Protocol of the Session on January 15, 2015

Sie haben es gesagt: Der Radverkehr ist klima-, flächen- und ressourcenschonend. – Gerade beim Stichwort Flächen komme ich auf den zentralen Punkt dieses Antrags

(Stefan Gelbhaar)

zurück: Fahrradstraßen würden nur dann funktionieren, wenn man den Autoverkehr gänzlich von ihnen verbannt. Sie müssten entweder eine neue Struktur erhalten – man müsste also neue Flächen für sie zur Verfügung stellen –, oder man müsste vorhandene Straßen entsprechend rückbauen. – Deswegen haben wir gesagt – weil das natürlich nicht Teil einer Strategie sein kann, sondern nur ergänzend zum bestehenden Hauptroutennetz sein kann, das sehr umfangreich ist –, dass wir den Radverkehr stärken wollen. Ich will das noch mal am Modal Split deutlich machen: Es steigt der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen, und der motorisierte Individualverkehr nimmt ab. – Ich glaube, das ist unstrittig. – Und wir haben immer noch eine Diskrepanz zwischen den Innenstadtbezirken und den außerhalb des S-Bahn-Rings befindlichen Bezirken, was das Radverkehrsaufkommen betrifft. Es ist unstrittig, dass wir auch für diese Regionen, die ich in diesem Moment mal kurz als Peripherie bezeichnen möchte, schnelle Verbindungen in die Innenstadt brauchen, damit auch der Radverkehr in diesen Regionen attraktiver wird.

Um die Berlinerinnen und Berliner, die wir sehr schätzen, zum Umstieg auf das Fahrrad zu bewegen, brauchen wir dieses Hauptroutenradnetz, und das haben wir. Wir haben ein mehr als 1 000 km langes Radnetz aus Radfahrstreifen, gemeinsamen Geh- und Radwegen sowie gemeinsamer Nutzung der Busspur. Wir haben dazu die baulichen Radwege, die über 600 km umfassen, und die Radfahrspuren, die an den Straßen angelegt werden und deren Länge im letzten Jahr von 50 auf über 200 km gestiegen ist.

Wenn wir über die Tangentialen und Radialen sprechen, die auch in der Radverkehrsstrategie benannt sind, die ausgebaut sind und genutzt werden, dann muss man auch sagen, dass wir gerade gegen Jahresende drei weitere fertiggestellt haben: Mitte – Märkisches Viertel, Hohenschönhausen – Ahrensfelde und Ahrensfelde – Köpenick. Das sind Fernverbindungen für den Radverkehr, die dazu führen, dass die Menschen schneller durch die Stadt kommen. Das ist Ihre zentrale Forderung. Und mit den Möglichkeiten bei Park-and-Ride und den über 50 Fahrradverleihstationen in der Innenstadt ergibt sich im Verkehrsmix eine gute Intermodalität und die Chance, verschiedene Verkehrsmöglichkeiten intelligent zu nutzen.

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Gelbhaar?

Ja, gerne!

Ich möchte kurz eine Frage stellen: Frustriert es nicht auch Sie als verkehrspolitischen Sprecher der SPDFraktion, dass wir in den Haushaltsberatungen für den Senat diesen Titel – Investitionen – um eine halbe Million Euro erhöht haben und es dann der Senat nicht vermocht hat, dieses Geld auszugeben?

Liebe Kollege! Mich frustriert es geradezu, wenn ich Ihnen sagen muss, dass die Bezirke nicht in der Lage sind, die Mittel, die wir ihnen bereitstellen, umzusetzen.

[Dr. Manuela Schmidt (LINKE): Ach, Herr Kreins!]

Mich frustriert das. Das gebe ich Ihnen gern zu. Und mich ärgert auch, dass im Hauptausschuss Einzelne das Spiel „Auto gegen Fahrrad!“ spielen und deswegen das Thema blockieren. Das ärgert mich genauso. Da gebe ich Ihnen recht. Das zu monieren, aber keine Alternative anzubieten, löst das Problem auch nicht. Wir müssen also die Bezirke ertüchtigen, dass dort die baulichen Infrastrukturen mit Ingenieuren unterlegt werden, damit dann auch Planungen rechtzeitig fertig werden, die Mittel nicht in die nächsten Jahre fließen und wir eine Verbindlichkeit bei den Planungen und beim Bauen haben.

