Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Reinhardt! Ich beantworte Ihnen diese Frage so, wie ich es gestern im Hauptausschuss, auf Ihre persönlichen Nachfragen bei uns im Haus sowie im Fachausschuss getan habe: Unmittelbar nach den Vorfällen haben wir uns bei unseren Betreibern erkundigt, ob es ähnlich erschreckende und für uns sicherlich alle völlig unverständliche Vorfälle gegeben hat. Wir können das – Gott sei Dank! – in Berlin ausschließen. Die hiesigen Träger der Einrichtungen haben uns mitgeteilt, dass solche Vorfälle in Berlin vom Wach- und Sicherheitspersonal nicht gemeldet wurden.
In den Berliner Wach- und Sicherheitsunternehmen und Einrichtungen sind auch nur zertifizierte Mitarbeiter tätig. Zudem fordern wir seit kurzer Zeit, und zwar völlig unabhängig von diesem Vorfall, ein erweitertes Führungszeugnis, wie es beispielsweise die AWO Mitte schon immer bei den Erstaufnahmeeinrichtungen gemacht hat.
Sie wissen, dass die Mehrzahl der Plätze in Berlin im Übrigen nicht von privaten, sondern von freigemeinnützigen Trägern angeboten wird. Auch hier versuchen Sie, durch das stetige Nachfragen immer wieder eine unwahre Situation darzustellen, aber ich wiederhole, was ich gestern, letzte Woche und in allen anderen Gesprächen mit Ihnen gesagt habe, nämlich dass die Mehrzahl der Plätze von freigemeinnützigen Trägern betrieben wird.
Es ist richtig, dass die Betreiber das Wach- und Sicherheitspersonal auswählen – so, wie sie auch die Sozialarbeiter und andere Mitarbeiter auswählen, die in den Einrichtungen arbeiten. Wir geben die Qualifikationen und Ausgangsvoraussetzungen dafür vor. Und wir geben natürlich auch vor, dass dies regelmäßig kontrolliert werden muss.
Wir können in Berlin derzeit sagen, dass solche widerwärtigen Vorfälle wie in Nordrhein-Westfahlen nicht aufgetreten sind und dass wir alles dafür tun, dass so etwas in Berlin auch auf gar keinen Fall geschieht.
Sie wissen auch, dass sich European Homecare – übrigens ein Träger, der auch von Institutionen wie Amnesty International für eine stärkere Zusammenarbeit angeboten wurde – auch in Berlin gemeldet hat und wir Gespräche geführt haben, ob hier eine Einrichtung von ihnen betrieben wird. Wir haben zunächst erst einmal von dieser Partnerschaft in Berlin Abstand genommen. Aber auch das habe ich Ihnen gestern Abend, kurz vor 22.00 Uhr im Hauptausschuss im Rahmen einer zweistündigen Debatte dazu erläutert. Ich tue es aber gerne hier noch einmal.
Herr Senator! Da Sie mit Ihrer Antwort gestern Abend zufrieden waren, bin ich mir sicher, dass Sie auch hier glücklich sind, die Frage noch einmal gestellt zu bekommen. – Um das in Zukunft zu verhindern, wäre es sinnvoll, dass es eine Beschwerdestelle, am besten eine unabhängige, gibt. Gibt es die, beziehungsweise ist sie geplant, damit Konflikte direkt von den Flüchtlingen an einen unabhängigen Akteur gemeldet werden können? Sie hatten gesagt, es sei nichts gemeldet worden. Die Frage ist: Wird alles gemeldet? – Natürlich nicht! Es muss eine Beschwerdestelle vorhanden sein, damit man bei so etwas auch interagieren kann.
Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Was Sie alles für Annahmen in einer Frage treffen, z. B. Beschwerden würden nicht gemeldet. Ich weiß gar nicht, woher Sie das haben.
