Ich sage es Ihnen trotzdem: Hamburg, halb so groß wie Berlin, hat genau ein 50-Meter-Becken in der Halle. Da können Sie vielleicht einschätzen, welche Strukturen sich Berlin an dieser Stelle leistet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Haushaltsgesetzgeber leisten wir es uns eben, jedes Jahr 50 Millionen Euro als Zuschuss an die Bäder-Betriebe zu gewähren. Wir tun das übrigens auch in dem Bewusstsein, dass in Berlin die Hälfte der Wasserflächen und Wasserzeiten gebührenfrei zur Verfügung gestellt werden,
für das Schulschwimmen, für das Schwimmen der Kitakinder und für das Vereinsschwimmen, und – auch das gehört zur Wahrheit dazu –: Wir subventionieren damit die Eintrittspreise, denn ohne diese Zuschüsse des Steuerzahlers, des Haushaltsgesetzgebers wären diese ungefähr doppelt so hoch für die Besucherinnen und Besucher.
Obwohl die Bäder diesen Status für uns haben, müssen wir Zweierlei feststellen: Erstens: Wir haben in den vergangenen Jahren viel Geld in die Sanierung bestehender
Bäder investiert, ohne dass es für die Benutzer danach wirkliche Verbesserungen gegeben hätte. Manchmal wäre es offensichtlich sinnvoller gewesen, ein neues Bad zu bauen, anstatt alte Bestände zu sanieren.
Zweitens: Die Berliner Bäder sprechen vor allem eine bestimmte Zielgruppe an, und das sind die sportlichen Schwimmerinnen und Schwimmer. Viel weniger als anderswo haben wir in unserer Bäderstruktur auf den Freizeit- und Erholungswert Wert gelegt. Für vier von fünf Berlinerinnen und Berlinern sind die Bäder deshalb bislang kein Ziel.
In den letzten Jahren haben wir uns wieder finanzielle Spielräume erwirtschaftet. Deswegen wollen wir es uns jetzt leisten, nachhaltig in unsere Bäder zu investieren. Das ist eine verdammt gute Nachricht für die Berlinerinnen und Berliner. Mit dem Sonderinvestitionsprogramm wird es nunmehr möglich, an zwei ausgewählten Standorten sogenannte Multifunktionsbäder zu errichten. Der Kampfbegriff „Spaßbad“ ist an dieser Stelle gerade wieder gefallen. Bei den Multifunktionsbädern geht es vor allem erst einmal darum, keine Nutzerkonflikte zu erzeugen,
denn wir haben gleichzeitig ein Becken, in dem Schul- und Vereinssport stattfinden kann, wir haben ein weiteres Becken, worin sich diejenigen, die individuell Bahnen schwimmen wollen, aufhalten können, wir gewinnen aber auch Becken, wo sich zum Beispiel Menschen, die kleinere Kinder haben, in wärmerem Wasser aufhalten, Kinder ans Wasser gewöhnen können. Das bietet Berlin bisher überhaupt nicht. Ich finde es ganz praktisch, in Berlin auch Schwimmbecken zu haben, in denen man ein kleineres Kind 10 oder 15 Sekunden aus den Augen lassen kann, ohne Angst haben zu müssen. Diese Zielgruppe bekommen wir zurzeit nicht in die Berliner Bäder.
Ich habe die Frage an Sie, ob Sie das vorliegende Bäderkonzept für eine ausreichende Grundlage halten, um die wirtschaftlichen Probleme und den Sanierungsstau in den Berliner Bädern nachhaltig angehen zu können.
Was ich eigentlich sagen will: Ich war bei den Nutzergruppen. Es gibt natürlich auch eine Gruppe, die in Berlin vielleicht nach dem sportlichen Schwimmen eine Sauna besuchen möchte. Die gehen heute zu den kommerziellen Anbietern. Da ist es ein Ziel, die für die Berliner BäderBetriebe zurückzugewinnen. Also: Wir bekommen Bäder, in denen sich eine ganze Familie auch ganz gern einmal einen ganzen Tag aufhalten, Spaß haben kann, auch wenn es unterschiedliche Bedürfnisse gibt. Dass es einen Bedarf dafür gibt, das sieht man, wenn man in Bäder, die in der Nähe Berlins liegen, die Kristall-Therme in Ludwigsfelde, das Turm in Oranienburg und vielleicht auch ins Tropical Island, fährt, da stehen nämlich reichlich Autos mit Berliner Kennzeichen. Es gibt also durchaus einen Bedarf auch bei Berlinerinnen und Berlinern für solche Bäder.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Multifunktionsbäder bieten übrigens noch einen ganz entscheidenden Vorteil, sie sind nämlich das ganze Jahr über nutzbar. In Berlin haben wir im Moment die Situation, dass wir uns Hallenbadstandorte leisten, die wir im Sommer zumachen, und Sommerstandorte, die wir öffnen. Wenn der Sommer dann nicht so ist, wie er sein sollte und wir ihn alle gern hätten, haben wir schlechte Besucherzahlen. Auch deswegen ist es sinnvoll, einfach Standorte zusammenzuführen, bei denen man tagesaktuell entscheiden kann, ob man in der Halle schwimmen möchte oder lieber im Außenbecken.
