[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Torsten Schneider (SPD): Was ist denn Ihre Position?]
Es ist deshalb richtig, dass die Piraten heute eine Entscheidung hinsichtlich des ICC einfordern. Auch die Dringlichkeit kann unsere Fraktion uneingeschränkt teilen,
denn es ist längst überfällig, dass sich der Senat in Sachen ICC eine Meinung bildet und nach dieser handelt.
Seit Jahren sind die Fakten klar. Das ICC muss saniert werden, um dauerhaft als Kongresszentrum für Berlin zur Verfügung zu stehen. Es ist asbestbelastet, und viele technische Anlagen sind in einem maroden Zustand, der für einen weiteren Betrieb dringend behoben werden muss. Über die Sanierungskosten gibt es ausführliche Gutachten, und wir wissen auch bereits, was ein Abriss kosten würde. Und noch etwas, was wir lange geahnt haben, wissen wir von Tag zu Tag mit größerer Gewissheit: Berlin braucht dringend ein leistungsfähiges Kongresszentrum, denn schon jetzt können einige wichtige Kongressanfragen nicht mehr bedient werden. Der CityCube ist ein Ersatzbau und kein Flaggschiff als vollwertiges Kongresszentrum für Berlin, u.a. deshalb, weil er vor, während und nach den großen Leitmessen wie ITB und Grüne Woche von der Messe Berlin selbst gebucht ist. Die Auswirkungen erfährt man, wenn man sich zum Beispiel mit Berliner Hoteliers unterhält. Diese klagen inzwischen – es lohnt sich, jetzt wirklich einmal zuzuhören – über einen bis zu 30-prozentigen Rückgang bei Übernachtungsbuchungen von Kongresstouristen.
Schuld daran sind die jahrelange Untätigkeit des Senats, Streitigkeiten zwischen den Ressorts und eine Koalition, die es schon in zwei Haushaltsberatungen versäumt hat, Sanierungsmittel für das ICC in den Haushalt einzustellen. Herr Jahnke! Auch wenn Sie es eben hier versprochen haben, ich glaube es erst, wenn es auf dem Papier steht.
[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Steffen Zillich (LINKE): Herr Jahnke will 50 Millionen Euro einstellen!]
Ich finde das unverantwortlich. Deshalb ist es korrekt, mit einem Antrag auf eine schnelle Entscheidung hinsichtlich des ICC zu drängen.
Ob allerdings der Fokus Ihres Antrags, liebe Kollegin und Kollegen der Piratenfraktion, der zielführende ist, das ist für mich fraglich. Mit einem Abriss, der ebenfalls mit ca. 300 Millionen Euro zu Buche schlägt, hat auch niemand etwas gewonnen. Wir erwarten vom Senat hingegen, dass er nicht nur die betriebswirtschaftlichen Aspekte betrachtet, sondern vielmehr die volkswirtschaftlichen. Wenn er das täte, wäre die Option Shoppingcenter im ICC vermutlich vom Tisch.
Die Drees-und-Sommer-Studie macht zu den volkswirtschaftlichen Auswirkungen leider keine Aussagen. Statt eine zusätzliche Untersuchung in Auftrag zu geben, wie sich ein Shoppingcenter im ICC für das Umfeld auswirken könnte – ich glaube, das wissen wir auch so –, erwarte ich vom Senat endlich für alle Varianten eine Betrachtung der Stadtrendite, also der volkswirtschaftlichen Rechnungen.
Mit Ihrem letzten Satz haben sich quasi widersprochen. Sie haben gesagt, es müssten alle Optionen der Stadtrendite geprüft werden. Vorhin, vor 30 Sekunden – –
Die Frage lautet: Haben Sie sich nicht auch dahin gehend widersprochen, dass Sie gerade gesagt haben, dass der Piratenantrag, in dem gefordert wird, dass auch die Position Abriss geprüft wird, und Sie eben gesagt haben, dass alle Optionen geprüft werden müssen, und weiterhin, wenn Sie von 300 Millionen Euro Abrisskosten sprechen, haben wir dann nicht ein Grundstück, dass man möglicherweise verkaufen könnte, was man dann gegen diesen Abrisspreis rechnen würde, und finden Sie es nicht vielleicht in Ordnung, dass das dann einmal vom Senat geprüft werden sollte?
Aus wirtschafts- wie auch haushaltspolitischer Sicht konnte bisher niemand – vielleicht machen Sie das dann – widerlegen, dass es das Beste wäre, das ICC wieder zu dem zu machen, wofür es vor über 35 Jahren für insgesamt 466 Millionen Euro gebaut wurde, nämlich einem Kongresszentrum. Sie haben die Chance, das Gegenteil zu beweisen.
[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Martin Delius (PIRATEN): Es wurde nicht als Kongresszentrum gebaut!]
Vielen Dank, Frau Ludwig! – Für die CDU-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Dietmann. – Bitte sehr!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich hatte ich mir eben noch vorgenommen, die Besuchergruppe, die vor drei Minuten gekommen ist, herzlich zu begrüßen. Nun ist sie just zu meiner Rede wieder entschwunden. Wie traurig. Aber vielleicht gut für die Besuchergruppe, dass sie diese Diskussion nicht mitbekommt, auch wenn ich eine Rede halten werde, die sehr weitreichend sein
So regelmäßig – wahrscheinlich hat Sie das ein Stück weit animiert, wo jetzt die Tage wieder etwas länger werden und es draußen schon etwas dunkel ist –, wie am 24. Dezember Weihnachten vor der Tür steht, so regelmäßig bekommen wir hier Anträge zum ICC auf die
Agenda, und heute ist es mal wieder so weit. Für meinen Geschmack ist es ebenso wenig dringlich, heute schon Weihnachtseinkäufe zu machen, wie es wenig dringlich war, heute einen solchen Antrag durch die Piraten hier auf die Tagesordnung zu setzen.
