Wir sind aber immer offen für Veränderungen, wenn sie eine Verbesserung beinhalten. Wir sprechen bei diesem
Antrag über eine Verschiebung von drei Monaten. Sie haben richtig gehört: drei Monate. Ich glaube nicht, dass dies maßgeblich zu einer Veränderung führen wird.
Wir dürfen das eine Instrument nicht gegen das andere ausspielen. Ich bin froh, dass wir eine Vielzahl von Fördermaßnahmen haben. Wir können über das einzelne Instrument reden, jedoch konkret und so, dass wir der Sache gerecht werde. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!
Vielen Dank, Herr Özışık! – Für die Linksfraktion hat nun das Wort Frau Abgeordnete Kittler. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Studie der FU Berlin vom Juni dieses Jahres zur Früheinschulung heißt es, dass früher Eingeschulte etwas häufiger ein Jahr länger zur Schule gehen. Die Alternative wäre, dass sie sonst ein Jahr länger im Kindergarten blieben oder eben zu Hause. Was besser für die Kinder ist, lässt sich schwer sagen. Ein Kind, das noch nicht in die Schule darf, obwohl all seine Spielkameradinnen und -kameraden aus der Kita schon dort sind, kann auch darunter leiden.
Wenn es noch nicht so weit war, in der Schule mitzukommen, dann muss es jetzt alle Hilfe bekommen, damit es im nächsten Schuljahr klappt. Bei anderen Kindern, den kleinen Überfliegern, die wir alle kennen, ist genau die frühe Einschulung richtig.
Die Studie sagt weiter, dass die noch in den ersten Schuljahren zu beobachtenden Leitungsrückstände früh Eingeschulter im Leseverständnis und in Mathematik in der Regel im 8. Schuljahr abgebaut sind. Unabhängig von ihrem Lebensalter liegen die Leistungen aller untersuchten Jahrgangsstufen auf vergleichbarem Niveau. Der Anteil an Kindern, die das Abitur erreichen können und die eine oder mehrere Klassen überspringen, ist auch nicht zurückgegangen. Hier wird deutlich: Genau das, was für den Durchschnitt gut und richtig ist und für das eine Kind perfekt, kann für das andere Kind genau die falsche Entscheidung und sogar schädlich sein. Ein nach hinten oder nach vorne verschobener Stichtag löst also wenig bis nichts.
Wir brauchen flexible Verfahren anstelle von starren Regeln, also einen Stichtag, der ein Richtwert unter
bestimmten Bedingungen ist, die dem Kindeswohl dienen müssen. Das müssen Eltern und Pädagogen sensibel und klug entscheiden. Dafür sind sie verantwortlich. Diese Entscheidungsfindung muss möglich sein. Und wenn entschieden ist, muss jedes Kind so individuell gefördert werden, wie es das braucht.
Dafür müssen gute Bedingungen in der Schule sein, indem genügend gutes Personal da ist, die Lerngruppen nicht zu groß sind, genügend Räume da sind, Teilungsunterricht stattfinden kann. Auch wegen der Auswirkungen auf den Kitaplatz muss eine erneute Veränderung der Schulanfangszeiten gut überlegt werden. Wenn eine solche Änderung durchgeführt wird, darf es nicht zu einem Kollaps im Kitasystem kommen. Einige tausend Kitaplätze mehr, die dafür notwendig wären, müssten vorher geschaffen werden.
Die Frage ist: Brauchen wir das wirklich? Wenn ein Achtel aller Kinder gegenwärtig zurückgestellt wird, dann doch wahrscheinlich, weil ihr individueller Entwicklungsstand das erfordert, und dann ist das auch richtig so. Das könnte im Umkehrschluss aber auch bedeuten, dass sieben Achtel aller Kinder in der Schule schon gut aufgehoben sind. Das sollten wir im Ausschuss weiterdiskutieren.
