Protocol of the Session on December 8, 2011

Ich kenne natürlich die Beschlusslage, vor allem der Landespartei. Die hat sich für eine funktionierende S-Bahn ausgesprochen. Das, was Sie gemacht haben, hat nicht funktioniert. Das ist ganz klar. Wir wollen jetzt die Teilausschreibung. Dahin kommen Sie auch noch. Sie können gerne noch die Gesamtvergabe, die Direktvergabe und alles andere prüfen. Irgendwann müssen Sie aber handeln, und dann werden Sie zu dem Ergebnis kommen, das wir Ihnen vorgeschlagen haben.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Eine Sache finde ich gut: Im Koalitionsvertrag haben Sie soziale Standards und Übernahmeverpflichtungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – an denen es nun wirklich nicht liegt – vereinbart. Ein Wettbewerb zulasten der Beschäftigten und der Umwelt muss ausgeschlossen werden, indem man tarifliche und ökologische Standards festschreibt. Die ökologischen Kriterien haben Sie jedoch einfach unter den Tisch fallen lassen. Auch das muss gesagt werden. Die Bahn ist der größte Abnehmer von Atomstrom in Deutschland. Das können wir nicht ausblenden, Herr Senator. Das sollten wir für die S-Bahn nicht hinnehmen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Meine Bitte an den neuen Senat lautet, nicht noch einmal alles zu prüfen. Seit Jahren wird alles geprüft, Herr Senator. Es liegt alles vor. Sie können loslegen. Wenn Sie nicht loslegen, wird es auch im Jahr 2017 keine funktionierende S-Bahn geben, und dann haben wir diese Debatte hier wieder. Ich wünsche mir auch, dass Sie diese Debatte entideologisieren. Die Berlinerinnen und Berliner wollen vor allem, dass die S-Bahn fährt.

[Beifall bei den GRÜNEN]

An dieser Stelle frage ich mich auch ein bisschen, was der Antrag der Linkspartei soll. Glauben Sie wirklich, dass die rot-schwarze Koalition die S-Bahn rekommunalisieren wird, wo das in all den Jahren Rot-Rot nicht angefangen wurde?

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Und wenn doch, was sagt das dann über Rot-Rot aus?

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der CDU und den PIRATEN]

Herr Kollege! Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass Ihre Redezeit abgelaufen ist.

Dank der Nachfrage vielleicht ein bisschen …?

Da hatten wir es schon gestoppt!

Ah! – Dann schließe ich mit einem letzten Satz. Drei Punkte stehen jetzt an: Stufenweise Ausschreibung der S-Bahn mit klaren Vorgaben zu Qualität, sozialen und ökologischen Standards und Vertragsstrafen bei Nichteinhaltung, schnellstmöglicher Aufbau eines landeseigenen S-Bahnfuhrparks und für den kommenden Winter ein funktionierender Notfallplan, der sicherstellt, dass kein Stadtteil abgehängt wird. Wir stehen hier in der Pflicht, der Senat ganz vorne. – Herr Senator! Wir sind gespannt: Was haben Sie zu den Notfallplänen mit der Bahn besprochen? Wegducken geht nicht mehr, loslegen gilt. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank! – Als Nächster hat der Kollege Friederici von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Gelbhaar! Ich möchte Ihnen zugute halten: Sie sind ein neuer Kollege hier im Haus. Deswegen sehen wir Ihnen so einiges nach. Aber Sie haben die Kernworte „sozial“ und „ökologisch“ und natürlich auch den Atomstrom mit der S-Bahn in Verbindung gebracht. Wenigstens dafür Glückwunsch! Aber zu Ihren Inhalten kann ich leider nur sagen: Das war eine glatte Sechs!

[Beifall bei der CDU und der SPD – Lachen bei den GRÜNEN]

Bevor es hier aber losgeht, gehört es sich, in einer solchen Aktuellen Stunde zunächst einmal den neuen Amtsträgern Herrn Senator Michael Müller und seinem Staatssekretär Christian Gaebler ganz herzlich zu ihrem neuen Amt zu gratulieren

[Uwe Doering (LINKE): Haben wir doch schon!]

und ihnen alles Gute zu wünschen zum Wohl unserer Berlinerinnen und Berliner.

[Lachen bei den GRÜNEN]

Das ist höflich, und das gehört sich so.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

Wir haben heute erstmals von den Grünen gehört, dass sie den Vertrag nicht so wie letztes Mal plötzlich kündigen, teilkündigen und am liebsten den S-Bahnverkehr damit einstellen wollen. Was das jetzt allerdings war, Herr Gelbhaar, das werden wir hoffentlich nie erfahren, denn Sie haben es selbst verbockt und sind eben nicht in der Regierung. Nach diesem Beitrag von eben bin ich auch sehr froh darüber.

Die Berliner S-Bahn wird sich mit dem beginnenden Winter leider wieder einer neuen Bewährungsprobe unterziehen müssen. Aus den vergangenen Wintern wissen wir – das hat Herr Kreins auch gerade gesagt –, dass der Betrieb vereinzelt unter 50 Prozent sank und Schienensignale, Weichen und S-Bahnen vereist waren. Die Fraktion der Linken legt heute erstmals seit zehn Jahren einen eigenständigen S-Bahnantrag vor, der in seinem Duktus eher auf den Linken-Parteitag gehört, als hier im Parlament wirklich ernst genommen zu werden.

