Wir wissen heute noch nicht im Detail – das ist für uns in Berlin wichtig –, in welchem Umfang unsere Berliner Energieinfrastruktur hiervon berührt werden wird. Stichwort Dezentralisierung: Wenn demnächst jeder Häuslebauer im Baumarkt seine autarke Stromversorgung zusammenkaufen kann – was bedeutet das eigentlich für das Stromnetz?
Wie viel ist das Stromnetz noch wert? Wie kann man es betreiben? Brauchen wir das Stromnetz dann überhaupt noch langfristig?
Vor diesem Hintergrund ist das Ergebnis der Klausurtagung des Berliner Senats zur Energiepolitik ein guter, ein vertretbarer Kompromiss. Wir als CDU-Fraktion waren immer der Meinung, dass Kooperation besser ist als Konfrontation. Angesichts der energiepolitischen Herausforderungen, die mit erheblichen, auch betriebswirtschaftlichen und damit auch finanziellen, Risiken verbunden sind, kommen wir an der Kooperation mit privatwirtschaftlichen Partnern nicht vorbei,
die das entsprechende fachliche Know-how mitbringen und auch das entsprechende Kapital, liebe Frau Kosche, das wir hier in Berlin, das wissen Sie, nicht haben.
Herr Kollege Dr. Garmer! Darf ich Sie fragen: Wie verstehen Sie den Satz aus dem Senatsbeschluss zu Stromnetz und GASAG – ich zitiere –:
Ist das so zu verstehen, dass auch eine 100-ProzentÜbernahme von GASAG oder Stromnetz durch den Senat geplant ist oder infrage kommt? Ist das aus Ihrer Sicht von dem Beschluss gedeckt?
Unser Ziel ist, mit einem privatwirtschaftlichen Partner zu kooperieren, der fachliches Know-how mit reinbringt, der Kapital mit reinbringt. In welcher Form das stattfinden wird – ich lasse mich jetzt nicht auf Prozentwerte festlegen, die Verhandlungen werden sicherlich vertraulich geführt. In welcher Form das dann passieren wird, wird das Ergebnis der Verhandlungen zeigen. Es ist jetzt zu früh, über Prozentwerte zu sprechen.
Von Vorteil ist auch – das sage ich ganz offen –, dass bei den anstehenden Verhandlungen nicht nur die finanzpolitische Kompetenz des Senats in Gestalt des zuständigen Senators anwesend sein wird, sondern dass auch die wirtschaftspolitische und energiepolitische Kompetenz des Senats in Gestalt der Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer dabei sein und sich einbringen wird. Denn die anstehenden Verhandlungen werden nicht einfach sein, ich glaube, in dem Punkt sind wir uns einig. Wenn jemand kaufen will, dann muss es auch jemanden geben, der verkaufen will. Ich habe aber durch entsprechende Signale aus Gesprächen mit den Anteilseignern den Eindruck gewonnen, dass es durchaus die Bereitschaft für eine Kooperation mit dem Land Berlin gibt, in welcher Form auch immer.
Denn auch bei den privaten Anteilseignern ist natürlich das Verständnis dafür vorhanden, dass nur kluge ener
giepolitische Randbedingungen dafür sorgen werden, dass wir die Energiewende erfolgreich gestalten können. Das heißt, dass Staat und Privatwirtschaft hier aufeinander angewiesen sind. Ohne geht es nicht.
Kommen wir nun zu den vorliegenden Anträgen, kommen wir zum Thema Berliner Energieagentur und zum Thema Stadtwerk! Die Energieagentur ist ein Gemeinschaftsunternehmen zwischen dem Land Berlin und den Anteilseignern, den privaten Partnern, mit denen jetzt Verhandlungen aufgenommen werden. Ich bin sicher, dass wir es schaffen, dass wir in diesen Verhandlungen auch ein Ergebnis dafür bekommen, wie die Berliner Energieagentur ihre bisherige erfolgreiche Arbeit fortsetzen kann, in welcher Form, in welcher möglichen neuen Konstellation auch immer. Ähnliches gilt auch für die beginnenden Aktivitäten, die unter dem Rubrum Stadtwerk laufen.
