Soll er nun nur prüfen, oder soll er es gleich durchsetzen, oder wissen Sie dann schon die Antwort? Da wäre meine Bitte: Formulieren Sie nächstes Mal doch eindeutige Parlamentsanträge! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Buchholz! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Hämmerling. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Piraten! Schön, dass Sie diesen Antrag gestellt haben. – Meine Damen und Herren von der Koalition! Sie wollen doch
immer Metropole sein. Wenn Sie das sein wollen, dann müssen Sie auch etwas dafür tun. Die großen Metropolen wie Paris, London, New York haben die Pferdehaltung, diese Kutschpferde in der Stadt verboten.
Es ist einfach mal ein Fakt, dieses Verkehrsmittel stammt aus einer anderen Zeit. Es ist ein anachronistisches Verkehrsmittel, das in der heutigen Zeit nicht mehr wirklich etwas zu suchen hat. Und wer daran festhält, der verhält sich nicht metropolenaffin, sondern eher provinziell.
Pferdekutschen blockieren den Verkehr. Sie sind ein Sicherheitsrisiko, und sie sind ganz oft auch Tierquälerei. Wir führen diese Diskussion über Kutschpferde schon, ich glaube, drei oder vier Legislaturperioden. 2009 gab es dann diese Leitlinien, und für diese Leitlinien gilt wie so oft: Sie sind gut gemeint, aber leider nicht gut. Für Pferde hat sich seitdem kaum etwas verändert, sie müssen sich nach wie vor durch diesen dichten Stadtverkehr quälen, und das ist nicht gut. Haben Sie sich mal überlegt, welchen Strapazen die Pferde ausgesetzt sind, wenn Sie diese Tiere beispielsweise am Pariser Platz am Nachmittag sehen? Die sind von früh an unterwegs. Sie mussten von den Pferdeställen am Stadtrand im Berufsverkehr bis in die Innenstadt laufen. Sind sie vielleicht schon mal zwei Stunden über den Asphalt gelaufen? Weiß ich nicht! Wahrscheinlich eher nur die Marathon- oder Halbmarathonläufer von Ihnen.
Es gibt diese Leitlinien, in denen formuliert wird, die Pferde brauchen zwischendurch weichen Boden, um sich die Beine zu vertreten. Herr Buchholz hat es gesagt, diesen weichen Boden gibt es nicht. Der Tiergarten ist nicht freigegeben, und ansonsten ist kein Platz. Diese Leitlinien sind Murks. Wenn Sie sie beibehalten, machen Sie aus dem „t“ ein „d“, dann wird ein Schuh draus, oder ändern Sie diese Leitlinien in ein Verbot, oder denken Sie darüber nach, wie man die Leitlinien umformulieren kann. So geht es jedenfalls nicht. Ab und zu kollabiert mal ein Pferd auf der Straße. Das ist der Kollateralschaden Ihrer Leitlinie. Und das können wir jedes Jahr dann besichtigen.
Auch die Ständerhaltung von Pferden ist Tierquälerei. Das lernen die Kinder in den Reitschulen, habe ich gehört, sogar schon in den ersten Reitstunden. Und auch deswegen hat dieser Antrag unsere Sympathien. Lassen Sie uns dem Beispiel der wirklichen Metropolen Paris, London, New York folgen, und lassen Sie uns auf anachronistische Pferdehaltung verzichten! Unsere Stadt hat doch für alle, die eine individuelle und entspannte Stadtfahrt genießen möchten, ein viel besseres Angebot, die
[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Wolfgang Brauer (LINKE): Das müssen Sie mir erklären, warum Fahrradrikschas!]
Vielen Dank, Frau Hämmerling! – Für die CDU-Fraktion hat nun das Wort Frau Abgeordnete Seibeld! – Bitte sehr!
Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegin Hämmerling! Ein Verkehrsmittel, das aus einer anderen Zeit gefallen, zu langsam und gefährlich ist – ich habe für einen kurzen Moment gedacht, dass Sie von Fahrrädern reden, aber es waren tatsächlich die Pferdefuhrwerke.
Ich fange mit der Ständerhaltung an. Die Ständerhaltung – da gebe ich den Piraten völlig recht, nur der Antrag ist nicht sinnvoll – gehört in der Tat verboten. Es ist nicht artgerecht, und es gibt de facto in Berlin auch keine mehr. Ende der Neunzigerjahre sind in den letzten Schulstellen die Ständer alle abgerissen worden. Es sind Boxen daraus gemacht worden. Ich will nicht ausschließen, dass es den einen oder anderen quasi privaten Pferdehalter gibt. Dann muss man dem in der Tat nachgehen. Dafür brauchen wir keine neue Regelung.
Ständerhaltung gehört verboten, ist mit den Tierschutzgesichtspunkten nicht zu vereinbaren und findet auch in Berlin nicht mehr statt.
Im Übrigen, finde ich, hat der Antrag schon ein bisschen etwas von Realsatire. Ich nehme an, das mit den „Horden“ haben Sie nicht so ernst gemeint. Das sind weniger Hordentiere, sondern vielleicht doch eher Herdentiere. Die eine oder andere Horde befindet sich anderswo in Berlin, aber jedenfalls nicht bei den Pferden. Und mit den Lauftieren sind wahrscheinlich doch eher die Fluchttiere gemeint.
