Protocol of the Session on November 13, 2014

(Ülker Radziwill)

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Deshalb: Schluss mit dem Stillstand! – Wenn übrigens in einer Ehe gar nichts mehr geht, dann sollte man irgendwann vielleicht auch gehen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Die Erwiderung von Frau Kollegin Radziwill – bitte schön!

Frau Schmidberger! Ich weiß nicht, ob Sie verheiratet sind. Das habe ich jetzt noch nicht in Ihrer Biografie nachgeschaut.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Das geht Sie auch gar nichts an! – Weitere Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

Aber in einer Ehe geht es auch darum, in guten wie in schwierigen Zeiten miteinander zu ringen und gute Wege zu gehen.

[Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

In diesem Sinne stehen wir zu dieser Koalition, und wir geben uns viel Mühe, unseren Koalitionspartner hierbei zu überzeugen.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Sie haben längst Gütertrennung vereinbart!]

Liebe Frau Schmidberger! Regen Sie sich nicht so toll auf! Das tut auch Ihrem Kreislauf nicht gut. Also ganz ruhig! Ich bin der Auffassung, dass sich meine Argumentation nicht widersprochen hat. Im Gegenteil: Wir beide sind doch auf der gleichen Seite. Wir kämpfen für das gleiche Ziel. Sie müssten mich doch eher loben, mich unterstützen und sagen: Jawohl, Frau Radziwill, Sie haben die richtigen Argumente vorgetragen. – Das würde ich mir von einer Frau Schmidberger wünschen, die zukünftig auch mit einer SPD regieren möchte. Wir drücken hier auf die Tube. Da können Sie sicher sein.

[Lachen bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Herr Senator Müller hat es schon mehrfach eingefordert,

[Heidi Kosche (GRÜNE): Welche Tube denn?]

auch klar zum Ausdruck gebracht. Die Verordnungen sind alle fertig geschrieben. Wir könnten sie theoretisch sofort umsetzen, aber es geht nur gemeinsam mit unserem netten und von uns hochgeschätzten Koalitionspartner. Also bitte ich Sie an dieser Stelle auch um ein bisschen Ruhe und Geduld. Wir haben schon viele Sachen gemeinsam umgesetzt, die in der Mietenpolitik gut sind, und das

lassen wir von Ihnen hier nicht schlechtreden. – Vielen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Lachen bei den GRÜNEN]

Vielen Dank, Frau Radziwill! – Für die Linksfraktion hat nun das Wort Frau Abgeordnete Lompscher – und auch nur sie.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Radziwill! Ich habe echt Mitgefühl mit Ihnen,

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

aber zu den ganzen Aphorismen, die Sie hier vorgetragen haben, fällt mir noch ein Spruch ein, der zeitgeschichtlich auch nicht von der Hand zu weisen ist, nämlich: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Es ist tatsächlich ein Trauerspiel. Die CDU bremst und blockiert die Umwandlungsverordnung als zentrales wohnungspolitisches Instrument. Das hat Frau Radziwill sehr ausführlich dargestellt. Die SPD hat dies übrigens bis 2011 getan und ist möglicherweise nicht mal böse, dass die CDU jetzt diese Rolle übernommen hat. Aber zu Ihren Gunsten möchte ich annehmen, dass Sie Ihre Position überprüft haben und nun an der CDU nicht vorbeikommen.

Der Zwischenbericht der Koalition zum Antrag der Grünen ist jämmerlich. Behauptet wird hier, wegen der Mietpreisbremse bestehe Klärungsbedarf. Das haben Sie dankenswerterweise auch noch mal zitiert. Aber das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun. Es ist kein Geheimnis, dass diese Koalition in vielen Fragen nicht einig, also nicht politikfähig ist. Dann sollte sie uns aber bitte mit diesem Unsinn verschonen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Mit der überfälligen Verordnung könnten Bezirke in Milieuschutzgebieten die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen unterbinden. Aktuell werden massenweise Altbauten von kleinen und großen Finanzinvestoren aufgekauft, und die haben nur das Interesse, die Objekte aufzuwerten, zu filetieren und dadurch Kasse zu machen, Stichwort Betongold. Aufwendige Modernisierungsmaßnahmen, satte Mieterhöhungen sollen entweder den Kaufpreis hochtreiben oder wieder einspielen, oder der neue Eigentümer will die Wohnung selbst nutzen. Mieterhöhungen, Modernisierungsankündigungen, Eigenbedarfskündigungen sind die Folge. Mieterinnen und Mieter geraten unter Druck, und manche gehen dabei in

(Katrin Schmidberger)

die Knie. Die SPD sollte sich klarmachen, dass sie sich von der CDU auf der Nase herumtanzen lässt, und das auf Kosten der Mieterinnen und Mieter.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Oliver Höfinghoff (PIRATEN)]

Gut ist zwar, dass es den verlängerten Kündigungsschutz gibt, mittlerweile für ganz Berlin und für zehn Jahre. Doch auch dieser hilft eben nicht gegen Schikane, rabiate Vermietermethoden, überzogene Baumaßnahmen und den Verdrängungsdruck. Deshalb brauchen wir die Umwandlungsverordnung, damit wir die Wohnbevölkerung tatsächlich schützen können. Die lange Vorgeschichte und die peinliche Vorstellung der Koalition beginnen nicht erst mit der Einbringung des Antrages der Grünen am 28. August 2013. Da sind zahlreiche Vertagungen durch die Koalition aufzuzählen, was an dieser Stelle entbehrlich ist, zumal Frau Schmidberger das getan hat. Diese lange Vorgeschichte ist wichtig und interessant. Deshalb hier ein kurzer Rückblick.

