bitterkeit ausgesprochen werden kann! Denn was Adenauer nicht beachten wollte oder konnte, ist die Tatsache, dass schmutziges Wasser das neu hinzukommende immer wieder verunreinigt.

So scheint es nur logisch, dass in deutschen Behörden weiterhin nach dem Motto gearbeitet wird „Rechts ist gefährlich, aber der Feind steht links“. Sämtliche Verfassungsschutzbehörden und Kriminalämter in Bund und Ländern – und ja, Berlin steht mittendrin im NSUKomplex – haben bei der NSU-Mordserie nicht genau hin- oder sogar aktiv weggesehen. Sie haben auf einer Vertraulichkeitsebene mit Nazis als V-Personen gearbeitet, dass man sogar teilweise Sympathie vermuten muss. Die Forderungen, die aus Teilen der SPD und der gesamten CDU immer wieder laut werden, wir mögen doch bitte Polizei, Verfassungsschutz und Innensenator vertrauen, dass dort die richtigen Konsequenzen gezogen werden, klingen wie reiner Hohn in den Ohren von Angehörigen der Opfer der NSU-Terrorzelle. Vertrauen in die Ermittlungsbehörden hat dazu geführt, dass VS und Kriminalämter dicht genug an mehreren Mordschauplätzen vor Ort waren, um diese verhindern zu können, und es unterlassen haben. Wir sollen nach vielfältigen Beweisen für die Unfähigkeit und den Unwillen dieser Behörden, Nazistrukturen nachhaltig zu zerschlagen, so viel Vertrauen haben, dass wir sie mit neuen und weitreichenderen Befugnissen ausstatten sollen.

Im Bund drückt die große Koalition ein Gesetz durch, das es V-Personen erlauben soll, ungestraft Straftaten bis hin zur schweren Körperverletzung zu begehen. Und bei den vielen Datenbanken, die jetzt von Polizei und Geheimdiensten gemeinsam betrieben werden, sieht von den rotschwarzen Entscheiderinnen und Entscheidern niemand das trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten in Gefahr. Und zu guter Letzt sollen wir nach einem gescheiterten NPD-Verbotsverfahren darauf vertrauen, dass diesmal Innenminister und Senatoren dafür sorgen, dass alle V-Leute abgeschaltet wurden, die dieses neue Verbotsverfahren gefährden könnten. Wir sollen darauf vertrauen, dass es keine V-Leute mehr in Entscheidungspositionen der NPD gibt, die den Kurs der Partei mitbestimmen oder an Straftaten beteiligt sind oder waren.

Ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Woher soll dieses Vertrauen kommen? Was waren die vertrauensbildenden Maßnahmen aus der Berliner Innensenatsverwaltung? Der Innensenator selbst, der immer dann dem Fachausschuss fernblieb, wenn gerade ein neuer V-Mann-Skandal öffentlich wurde, das Schweigen im Walde auf die Frage, wie viele V-Personen abgeschaltet wurden, die Respektlosigkeiten des Innensenators gegenüber Menschen, die sich tagtäglich Nazis in den Weg stellen, oder die fortgesetzte Kriminalisierung von Antifaschistinnen und Antifaschisten – nichts von all dem ist dazu geeignet, uns glauben zu machen, irgendjemand in der Innenverwaltung oder den Sicherheitsbehörden hätte die strukturellen Gründe dafür verstanden, dass nämlich der Staat auf dem rechten Auge viel zu oft blind ist.

Nicht einmal in der gesamten Opposition scheint diese Erkenntnis komplett angekommen zu sein. Mir erschließt

es sich immer noch nicht, Kollegin Herrmann, warum die Grünen zwar V-Personen im Verfassungsschutz abschaffen, im polizeilichen Staatsschutz aber alles beim Alten lassen wollen. Die Abschaffung des gesamten V-Personen-Wesens beseitigt zwar nicht alle Probleme und führt auch nicht dazu, dass es in Deutschland keine Nazis mehr gibt, sie trägt aber dazu bei, diesen Sumpf auszutrocknen, und zwar erheblich. Viele andere Ursachen für Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Homo- und Transfeindlichkeit müssen wir gemeinsam auf allen möglichen Feldern und Ebenen bekämpfen.