Vielen Dank! – Ich stelle nicht die Frage nach der Flexibilität, das machen wir im Ausschuss. Meine Frage schließt an das zuletzt Gesagte an – vielleicht habe ich es auch nicht richtig verstanden. Sie sagten, wenn ohnehin schon Kinder zurückgestellt würden, wäre es gegebenenfalls gar nicht notwendig, neue Kitaplätze zu schaffen, weil diese Kinder unter denjenigen seien, die durch eine veränderte Stichtagsregelung in der Kita blieben. Würde das in der Logik bedeuten, dass eine Verschiebung des Stichtags jedwede Rückstellungsmöglichkeit beenden würde? Es ist schon heute so, dass ein Teil der Kinder, die zurückgestellt werden, zum Zeitpunkt der eigentlich vorgesehenen Einschulung deutlich älter als sechs Jahre und null Tage sind.
Selbstverständlich nicht! Das ist das Recht aller Eltern zu beantragen, wenn das Kind noch nicht so weit ist, dass es auch später in die Schule kommen kann, so wie es jetzt auch eine Möglichkeit ist. Und selbstverständlich können auch die Eltern beantragen, dass das Kind früher in die Schule kommt, weil auch das bei dem einen oder anderen Kind eine Notwendigkeit ist, wenn sie in der Kita völlig unterfordert sind.
Da wäre natürlich auch sofort die Frage zu stellen, das müsste allerdings auch nicht sein, wenn in der Kita auch diese Kinder genügend Futter kriegen würden. Aber ich weiß es wirklich nicht, ob eine Neuregelung des Stichtags wirklich notwendig ist oder ob wir nicht vielmehr darüber nachdenken sollten, wie wir die Kinder sowohl in der Kita als auch in der Schule so fördern können – dazu bräuchte es allerdings bessere Bedingungen –, dass sie dort oder dort klarkommen.
Vielen Dank, Frau Kittler! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Bentele. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Grüne-Fraktion! Liebe Frau Remlinger! Özcan Mutlu hat das Thema Abschaffung der Früheinschulung lange wie eine Monstranz vor sich hergetragen. Als er in den Bundestag gewechselt ist, haben die Grünen monatelang dazu geschwiegen. Man konnte geradezu den Eindruck gewinnen, dass es sich nur um ein Özcan-Mutlu-Thema gehandelt hat.
Nun, in der Plenarsitzung am 13. November, wäre nach der Opposition wahlweise Stillstand oder Streit in der Koalition angeprangert worden, da kommt auf einmal wieder ein Antrag der Grünen zur Abschaffung der Früheinschulung hervor. Was für eine Überraschung!
Über die Ausgangslage in der Koalition zu diesem Thema wird seit Wochen ausführlich berichtet, also ist es völlig klar, dass wir es hier mit einem durchsichtigen Manöver zu tun haben, mit dem die Koalition provoziert werden soll. Meine Damen und Herren aus der Grünen-Fraktion! Wir freuen uns, dass Sie zu diesem Thema wieder aufgewacht sind, aber auf Ihre Spielchen werden wir uns nicht einlassen.
Wir führen gute Gespräche mit dem designierten Regierenden Bürgermeister, und in dem Maße und in dem Tempo, in dem dieser die Verantwortung für die Führung der Regierungsgeschäfte übernimmt, werden wir auch offene Fragen klären können. Und ich bin ganz zuversichtlich, dass uns das auch beim Thema der Früheinschulung, auch unter Berücksichtigung möglicher finanzieller Aspekte, gelingen wird.
Deshalb freue ich mich auch jetzt schon auf das Lob, das die Grünen der CDU sicherlich dafür aussprechen werden, dass sie eine Veränderung bei der Früheinschulungsregelung erreicht hat.