Jeder kann sich bei seinem Träger melden. Fast jeder Flüchtling ist, wie Sie wissen, in Kooperation mit unabhängigen Flüchtlingsorganisationen, die Beratung und Unterstützung in den jeweiligen Einrichtungen anbieten und die Flüchtlinge bei den Gesprächen begleiten. Die Sprachmittler, die tätig sind, sind freie Honorarkräfte und keine Angestellten des Betreibers oder der Senatsverwaltung. Sie werden von den meisten Flüchtlingen in den Verfahren zu Recht als unabhängige Personen wahrgenommen. Natürlich kann man sich auch beim LAGeSo beschweren, und es gibt da auch eine zentrale Stelle, wo diese auflaufen. – Das wissen Sie alles. – Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten. Wir brauchen keine zusätzliche Institution, weil der wesentliche Ansprechpartner in der jeweiligen Gemeinschaftsunterkunft der Träger der Einrichtung ist. Sie wissen, dass die Sozialarbeiter als unabhängige Institutionen bei den vielen unterschiedlichen Trägern wahrgenommen werden. Wenn es solche Vorfälle gäbe, wurden die Flüchtlinge sich dort melden. Ich kann auch nur appellieren, dass sich jeder dort meldet.
Ich habe den Eindruck, Sie wollen die Situation in den Berliner Gemeinschaftsunterkünften schlechterreden, als sie in Wirklichkeit ist. Wenn Sie sie so oft besichtigt haben, wissen Sie, dass Sie dort nichts anderes finden.
Herr Senator! Unabhängig davon, dass Sie die Fragen offensichtlich als nervig empfinden, steht es natürlich jedem Kollegen frei, sie auch immer wieder zu stellen. – Sie haben jetzt klargemacht, dass die Betreiber im Prinzip selbst dafür verantwortlich sind, die von Ihnen gemachten Vorgaben zu kontrollieren. Das war auch in NRW so. Ich frage Sie deshalb ganz konkret: Werden Sie diese Praxis überarbeiten? Werden Sie in Zukunft vonseiten Ihrer Verwaltung, vonseiten des LAGeSo selbständig stichprobenartig die Betreiber kontrollieren und sie sich nicht selbst überlassen?
Herr Abgeordneter Delius! Dies tun wir, wie viele Antworten auf Fragen von Fabio Reinhardt beweisen, in denen wir darauf eingegangen sind.
[Steffen Zillich (LINKE): Sie sollen nicht den Kollegen Reinhardt kontrollieren, sondern die Betreiber!]
Dann kommen wir jetzt zur zweiten gesetzten Runde. Als Erste hat die Kollegin Spranger das Wort. – Bitte schön!
Herzlichen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen! Meine Herren! Ich frage den Senat: Wie bewertet der Senat die jüngste Übertragung von 27 Grundstücken aus dem Treuhandvermögen des Liegenschaftsfonds an sechs landeseigene Wohnungsbaugesellschaften zum Zweck der Wohnungsneubauförderung?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Spranger! Es ist sehr schön, dass wir nach der Einbringung von zehn Grundstücken Anfang des Jahres nun den zweiten Schritt machen und den städtischen Wohnungsbaugesellschaften weitere 27 Grundstücke zur Verfügung stellen können. Sie wissen, wir agieren dabei zweigeteilt. Zum einen gibt es das Mittel der Wohnungsbauförderung, um nicht nur zu mehr Wohnungen zu kommen, sondern im Sinne der Mieterinnen und Mieter vor allem zu kostengünstigen Wohnungen. Zum anderen bringen wir die landeseigenen Grundstücke ein, die wir den Gesellschaften für Baumaßnahmen zur Verfügung stellen.
Mit dieser Einbringung und der konkreten Bautätigkeit geht ein Projektvertrag einher. Dort wird genau festgelegt, dass auf jeden Fall 20 Prozent der fertiggestellten Wohnungen für 6,50 Euro angeboten werden müssen. Das ist für den Neubau eine sehr gute und günstige Miete, die wir den Berlinerinnen und Berlinern dann durch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften anbieten können.
Wir wollen auf diesem Weg weitergehen. Es sind weitere Grundstücke in der Prüfung durch die städtischen Gesellschaften. Da gibt es inzwischen auch eine ganz enge Abstimmung mit dem Liegenschaftsfonds zwischen der Finanzverwaltung und der Stadtentwicklungsverwaltung.
Ich bitte noch um weitere Erläuterungen. Wir brauchen dringend bezahlbaren Wohnraum; das haben Sie schon gesagt. In welcher Zeitschiene soll das erfolgen? Wie begleiten Senat und Wohnungsbaugesellschaften dies? Sie sagten bereits, dass weitere Grundstücke in Bearbeitung sind. Können Sie dazu auch schon eine Aussage treffen? – Das sind jetzt eigentlich zwei Fragen.
