Mehr kann und will man gar nicht mehr erwarten. Ich möchte als Berliner allerdings schon wissen, ob Teile von Berlin wie Hohenschönhausen, Wartenberg wieder vollkommen vom S-Bahnnetz abgehängt werden und welche Maßnahmen für diesen Fall vorbereitet sind. Gibt es einen Plan für den Ausfall der S-Bahn? Ist mit Brandenburg über die Möglichkeit geredet worden, kurzfristig Busse und Fahrer ausleihen zu können? Ist mit der Bahn über die Bereitstellung zusätzlicher Regionalbahnen gesprochen worden? All diese Fragen drängen sich auf, und die frühere Senatorin Junge-Reyer hat darauf stets nur mit Ausflüchten reagiert.
Das können Sie, Herr Senator Müller, nun alles viel besser machen. Die Chance ist da. Nutzen Sie sie!
Oder müssen wir von der Alternative ausgehen? Verabschiedet sich der neue Senat ohne Wintervorbereitung – vielleicht sogar ohne Justizsenator und sogar ohne Regierungserklärung – in die Weihnachtspause? Die Verantwortung für die S-Bahn können Sie nicht einfach an die Bahn abschieben. Das sollten Sie wissen. Der Senat steht hier in der Verantwortung. Herr Senator, teilen Sie uns mit, was wir von Ihnen in diesen Fragen erwarten können, was Sie geplant und vorbereitet haben!
Man kann aber auch etwas Positives vermelden: Alle Fraktionen haben für die Aktuelle Stunde das Thema S-Bahn angemeldet. Das finde ich gut, denn es zeigt, dass wir als Abgeordnete das Thema sehr ernst nehmen. Wir sollten gemeinsam vom Senat verlangen, nicht nur immer wieder an die Bahn zu appellieren. Er sollte zumindest die wenigen Rechte aus dem grottigen S-Bahnvertrag zeitnah geltend machen. Aber selbst das reicht nicht. Der
Wir haben hier etwas von einer Roadmap gehört. Wichtig ist aber eine vernünftige Vertragsgrundlage. Betrachten wir dazu die Verabredungen, die Sie im Koalitionsvertrag getroffen haben. Zunächst fällt auf, dass alles sehr unkonkret ist. Es gibt mehr Fragen als Antworten. So fordern Sie die Bahn auf, detaillierte Zeit- und Kostenpläne aufzustellen und die Werkstätten bedarfsgerecht auszustatten. Man fragt sich, was in den letzten zwei Jahren passiert ist. Diese Sätze verdeutlichen vor allem, dass Ihnen der Ernst der Lage noch immer nicht bewusst ist. Nicht die Bahn allein muss die Pläne untersetzen. Der Senat muss sich das vertraglich zusichern lassen, und zwar strafbewährt. Sonst funktioniert das nicht.
Das muss die Schlussfolgerung aus den vergangenen Jahren sein und nicht das Prinzip Hoffnung und Vertrauen. Alle Berlinerinnen und Berliner wissen das.
Weiter im Text: Sie wollen einen Beirat, der berichtet und offen legt, wie die Finanzströme zwischen Bahn und Netzgesellschaft funktionieren. Damit soll alles transparenter werden. Da kann man den Senat nur auffordern, den S-Bahnvertrag öffentlich zu machen.
Kommen wir zu Ihren Vorstellungen bezüglich der Bahnstruktur: Sie wollen das Jahr 2011 – das ja nur noch kurz ist – für Verhandlungen mit der Bahn AG nutzen, um die S-Bahn zu erwerben. Wann schließt der Senat diese Verhandlungen ab? Wann geht es weiter? Wollen Sie eine Gesamtvergabe prüfen, wenn das nicht klappt? An wen möchten Sie direkt vergeben? An die hoch verschuldete BVG oder rechtswidrig an die Bahn, die uns das ganze Chaos eingebrockt hat? Haben Sie bezüglich einer dieser Varianten eine Verständigung mit dem Land Brandenburg gesucht, oder ist das ein Berliner Alleingang? Darauf erwarte ich eine Antwort.