Die CDU stellt zum Linken-Antrag fest: Eine QuasiEnteignung wird gefordert, die Bekämpfung des Maximalprofits; bloß keine Ausschreibung, auch nicht zu technischen Fragen – steht in dem Antrag drin. Alles das, was sich Fundamentalmarxisten in ihrem beschränkten Weltbild nur vorstellen können,

[Oh! von der LINKEN]

soll hier mal wieder vom Senat bewertet und damit Zeit verschwendet werden. Da machen wir nicht mit.

[Beifall bei der CDU]

Als ob es nicht größere Probleme bei der Berliner S-Bahn gibt!

[Zuruf von den GRÜNEN]

Ich sage ganz deutlich für die CDU-Fraktion: Wir bekennen uns ausdrücklich zur Berliner S-Bahn und zum Erhalt des einheitlichen Grundsystems der Berliner S-Bahn.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Zurufe von den GRÜNEN]

Die Berliner S-Bahn ist ein sehr kompliziertes System. Wir machen es uns hier nicht so einfach wie die Linken, die nur die Eigentümerschaft klären und gleichzeitig nichts, aber auch gar nichts zur Lösung beitragen wollen in puncto Fahrzeuge, Mitarbeiter, Werkstätten, Lagerbestand, Vertragsgestaltung, Kontrolle des Unternehmens und – das ist das Allerwichtigste – stabiler S-Bahnverkehr für Berlin und Brandenburg.

[Zurufe von den PIRATEN]

All das kommt nicht mal im Begründungstext des Linken-Antrags vor und zeigt nur, wie erbärmlich dieser Lösungsversuch der Linken ist.

CDU und SPD nehmen die Verantwortung für das Funktionieren des Verkehrs in Berlin sehr ernst. Nicht umsonst sind wir beim Fachthema Verkehr mit sehr breitem Textraum in der Koalitionsvereinbarung ausgestattet. Wir wollen gerade bei der S-Bahn einen hochqualitativen, stabilen Verkehr für die Menschen und Besucher unserer Stadt. Auch für die Mitarbeiter der Berliner S-Bahn wollen wir größtmögliche Sicherheit ihrer berechtigten Arbeitsplatzinteressen sicherstellen.

[Martin Delius (PIRATEN): Videoüberwachung!]

Die Deutsche Bahn und ihr Teilunternehmen S-Bahn Berlin GmbH müssen es endlich schaffen, klar zu definieren und zu erfüllen, was wir wollen: Stabilität, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Sauberkeit und eine Zukunft, die das alles beinhaltet. Dieses muss durch die S-Bahn sowohl zeitlich als auch kostenmäßig definiert und umgesetzt werden. Die Zeiten haltloser Versprechungen müssen zu Ende sein. Es müssen bahnseitig jetzt endlich die jahrelang verschleppten Investitionen in Werkstätten, Fahrzeuge und Lagerbestände sowie in die Förderung des Personals angegangen werden.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wir erkennen auch heute schon die Bemühungen des Unternehmens an, diese Zielstellungen zu erreichen – siehe Weichentechnik, siehe Sicherheits- und Signaltechnik oder siehe Besandungsanlagen oder die Fahrmotorenstabilisierung! Noch heute klingen mir die Worte von Bahnchef Rüdiger Grube in den Ohren, der einst vor unserem Verkehrsausschuss sagte, dass es für ihn eine selbstverständliche Verpflichtung sei, dass sein Unternehmen in der deutschen Hauptstadt den S-Bahnverkehr professionell betreibt. Daran werden wir als Koalition die Bahn, die S-Bahn immer wieder erinnern.

[Beifall bei der CDU – Martin Delius (PIRATEN): Wann fangen Sie denn an?]

Die neue Koalition aus SPD und CDU hat sich in ihrer Koalitionsvereinbarung zur Notwendigkeit der Beschaffung neuer Fahrzeuge bei der Berliner S-Bahn glasklar bekannt.

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Gratulation!]

Wir brauchen bei der S-Bahn jetzt eine solide Vertragsbasis, damit es in den nächsten Wintern nicht mehr zum Stillstand bei der Berliner S-Bahn kommt. Wir wollen ein in die Zukunft tragendes Konzept. Das heißt, wir haben verabredet, gerade auch für die Zeit nach dem Jahr 2017,

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE): 2020!]

dass wir einen hochqualitativen, stabilen Verkehr einerseits und niedrige Kosten für das Land und die Wahrung

der berechtigten Mitarbeiterinteressen andererseits wollen.

Dieses wird flankiert von dem intensiven Bemühen sicherzustellen, dass dem Berliner Senat als Anwalt der Fahrgäste größere Rechte eingeräumt werden. Berichts- und Offenlegungspflichten sind u. a. durch einen fachkundigen Beirat zu erweitern. Wir wollen eben nicht nur Vertrauen, sondern mehr Kontrolle des Verkehrsunternehmens und der vertraglichen Vereinbarungen. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, die aktuell geprüft werden, für die Zukunft des S-Bahnverkehrs in Berlin. Unter anderem wird beispielsweise der Erwerb der S-Bahn aktuell geprüft, insbesondere die Bereitschaft der Deutschen Bahn, dies überhaupt zu wollen, oder ob es eine Gesamtausschreibung geben soll. Aus der Prüfung kann es entweder dazu kommen, oder es wird die Ausschreibung eines Teilnetzes weiterverfolgt, für die wir uns auch als CDU in der Vergangenheit immer ausgesprochen haben.