Die nun anstehenden Entscheidungen in der Energiepolitik werden noch nicht die Lösungen aller Probleme sein. Dafür sind die Themen zu komplex. Aber die Koalition aus SPD und CDU wird mit der Neuaufstellung der energiepolitischen Akteure in Berlin gemeinsam mit den privatwirtschaftlichen Partnern die Voraussetzungen dafür schaffen, die anstehenden Herausforderungen zu meistern. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank! – Herr Präsident! Werte Kollegen! Werte Gäste! Ich hatte schon vermutet, dass es heute weniger um die Anträge als wieder um eine etwas allgemeinere energiepolitische Debatte gehen wird. Ich werde aber trotzdem kurz etwas zu den Anträgen sagen.
Der Appell an Vattenfall und GASAG, Anteile an der Berliner Energieagentur zu veräußern, ist ein bisschen kurz gedacht. Warum appellieren wir nicht gleich an die beiden, sich aus der Netzvergabe zurückzuziehen und uns die Anteile an den Netzen so zu geben? Das hätte wahrscheinlich genau die gleiche Erfolgsaussicht.
Der Antrag zum grünen Klimastadtwerk hat sich im Prinzip auch schon überholt, aber ich finde es ganz in Ordnung, dass wir die Anträge jetzt hier haben, um vor allem darüber zu diskutieren, wohin es jetzt geht.
Da haben wir jetzt die Senatseinigung, die offensichtlich sehr unterschiedlich interpretiert wird. Was aber klar zu sein scheint, ist, dass der Senat jetzt einen Kompromiss
kurs einschlagen möchte, was wir – um das vorab zu sagen – eher als problematisch bewerten; denn es gibt eigentlich kein gutes Vorbild bei anderen Public-PrivatePartnerships oder gemischten öffentlich-privaten Beteiligungsunternehmen in der Größenordnung, wie es für das Land wirklich vorteilhaft wäre. Ob daraus etwas werden wird, ist zweifelhaft. Insofern war uns die Alles-odernichts-Politik, die vorher gefahren wurde, doch sympathischer. Liest man die Presseerklärung des Senats genau, so ist nach unserem Verständnis in der Tat nicht ausgeschlossen, vollständig zu rekommunalisieren. Allerdings ist der Gesamteindruck dieses Papiers eher so, dass das Ganze einen Punktsieg für die CDU darstellt.
Vielen Dank! – Lieber Herr Kollege Mayer! Sie sagten gerade, es gebe keine guten Beispiele für Kooperationen zwischen privaten und öffentlichen Stellen beim Betrieb von Netzen. Kennen Sie den Vertrag, den der Erste Bürgermeister der Freien Hansestadt Hamburg, Olaf Scholz, vor einiger Zeit abgeschlossen hat, mit einem Anteil von – ich meine – 25 Prozent und weitgehenden Rechten bei minimalem Risiko?
Mir ist die Existenz dieses Vertrags in der Tat bekannt. Wobei das Ganze in Hamburg eher ein Einstieg in eine Komplettrekommunalisierung war. Insofern besteht durchaus noch Hoffnung, wenn man hier in Berlin erst einmal teilweise einsteigt, dass man irgendwann eines Tages doch vollständig rekommunalisieren wird. Ich halte das aber für keinen langfristig stabilen oder erstrebenswerten Zustand. Wir haben es bei den Wasserbetrieben erlebt. Es gibt deutliche Zweifel daran, dass die öffentliche Hand in der Lage ist, sich gegenüber den privaten Eigentümern wirklich mit ihren Interessen gut durchzusetzen.