Ich habe gehofft, Herr Mayer, nach Ihrer Rede zu verstehen, was Sie eigentlich veranlasst hat, das heute auf die Tagesordnung zu setzen, bumsfallera!
Ich nehme mit, Sie haben die letzten Jahre der Diskussion um das ICC schlicht verschlafen und einfach nicht mitbekommen, wie die Diskussionen hier gelaufen sind, weil in der Tat die Zeiten von Prüfungen, Gutachten und Gegengutachten lange vorbei sind. Am Ende des Tages können Sie wahrscheinlich jedes Gutachten vorlegen, das Ihnen jede Begründung für jede Aktivität liefert. Nein, hier geht es gar nicht um Gutachten, hier geht es am Ende des Tages – das hat eben auch Frau Ludwig gesagt – um ein klares politisches Bekenntnis, was ich will oder was ich nicht will. Insofern ist ein Prüfungsauftrag ziemlich schlapp. Dann hätten Sie lieber gleich sagen können, Sie sind für Abriss oder das Einbetonieren des ICC, das wäre ehrlicher gewesen.
Nein, sonst bin ich in meiner humoristischen Rede gar nicht mehr in der Lage, alles abzuarbeiten, was auf meinem Zettel steht.
Hier geht es um eine politische Entscheidung, das haben wir Herrn Wolf, der als Senator der Linken damals schon versucht hat, mit vielen Gutachten zu beweisen, dass das ICC eigentlich nicht tragfähig ist,
deutlich zu machen, dass er doch lieber gesagt hätte: Ich bin für die Schließung des ICC, ich will das abschließen, ich will das nicht. – Und am besten hätten wir dann noch eine Betonhülle drumherumgemacht. Das wäre genauso ehrlich gewesen, wie es ehrlich gewesen wäre, einen solchen Antrag zu stellen, und nicht, hier einen Prüfauftrag einzubringen.
Die Koalition hat – Herr Jahnke hat darauf hingewiesen – eine klare Entscheidung getroffen. Wir haben gesagt, 200 Millionen Euro stehen zur Verfügung, wir wollen das
ICC mit seinem Baukörper erhalten. Wir haben gesagt, wir wollen eine Mischnutzung unter Einbringung einer Kongressnutzung durch die Messe Berlin GmbH, und wir haben auch gesagt, dass es gegebenenfalls notwendig ist, zusätzlich private Partner mit an Bord zu holen. Diesen Auftrag hat die Senatswirtschaftsverwaltung übernommen und bisher auch vorbildlich abgearbeitet, denn sie hat – so wie wir es wollten – ein Gutachten, eine Marktstudie, in Auftrag gegeben.
Da liegen jetzt Zahlen vor. Und auch hier gibt es – Sie haben es eben erwähnt – die eine und die andere Zahl, die weit auseinanderklaffen. Aber wenn Sie sich mit der Materie beschäftigen und auch mit vielen gesprochen haben, die sich dort beworben haben – was ich getan habe –, dann stellen Sie fest, dass es sehr wohl ein großes Interesse am ICC gibt und dass sich einige Investoren vorstellen können, hier aktiv zu werden und auch Geld hineinzugeben. Sie haben auch immer wieder durchblicken lassen, dass der Beitrag von 200 Millionen Euro, der hier erst mal formal durch uns aufgerufen wurde, am Ende des Tages möglicherweise gar nicht notwendig ist.
Herr Jahnke hat eines deutlich gemacht – die CDUFraktion hat das immer betont; das war immer unsere Position –: Wir wollen nicht, dass wir das ICC abschließen und eine Bauruine in der Mitte unserer Stadt haben. Ich glaube, das kann sich Berlin gar nicht leisten.
Wir haben also deutlich gemacht, wohin wir wollen. Diese Koalition hat das Thema angepackt und eine klare Entscheidung getroffen. Die Senatswirtschaftsverwaltung ist vorbildlich in der Umsetzung dieser Dinge. Wir werden jetzt noch erleben, dass es eine Überprüfung hinsichtlich der Auswirkungen auf den Handel drumherum gibt, um abzusichern, dass die diskutierten Themen am Ende des Tages auch tragfähig sind und welche möglichen weiteren Themen zu beachten sind. Ich glaube, das ist ein richtiges Vorgehen. Und dann werden wir entscheiden müssen. Dann gilt es, Ja oder Nein zu sagen, und zwar final, ob wir eine Lösung des ICC, wie wir sie als Koalition andiskutiert haben, auch wirklich haben wollen, Und dann, liebe Piraten, dürfen Sie sich richtig entscheiden und brauchen nicht zu versuchen, Zahlen hoch- und runterzudeklinieren, sondern Sie dürfen einfach sagen, ob Sie für eine Offenhaltung und weitere Nutzung sind oder ob Sie das ICC abschließen wollen.