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Spranger! Ich betone es noch einmal: Die Grundstücke, die wir jetzt einbringen, sind sehr wichtig für die Fertigstellung weiterer städtischer Wohnungen. Es ist aber nicht das einzige Instrument, und es sind auch nicht die einzigen zur Verfügung stehenden Grundstücke. Es kommt in der öffentlichen Debatte immer wieder vor, dass erstmal nur von zehn Grundstücken die Rede ist; damit kann man nicht viel anfangen. Jetzt heißt es „nur 27“. Das ist immer noch nicht so richtig dick. Wir haben sie als Ergänzung zur Verfügung. Die städtischen Gesellschaften haben schon viele eigene Grundstücke, auf denen es nicht nur jetzt Bautätigkeit gibt, sondern auf denen auch schon Wohnungen fertiggestellt wurden wie beispielsweise von der Degewo in Mariengrün. Dort sind die Mieterinnen und Mieter bereits eingezogen.
Wir haben große Bauvorhaben, die kurz vor der Fertigstellung stehen, beispielsweise bei den Treskow-Höfen durch die HOWOGE. Dort entstehen 400 oder 460 Wohnungen. Dort werden noch ganz andere Größenordnungen als in Marienfelde zur Verfügung gestellt. Es gibt darüber hinaus Verdichtungsmöglichkeiten. In der Gropiusstadt wird verdichtet. Wir haben Dachgeschossausbauten und Baulückenschließungen. Die städtischen Gesellschaften kaufen auch fertige Projekte von Privaten an oder gehen in eine Kooperation. Das muss man alles im Zusammenhang sehen. Dann kommen noch diese landeseigenen Grundstücke hinzu. Dort beginnt auch Schritt für Schritt
die Bautätigkeit. Auch müssen noch die ganzen Planungsgrundlagen geschaffen werden, damit man auch bauen kann. Klar ist, dass wir das Ziel ausgegeben haben, wonach die städtischen Gesellschaften ihren Bestand um 30 000 Einheiten durch Kaufen und Bauen erhöht haben müssen. Das werden sie auch schaffen. Die Bautätigkeit findet auch auf diesen neuen Grundstücken jeden Tag statt.
Herr Senator! Vielen herzlichen Dank für die Darstellung der unterschiedlichen Zahlen, aber auch der Instrumente. Ein weiterer Akteur sind die Genossenschaften. Weil auch die Genossenschaften bezahlbaren Wohnraum neu bauen, frage ich Sie, inwieweit die Genossenschaften in den Genuss kommen, das eine oder andere Landesgrundstück zu erwerben, um dort bezahlbaren Wohnraum zu realisieren.
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Haußdörfer! Wir sind an dem Thema, die Genossenschaften als Partner an der Seite zur Schaffung neuen Wohnraums zu haben. Wir haben schon im Jahr 2012 einen Genossenschaftswettbewerb durchgeführt, um deren Aktivitäten in 2014 und 2015 zu unterstützen. Jetzt gibt es einen weiteren Wettbewerb auch mit dem BBU in der Abstimmung, mit den Vertretern der Genossenschaften.
Bezüglich der Liegenschaften hat der Liegenschaftsfonds auch da einen klaren Auftrag und befindet sich in der Abstimmung, welche Grundstücke auch den Genossenschaften zur Verfügung gestellt werden können. Es ist klar – das muss man als Land einfordern dürfen –, dass das entsprechende Konzept der Genossenschaft auch
mitgeliefert wird. Wir wollen sehen, mit welchen Partnern wir möglichst viel erreichen können, sowohl was die Stückzahl der Wohnungen anbelangt wie auch die Miethöhe. Das gilt auch für Themenbereiche wie Barrierefreiheit, studentisches Wohnen oder Mehrgenerationenwohnen. Es gibt viele Dinge, die im Bereich des Wohnens dringend erforderlich sind, wo wir vorankommen wollen. Da können die Genossenschaften ein Partner sein. Mit dem entsprechenden Konzept haben sie auch eine gute Chance, zu günstigen Konditionen an die Grundstücke des Liegenschaftsfonds jenseits Höchstpreisverfahren zu kommen. Darum geht es immer. Die Genossenschaften könnten im Höchstpreisverfahren auch nicht bestehen und konkurrenzfähig mit privaten Bietern sein. Dann muss ihr Konzept umso besser sein. Wenn es das ist, haben sie auch die Chance auf einen Zuschlag.