Aber natürlich werde ich die Gelegenheit, die Sie mir durch die Anmeldung dieses Tagesordnungspunkts geschaffen haben, gerne nutzen, um die Auffassung der CDU zu dieser Frage noch einmal öffentlich darzustellen. Abgesehen davon, dass wir die Früheinschulung bei nicht mehr vorhandenen Vorklassen ohnehin für nicht besonders sinnvoll erachten, besteht für die CDU aufgrund der Tatsache, dass Eltern und Experten einer Einschulung mit fünf Jahren zunehmend kritisch gegenüberstehen, was unter anderem die Rückstellungsquote von 16 Prozent zeigt, klarer Handlungsbedarf.
Denn bei der Einschulung handelt es sich nicht um irgendeine Entscheidung, es ist ein einschneidendes Ereignis, das die Grundlage für gute oder schlechte Schulerfahrungen legen kann.
Die von uns erbetene Evaluation hat überdies gezeigt, dass es bei jüngeren Kindern doch zu Leistungsrückständen kommen kann, die erst nach Jahren aufgeholt werden. Wir gestehen vollkommen zu, dass die Schulreife eine sehr individuelle Entwicklung ist, über die aus unserer Sicht die Eltern am besten eine Einschätzung treffen
können und dies auch abschließend tun sollten. Unser Vorschlag zielt deshalb mit der Rückverlegung der Schulpflicht auf das sechste Lebensjahr auf eine Entlastung der Eltern ab, die dann in Zukunft für ihre fünfjährigen Kinder keine Rückstellungsverfahren mehr anstrengen müssten. Gleichzeitig würden wir die aktuelle Regelung aber als Kann-Bestimmung weiter beibehalten wollen, weil – wie einleitend erwähnt – die Schulreife eine sehr individuelle Angelegenheit ist. Wir glauben, dass wir durch die Rückverlegung der Schulpflicht auf sechs Jahre bei gleichzeitiger freiwilliger Möglichkeit der Früheinschulung den Eltern Sicherheit geben und ihnen Sorgen nehmen können. Und gleichzeitig tragen wir dem sozialdemokratischen Anliegen nach einem frühen Wechsel von der Kita in die Schule als dem offensichtlich besseren Bildungsort Rechnung. Es handelt sich also um einen insgesamt guten, ausgewogenen Vorschlag, von dem wir hoffen, dass er bald Gesetzeskraft bekommen wird. – Danke!
Vielen Dank, Frau Bentele! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Delius. – Bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, es ist kein Geheimnis, wenn ich hier sage, dass ich von dem Antrag nicht besonders begeistert bin. Ich war auch bei den Rederunden von Özcan Mutlu zu dem Thema, der hier mehrfach erwähnt wurde, nicht besonders begeistert von Idee, jetzt einfach das Stichdatum für die Einschulung wieder zurückzuverschieben. Der Antrag, der hier vorliegt, sieht noch ein bisschen anders aus. Frau Remlinger hat ihn einen Kompromiss genannt. Das geht in dieselbe Richtung. Was ich damals gesagt habe, gilt weiterhin. Auch mit der Studie, auch mit dem, was hier auch im Antrag bzw. in den Rederunden zitiert wird, bleibt weiterhin nicht erwiesen, dass davon irgendetwas besser wird. Das steht auch nicht in der Studie, die zitiert wurde.
In der Studie steht: Ja, es ist nicht erwiesen, dass durch die Früheinschulung irgendetwas besser wird. Gleichzeitig steht aber auch nicht drin, dass sich, wenn man es zurückfährt und das Stichdatum wieder auf ein höheres Lebensalter setzt, dadurch etwas ändert. Im Gegenteil, die Fachliteratur – und das hat auch der Senat begriffen, da antwortete Kollege Rackles nämlich schon vor Jahren in einer entsprechenden Kleinen Anfrage – sagt anderes. In „Schülerjahre“ von H. Largo und M. Beglinger, das nehme ich beispielhaft als Quelle, steht, dass sich eben gerade unter Gleichaltrigen der Entwicklungszustand bis zu vier Jahre unterscheiden kann. Das bedeutet, wenn wir einmal die Mitte mit sechs Jahren annehmen, ist es