Protocol of the Session on January 12, 2012

Der unabhängige Parallelbetrieb soll zudem nicht die Regel, sondern die Ausnahme bei Spitzenlasten sein, wie schon gesagt. Dabei wollen wir so wenig Menschen wie möglich belasten. Sie haben einen Anspruch auf Ruhe und erholsamen Schlaf.

Die Bürgerinitiativen vertreten hierbei die ureigensten Interessen. Ich halte die Position der Bürgerinitiativen für legitim, das muss man auch mal deutlich hervorheben.

[Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN – Uwe Doering (LINKE): Dann können Sie doch zustimmen!]

Die Belastung für die Menschen in der Region soll so gering wie möglich gehalten werden. Die Sicherheit der Flugrouten und der Lärmschutz haben Vorrang vor ökonomischen Interessen. Schon deshalb wird es keine Flüge zwischen 24 und 5 Uhr geben, schon deshalb sollen Flüge in den Randzeiten die Ausnahme sein.

[Uwe Doering (LINKE): Das glauben Sie doch selbst nicht!]

Wir wollen die Menschen vor der Lärmbelastung schützen.

Die Koalitionsfraktionen stehen bei denjenigen, die betroffen sind. Wir haben uns bereits in der letzten Legislaturperiode für weiträumige Lärmschutzzonen ausgesprochen, damit die Betroffenen im Zweifelsfall einen Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen haben. Diese Lärmschutzmaßnahmen müssen schnellstens, das heißt, möglichst noch vor der Öffnung des Flughafens, umgesetzt werden. Der Stand der Bearbeitung der beschiedenen Anträge ist nicht zufriedenstellend, aber das liegt nicht in der Hand des Senats.

Eine Festlegung des Abgeordnetenhauses auf eine Flugroute sollte es nicht vor einer ergebnisoffenen Prüfung aller möglichen Flugrouten geben, weil wir erstens nicht die Interessen der Berlinerinnen und Berliner gegen die Interessen der Brandenburger ausspielen, nicht den Müggelsee gegen den Wannsee, sondern uns für eine weitestgehende Entlastung einsetzen. Zweitens wird die Entscheidung über die Flugrouten nicht vom Senat und nicht vom Abgeordnetenhaus getroffen, sondern vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung. Ich nehme an, es sind technische Abwägungen und auch technische Fragen: Wie ist die Steig-, wie ist die Fallgeschwindigkeit? Wie ist der Kurvenradius? Wo liegen die Abdrehpunkte? Welche Flughöhen müssen erreicht werden? Welche Sicherheitsabstände müssen eingehalten werden? Bei der Beantwortung dieser technischen Fragen müssen die Belange der Betroffenen einbezogen werden. Ich erwarte da eine sachgemäße Entscheidung.

Zu dieser sachgemäßen Entscheidung tragen die Fluglärmkommission, die Bürgerinitiativen und auch das angesprochene Gutachten des Umweltbundesamts bei. Das wird eine sehr spannende Entscheidung in diesem Monat.

Eines möchte ich noch am Ende meiner Rede sagen: Wir haben sehr viel über Flugrouten und Lärmschutz gesprochen. Ich persönlich – und da bin ich an der Seite von vielen Berlinerinnen und Berlinern – freue mich auf die Eröffnung dieses Flughafens und sehe auch die vielen positiven Aspekte dieses Flughafens Willy Brandt International. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für Die Linke – Herr Dr. Albers! – Bitte schön!

Herr Graf! Nur vorweg, weil ich sonst keine Gelegenheit dazu habe: Das Wissenschaftsministerium in BadenWürttemberg heißt Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Gucken sie noch mal nach!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Ich lese Ihnen mal etwas vor:

Der Senat wird aufgefordert, die berechtigten Ängste und Sorgen der Berlinerinnen und Berliner beim Thema Fluglärm und Flugrouten aufzugreifen. … Der Senat muss seine Einflussmöglichkeiten bei der Flugroutenplanung und der Ausgestaltung von Lärmschutzmaßnahmen vollständig nutzen. … Das Verfahren muss dabei offen, transparent und bürgernah sein. … Der Senat muss schnellstmöglich ein Konzept zum Nachtflugverbot vorlegen, das eine weitestgehend flugfreie Zeit von 22 bis 6 Uhr vorsieht. Dem Gesundheitsschutz der Anwohnerinnen und Anwohner ist Vorrang gegenüber wirtschaftlichen Interessen einzuräumen.

Herr Henkel, Herr Braun und die Herren Czaja, Friederici, Görsch und die übrigen Mitglieder der CDU-Fraktion! Erinnern Sie sich? Das war Ihr Antrag Drucksache 16/3638 vom 16. November 2010. Verdammt lang her!

