Protocol of the Session on November 13, 2014

Wunderbar! – Ich kann Ihnen meine Rede mal zeigen, Herr Reinhardt! Ich habe, während Sie geredet haben, handschriftlich viele Bemerkungen hineingeschrieben,

[Oh! von den Piraten]

zum Beispiel „Unverschämtheit“ und „bodenlose Frechheit“. Was habe ich noch hineingeschrieben? – Zum Beispiel „eine Vorverurteilung“ und Sonstiges.

[Lachen bei den GRÜNEN]

Sie sind ziemlich frech mit Ihren Behauptungen. Aber wir kennen uns nun schon ein bisschen. Man kann auch aus dem Verhalten der Redner in der Vergangenheit Sachen ableiten. Das musste ich hier nicht mal hineinschreiben, wir kennen Sie, Herr Reinhardt. Nicht jeder, der laut schreit, hat am Ende des Tages recht. Wir möchten das alles hier korrekt und ordentlich bearbeiten, deswegen wird es am Montag in der Ausschusssitzung korrekt und ordentlich behandelt werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Danke schön! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen jetzt Frau Kollegin Bayram. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Tatsächlich hatten wir gestern eine lange Sondersitzung des Sozialausschusses, aber so richtig inhaltlich aufklären konnten wir den Sachverhalt nicht. Denn die Frage, die ich heute schon mal gestellt habe: Wie viel von dem Geld, das wir als Haushaltsgesetzgeber bewilligen, kommt tatsächlich bei den Flüchtlingen an? –, ist immer ein ganz sensibles Thema bei Gruppen wie Obdachlosen, Flüchtlingen, aber auch anderen Gruppen, wo der Staat einen gesetzlichen Auftrag hat. Dort heißt es nicht automatisch, dass jeder, der das Geschäft betreibt, es auch im Sinne derer betreibt, die davon profitieren sollen. Ich will nur mal erwähnen, dass in der „BZ“ ein Artikel stand, aus dem klar hervorgeht, dass der PeWoBe 30 000 Euro erlassen wurden, obwohl nach dem Gesetz nicht nachgewiesen wurde, dass ihnen dieses Geld geschenkt werden darf. Das ist ein Problem, das ist ein Fall, aber ich kann mir vorstellen, dass es nicht der einzige ist. Ich weiß wirklich nicht, welches Auto der Geschäftsführer der Gierso fährt und ob er irgendwann einmal fotografiert wird, wie wir es bei Harald Ehlert und seinem DienstMaserati hatten. Aber spätestens dann wäre ein Aufschrei groß, heute chic abgebildet in der „BZ“, das hat der Kollege von den Piraten schon gesagt.

Worum geht es bei all diesen Fragestellungen, die im Raum sind? Geht es darum, dass wir einem Präsidenten einer oberen Landesbehörde etwas nachzuweisen versuchen? Geht es darum, dass wir die menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen voranbringen wollen,

[Beifall bei den GRÜNEN]

oder brauchen wir eine Neuaufstellung bei der Thematik Unterbringung von Flüchtlingen? Und wie finanzieren wir das? – Der Senator hat gesagt, er wünsche sich mehr finanzielles Engagement bei der Zurverfügungstellung von Gebäuden – die wären mir natürlich lieber als diese Container. Da will er mehr finanzielles Engagement. Da sind wir Haushaltsgesetzgeber, das heißt, wir alle sind gefragt, auch Sie, Frau Kollegin Radziwill. Wenn der neue Finanzsenator von Herrn Müller benannt wird, bin ich gespannt, ob dieser, wie der aktuelle Finanzsenator es in Gesprächen, aber auch hier schon mal gesagt hat, tatsächlich Geld dafür zur Verfügung stellt. Auch daran werden wir Sie messen, nicht nur an der Verteidigungsrede heute.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Heiko Herberg (PIRATEN)]

Ein Hauptproblem ist, dass ein Drittel der Tagessätze, die den Betreibern erstattet werden, Baukostenerstattungen sind. Dann bleiben zwei Drittel für die Flüchtlinge, und

das reicht vorne und hinten nicht. Deswegen haben wir desolate Zustände.

