Protocol of the Session on November 27, 2014

[Ole Kreins (SPD): Österreich ist nicht Deutschland!]

Wir haben außerdem auch einen Antrag eingebracht – vor einem Jahr. In dem geht es um die Flüchtlingsfrauen und Flüchtlingsmädchen und darum, dass die unseren besonderen Schutz brauchen. Darüber haben wir heute schon ganz zu Anfang gesprochen. Wir haben über Flüchtlinge gesprochen. Wir werden unter den Prioritäten – bei der Priorität 3.1 – über Flüchtlinge reden. Bitte sehen Sie sich diesen Antrag auch noch mal an! Ich freue mich auf die Beratungen zu Ihrem Antrag, die jetzt anstehen, und wir werden unsere Anträge, die zahlreich sind, hinzuziehen. Ich hoffe, dass wir dann zu einem guten Abschluss und am Ende des nächsten Jahres auch zu einer auskömmlichen Finanzierung all dieser wunderbaren Projekte kommen. – Ich danke Ihnen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die CDU jetzt Frau Vogel – bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gewalt gegen Frauen ist kein Kavaliersdelikt. Gewalt

gegen Frauen ist eine Menschrechtsverletzung. Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 lautet:

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.

Mit diesem Artikel wurde die Gleichstellung der Geschlechter als Menschenrecht festgelegt. Die Realität sieht jedoch oft anders aus. Am 25. November ist der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. 1999 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen dieses beschlossen und dazu aufgefordert, an diesem Tag Aktionen zu organisieren, um auf das Problem der Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen. Genau deshalb finde ich es wichtig und richtig, dass wir heute in der Aktuellen Stunde über dieses Thema sprechen.

Gewalt gegen Frauen hat viele Facetten. Sie kann jede Frau treffen – egal, wo sie lebt, woher sie kommt, wie alt sie ist oder welche Bildung sie hat. Es ist egal, wo sie arbeitet und wie ihre finanzielle Situation ist. Gewalt gegen Frauen passiert überall auf der Welt, jeden Tag. Besonders betroffen sind Krisen- und Kriegsgebiete. Massenvergewaltigungen und Folter werden als Mittel der Kriegsführung eingesetzt. Seit 2008 werden deshalb Vergewaltigungen im Krieg als Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen anerkannt und strafrechtlich verfolgt. Aber nicht nur in Kriegen sind Frauen Opfer von Gewalt. Bis heute werden überall auf dieser Welt täglich Tausende Frauen vergewaltigt, gefoltert oder gesteinigt. Ihre Genitalien werden verstümmelt. Frauen werden zur Prostitution gezwungen. Frauen werden zwangsverheiratet und Opfer von sogenannten Ehrenmorden.

Noch immer sterben mehr Frauen an den Folgen geschlechtsspezifischer Gewalt als an anderen Menschenrechtsverletzungen. Erst vor wenigen Monaten wurde eine Studie der EU veröffentlicht, die bestätigt, dass jede dritte befragte Frau schon einmal Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt und jede zwanzigste Frau Opfer eine Vergewaltigung wurde. Körperliche, sexuelle und psychische Gewalt gegenüber Frauen ist eine gravierende Menschenrechtsverletzung, die leider auch in allen EUMitgliedsstaaten anzutreffen ist. Es trifft nicht einige wenige Frauen, sondern die gesamte Gesellschaft. Auch in Deutschland erleben Frauen tagtäglich Gewalt, Nötigungen, Belästigungen, Vergewaltigungen. Nicht selten geschieht dieses im nahen sozialen Umfeld, und immer wieder sind auch die Kinder mit betroffen. Sie erleben die Gewalt mittelbar oder werden selbst zum Opfer. Laut deutscher Polizeistatistik wurden 2013 in Deutschland 46 793 Fälle von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung gemeldet, davon 7 408 Fälle von Vergewaltigung oder schwerer sexueller Nötigung. Über 90 Prozent dieser Taten richten sich gegen Frauen.