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Da haben Sie hier mit Ihren Gummibärchen in der Opposition gesessen und ständig die Backen in Sachen Fluglärmschutz aufgeblasen, wollten den Bürgerprotest für sich instrumentalisieren, haben die vermeintliche Untätigkeit des Senats gegeißelt und klebten in Zehlendorf Großplakate: „Keine Flugrouten über Berlin – für eine Politik, die über die Köpfe der Menschen nicht einfach hinweggeht.“ Und jetzt erklärt Ihr Bundesverkehrsminister das alles für Tinnef und versucht die Veröffentlichung eines kritischen Gutachtens des Umweltbundesamtes, der obersten zuständigen Bundesbehörde, zu verhindern. Und was tun Sie? – Sie flüchten sich in die kollektive Amnesie,

[Beifall bei der LINKEN]

Ihrem bevorzugten Aufenthaltsort seit Ihrer vermeintlichen Regierungsbeteiligung. Und Ihre zuständige Senatorin kommt völlig aus dem Mustopf, offensichtlich sitzt sie auch noch drin, denn hier auf ihrem Platz ist sie ja nicht. Die kennt nicht einmal die Anträge Ihrer Fraktion. Kein Wort der Kritik zu diesem ungeheuerlichen Vorgang! Was ist das für ein absurdes Theater, das Sie hier – bezahlt von Steuerzahlern – aufführen?

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Das Bundesumweltamt hat das Gutachten gestern dennoch nach objektiver Prüfung veröffentlicht, denn genau das ist die Aufgabe dieser Behörde. Das Bundesumweltamt weist darauf hin, dass die bisherige Routenplanung den Kriterien des Umwelt- und Gesundheitsschutzes

nicht hinreichend gerecht wird und empfiehlt Korrekturen. Sie können es drehen und wenden, das Bundesumweltamt erklärt Abflüge über den Müggelsee für problematisch und fordert ebenso Einschränkungen über dem Wannsee, hält Alternativen bei Änderung der Vorgaben durchaus für möglich und plädiert für ein strenges Nachtflugverbot, so wie es auch unsere CDU in ihrem Antrag vom November 2010 vom Senat gefordert hat.

Jedem, der 1996 an dem Konsensbeschluss beteiligt war, den Flughafen stadtnah in Schönefeld und nicht stadtfern in Sperenberg zu errichten, musste klar gewesen sein, dass er einen Flughafen nicht unter die Erde legen kann und dass sich aus der Entscheidung, stadtnah zu bauen, eine ganz besondere Verpflichtung in Sachen Lärm- und Umweltschutz ergeben würde. Und jeder wusste, dass deshalb bei allen nachfolgenden Entscheidungen zum Flughafenbetrieb ökologische Kriterien und der besondere Schutz der Anwohner vor den Folgen dieser Entscheidung höchste Priorität genießen mussten und dass das natürlich auch entsprechende Auswirkungen auf seine Wirtschaftlichkeit haben würde.

Was ist das für eine kryptische Debatte? – Es geht hier nicht darum, das ganze Projekt in Frage zu stellen, es geht darum, das zu verwirklichen, was Sie in Ihrem Antrag so plakativ gefordert haben, meine Damen und Herren von der CDU:

Dem Gesundheitsschutz der Anwohnerinnen und Anwohner ist Vorrang gegenüber wirtschaftlichen Interessen einzuräumen.

In diese Richtung geht ja auch der Antrag der Grünen, den wir behandeln und dessen Intention wir stützen. Wir stehen zu diesem Flughafen, auch zu dem Standort, auch wenn wir 1996 eindeutig Position für Sperenberg bezogen haben und damals ziemlich alleine standen. Wir stehen auch zu seiner Wirtschaftlichkeit, aber wie wirtschaftlich ist es denn, durch mangelnden Lärmschutz dauerhafte Gesundheitsgefährdung und daraus resultierende Krankheit für Zehntausende von Anliegern zu riskieren und massenhaft Unzufriedenheit, geballte Wut und langfristigen Widerstand zu provozieren? Nicht diejenigen gefährden dieses für die Region so wichtige Strukturprojekt, die konsequente Einhaltung von Lärm- und Umweltschutz einfordern, sondern diejenigen, die starrköpfig und knallhart eine alternative Routenplanung aus vermeintlich wirtschaftlichen Gründen kurzsichtig ablehnen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Abgeordneter! – Danke!