Das ist, glaube ich, unstrittig. Was mir aber so ein bisschen aufgestoßen ist, das ist die Frage, warum es diesen Antrag gibt. Wir haben ja im Ausschuss, wenn ich mich recht erinnere, am 8. Mai über die Radverkehrsstrategie diskutiert. Es wurde eine Präsentation vorgestellt, und dort gab es ein umfängliches Lob – auch von Ihrer Fraktion. Der einzige Kritikpunkt ist die Finanzierung und die Umsetzung der Mittel, aber die Radverkehrsstrategie und die Instrumente, die genannt worden sind, wurden gelobt. Einen Monat später – so alt ist ja Ihr Antrag – legen Sie diesen Antrag vor, der im Prinzip das Gleiche, was die Radverkehrsstrategie formuliert hat, noch mal aufschreibt und noch mal neu fordert.

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Das stimmt doch gar nicht!]

Deswegen sage ich ja zum Radverkehr, lieber Kollege, aber nein zu diesem Antrag. Wir haben darüber ja auch im Ausschuss schon ausführlich diskutiert. – Danke!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Kreins! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Harald Wolf. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Kreins! So, wie ich den Antrag der Grünen vers

(Ole Kreins)

tanden habe, schreibt er nicht noch mal das auf, was in der Radverkehrsstrategie des Senats steht, sondern er ergänzt sie in einem sinnvollen Punkt, nämlich bei dem Thema „Aufbau eines Radstraßennetzes“. Das ist etwas anderes als der Aufbau von Radstreifen auf Hauptverkehrsstraßen. Das ist richtig. Da spricht auch niemand dagegen, sondern alle sind dafür. Es geht aber um die Frage, ob es nicht noch möglich ist, parallel dazu ein Radstraßennetz aufzubauen, das den Radverkehr bündelt und damit zu einer Entlastung führt und gleichzeitig die Attraktivität des Radverkehrs steigert. Insofern halte ich diesen Antrag für sinnvoll.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vonseiten des Senats kommt häufig der Einwand, dass es sich bei der Festlegung von Radstraßen, da das ja im Wesentlichen Nebenstraßen sind, um die bezirkliche Zuständigkeit handelt. Das ignoriert der Grünen-Antrag überhaupt nicht, sondern er verlangt, dass der Senat eine solche Entwicklung zu durchgängigen Radverkehrsstraßen initiiert. Das heißt, er verlangt letztendlich nichts anderes, als dass der Senat eine Koordinations- und Moderationsfunktion übernimmt und wir damit von diesem Stückwerk wegkommen, dass einzelne Bezirke – an der einen oder anderen Stelle durchaus begrüßenswert – eine Radstraße einrichten, die aber dann keine weitere Anbindung hat und somit in gewisser Weise in der Luft hängt. Das ist der Antrag der Grünen, und gegen diesen Antrag kann man, wenn man den Radverkehr fördern will, eigentlich überhaupt nichts haben.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Dass sogar der ADAC diesen Antrag unterstützt, macht doch deutlich, dass das Argument, das eben gekommen ist – wenn ich das richtig verstanden habe –, wonach man, wenn man Radverkehrsstraße errichtet, an anderer Stelle wieder Ersatz für die Autos schaffen muss, selbst vonseiten des Lobbyverbandes ADAC nicht vertreten wird. Also lassen wir dieses Argument beiseite! Wenn man sagt, dass man den Modal Split in dieser Stadt verändern und den Umweltverbund in dieser Stadt stärken will, dann heißt das auch, dass man die Infrastruktur für den Umweltverbund – und da gehört das Fahrrad wesentlich dazu – stärken muss. Und da kann man nicht die beiden Infrastrukturen für den motorisierten Individualverkehr und für den Umweltverbund parallel und damit gegeneinander fördern, sondern da muss man auch Prioritäten setzen. Dieser Antrag der Grünen bietet dazu die Gelegenheit.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Lassen Sie mich jetzt noch einen Punkt ansprechen. Die Tatsache, dass die ohnehin eigentlich zu geringen Mittel für die Umsetzung der Radverkehrsstrategie des Senats, dass noch nicht einmal diese Mittel wirklich abgerufen und verbaut werden können, werfen noch mal ein Licht auf ein grundsätzliches Problem im Land Berlin, dass

nämlich die Investitionsmittel, die im Landeshaushalt eingestellt sind, sei es für die Radverkehrsstrategie, sei es für andere sinnvolle Zwecke, nicht abgerufen werden können, weil die personellen Voraussetzungen in der öffentlichen Verwaltung, in den Bezirken und teilweise auch in der Hauptverwaltung, gar nicht mehr existieren, um diese planerische Vorbereitung vorzunehmen, Deshalb sage ich Ihnen: Es ist wunderbar mit Ihrem Investitionsfonds, wo Sie jetzt über 400 Millionen Euro zusätzlich aufstocken. Ich habe die Befürchtung – und ich prognostiziere das an dieser Stelle –, Sie werden diese 400 Millionen Euro im nächsten Jahr wieder haben und wieder als Erfolg verkaufen können, weil Sie sie in diesem Jahr nicht verkauft haben. Aber wir haben es gemerkt, deshalb werden wir die Öffentlichkeit auch darauf hinweisen. – Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Torsten Schneider (SPD): Das wird mehr werden!]