Eine Anhörung im Bauausschuss im März 2011 – damals gehörte ich ihm noch nicht an – hatte ergeben, dass Hamburg mit diesem Instrument sehr gute Erfahrungen hat und die Zahl der Umwandlungen zurückgegangen ist. Zudem würden die Bezirke motiviert, das Instrument der Milieuschutzverordnung aktiver zu nutzen, die ja ohne die Umwandlungsverordnung ein bisschen zahnlos ist. Nicht zu unterschätzen sei das Signal an den Wohnungsmarkt, die Verordnung nehme Druck aus den betroffenen Kiezen. In rot-roten Zeiten war bekanntlich nicht mehr drin als die Verlängerung und Ausweitung des Kündigungsschutzes – leider –, aber bereits im April 2012 stellte die Linksfraktion den Antrag „Umwandlungsverordnung für Berlin“. Am 16. Mai 2012 wurde dieser im Ausschuss debattiert. Die Koalition bat damals auch wegen Klärungsbedarf um Vertagung. Geklärt wurde offenbar nichts, denn der Antrag wurde am 14. November 2012 ohne größere Aussprache schlichtweg abgelehnt.

Am 22. November 2012, eine reichliche Woche später, keine Ahnung, woher diese zeitliche Nähe kommt, lud die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt zu einem Fachgespräch ein, Titel: Welchen Beitrag kann die Umwandlungsverordnung für die sozialen Erhaltungsgebiete in Berlin leisten? – Ergebnis: Die Kombination von Milieuschutz und Umwandlungsverordnung sei ein wirksames Instrument, um die Bevölkerung in den Gebieten zu halten und negative städtebauliche Entwicklungen abzuwenden. Das Instrument sei nach den Erfahrungen in Hamburg und München rechtssicher. Der Verwaltungs- und Personalaufwand sei überschaubar, das Instrument Baustein eines Gesamtpaketes, an dem Senat sowieso arbeite. Aha, so ist das also. Vor zwei Jahren ist das das Ergebnis gewesen, und wo sind wir heute?

Wir erwarten von Michael Müller, dass er als designierter Regierender Bürgermeister schon vor seinem Amtsantritt ein Zeichen für die Mieterstadt Berlin setzt. Das ginge

sofort, wie wir seit der Antwort auf meine Frage im Plenum von 21. November 2013 wissen. Der Text sei fertig ausgearbeitet und der Abstimmungsvorgang im Senat dazu eingeleitet. Das war damals die Antwort. Woran es scheitert, kann Herr Brauner dann vielleicht ausführen. Wenn Herr Müller das jetzt nicht hinbekommt, dann soll er gefälligst nach seiner Wahl zum Regierenden Bürgermeister seine Richtlinienkompetenz nutzen und die Umwandlungsverordnung umsetzen. Unsere Unterstützung hat er dafür. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Lompscher! – Für die CDU-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Brauner. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Tat, die Umwandlungsverordnung haben wir hier schon ein paar Mal debattiert und auch schon im Plenum entschieden. Wir hatten hierzu einen Antrag, Frau Lompscher hat es gesagt, besprochen und auch im Plenum entschieden. Gemeinsam mit der Koalition haben wir ihn abgelehnt. Insofern hätte es dieses Zwischenberichts gar nicht bedurft, da es eine entsprechende Meinungsfindung in der Koalition und ein Abstimmungsverhalten im Plenum hierzu auch schon gegeben hat. – Das zu der Abstimmungssituation im Plenum.

Jetzt kommen wir zu den wohnungspolitischen Fakten oder Mythen. Ich habe beinahe den Eindruck, dass hier mindestens drei, vielleicht auch vier Fraktionen, an dieser Stelle noch ein bisschen Input benötigen. Ein Instrument, das vielleicht politisch gewollt ist, aber im täglichen Geschäft nicht wirklich hilft, dafür aber den Leuten Sand in die Augen streut und einen Schutzmechanismus erklären will, den es gar nicht gibt, ist schädlich.

[Steffen Zillich (LINKE) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Das ist der Grund, weshalb ich persönlich an dieser Stelle – nein, keine Zwischenfrage –, auch wiederholt sehr deutlich gemacht habe: Wir sind in der Koalition bewusst andere Wege gegangen, die wohnungspolitisch sinnvoll und vernünftig sind. Wir haben mit dem Bündnis angefangen, wir haben danach mit dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz weitergemacht, wir haben den Kündigungsschutz in ganz Berlin auf zehn Jahre ausgedehnt – das stärkste Schwert, das es an der Stelle gibt –, und wir haben noch ein Vorkaufsrecht eingeführt. Das sind die Dinge, die wir auf der Schutzseite getan haben, und das sind die Instrumente, die auch wirkungsvoll sind.