Wir fordern den Senat auf, das sehr ausgewogene Gutachten ernst zu nehmen und die Umsetzung der Empfehlungen dieser obersten Bundesbehörde in Sachen Umwelt- und Gesundheitsschutz im Interesse der Menschen dieser Stadt einzufordern. Wir werden den Antrag der Grünen unterstützen. – Danke!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die Fraktion der CDU hat nun der Abgeordnete Friederici das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich an die Aktiven in den Bürgerinitiativen für Lärmschutz einen sehr herzlichen Dank der CDU-Fraktion richten, dass sie seit mehr als einem Jahr mit bürgerschaftlichem Engagement mit dazu beigetragen haben, dass das Thema Flugrouten Raum in der öffentlichen Diskussion gefunden hat. Ehrenamtlich wird in den Bürgerinitiativen gearbeitet, hochengagiert und auch leidenschaftlich. Und davon lebt die Demokratie und unser aller Gemeinwesen. Dafür müssen wir sehr dankbar sein.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Auf den heutigen Grünen-Antrag blickend kann ich mich jedoch des Eindrucks nicht erwehren, dass es Ihnen eigentlich nur um ein ausgeweitetes Nachtflugverbot geht und weniger um den Schutz der Menschen vor übermäßigem Lärm durch alternative Flugrouten. Wo waren denn die Grünen am Anfang der Flugroutendiskussion, die in die Zeit des Renate-Künast-Hypes fiel? Wo waren da denn die selbsternannten grünen Gutmenschen, die permanent mit sich selbst beschäftigt sind? –

[Zuruf von Dr. Turgut Altug (GRÜNE)]

Auf jeden Fall standen und stehen sie eben nicht an der Seite der Bürgerinitiativen.

[Heiko Thomas (GRÜNE): Und wo stehen Sie heute?]

Und das ist der wahre Grund für den heutigen polemischen Antrag. Sie, die Grünen, möchten sich wieder einmal reinwaschen und haben wahrscheinlich auf der Wiedervorlageliste gemerkt, dass Sie da bisher noch nichts erreicht haben.

Zur Ehrlichkeit in der Diskussion gehört auch, dass die Grünen auch heute schon in Schönefeld zuweilen selbst den einen oder anderen Flieger besteigen, übrigens auch bei Tag und auch bei Nacht, wo es eben heute noch gar kein Nachtflugverbot gibt. Es ist vollkommen klar, dass die Festlegung der endgültigen Flugrouten des neuen Flughafens BER nicht ohne Konflikte zu einem Ergebnis

gelangen kann. Die CDU-Fraktion hat sich stets für Lösungen mit wenig Fluglärm eingesetzt, und dabei bleibt es, sowohl im Südosten als auch im Südwesten unserer Stadt Berlin.

[Uwe Doering (LINKE): Sie haben sich für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr eingesetzt!]

Auch außerhalb des Parlaments hat sich die Berliner CDU schon sehr früh, beispielsweise mit Frank Henkel, Mario Czaja und auch Michael Braun, für die Interessen der Menschen im Südosten und Südwesten Berlins eingesetzt, indem wir mehrere Gespräche mit Vertretern der örtlichen Bürgerinitiativen, den Verkehrsministerien und dem Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium arrangiert haben. Ergebnis dieses Gesprächs mit dem Staatssekretär Dr. Scheuerle war, dass die von der Bürgerinitiative erarbeiteten Vorschläge einer eingehenden Prüfung unterzogen werden.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Sie haben doch eigene Anträge gestellt!]

Selbstverständlich war dieses Thema auch Gegenstand der Koalitionsverhandlungen von SPD und CDU. Am Ende sind wir zu der Einigung gekommen, dass sich die Koalition für eine ernsthafte Prüfung von Alternativrouten jenseits der Müggelseeroute einsetzen wird. Und dabei bleibt es auch.

Ich kann Ihnen daher versichern, dass wir auch in der neuen Legislaturperiode alle uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen werden, um eine möglichst verträgliche Routenführung zu erreichen. Jedoch bitte ich auch um Verständnis dafür, dass der letztendliche Beschluss über die konkrete Routenführung weder vom Berliner Parlament noch von der Regierung getroffen wird, sondern den zuständigen Bundesfachinstanzen obliegt, wobei neben den Auswirkungen auf die Umwelt vor allem sicherheitsrelevante Aspekte mit einbezogen werden müssen.

Im Hinblick auf die von Ihnen eingeforderte Ausweitung des Nachtflugverbots verweise ich aber auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Oktober 2011 zu den flugfreien und den flugreduzierten Zeiten. Mit dieser Entscheidung wurde sowohl den Interessen der wirtschaftlichen Entwicklung Berlins als auch denen der vom Fluglärm betroffenen Anwohner Rechnung getragen.

[Uwe Doering (LINKE): Da haben Sie in Friedrichshagen aber etwas ganz anderes erzählt!]

Jetzt kommt es darauf an, dass die berechtigten und vereinbarten Schallschutzmaßnahmen für die direkt betroffenen Anwohner unbürokratisch bewilligt und schnellstmöglich umgesetzt werden. Denn auch eine breite Akzeptanz des Flughafens in der Bevölkerung ist für den Erfolg des Projektes unabdingbar. In dieser Frage befinden wir uns übrigens auf einem guten Weg. Laut jüngsten Umfra

geergebnissen liegt die Zustimmung für den neuen Flughafen BER bei der Bevölkerung bei 80 Prozent.