(Anja Kofbinger)

Wann ist eine Vergewaltigung eine Vergewaltigung? Wie heftig muss sich eine Frau wehren, damit unfreiwilliger Geschlechtsverkehr als Vergewaltigung beurteilt oder verurteilt wird? Vergewaltigung im Sinne des aktuellen deutschen Strafrechts liegt nur vor, wenn der Täter zusätzliche Gewalt anwendet, mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben droht oder eine schutzlose Lage des Opfers ausnutzt. Ein deutliches Nein reicht also nicht.

Die Rechtsprechung in Vergewaltigungsfällen in Deutschland ist umstritten. Die Verurteilungsquote ist sehr niedrig, was zu einer katastrophalen Situation für die Frauen führt, die Opfer einer Vergewaltigung werden. Kaum ein Verbrechen in Deutschland wird so selten bestraft wie Vergewaltigung. Unabhängige Studien gehen davon aus, dass gerade einmal 5 Prozent der Straftaten angezeigt werden. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache kann man von ca. 160 000 Vergewaltigungen pro Jahr ausgehen. Drastisch ausgedrückt heißt das: Alle drei Minuten wird in Deutschland eine Frau vergewaltigt. – Dieser Zahl stehen aber lediglich 1 000 Verurteilungen gegenüber. Das ist ein unhaltbarer Zustand, wie ich finde.

Um Vergewaltiger leichter bestrafen zu können, muss § 177 des Strafgesetzbuches geändert werden. Die Justizministerkonferenz beschloss daher am 6. November 2014 die Empfehlung an den Bundesjustizminister, eine Ergänzung zu § 177 dahin gehend vorzunehmen, dass jede vorsätzliche, nicht einvernehmliche sexuelle Handlung unter Strafe gestellt wird. Meine Fraktion begrüßt diesen Beschluss der Justizministerkonferenz und hat deshalb den heutigen Antrag „Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung auch strafrechtlich schützen!“ eingebracht. Auch die vom Bundesministerium geplante Neuregelung der psychosozialen Prozessbegleitung findet unsere volle Zustimmung, da es so möglich wird, den Opfern von Straftaten die emotionale und psychologische Unterstützung zu geben, die sie benötigen.

In Berlin wurden im Jahr 2013 insgesamt 15 971 Fälle häuslicher Gewalt bei der Polizei registriert. 2 431 Frauen und Kinder haben in den Berliner Frauenhäusern und Zufluchtswohnungen Schutz und Hilfe gesucht. 592 Fälle von Vergewaltigung und sexueller Nötigung gab es 2013 in Berlin. In 93 Prozent der Fälle waren Frauen und Mädchen betroffen. Diese Zahlen machen kurzzeitig sprachlos, aber auch wütend. Unser aller Anliegen muss es sein, Frauen besser vor Gewalt zu schützen.

[Allgemeiner Beifall]

Es gibt in Berlin ein breitgefächertes Hilfs- und Schutzangebot. Frau Kofbinger! Ihre Auffassung, dass alles unzureichend ist, teile ich hier in diesem Sinne nicht.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Aber es könnte besser werden!]

Seit Beginn dieses Jahres steht das auf Initiative von Bundesministerin Schröder eingeführte bundesweite

Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ zur Verfügung. Unter der Rufnummer 0800/116016 wird kostenfrei in 15 Sprachen an 24 Stunden pro Tag Hilfe angeboten. Zusätzlich gibt es das Angebot der Berliner Initiative gegen Gewalt, ebenfalls rund um die Uhr unter der Rufnummer 030/6110300 erreichbar. Wir haben Frauenhäuser, Zufluchtswohnungen, Frauenberatungsstellen und eine Vielzahl von Präventionsprojekten. Es existiert in Berlin ein dichtes Netzwerk für Frauen und Kinder, die Opfer von Gewalt wurden. Dieses Netzwerk haben wir auch finanziell abgesichert, und wir werden das auch weiterhin tun.