Ich will noch einmal sagen: Das Bäderkonzept sieht auch weiterhin kostengünstige Preise vor. Das sportliche Schwimmen wird möglicherweise sogar etwas günstiger möglich sein als heute, weil die Preise zur gegenseitigen Subventionierung dienen. Für den Spaßbadbetrieb, also den Freizeitbereich, liegen wir günstiger als alle vergleichbaren Angebote im Land Brandenburg. Klar, wer in die Sauna gehen möchte und dafür bei privaten Anbietern 20 Euro aufwendet, der kann das auch bei städtischen Bädern aufbringen. Deshalb gibt es konkurrenzfähige Angebote in Berlin.
Ich will aber gerade, weil schon wieder der Eindruck erweckt wurde, es wäre in Berlin unzumutbar teuer, schwimmen zu gehen, noch einen wichtigen Punkt erwähnen, den wir uns in Berlin leisten, den ich bei keiner anderen Stadt gefunden habe. Wir haben den Superferienpass, den wir allen Kindern, allen Schülerinnen und Schülern verkaufen – zugegeben, für um die 10 Euro. Dieser Superferienpass bietet an jedem Berliner Ferientag, was insgesamt etwa 80 Tage im Jahr sind, freien Eintritt in alle Berliner Bäder.
Sagen Sie mir wenigstens eine Kommune, bei aller Meckerei, die etwas Ähnliches anbietet! Ich will auch darauf hinweisen: Die Ermäßigungsgruppen, die wir in Berlin haben – auch das ist bei Frau Schillhaneck gerade gefallen –, sind kaum irgendwo so groß wie bei uns, alle Bezieherinnen und Bezieher von Sozialtransfers sind da eingeschlossen. Es ist möglich, in Berlin mit einer Tageskarte für 2 Euro schwimmen zu gehen. Auch da kenne ich keine vergleichbaren Preise. Ich glaube, da reden wir uns in Berlin manchmal schlechter, als wir das eigentlich tun müssten.
Herr Kollege Buchner! Was würden Sie denn jetzt sagen, wenn ich Ihnen sage, es gibt mehrere Kommunen, die in ihren kommunalen Bädern zum Beispiel die Tageskarte für Kinder für 50 Cent anbieten? Ist das dann immer noch vergleichbar?
Dann finde ich das durchaus gut. Dann können wir ja mal ins Gespräch kommen. Aber eine Tageskarte für 50 Cent für die Kinder finde ich prinzipiell immer noch teurer als die Möglichkeit, an 80 Ferientagen kostenlos schwimmen zu gehen, wenn ich richtig rechne.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Neben zwei neuen Bädern an den bekannten Standorten will ich auch noch mal betonen, dass die gute Nachricht ist, dass wir uns mit dem Bäderkonzept zu allen über 60 Standorten in Berlin bekennen. Damit halten wir als Koalition übrigens das Versprechen, das wir mit dem Koalitionsvertrag abgegeben haben. Berlin wird damit weiter eine wohnortnahe Versorgung anbieten können – in jedem Kiez ein Bad oder aus jedem Kiez ein leicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbares Bad. Aber ich unterstütze auch, was die Berliner Bäder-Betriebe mit einer Qualifizierung einzelner Bäder in das Bäderkonzept geschrieben haben, weil wir eben bestimmte Zielgruppen nicht erreichen,
denen das Wasser zu kalt ist, eben mal an einigen wenigen Standorten auszuprobieren, wie es denn mit wärmerem Wasser in den Bädern ist. Und wenn ich mir die Besucherzahlen bei den Bädern angucke, die das gemacht haben, dann ist es ein ziemlicher Erfolg. Es gibt in Berlin einen Bedarf, auch im wärmeren Wasser zu schwimmen. Warum das nicht in einigen Bädern auch möglich sein soll, erschließt sich mir nicht.
Schönen Dank, Kollege Buchner! Meine Frage ist: Sie haben hier ausgeführt, alle Bäder bleiben erhalten. So ist es auch im Koalitionsvertrag vereinbart gewesen. Stimmen Sie mir vor diesem Hintergrund zu, dass die Unterschriftensammlung und die Onlinepetition in zwei Bezirken Berlins deswegen eine völlige Augenwischerei sind und die Bürgerinnen und Bürger völlig verunsichern und somit überflüssig sind?