Sie wollen in einem neuen S-Bahnvertrag „größere Rechte“ – so haben Sie geschrieben – für das Land Berlin. Auch der Senat hat also erkannt, dass der bisherige Vertrag nicht das Gelbe vom Ei ist. Da haben wir endlich einen Konsens erreicht. Das hat lange gedauert, aber es ist immerhin ein Fortschritt.
Es fehlt aber die Konsequenz. Wenn Sie sich weiterhin die rechtswidrige Direktvergabe offenhalten, werden Sie keinen Druck zum Abschluss eines ordentlichen Vertrags haben. Diesen Druck brauchen Sie aber.
Herr Senator! Wie können Sie vor dem Hintergrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Direktvergabe ohne Ausschreibung öffentlich in Erwägung ziehen? Eine Direktvergabe ist durch den Bundesgerichtshof ausgeschlossen worden. Das verlängert doch nur die Hängepartie, wenn wir so etwas machen, und bringt, wenn Sie das ernst meinen, einen jahrelangen Rechtsstreit. Ich hoffe, dass Sie zu rechtlich belastbaren Optionen zurückkehren. Ich erwarte dazu hier und heute eine deutliche Klarstellung.
Dann kommen im Koalitionsvertrag die Passagen zur realen Welt, nämlich zur Ausschreibung. Sie wollen den Betrieb des Rings samt Zubringerstrecken, das sogenannte Viertelnetz, für einen Betrieb mit Neubaufahrzeugen ausschreiben. Offen bleibt, wie diese Ausschreibung aussehen soll. Offen ist, wo der Plan dazu bleibt. Was passiert unterdessen, zum Beispiel mit den anderen Strecken? Werden Sie diese gestaffelt ebenfalls ausschreiben, wie wir es fordern, oder soll die Bahn weiterhin das Monopol für drei Viertel des S-Bahnnetzes behalten? Das ist im Koalitionsvertrag – entgegen der Formulierungen des Kollegen Kreins – sehr schwammig geblieben. Dazu gibt es keine Roadmap, zumindest wurde von Ihnen keine vorgelegt.
Im Koalitionsvertrag heißt es weiter, dass nur die Beschaffung neuer Züge und ein neuer Betreibervertrag die S-Bahnfrage lösen kann und Sie die möglichst schnelle Bestellung von neuen, zusätzlichen Fahrzeugen für notwendig halten. Der Koalitionsvertrag sagt dann, der Senat wolle eine Kaufoption und überdies solle ihm die Bahn die Baureihe 481 – die Fahrzeuge mit erhöhtem Mängelaufkommen – verkaufen.
Danke! – Ich verstehe, dass einige das nicht hören wollen, gerade bei der SPD, die seit zwei, drei, vier Jahren vor dem immer gleichen Problem steht und nicht weiterkommt.
Ich regiere nicht seit so vielen Jahren. Sie müssen erklären, warum das S-Bahnchaos wiederkommen wird.
Die Verantwortung für Züge und Werkstätten – da sind wir uns einig – gehört in die öffentliche Hand. Vielleicht sollten wir diesen Konsens festhalten, um zu schauen, wie wir weiter verfahren.
Deshalb brauchen wir auch den landeseigenen S-Bahnfuhrpark. Das ist auch gut so. – Hören Sie zu, oder stellen Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege, aber plärren Sie nicht dazwischen! – Das vereinbarte Vorgehen der Koalition verschiebt diese Frage auf den Sankt-NimmerleinsTag. Glauben Sie wirklich, dass die Bahn Ihnen die Züge verkaufen und ihr Faustpfand für den Betrieb aufgeben will?
Nach Ihrem Plan gibt es irgendwann im Jahr 2027 eine Kaufoption. Sie schreiben im Koalitionsvertrag „schnellstmöglich“. 2027 ist doch nicht schnellstmöglich!
Können Sie sich erinnern – auch wenn Sie damals noch nicht Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses waren –, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen noch vor wenigen Jahren mit großer Mehrheit beschlossen hat, die S-Bahn teilauszuschreiben? Seinerzeit wollte man den Betrieb am liebsten zerschlagen und auflösen. Das ist das Gegenteil der kommunalen Lösung, die Sie hier gerade vertreten.
Das ist der Unterschied: Meine Fraktion hört immer aufmerksam zu und antwortet, wenn sie angesprochen wird. Das ist man bei der SPD nicht gewöhnt.