(Katrin Lompscher)

Frau Schmidberger! Sie gaukeln in Ihrer Beschreibung vor, dass es für ganz Berlin gilt. Das stimmt eben nicht. Es gilt nur in Milieuschutzgebieten.

[Zurufe von den GRÜNEN und den PIRATEN]

Davon haben wir in Berlin 17 Stück, 17 Milieuschutzgebiete. Das sind vielleicht 100 000 Wohnungen. In diesen 17 Milieuschutzgebieten verlieren unsere Bezirke regelmäßig die Prozesse gegen Investoren. Das heißt, dieser Schutz ist schon sehr löchrig. Für die Untersuchungen, die qualitativ dafür nötig wären, haben die Bezirke selten finanziell ausreichende Mittel, um sie zu realisieren. Fakt ist: Es ist nicht rechtssicher.

Jetzt nehmen Sie dieses Instrument und wollen den Menschen erzählen, dass es etwas bringe. Ich will Ihnen mal was zu Hamburg sagen, ich kann mich sehr gut an die Anhörung im Bauausschuss erinnern. Der Vertreter Hamburgs hat gesagt: Ja, wir haben das für einen sehr kleinen Bereich gemacht – und hat danach ein bisschen über die Wirkung erzählt. Es gab einen Effekt beim Thema Umwandlung, aber er hat gleichzeitig Folgendes gesagt: Wir haben in einer Langzeitstudie die Mieten verglichen. Bevor wir das Milieuschutzgebiet definiert haben, lagen dort 40 Prozent der Mieten über dem Durchschnitt. Zehn Jahre später, mit Aufhebung des Milieuschutzgebietes, waren über 60 Prozent der Mieten in den definierten Gebieten über dem Hamburger Durchschnitt.

Es wird Ihnen also an der Mietenfront gar nicht helfen, wenn die Entwicklung in der Stadt so ist, wie sie ist, nämlich wenn eine starke Nachfrage passiert. Deswegen hat Hamburg danach angefangen, eine massive Neubaupolitik zu betreiben, und das ist genau das, was Senator Müller und wir in der Koalition jetzt auch tun, und zwar schon massiv. Seit wir angefangen haben, haben wir über die Instrumente der Neubauförderung gesprochen. Wir haben die Bezirke gestärkt. Wir sind jetzt bei über 12 000 Baugenehmigungen, um genau das zu tun, was Hamburg erkannt hat: Sie kriegen den Wohnungsmangel nicht mit Verboten, sondern nur mit Neubau in den Griff. Anders wird es nicht funktionieren.

Das, was Sie hier darstellen, dass dieses Instrument wirklich schützt: Es mag eventuell bei der Umwandlung schützen. Auch da gibt es Regeln, die in Hamburg gelten. Wenn Sie den Schutz der Mieter durch ein Vorkaufsrecht garantieren, können Sie auch umwandeln. Deswegen gibt es auch in Hamburg in den Milieuschutzgebieten weiterhin Eigentumsumwandlungen, und die Mieten steigen dennoch weiter. Das, was Sie suggerieren, wird nicht eintreten, und deswegen ist es aus meiner Sicht ein total verfehltes Instrument. Lassen Sie uns lieber an den Punkten weiterarbeiten, die Sie genannt haben, nämlich an der Wohnungsneubauförderung und den Instrumenten, wie wir sie im Wohnungsbestand einsetzen können!

Für mich ist deshalb die Umwandlungsverordnung eine leichte Nebelkerze mit dem Potenzial, den Menschen

etwas Falsches zu suggerieren. Sie schützt nicht vor Verkauf; sie schützt nicht vor Mietsteigerungen. All das ist nicht da. Was Sie wirklich tun und was wir an Schutzinstrumenten brauchen, das haben wir getan: Wir haben auf ganz Berlin den Kündigungsschutz wegen Eigenbedarfs auf zehn Jahre erweitert. Das ist das wichtigste Instrument, das wir in diesem Fall haben. Das haben wir erfolgreich hier in der Stadt umgesetzt, und Sie sehen es ja auch: Das Neubauprogramm läuft vernünftig an, und unsere städtischen Gesellschaften berichten sehr eindrucksvoll, wie das Bündnis für Wohnen gut funktioniert und von den Mieterinnen und Mietern angenommen wird. An diesen Punkten sollten wir weiterarbeiten, anstatt einem Instrument nachzuhängen, das die Bezirke nicht rechtssicher vereinbaren können, löchrig wie ein Schweizer Käse ist und obendrein keinen Schutzmechanismus hat. In Hamburg waren die Mieter um 60 Prozent höher als vorher – das ist kein wirkungsvolles Instrument und rechtfertigt auf gar keinen Fall die Debatten, die wir hier seit Monaten führen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]