Jetzt zurück zu der Presseerklärung des Senats: Der Kompromiss sieht für die Verhandler eine ganze Reihe von Einschränkungen vor. Interessant ist auch, dass wir
jetzt zwei Verhandler haben, die dann umsetzen sollen: keine Beteiligung an zentraler überregionaler Energieerzeugung, Handel, Vertrieb, Erzeugerkapazitäten, keine Beteiligung am Fernwärmenetz. – Eigentlich darf es auch nichts kosten, steht da drin. Ehrlich gesagt, mit so einem Verhandlungsmandat würde ich persönlich sehr ungern losziehen, um Anteile zu erwerben. Ich bin gespannt, wohin das Ganze führen wird.
Dass es jetzt zumindest eine Richtung gibt, das ist erfreulich, weil so wenigstens irgendetwas passieren wird. Große Hoffnungen, dass das Ganze am Ende für das Land Berlin gut ausgehen wird, habe ich nicht. Ich kann nur noch einmal wiederholen: Uns war die Alles-odernichts-Variante tatsächlich lieber, weil man entweder ein landeseigenes Unternehmen hat und dann auch die Verantwortung dafür trägt oder man es bei den Privaten lässt.
Abschließend noch zwei Bemerkungen, einmal zu Herrn Schäfer: Sie sagten, Private hätten kein Interesse am Energiesparen. Das kann man nicht so stehenlassen. So einfach ist es nämlich nicht. Da gibt es andere ökonomische Gesetze, sprungfixe Kosten und Ähnliches. Das halte ich sachlich nicht für gerechtfertigt.
Herr Mayer! Sie sagten, es könnte, so wie in Hamburg, wo zu 100 Prozent rekommunalisiert wurde, in Berlin ein Einstieg sein. Wenn man jetzt zum Beispiel E.ON ansieht, die haben heute ihre Hauptversammlung, und den Verschuldungsgrad von E.ON nimmt, weil immer von privatem Kapital die Rede ist, das reinkommt, kann ich nur sagen, die Konzernbilanzstruktur weist per 31. Dezember eine Verschuldung – langfristige Schulden in Höhe von –
63 Milliarden Euro aus, also höher verschuldet als das Land Berlin –, halten Sie es dann wirklich für sinnvoll, das sozusagen als Einstieg mit einem privaten Partner zu sehen, um dann später vor dem Hintergrund, dass da Know-how und Finanzielles vorhanden ist, solch einen Einstieg zu machen?
Was in der Tat richtig ist, wenn man sich die Aktien von Energieversorgungsunternehmen anguckt, also die Kurse, dann kann man sagen: Es geht im Moment keinem Energieversorgungsunternehmen wirklich gut. Insofern ist es richtig, weder bei Vattenfall wird viel Kapital zu holen sein, bei E.ON ist es ähnlich. Es ist halt so, aufgrund der Energiewende und anderer Altlastprobleme – Ausstieg aus der Kernenergie – stehen die Energieversorger einfach grundsätzlich schlechter da. Das muss man auch festhalten. Es könnte natürlich sein, dass aus diesem Grund die Energieversorger gern diese Probleme wieder bei der öffentlichen Hand abladen, weil sich aktuell nicht mehr gut verdienen lässt. Alles oder nichts wäre uns lieber, aber einen Einstieg würde ich jetzt auch nicht ausschließen an der Stelle, sodass das gut enden kann.
Ich glaube, es ist auch schon so ziemlich alles gesagt worden. Die Anträge sind von den Geschehnissen überholt worden. Wir haben sie auch abgelehnt und mehrfach darüber diskutiert.
Entschuldigung, meine Damen und Herren! Es ist wirklich viel Gebrabbel im Saal. Wechselseitiges Zeigen auf den anderen nutzt auch nichts. Selbst aktiv werden, ist gut. Deshalb bitte ich darum, dem Kollegen Mayer noch in seiner Schlussminute zuzuhören.