Fairerweise muss ich aber sagen, Kollege Reinhardt, dass nicht jeder Jurist eine Piratenmeinung hat. Die Rechtsansicht im Hinblick auf eine leichte Auflösung des Vertrags kann vielleicht Probleme aufwerfen, denn all die Pflichtverletzungen, die Sie erwähnt haben, muss man nachweisen. Und dann müssen die Nachweise auch noch vom Gericht bestätigt werden. Wie so etwas misslingen kann, haben wir in Bezug auf den früheren Geschäftsführer der Flughafengesellschaft gesehen. Dass das Land Berlin diesen privaten Betreibern dann noch Schadensersatzzahlungen leisten muss, halte ich für genauso überflüssig und unnötig. Das heißt: keine schnellen Antworten, wir müssen an dem Thema weiterarbeiten, und wenn es geht, konstruktiv und nicht mit Scheindebatten oder überflüssigen Angriffen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Udo Wolf (LINKE)]

Schönen Dank! – Für die CDU-Fraktion – Herr Kollege Krüger!

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Der Antrag, der uns vorliegt, scheint mir widersprüchlich zu sein. Auf der einen Seite fordern Sie lückenlose Aufklärung, ob Herr Allert die Betreiberfirmen seines Patensohns bezüglich Vergabe und Kontrolle bevorzugt hat. Das wollen wir auch. Da haben wir gestern in der Sitzung – das wurde hier angesprochen – einen guten Anfang gemacht. Sowohl Herr Czaja als auch Herr Allert haben umfassend Auskunft gegeben, und wir haben – das wussten wir schon vorher – gestern bestätigt bekommen, dass die Innenrevision des Landesamts für Gesundheit und Soziales und der Rechnungshof damit beauftragt sind, die Hintergründe unabhängig zu ermitteln.

Bis zu diesem Ergebnis – und da kann ich nur an Frau Radziwill anknüpfen – gilt nach unserem rechtsstaatlichen Verständnis, dass Vorverurteilungen nicht angemessen, nicht möglich sein dürfen. Ohne aber diese Ergebnisse und dann ihre parlamentarische Würdigung abzuwarten, stellen Sie als Antragsteller schon das Ergebnis für sich selbst fest. Damit machen Sie wie gestern in der Sitzung eine Vorverurteilung, was wir nicht akzeptieren können.

Ich kann bei der Gelegenheit auch nur darauf hinweisen: Aufgrund einer Anzeige ermittelt die Staatsanwaltschaft seit Monaten. Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ist nach unserem Kenntnisstand bisher nicht erfolgt. Das müsste Ihnen auch zu denken geben.

[Martin Delius (PIRATEN): Gibt uns auch zu denken!]

Sie verlangen hier und heute, dass keine weiteren Aufträge an Gierso und PeWoBe vergeben werden dürfen,

[Martin Delius (PIRATEN): Genau!]

ja sogar, dass die Firmen bei der Neuvergabe generell ausgeschlossen werden sollen.

[Zuruf von Fabio Reinhardt (PIRATEN)]

Hören Sie mir doch mal zu! Das wäre doch einmal richtig schön. – Dazu haben Sie zwei Begründungsstränge aufgezeigt. Der eine: Die angesprochenen Firmen würden zwölf von 48 Flüchtlingsheimen betreiben, das sei eine „marktbeherrschende Stellung“. Zum Zweiten sagen Sie, beide Bewerber hätten vom Flüchtlingszuwachs profitiert. Nun kann ich bei einem Viertel keine Marktbeherrschung erkennen, aber da mögen wir unterschiedliche Auffassungen haben. Aber vom Zuwachs der Asylbewerberzahlen haben nun alle Firmen, die in diesem Bereich tätig sind, profitiert. Man kann das doch den Leuten nicht vorwerfen,

[Martin Delius (PIRATEN): Hat er gar nicht gesagt!]

im Gegenteil: Wir waren doch damals darauf angewiesen, dass sich Firmen finden, die für diese Menschen ein Dach über dem Kopf schaffen. Wir alle haben sie gebraucht, wir brauchen sie auch heute, um für die Asylbewerber sorgen zu können, damit sie nicht auf der Straße stehen. Selbst wenn in einzelnen Fällen auch ausgeschrieben worden ist, so war die Zahl der Anbieter minimal. Es war eigentlich keine Chance für eine echte Auswahl da.

Ich sage Ihnen auch: Diese Bedarfe, die von den Firmen abgedeckt worden sind, werden auch dann weiter bestehen, wenn Senator Czaja – derzeit sehr zu Recht – die Herrichtung von Gebäuden mittel- und längerfristig sowie den Bau von modularen Wohneinheiten kurzfristig in städtische Hand nimmt, um mehr Einfluss auf das Wohnangebot für Asylsuchende zu bekommen.