Seit Anfang dieses Jahres gibt es in Berlin eine Gewaltschutzambulanz, die es ermöglicht, die Spuren von Gewalttaten anzeigenunabhängig und gerichtsfest zu sichern. Diese Gewaltschutzambulanz ist ein Pilotprojekt. Über eine flächendeckende Ausweitung, wie sie im Antrag der Grünen gefordert wird, sollte man entscheiden, wenn erste Erkenntnisse zur Auswertung und zur Akzeptanz dieses Projekts vorliegen. Bis zum 30. Juni wird die Senatsverwaltung für Justiz berichten und ein Konzept vorlegen, welches die anonyme und anzeigenunabhängige Spurensicherung und auch die Verknüpfung mit psychosozialen Beratungs- und Betreuungsangeboten beinhaltet.

Meine Fraktion beantragt daher die Überweisung dieses Antrages in den zuständigen Ausschuss. Lassen Sie uns gemeinsam gegen Gewalt an Frauen agieren! Lassen Sie uns hinsehen und die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Gewaltverbrecher angezeigt und verurteilt werden! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Allgemeiner Beifall]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Frau Sommer das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin Sommer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Berlin sagt nein zu Gewalt an Frauen. Das sind nicht nur Worte. Wir in Berlin zeigen seit mehreren Jahren Flagge. Der 25. November ist der internationale Tag „Nein zu Gewalt an Frauen“. Seit fünf Jahren hissen wir vor dem Berliner Abgeordnetenhaus die Fahne „Frei leben ohne Gewalt“. Dies geht auf eine Initiative meiner Fraktion Die Linke und der überparteilichen Fraueninitiative zurück. Auch dieses Jahr hisste unser Präsident, Herr Wieland, zusammen mit der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes diese Fahne. Ich möchte Ihnen, Herr Wieland, herzlich dafür danken, dass Sie sich dieser wichtigen symbolischen Initiative angenommen haben. Vielen Dank!

(Katrin Vogel)

[Beifall bei der LINKEN, der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Es ist wichtig, dass eine solche Initiative nicht nur auf einen Tag beschränkt wird, sondern zu einer ernsthaften Politik der Bekämpfung von Gewalt an Frauen wird. Wir haben deswegen heute das Thema „Situation von Flüchtlingen“ eigentlich für die Aktuelle Stunde vorgeschlagen. Es betrifft insbesondere Frauen, die vor der sexuellen Versklavung und Gewalt fliehen mussten. Ich rede hier von Frauen, die insbesondere aus Syrien und dem Irak vor der Terrormiliz IS flohen. Die SPD-CDU-Koalition hingegen hat nichts Besseres zu tun, als einen Schaufensterantrag vorzuschieben und darin Prüfaufträge zu formulieren. Hier soll von einer Politik des Nichtstuns abgelenkt werden!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Gewalt gegen Frauen ist allgegenwärtig. Laut einer Studie des Bundesministeriums für Familie und Frauen werden mehr als die Hälfte aller Frauen mindestens einmal sexuell belästigt.

Aber auch sexistische Werbung ist ein Teil des Problems. Sie ist ein Angriff auf die Würde der Frauen. Deswegen legte Terre des Femmes in diesem Jahr den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf sexistische Werbung. Sie findet sich überall, selbstverständlich auch hier in Berlin. Terre des Femmes verlieh in diesem Jahr den Zornigen Kaktus, den ersten Preis für frauenfeindliche Werbung, an die Handballprofis Füchse Berlin. Auf der Werbung sehen wir spärlich bekleidete Frauen wie Hühner auf einer Stange, ein Handballfuchs leckt sich das Maul. „Hier ist unser Revier“ heißt es darunter. – Frauen als sexuelle Beute und Trophäe. Das Land Berlin fördert den Verein. Der SPD-CDU-Senat ist hier meines Erachtens in der Verantwortung, etwas zu tun,

