Protocol of the Session on October 16, 2014

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Finanzsenator! – Wir treten nun ein in eine zweite Rederunde mit – wie bereits erwähnt – bis zu fünf Minuten Redezeit pro Fraktion. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Schäfer. – Bitte!

[Torsten Schneider (SPD): Wie? Frau Pop hat doch gesprochen! Kommt jetzt die Reservebank? – Zuruf von den GRÜNEN: Das nennt man Fraktion! – Torsten Schneider (SPD): Und sie spricht mit einer Stimme!]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schneider! Sie können sich sicher sein, egal, wer von uns hier vorne steht, es wird dasselbe gesagt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Torsten Schneider (SPD): Wo waren Sie, bei 15 oder bei 16?]

(Senator Dr. Ulrich Nußbaum)

Ich möchte, Herr Nußbaum, zunächst etwas richtigstellen. Die Kritik, die wir hier geübt haben, richtet sich nicht gegen Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern gegen Sie selbst. Sie haben hier wieder betont, das Verfahren könne man transparenter nicht machen und wir würden erst jetzt anfangen, es zu kritisieren. Der Punkt ist doch, man kann es kaum intransparenter machen als Sie. Alle Daten liegen als Verschlusssache im Datenraum, was in anderen Kommunen öffentlich im Internet steht.

[Nikolaus Karsten (SPD): Quatsch!]

Diese Transparenz erwarten wir von Ihnen. Das ist der eine Teil unseres Antrags heute.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Sie jonglieren hier mit Briefen, zitieren aus Unterlagen, die Sie uns alle nicht vorlegen, wie Sie wollen.

[Iris Spranger (SPD): Entschuldigung, das sind Gerichtsurteile!]

Entweder Sie machen hier alles transparent oder nicht. Wir wollen, dass Sie das alles transparent machen und alles für uns einsehbar wird.

[Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von Iris Spranger (SPD)]

Nach Ihrer Rede kommt man fast zu der Auffassung, Sie haben ja alles richtig gemacht – warum setzen Sie es dann zurück vor den 2. Verfahrensbrief? Sie machen ein großes Tohuwabohu

[Iris Spranger (SPD): Sie machen das!]

an komischen Statements hier, aber die Kernfrage, die die Kollegin Pop und der Kollege Lederer gestellt haben, dass das BGH-Urteil vom Dezember 2013 vor der Hauptausschusssitzung vorlag und Sie es trotzdem durchgepusht haben, das haben Sie wieder nicht beantwortet.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Senator Dr. Ulrich Nußbaum: Das steht nicht drin!]

Man muss ganz klar sagen: Die beiden Verfahren Gas und Strom sind ja Zwillingsverfahren. Sie haben wieder nicht erklärt, warum Sie das eine zurücksetzen und das andere nicht.

[Senator Dr. Ulrich Nußbaum: Das habe ich!]

Das müssen Sie aber hier tun.

Ich möchte aber noch einmal sagen, das Kernproblem ist nicht das Verfahren. Das Kernproblem ist, dass diese Koalition in der Sache nicht einig ist. Die einen sind für die Gasnetzrekommunalisierung, die anderen sind dagegen. Ich kann diesen Konflikt nachvollziehen. Wir hatten ihn auch in unserer Partei.

[Lachen von Torsten Schneider (SPD)]

Jetzt ist aber der Unterschied: Bei Ihnen endet das so, dass ein Senator den Raum verlässt, und der Streit geht weiter. Bei uns endete es mit einer Einigung. Wir haben gesagt: Lasst mal die große Frage beiseite, lasst uns über

überlegen, unter welchen Bedingungen eine Gasnetzrekommunalisierung sinnvoll ist.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Ja, aber genau diese Frage sollten Sie sich stellen! Kommen Sie mal aus Ihren ideologischen Gräben, und unterhalten sich in der Sache darüber, unter welchen Bedingungen es sinnvoll ist!

[Beifall bei den GRÜNEN – Lachen bei der SPD und bei der CDU]

Zu diesen Voraussetzungen: Wenn man als Land das Gasnetz besitzt, gibt es einen Zielkonflikt zwischen dem klimapolitischen Interesse, 100 Prozent erneuerbare Energien zu haben und dem Interesse, eine fossile Infrastruktur wirtschaftlich zu betreiben. Diesen Zielkonflikt muss der Senat erst einmal auflösen. Er muss uns deutlich machen, warum es seiner Auffassung nach trotzdem sinnvoll ist, das Gasnetz zu betreiben, und wie das wirtschaftlich gehen soll.

[Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Das Zweite ist – Sie haben nach dem Parteitagsbeschluss gefragt, ich erkläre ihn jetzt gerade –: Man muss sich überlegen, wie hoch der Kaufpreis sein darf, dass man da keinen schweren Fehler auf Risiko der Steuerzahlerinnen und -zahler begeht. Wenn der Kaufpreis auf Basis des jetzigen Ertragswertes kalkuliert wird, dann zieht der Senat nicht ins Kalkül, dass das Gasnetz nach Meinung der meisten Wissenschaftler auf dem Weg zur Klimaneutralität schrittweise an Bedeutung verlieren wird.

[Zuruf von Nikolaus Karsten (SPD)]

Natürlich muss eine Kaufpreisermittlung so vonstattengehen, dass sie auf Basis des Ertragswertes erfolgt, den das Gasnetz im Fall einer konsequenten Klimapolitik hätte, denn sonst macht das Land ein schlechtes Geschäft.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Die dritte Bedingung ist auch klar: Die Risiken müssen überschaubar bleiben. Es geht nicht an, dass das Land Berlin in ein solches Geschäft, bei dem es um bis zu 1 Milliarde Euro geht, reinschlittert, ohne die Risiken des Geschäftes zu analysieren, ohne sich zu fragen, was mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Rest-GASAG passiert – als eines der Risiken –, ohne sich zu fragen, ob wir langfristig ein wirtschaftliches Interesse daran haben wollen, Fracking-Gas durch das Berliner Gasnetz zu leiten. All diese Risiken müssen Sie analysieren, bevor Sie dieses Geschäft dem Abgeordnetenhaus vorlegen. Das sind die drei Kernpunkte unseres Beschlusses. Die von uns geforderten Unterlagen sind nicht nur gut, weil die Grünen sich dann entscheiden können, sondern die sind richtig, weil das Land Berlin sich nur dann sinnvoll entscheiden kann, wenn wir Klarheit über die Finanzierung, über die energiepolitischen Ziele und über die Risiken haben. Deshalb fordern wir Sie auf, das vorzulegen!

[Beifall bei den GRÜNEN – Torsten Schneider (SPD): Die Grünen sind die Neinsager-Partei!]

Vielen Dank, Herr Schäfer! – Für die SPD-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Stroedter. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schäfer! Interessant wäre es gewesen, wenn die erste Rede von Ihnen und die zweite von Frau Kosche oder Herrn Olalowo gehalten worden wäre. Dann hätten wir nämlich die Unterschiede, die auf dem Parteitag geherrscht haben, gesehen und auch Ihren Beschluss. Den Formelkompromiss kriegen Sie natürlich hier im Parlament, wo auch noch andere sitzen und zuhören, nicht so leicht hin.

Ich will Ihnen Ihre Sachkompetenz in keiner Weise absprechen, aber Sie müssen uns mal erklären – weil Sie ja gerade über die Gleichheit der Verfahren gesprochen haben –, warum Sie eigentlich dafür sind, dass Strom zurückgeholt, Gas aber nicht zurückgeholt wird.

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Das ist eine interessante Frage, denn logisch ist das nicht begründbar.

Senator Nußbaum hat einige Punkte aufgeführt, die ich für sehr wichtig halte und auf die ich noch einmal eingehen möchte. Der erste Punkt betrifft das Kartellamt. Auch das sollte man nicht überbewerten. Natürlich ist es normal – das hat übrigens der damalige Senator Wolf auch schon mal bei dem Kartellamt gemacht, wir erinnern uns daran! –, dass sich das Kartellamt in bestimmten Fragen einschaltet und prüft. Das ist richtig und gut.

[Zuruf von Ramona Pop (GRÜNE)]

Aber das Kartellamt hat in der Vergangenheit ja bestimmte Vorstellungen gehabt, z. B. die, dass auch kleine Bewerber eine Chance bekommen. Da werden wir mal sehen, wie das in diesem Verfahren jetzt angesehen wird, wenn der kleine, neue Bewerber dieses Mal ein staatlicher Bewerber und kein privater ist, ob da dann das Gleiche gilt. Das ist eine interessante Debatte, die wir uns dann anhören können.

Zum Zweiten das Thema Stadtwerk. Ja, ich will das gar nicht abstreiten, wir als SPD-Fraktion hätten uns ein anderes Stadtwerk vorstellen können. Wir hätten gerne – und wir wollen immerhin noch –, dass mit Strom gehandelt werden kann.

[Michael Schäfer (GRÜNE): Welches Stadtwerk?]

Die Wasserbetriebe – Herr Simon hat das ja neulich gesagt – haben auch diese Position.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Bayram?

Ja, gerne!

Bitte, Frau Bayram!

Herr Stroedter! Vielleicht können Sie uns kurz erklären, ob Sie merken, dass Ihre Rekommunalisierungsgedanken, -ideen, -träume von dem eigenen Koalitionspartner nicht unterstützt werden und dass sich das im Senat für jeden offensichtlich nachschauen lässt.