Vielen Dank, Herr Wolf! – Für die CDU-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Friederici. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, Herr Wolf, das wird mehr werden, weil wir sehr erfolgreich in unserer Regierungsarbeit sind.

[Lachen bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Das zeigt sich auch durch erhöhte Einnahmen.

Berlin ist längst Fahrradstadt. Das zu belegen, fällt nicht schwer. Dazu komme ich gleich. Es ist aber verwunderlich, dass die Grünen bei dem vorliegenden Antrag zwei Seiten Antragstext schreiben, aber vier Seiten in der Begründung brauchen, um überhaupt zu erklären, weshalb sie einen solchen Antrag stellen.

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Mehr scheint mir auch diesmal wieder nicht möglich zu sein bei Erreichung eines versuchten innerparteilichen Minimalkonsenses.

Die Berliner Koalition aus SPD und CDU ist mit ihrer Fahrradverkehrsstrategie viel, viel weiter, als der GrünenAntragstext es uns erklärt. Längst haben wir in Berlin Radrouten, auch die mit dem Land Brandenburg, ja, bis Kopenhagen. Alles das hat der Senat längst geschaffen.

[Lachen bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN – Zuruf von Stefan Gelbhaar (GRÜNE)]

Längst haben wir in Berlin eine Fahrradwegweisung mit Zielanzeigern, Piktogrammen, Wegstreckenlänge. Das ist

(Harald Wolf)

wegweisend in Deutschland. Längst haben wir Routenplaner, Internetportale und die entsprechenden Updates implementiert und jeweils erneuert durch diverse Stellen im Land Berlin.

[Zurufe von den GRÜNEN und den PIRATEN]

Diese sind längst anerkannt und werden immer mehr von den Nutzern im In- und Ausland als erfolgreich gelobt. – Die Zwischenrufe machen mir deutlich: Es ist genau das Richtige, wir sind auf dem richtigen Weg. Längst ist die Fahrradmitnahme in Bus und Bahn, in der U-Bahn, der S-Bahn und der Regionalbahn möglich,

[Zuruf von der LINKEN: Wenn sie denn fahren!]

seit mehr als 25 Jahren. Alles das wird auch künftig Bestandteil der Optimierung bei der Berliner S-Bahn sein und wird bei den neuen S-Bahnen Berücksichtigung finden. Alles das, was wir in der Koalition erreicht haben neben einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen, die Mitbenutzung von Busbeschleunigungsstreifen, die Schaffung neuer, eigener Fahrradstreifen und von Fahrradstraßen, alles das haben wir längst in Berlin umgesetzt. Es fällt auf, dass die Weiterentwicklung dieser von der Koalition getroffenen Maßnahmen von dem Antrag gar nicht mehr aufgegriffen werden können, weil sie von den Grünen gar nicht erkannt werden.

Die Menschen, die täglich, gelegentlich oder nur am Wochenende in Berlin mit dem Fahrrad fahren, finden auch in der Innenstadt mit ihren oftmals engen Straßenlagen eine Fahrradverkehrsinfrastruktur vor, die in Deutschland beispielhaft ist. Sie ist gut entwickelt und wird weiterentwickelt und immer wieder auf den Prüfstand gestellt, auch unter dem Aspekt der Förderung der anderen Verkehrsmittel wie Bus und Bahn, Pkw und Lkw, eben ohne Ideologie, ohne Bevormundung wie bei den Grünen.

[Lachen von Benedikt Lux (GRÜNE) – Zuruf von Stefan Gelbhaar (GRÜNE)]

Das unterscheidet diese Koalition von der Opposition der Grünen.

Die Koalition dagegen setzt auf das Konzept des Ausgleichs und des Miteinanders beim Verkehr in Berlin. Das gilt auch für das längst bestehende Fahrradverkehrskonzept des Senats und das Handeln der Koalition aus SPD und CDU. Deswegen ist dieser Antrag komplett entbehrlich.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Friederici! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort Herr Abgeordneter Baum. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Präsidentin! Geehrte Kollegen und Gäste! Das finde ich wahnsinnig, dass die CDU durchgesetzt hat, dass man endlich bei der BVG in den Bussen die Fahrräder mitnehmen kann. Das ist mir bisher noch gar nicht aufgefallen.