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

aber tut wieder einmal nichts. Dies ist nur ein Beispiel dafür, dass der SPD-CDU-Senat es nicht ernst meint mit dem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Die regierende Koalition war nicht bereit, unseren Antrag für sexuelle Selbstbestimmung gegen die radikalen Abtreibungsgegner und ihren sogenannten Marsch fürs Leben zu unterstützen. Die Kollegin Frau Czyborra von der SPD hat das damit begründet, dass sie die pauschale Verurteilung der sogenannten Lebensschützer störe. – Was heißt hier pauschale Verurteilung? Die Initiatoren haben klare Aussagen gegen die sexuelle Selbstbestimmung der Frauen gemacht. Sie fordern ein Europa ohne Abtreibung und sprechen von Euthanasie und Holocaust. Da müssten eigentlich bei allen Alarmglocken läuten – aber nichts bei Ihnen, Frau Czyborra!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Die fadenscheinige Begründung widerspricht jedem Grundprinzip des sozialdemokratischen Feminismus. Das muss man auch hier feststellen. Frau Czyborra, ich bin immer noch fassungslos, dass Sie so eine Position vertreten haben!

Ein wichtiger Aspekt im Kampf gegen sexuelle Gewalt an Frauen ist die Stärkung einer Infrastruktur von Frauenhäusern und Antigewaltprojekten. Die SPD-CDUKoalition hat sich dabei nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Die Antigewaltprojekte sind nach wie vor chronisch unterfinanziert. Auch ist die Verweildauer von Opfern häuslicher Gewalt in den Frauenhäusern gestiegen, vor allem weil bezahlbarer Wohnraum schwer zu finden ist. Das führte dazu, dass diese überfüllt sind und Opfer von Gewalt nun in Frauenhäuser nach Rathenow verwiesen werden. Nicht wenige dieser Frauen haben einen Migrationshintergrund. Bitte, wie sollen sie sich in den brandenburgischen Kleinstädten zurechtfinden? Sie haben hier in Berlin ihre sozialen Netzwerke.

Ein weiteres Beispiel: Das Krisenberatungszentrum LARA, es wurde hier auch schon erwähnt, ist das einzige seiner Art in Berlin. LARA berät und begleitet Frauen, die sexuelle Gewalt erfahren haben. Mit nicht einmal fünf Vollzeitstellen und einem gedeckelten Budget von der Senatsverwaltung für Frauen ist dieses Beratungszentrum an die Grenzen seiner Kapazität gekommen. Für Berlin als Hauptstadt ist das schon ein Armutszeugnis, zumal die Zahl der sexuellen Übergriffe stetig steigt. Das weiß auch die Frauensenatorin, und da würde ich sie auffordern, diese Stelle, die noch offen ist, zu gewähren. Denn sie machen wirklich eine gute Arbeit.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Meine Damen und Herren von der Koalition! Wieso setzen Sie sich nicht konkret im Land Berlin dafür ein, dass es mehr Hilfsangebote für Opfer von sexueller Gewalt gibt? Wie gesagt, LARA bräuchte dringend eine weitere Vollzeitstelle. Aber nein, Sie stellen Schaufensterprüfanträge, die vor allem auf die Bundesebene zielen, aber mit der Realität in unserer Stadt kaum etwas zu tun haben. Und wer soll aus dieser Regierung bitte schön schlau werden?

Unseren dringlichen Antrag „Sexuelle Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht“, wir haben das auch Ihnen gesagt und hier besprochen, haben Sie in den Ausschuss überwiesen und damit überflüssig gemacht. Und nun stellen Sie hier einen dringlichen Antrag. Zunächst wollten Sie hier sofort abstimmen, aber ich bin froh, dass Sie sich das noch mal überlegt haben, dass wir hier diesen Antrag im Ausschuss gründlich besprechen, weil es Gesetze betrifft,

die auf Bundesebene gerade novelliert bzw. geprüft werden.

Ich möchte aus dieser Sammlung von Prüfaufträgen zum Schluss nur einen einzigen Punkt herausgreifen und darlegen, wie Sie mit konkreten Anträgen umgehen. Der Senat wird in Ihrem Antrag aufgefordert, zu ermitteln – ha, ha, ha, diesmal nicht prüfen, sondern ermitteln; das ist schon mal etwas! –, ob das Land Berlin Schutz der Opfer ergreifen muss, um die Täter nach § 177 StGB verfolgen zu können. Im Antrag der Regierungskoalition bleibt jedoch die Problematik des § 177 Strafgesetzbuch völlig unbenannt. Auf die Lückenhaftigkeit des Paragrafen wird lediglich in der Begründung verwiesen, dies allerdings im Antrag überhaupt nicht angeführt oder kritisiert. Ich finde, das ist absurd. Mehr kann man dazu nicht sagen.

Juristinnen fordern schon längst, § 177 StGB, der die Strafbarkeit nicht einvernehmlicher sexueller Handlungen regelt, zu novellieren. Aber auch – wie meine Kollegin Kofbinger das gesagt hat – § 179 StGB muss unbedingt geändert werden, denn nach diesem Paragrafen wird ein Täter geringer bestraft, wenn er eine Frau mit Behinderung vergewaltigt. Das ist ein Freibrief für die Vergewaltigung von Frauen mit Behinderung. Ich finde, dass das ein Skandal ist.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Und Ihr Antrag von der Koalition nimmt darauf keinen Bezug. Das wiederum halte ich auch für einen Skandal. Das muss man auch noch mal hier feststellen.

Zum Schluss einige Worte zu unserem Antrag, die anonyme anzeigenunabhängige Spurensicherung in Berlin einzuführen. Ich finde, dieser Antrag ist längst überfällig, weil dies in den meisten Bundesländern bereits Praxis ist, nur eben nicht in Berlin. Die Anzeigebereitschaft der Opfer sexueller Gewalt ist aufgrund von Traumatisierung sehr gering. Im Falle einer späteren Anzeige kann jedoch auf gerichtfeste Spurensicherung nicht mehr zurückgegriffen werden, wodurch Täter oft straffrei bleiben. Wenn eine anzeigenunabhängige Spurensicherung vorgenommen würde, stiegen die Chancen enorm, Täter auch bei einer späteren Anzeige zu bestrafen. Ich bitte Sie darum, unseren Antrag, wenn er in den Ausschuss überwiesen wird, zu unterstützen und so den Opfern von sexueller Gewalt zu helfen und die Täter zu bestrafen. Denn genau die anonyme anzeigenunabhängige Spurensicherung ist ein wichtiger Bestandteil des strafrechtlichen Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung, wie Sie das in Ihrem Antrag übrigens auch fordern. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Danke schön, Frau Kollegin! – Für die Piratenfraktion jetzt Herr Kollege Kowalewski – bitte schön, Herr Kollege!

[Dirk Behrendt (GRÜNE): Die Frau der Piraten!]

Herr Präsident! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Am Dienstag war der Internationale Tag zur Beseitigung der Gewalt an Frauen, der seit 1981 jährlich am 25. November begangen wird und 1999 auch von den Vereinten Nationen aufgegriffen wurde. Leider ist dieser Tag immer noch so aktuell wie vor einem Vierteljahrhundert. Dieses Jahr stand der Tag unter dem Motto: Schluss mit Sexismus in der Werbung.

Seitdem die Werbebranche entdeckt hat, dass gegendertes Marketing zu höheren Verkaufszahlen führt, gibt es in der Werbung keine Kinder mehr, sondern nur noch Mädchen und Jungen, die unterschiedliche Spielsachen und unterschiedliche Mathebücher bekommen. Es gibt auch keine Menschen mehr, sondern nur noch Männer und Frauen, die unterschiedliche Kartoffelchips essen und unterschiedliche Mobiltelefontarife nutzen. Was sich von der dauernd auf alle einprasselnden Werbeflut letztlich im Kopf festsetzt, ist das: Echte Männer sind so und tun dies, echte Frauen sind so und tun das. – Das, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist Gewalt. Menschen wird eingeredet, falsch zu leben, wenn sie ihre eigenen Wünsche ausleben, statt sich an völlig aus der Luft gegriffenen Rollenmodellen zu orientieren.