Dann kommen wir zu den Pferdefuhrwerken, die in Berlin unterwegs sind! Der Antrag liest sich typisch so, als wenn Großstädter meinen, dass sie aus menschlichen Gesichtspunkten beurteilen könnten, was für Tiere gut ist. Das ist allerdings nicht immer das, was dann für Tiere tatsächlich am Ende sinnvoll ist.
Das Laufen auf Asphalt beispielsweise ist für manche Pferde mit Hufeisen sowieso nicht das Schlechteste.
Jedes Pferd, das einmal einen Sehnenschaden hatte, wird jeden Tag mehrere Stunden auf Asphalt geführt, weil es die Sehnen der Pferde stärkt. Wir haben an der Avus reihenweise Pferdeställe, 24 Stunden am Tag Verkehrslärm. Dass es den Pferden schlechter geht, dass sie höhere Tierarztkosten haben oder kürzere Lebensdauern, auf die Idee ist noch keiner gekommen. Das gibt es im Übrigen auch nicht, sonst würde niemand 500 Euro für eine Box im Monat bezahlen. Also vieles von dem, was Sie in Ihrem Antrag stehen haben, hat mit der Realität von Pferdehaltung und den Bedürfnissen von Pferden leider wenig zu tun.
Ich habe im Vorfeld zu diesem Antrag mit zwei, drei Tierärzten, die sich ausschließlich auf Pferde spezialisiert haben, telefoniert. Auch die sagen, sie hätten überhaupt keine Bedenken. Pferde sind Nutztiere, sie müssen und sollen beschäftigt werden und müssen sich vor allem bewegen. Und so manches Sportpferd – in Anführungsstrichen –, das 23 Stunden am Tag in einer Box steht, ist sicher unglücklicher als manches Pferd, das vor einer Kutsche durch Berlin läuft.
Zu der Leitlinie, muss ich allerdings zugeben, gibt es schon den einen oder anderen Verbesserungswunsch, den ich hätte und den wir auch gerne im Rechtsausschuss besprechen können. Ich habe gar nichts dagegen, dass die Pferde morgens mit Anhängern in die Stadt gefahren werden. Ich glaube auch, dass das in der Regel die meisten Pferde überhaupt nicht stört. Dass die Pferde keinen freien Tag verbindlich in der Woche haben, das empfinde ich schon als Problem,
dass die Pferde nicht einen Tag haben, wo sie mal auf der Koppel stehen können und sich frei von Menschen bewegen können,
das, finde ich, ist schon etwas, was man nachbessern kann. Ob die Ruheplätze unbedingt auf naturbelassenem Boden sein müssen, das weiß ich nicht so richtig. Dass die Pferde allerdings nicht in Ruhe Raufutter fressen können und nicht in ausreichenden Mengen, wie Pferde es nun einmal brauchen, das empfinde ich auch als ein Problem. Das ist in der Tat etwas, was man mit den Bezirken klären muss. Dafür müssen die Voraussetzungen geschaffen sein. Das sind Dinge, über die man nicht diskutieren kann, weil das klar unter Tierschutzgesichtspunkten und auch aus veterinärmedizinischer Sicht ein Muss für Pferde ist. Grundsätzlich habe ich mit der Bewegung von Pferden und Pferdefuhrwerken in Berlin überhaupt kein Problem. Über die Details lassen Sie uns gerne im Rechtsausschuss reden, da können wir sicherlich an der Leitlinie noch das eine oder das andere verbessern. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Seibeld! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Platta. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als mich ein Freund fragte, was heute auf der Tagesordnung stehe, und ich Pferdekutschen sagte, sagte er gleich, na, da kannst du ja die ganze Kapitalismuskritik mit anbringen,
von Ausbeutung und Selbstausbeutung, Pferde als Betriebskapital, Marktanalyse, Angebot und Nachfrage usw. usf.
Nein, ich werde es nicht tun. Reden wir etwas sachlicher über das Thema! Berlin hat Probleme in der Innenstadt. Es ist laut, stickig, staubig, es gibt verstopfte Straßen, und im Sommer wird es zeitweise unerträglich heiß.
[Michael Dietmann (CDU): Allein die Innenstädte sind kapitalistischer Dreck! – Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]
Das sind Zustände, die für Mensch und Tier an der Lebensqualität nagen. Berlin ist aber auch eine Stadt, die Gegensätze und Geschichte aushält. In der Gebäudestruktur wird es besonders sichtbar. Hier haben wir schon neobarocke Schlösser und Gärten neben moderner Architektur und wollen weiter Hochhäuser in Stahl und Glas. Dass da einige Menschen auch den Wunsch haben, mit einem Fahrzeug aus längst vergessenen Tagen durch die Stadt zu fahren, hat das Geschäftsmodell Droschkenkutschen in der Innenstadt erst auf den Weg gebracht.
Das Miteinander von Mensch und Tier ist Alltag. Das Thema Pferde in der Stadt ist auch hier im Parlament schon durch mehrere Ausschüsse gegangen. Einen Beschluss zum Pferdesport haben wir heute gerade schon auf der Tagesordnung gehabt. Es kam nicht zur Diskussion, aber es war drauf. Die Probleme bei Kutschpferden haben uns 2009 die Berliner Leitlinien für Pferdefuhrwerksbetriebe beschert. Und 2012 stand im Bericht des Tierschutzbeauftragten Dr. Lüdcke zu diesem Thema noch Folgendes, ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin: