Das ist das Eine. Das Zweite ist, dass der Kollege Isenberg fragt, ob er eine Zwischenfrage stellen darf.
Ich bin jetzt unsicher, ob ich auf Ihre Frage antworten kann, ohne Kritik zu üben, aber Herrn Isenbergs Frage lasse ich gern zu.
Herr Kollege! Sind Sie nicht der Meinung, dass Sie hier nur polemisch sind und Vetternwirtschaft unterstellen, wobei Sie de facto nur Märchen erzählen?
Herr Kollege Isenberg! Sie wissen genauso gut wie ich, dass ich nur Fakten genannt habe, die alle bestätigt sind und in den letzten Tagen in Medienberichten aufgetaucht sind. Dieses Gespräch hätte Franz Allert damals aus meiner Sicht führen sollen. Leider hat er es nach eigener Aussage nicht getan. Insofern hat es nicht stattgefunden. Daher zitiere ich ihn auch nicht und unterstelle ihm auch nichts. Ich sage, wie er sich vielleicht hätte verhalten sollen, damit wir heute mehr Aufklärung hätten.
[Beifall bei den PIRATEN – [Christopher Lauer (PIRATEN): Herr Wowereit als Freund des Theaters hört zu!]
Ich fahre einmal fort. Sie können Sich auch vorstellen, dass es kein Gespräch und auch kein fiktives Gespräch ist. Ich nenne einfach weiter die Fakten, auch wenn Sie die vielleicht nicht hören wollen.
Die Verträge unterschreibt nämlich gar nicht Herr Dohmen, sondern unterschreibt dieser Wilhelm Pleß, auch wenn er gar keine Funktion innehat. Das merkt das Landesamt gar nicht. Erst 2014, nachdem es darauf hingewiesen wird, dass eine Person die ganze Zeit Verträge unterschreibt, die gar keine offizielle Funktion innehat, merken sie es und versuchen zu korrigieren.
Was ist jetzt eigentlich die Funktion von Tobias Dohmen? Das ist doch die lustige Frage. Das Einzige, das ich von ihm mitbekommen habe, ist, dass er die ganzen Kritiker mundtot macht. Es gibt kein vernünftiges Beschwerdemanagement, insofern haben die Flüchtlinge die Möglichkeit genutzt, zum Flüchtlingsrat zu gehen. Wenn die Flüchtlinge dann beim Flüchtlingsrat waren und dieser beispielsweise auf der Fachtagung der Heinrich-BöllStiftung im November 2013 noch von dieser Kritik berichtet hat, wurde er von der Gierso Boarding GmbH abgemahnt.
Dann gab es beispielsweise diese Initiative. Darüber haben wir gestern auch gesprochen. Die hatte nicht nur Lust, Sprachkurse anzubieten und Kinderbetreuung vorzunehmen, sondern hat sich erdreistet, die Zustände in der Unterkunft in Moabit zu kritisieren. Stellen Sie sich das einmal vor! Na klar, sie haben dann direkt Hausverbot bekommen. Es ist doch schön, dass Herr Dohmen auch ein wenig zu tun hat, sonst würde er sich in dem Unternehmen vielleicht langweilen. Ach ja, das Hausverbot wurde per Schiedsverfahren vom Landesamt bestätigt.
Aber dass das Landesamt die ganze Zeit zur Kenntnis gibt, es weiß nichts von den verschiedenen Beziehungen zwischen Gierso und PeWoBe, ist noch das Geilste. Damals war nämlich Helmuth Penz noch Geschäftsführer der Gierso. Der steckte schon früher in Bauskandalen. Dem gehören aber selbst persönlich noch 23,1 Prozent der Gierso, ist gleichzeitig Geschäftsführer der PeWoBe.
Pleß wiederum hat schon in etwa 30 Unternehmen des Penz-Konglomerats als Geschäftsführer gearbeitet. Das ist dieser Pleß, der die ganze Zeit die Unterschriften vorgenommen hat, obwohl er keine Funktion innehatte. Man hätte eigentlich einmal nachschauen können, was das zu bedeuten hat. Ach ja, die Schweizer Firma, von der ich gesprochen habe, zu der die ganzen Subunternehmen gehören – raten Sie einmal, wem die gehört? – Helmuth Penz! Na so was!
Das Geschäftsmodell geht noch weiter. Es gibt beispielsweise Unterkünfte, wo 5,5 Millionen Euro für den Bau eines Gebäudes in der Unterkunft in Neukölln vorveranschlagt werden, 8,2 Millionen Euro werden abkassiert. Dazu ist gerade eine aktuelle Pressemitteilung der PeWoBe herausgegangen, die zu hinterfragen ist. Es ist ein geniales System.
Das Beste ist aber, wie Herr Senator Czaja reagiert hat. Damals, 2012, wurde er angeblich informiert oder auch nicht. Der Staatssekretär hat es vielleicht nicht weiter getragen. Jetzt, im Sommer 2014 wurde er definitiv informiert. Seine Aktivitäten? – Nichts! Na ja, das kann man natürlich immer machen.
Ja, ich komme zum Ende. Im Oktober 2014 hat er dann letztendlich angefangen, Aktivität zu simulieren. Wir hatten schon die Diskussion über die Revision heute. Punkt ist, wir haben hier unter Herrn Senator Czaja ein System etabliert bekommen, in dem ein fachfremdes Patenkind aus dem Nichts zum Geschäftsführer und Mitinhaber eines seiner größten Vertragspartner gemacht worden ist, was nicht hinterfragt worden ist, ein System im Verantwortungsbereich des Senators zulasten der Schwächsten in unserer Stadt, ein Profit- und Selbstbedienungssystem sondergleichen. Ein Aufkündigen der Verträge mit PeWoBe und Gierso wäre ein erster richtiger Schritt und Sicherstellung, dass diese Unternehmen nicht mehr Partner der Stadt sind. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Das war ganz schön harter Tobak von Ihnen, was Sie hier vortragen, Herr Reinhardt. Ganz ehrlich, dieser Antrag strotzt nur so vor Populismus, vor Unverschämtheiten und Ihr Redebeitrag auch nur vor Vorverurteilungen. Vorsicht, Vorsicht, kann ich da nur sagen.
Man wird den Eindruck nicht los, dass Sie diesen Antrag wirklich mit sehr heißer Nadel gestrickt haben.
Herr Reinhardt! Haben Sie Ihren Antrag eigentlich einmal einem Juristen vorgelegt, ob Ihre Forderung in die
sem Antrag überhaupt rechtlich so einfach von heute auf morgen und ohne inhaltliche Begründung und mit dieser Form der Vorverurteilung und ohne Erbringung von Nachweisen umsetzbar ist? Nicht nur die Juristen aus der Senatsverwaltung, sondern auch weitere Juristinnen und Juristen, die ich heute und auch gestern befragt habe, um mich für heute vorzubereiten, bestätigten meine Annahme – interessanterweise waren es auch einige aus der Opposition –, dass Ihre Forderungen so nicht umsetzbar sind.
Nicht nur wegen dieser unhaltbaren Unterstellung in dem Titel Ihres Antrags, als ob hier eine bewiesene Vetternwirtschaft vorläge, sondern auch wegen rechtswidriger Forderung ist dieser Antrag wirklich eine Unverschämtheit für das Parlament.
Sehr geehrte Frau Radziwill! Ich bin gerade hellhörig geworden, als Sie sagten, Sie hätten mit mehreren Juristen der Senatsverwaltung gesprochen. Jetzt bin ich als Oppositionspolitiker gewohnt, dass ich das nicht so leicht kann. Können Sie kurz erläutern, wie und in welchem Rahmen das stattgefunden hat? Konnten Sie mehrere Juristen welcher Senatsverwaltungen konkret zu diesem Antrag konsultieren? Könnten Sie das bitte einmal erläutern?
Zum einen habe ich Vertreter der Senatsverwaltung für Soziales gefragt und um eine juristische Meinung gebeten. Das wird im Haus dann entsprechend nachgefragt. In der Opposition hat man vielleicht nicht die Möglichkeit,
in der Koalition aber sehr wohl. Zum anderen habe ich aber Juristen, die nicht in der Senatsverwaltung sitzen, gezielt gefragt und mich heute auch noch mit einigen Kollegen aus der Opposition beraten. Bisher ist meine Annahme von unterschiedlichen Stellen bestätigt worden. Ich danke aber für Ihre Nachfrage und Ihr Interesse.
Immer wieder, Herr Lauer! – Kommen wir wieder zurück. Diese Unverschämtheiten, die Sie hier vortragen, sind weder begründet noch wird dargestellt, dass es in der Tat so ist. Was Sie jetzt machen, ist Folgendes: Sie machen eine Vorverurteilung eines Beamten, eines renommierten, anerkannten Beamten. Sie machen eine Vorverurteilung von bestimmten Unternehmen. In der Form
können wir das nicht akzeptieren. Sie wissen, Herr Reinhardt, auch die Mitglieder der Piratenpartei, dass wir in unserem Rechtssystem, in welchem Sie auch leben, die Unschuldsvermutung haben. Deswegen sagen wir – vielleicht beschäftigen Sie sich mit der Thematik noch einmal –, dass wir auch die innere Revision und die Ergebnisse der Prüfung warten wollen und keine Vorverurteilung möchten.
Und da wir nun am Montag das Thema Flüchtlingspolitik ausgiebig im Ausschuss für Gesundheit und Soziales behandeln, rate ich zur Überweisung in diesen Ausschuss, damit wir den Antrag dort gemeinsam beraten können. Inhaltlich glaube ich aber, dass dieser Antrag nicht zu einer Aufklärung führen kann. Es ist ein sehr polemischer Antrag, aber mit dem Thema Flüchtlingspolitik müssen wir sehr sensibel, sehr umsichtig umgehen. Ich bitte Sie, dieses zu berücksichtigen, nicht nur gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesamts für Gesundheit und Soziales, sondern insbesondere den Flüchtlingen gegenüber, aber auch gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der beiden genannten Unternehmen. Ich glaube, dass die unverschämte Art des Umgangs, die Sie an den Tag legen, nicht gerechtfertigt ist.
Frau Kollegin Radziwill! Ich fand es beeindruckend, dass Sie in Ihrer Rede ablesen konnten, dass ich in meiner Rede unverschämt sein würde. Anscheinend kannten Sie meine Rede schon, bevor ich sie geschrieben habe. Sie war aber relativ frisch.
Ich weiß nicht, ob Sie den Antrag wirklich gelesen haben. Sie wissen, dass wir hier nur über den Antrag abstimmen und nicht über die Begründung. Ich finde den Antrag gar nicht polemisch, er fordert nämlich Sachen, die Herr Senator Czaja selbst schon gefordert und auch angekündigt hat. Das einzig Polemische wäre vielleicht auf der zweiten Seite, dass man ein transparentes und nachvollziehbares Vergabeverfahren haben möchte. Ich glaube, das ist eine Forderung, die die meisten vom Wortlaut her teilen würden, auch wenn es angeblich schon eins gibt. Dass es keine weiteren Aufträge an Gierso und PeWoBe geben soll, ist das, was Herr Senator Czaja schon mehrfach in der Öffentlichkeit angekündigt hat. Er will ein Umsteuern vornehmen, hin zu mehr freigemeinnützigen
Trägern. Da stellt sich nur die Frage, wann das kommt; denn diesen Worten müssen auch Taten folgen. Dabei wollen wir ihn mit diesem Antrag unterstützen. Sie missverstehen mich als Kritiker. Ich unterstütze Herrn Czaja und bin sein größter Fan.
Frau Radziwill! Sie sollten vielleicht nicht jedem Juristen auf dem Gang alles glauben. Ich habe unseren auf dem Gang auch mal gefragt, und er sagte, aus § 9 Abs. 2 des Mustervertrags, den die Betreiber unterzeichnen müssen – Sie wissen, diese Unterschrift, die z. B. Herr Pleß leistet, der keine Funktion in dem Unternehmen hat, falls Sie vorhin zugehört haben –, geht hervor, dass der Vertrag fristlos gekündigt werden kann, wenn die Betreiberin die sich aus diesem Vertrag ergebenden Verpflichtungen schuldhaft verletzt oder sich in einer Weise verhält, die dazu geeignet ist, dem Ansehen Berlins zu schaden. Berlin ist dieses komische Ding, in dem wir uns hier alle bewegen. Und vielleicht haben Sie in den letzten Tagen mal in die Zeitung geguckt. Das Ansehen Berlins wurde in den letzten Tagen ausreichend geschädigt. Deswegen bin ich der Meinung, dass dieser Antrag juristisch wunderbar sauber ist. – Danke schön!
Wunderbar! – Ich kann Ihnen meine Rede mal zeigen, Herr Reinhardt! Ich habe, während Sie geredet haben, handschriftlich viele Bemerkungen hineingeschrieben,