Frau Kollegin! Schwer zu beantworten! Grundsätzlich halte ich es für sinnvoll, auch Unterstützung für Bäder deutlich zu machen. Aber man kann sagen, in dieser Koalition haben wir uns von Anfang an schon darauf verständigt, alle Bäderstandorte erhalten zu wollen. Dieses Versprechen halten wir ein, und an dieses Versprechen halten wir uns seit drei Jahren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir feststellen, an vier von fünf Berlinern gehen die Schwimmbäder vorbei, dann gibt es einen Bedarf, neue Zielgruppen zu erschließen. Die Multifunktionsbäder, die wir jetzt bauen, sind keine Bäder, die der privaten Logik folgen, irgendwelche Rutschenparks zu machen, wo man aus 30 Rutschen auswählen kann, oder Saunen zu bauen, wo man für die drei oder vier Saunagänge, die man machen kann, aus 25 Saunen auswählen kann. Aber sie bieten eben einen Teil dessen. Es gibt ein sehr schönes Beispiel. Der „Tagesspiegel“ – ich lobe den selten, aber am letzten Wochenende gab es eine schöne Doppelseite zum Thema Bäder – hat das Beispiel der Stadt Hagen genommen, auch kommunale Bäder. Die haben mal das gemacht, was wir jetzt mit einem Multifunktionsbad vorhaben, mit Möglichkeiten, unterschiedliche Becken und einen
Saunabereich zu haben; die haben die Besucherzahlen mehr als verdoppelt. Und sie haben auch das geschafft, was die Bäder-Betriebe uns im Moment sagen, dass es gelingt, mit solchen Multifunktionsbädern den öffentlichen Zuschuss, den Bäder erfordern, nicht nur stabil zu halten, sondern sogar zu senken, weil man eben Zielgruppen gewinnt, die sonst ihr Geld bei privaten Anbietern lassen würden. Auch das halte ich für eine gute Nachricht. Ich glaube, das sollten wir uns nicht zerreden, das sollten wir in Berlin einfach ausprobieren. Ich glaube schon, dass es einen Bedarf gibt, der sich auch zeigt bei den Berlinerinnen und Berlinern.
Und, lieber Kollege Zillich, jetzt auch dazu noch etwas. Wir leisten uns in Berlin wieder mehr bei den Bädern. Es ist zweifelsohne so gewesen, dass es in den Neunzigerjahren, in denen ich nicht im Parlament war, viele von Ihnen auch nicht, aus Gründen, die wir alle kennen, möglicherweise andere Schwerpunkte gegeben hat, als in die Bäderstruktur zu investieren. Wir kennen das in vielen anderen Bereichen auch. Ja, es gibt einen Instandhaltungsrückstau. Dann ist es doch umso positiver, dass wir in den letzten Jahren, übrigens in unterschiedlichsten Regierungskonstellationen, uns mit einer ziemlich harten Arbeit, mit einer ziemlich verantwortlichen Politik die finanziellen Spielräume wieder erarbeitet haben. Übrigens, daran haben alle Berlinerinnen und Berliner, ich will mal an den öffentlichen Dienst erinnern, auch massiv mitgewirkt. Es ist eine gute Nachricht, dass wir den Berlinerinnen und Berlinern jetzt in den Bädern, aber auch in ganz viel anderer Infrastruktur, bei Sporthallen, bei Schulen, bei Krankenhäusern eben mit den finanziellen Spielräumen, die wir uns erwirtschaftet haben, wieder ein Stück weit zurückgeben. Sie haben recht, Herr Zillich: Es kann nicht nur darum gehen, jetzt die 60 Millionen Euro für neue Bäder in Berlin zu nehmen, sondern es wird auch darum gehen, im Rahmen der Haushaltsberatungen auch da noch mal deutlich zu machen, dass das Augenmerk der Koalition auf Bädern und Sportstätten in dieser Stadt liegt. Ich bin sehr optimistisch, dass uns das bei so viel Zustimmung gemeinsam gelingen wird. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Ich habe Verständnis dafür, sehr geehrter Herr Senator Henkel, dass Sie unter dem riesigen Erfolgsdruck stehen, einen Olympiasieg über Hamburg erzielen zu müssen, und dass Sie dafür die Berlinerinnen mit Jubelnachrichten
ködern wollen. Kein Verständnis habe ich dafür, dass Sie bei dieser Gelegenheit ein derartig schlechtes Bäderkonzept bis 2025 vorlegen.