Zu Ihrer zweiten Begründung, Ihrer zweiten pauschalierenden Begründung, die Betreiber hätten Standards unterlaufen und unzureichend Personal eingesetzt und Kritiker mundtot gemacht, ist zum Ersten zu sagen: Unter den zwölf betriebenen Einrichtungen befinden sich nach meiner Kenntnis eine ganze Reihe, die ohne wesentliche Beanstandung gut gelaufen sind, aber unter den zwölfen befindet sich zumindest eine Einrichtung, die erhebliche Probleme bereitet hat.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Breitenbach?

Bitte gerne!

Dann bitte, Frau Breitenbach!

Ich habe eine Nachfrage: Sie haben eben gesagt, dass der Senat kurzfristig die Containerdörfer übernimmt. Habe ich das richtig verstanden:

[Martin Delius (PIRATEN): Ja, hat er!]

Übernimmt er sie kurzfristig, oder werden Flüchtlinge kurzfristig untergebracht? Erläutern Sie das bitte noch einmal!

Frau Kollegin! Ich glaube, gesagt zu haben, dass es hier zwei – und das habe ich schon x-mal hier vorgetragen – parallel laufende Ansätze gibt. Wir brauchen mittelfristig und längerfristig die Ertüchtigung von Immobilien in dieser Stadt zur Unterbringung von Asylbewerbern. Und wir brauchen kurzfristig das, was jetzt hier unter dem Aspekt dieser modularen Wohneinheiten gefasst wird. Beides muss zusammenkommen. Nur beides zusammen ermöglicht uns, die aktuelle Wintersituation und das, was danach kommt, einigermaßen meistern zu können.

Ich darf in meinem Beitrag fortfahren, bin gleich zu Ende. – Das Landesamt für Gesundheit und Soziales hat uns mehrfach, zuletzt gestern, über die Anzahl und die Frequenz von Einrichtungsprüfungen und über den Umfang der wahrgenommenen Missstände und deren Abbau unterrichtet und hat uns alles, was wir wissen wollten, gesagt. Wir haben das Personal des Landesamts für Gesundheit und Soziales verstärkt und werden – Herr Czaja hat es erwähnt – es weiter verstärken. Das wird auch dazu führen, dass diese Nachprüfungen noch intensiver laufen können.

Wo vertragliche Zusagen nicht oder nur teilweise erfüllt werden, muss das klare, auch finanzielle Konsequenzen haben. Da sind wir uns völlig einig. Es muss aber auch für die Firmen die Chance zur Nachbesserung geben. Dieser Grundsatz gilt im Übrigen für alle Betreiber, nicht nur für die hier angesprochenen. Von punktuellen Mängeln bei Gierso und PeWoBe ausgehend diese Firmen nun zukünftig von der Vergabe auszuschließen, stellt sich aus meiner Sicht als eine nicht durchzuführende und nicht haltbare Diskriminierung dar. Das scheint mir – und da sind wir uns wieder mit Frau Radziwill einig – weder juristisch haltbar noch durchführbar zu sein. Alles Weitere werden wir im Ausschuss diskutieren. Aber unsere Tendenz zu diesem Antrag ist eindeutig negativ. – Danke!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke jetzt Frau Kollegin Breitenbach!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 25. November 2012, also vor fast genau zwei Jahren, das war kurz nachdem der Senat angefangen hat, Notunterkünfte einzurichten, haben wir in einer Aktuellen Stunde die Unterbringungs- und Lebenssituation der Flüchtlinge in dieser Stadt diskutiert. Seitdem, seit zwei Jahren drehen wir uns im Kreis, und es hat sich nichts grundlegend verbessert. Ich frage mich: Herr Krüger, wo leben Sie eigentlich?

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Martin Delius (PIRATEN): Im CDU-Land!]

Flüchtlinge sind nach wie vor menschenunwürdig untergebracht.

[Burkard Dregger (CDU): In Einrichtungen?]

Es fehlt an Wohnungen. Es gibt keine einheitlichen Mindeststandards in den Unterkünften. Es gibt keine ausreichende Prüfung. Und wenn Mindeststandards unterlaufen werden, wird das einfach hingenommen.

[Joachim Krüger (CDU): Das ist nicht wahr!]

Jetzt mal gerade angefangen. Was heißt denn „ist nicht wahr“,

[Heiko Melzer (CDU): Einfach, dass es nicht stimmt, was Sie erzählen, heißt das!]

in den letzten zwei Jahren ist das ständig passiert und der Senat hat zugeguckt.