Protocol of the Session on May 22, 2014

natsverwaltungen. Wir sind sehr intensiv mit der Lebenssituation dieser Menschen befasst, übrigens nicht nur in Berlin. Ich bekomme ständig Einladungen auch aus Brüssel, weil das Thema, dass große Städte Strategien entwickeln, wie sie mit dieser Binnenwanderung, wie sie mit Roma-Familien umgehen, eines der zentralen Themen ist. Alle gucken nach Berlin. Es ist schade, wenn Sie sagen, dass da nicht viel passiert ist. Natürlich befasst sich gerade die Bildungsverwaltung sehr intensiv damit, was den Kitabesuch, aber auch die Einrichtung von Willkommensklassen angeht. Dann befasst sich mit der gesundheitlichen Situation Herr Czaja. Gerade haben wir die Wohnsituation angesprochen.

Wir setzen das, was im Haushalt eingestellt worden ist, um, etwa über mobile Beratung. Die haben wir verstärkt, weil damit auf die Menschen zugegangen wird, damit sie in dieses Thema hineinintegriert werden und eine Versorgung bekommen. Ein Schwerpunkt in meinem Haus ist, dass wir gerade die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, also Menschen, die abhängig oder selbstständig beschäftigt sind, über ihre Arbeitnehmerrechte aufklären, weil wir beobachten, dass insbesondere Roma sehr stark von Ausbeutung und Schwarzarbeit betroffen sind.

Das sind alles Aktivitäten, die wir zusätzlich machen. Wenn Sie das Gefühl haben, da passiert nicht viel, können wir das Thema im Ausschuss aufrufen, und wir kommen gerne auch weiteren Fragen von Ihnen nach. Aber ich kann Ihnen versichern, dass die Strategie, die im Senat beschlossen wurde, erfolgreich umgesetzt wird.

Vielen Dank! – Eben gab es noch eine Nachfrage. – Hat sich erledigt? Gut! Dann ist damit die Fragestunde für heute beendet.

Der Tagesordnungspunkt 3 steht heute als vertagt auf der Konsensliste. Wir kommen zu

lfd. Nr. 4:

Prioritäten

gemäß § 59 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.1:

Priorität der Fraktion der CDU

Tagesordnungspunkt 21

Personalpolitik V: personalpolitische Entwicklungen bei Dauerkranken

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU Drucksache 17/1653

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von grundsätzlich fünf Minuten zur Verfügung. Sobald eine Fraktion die Redezeit von fünf Minuten überschreitet, erfolgt eine Anrechnung auf das Kontingent der Fraktion gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 unserer Geschäftsordnung. Es beginnt die Fraktion der CDU. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Goiny. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist der fünfte Antrag der Koalitionsfraktionen zur Personalpolitik, den wir diesem Haus vorlegen. Wir haben Ihnen bereits im letzten Jahr mehrere andere vorgelegt. Der Hintergrund ist ein Umstand, der in diesem Haus natürlich schon länger bekannt ist, nämlich die Tatsache, dass wir in der öffentlichen Verwaltung des Landes Berlin zum einen einen seit der Wiedervereinigung andauernden Personalabbau zu verzeichnen haben und zum anderen die sich daraus ableitende Notwendigkeit haben, dass nunmehr viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ruhestand gehen und wir diesen – wie wir immer sagen – Generationenwechsel so gestalten wollen, dass wir einen Wissenstransfer haben, der dafür sorgt, dass die Berliner Verwaltung auch in Zukunft leistungsfähig ist.

Unsere Anträge haben sich mit verschiedenen Aspekten befasst. Ich kann aufgrund der Kürze der Zeit das nicht alles wiederholen und will nur sagen: Wir erwarten hier vom Senat ein Personalkonzept, dass diese Parlamentsbeschlüsse berücksichtigt und Wege aufzeigt, wie die entsprechenden Handlungsfelder umgesetzt werden, etwa die Fragen: Wie viel Personal brauchen wir in einzelnen Verwaltungsbereichen? Wie können wir Mitarbeiter qualifizieren? Wie können wir Familie und Beruf miteinander vereinbaren? Wie können wir Quereinsteigern eine Perspektive im öffentlichen Dienst geben, um eine zukunftsfähige Personalpolitik im Land Berlin zu machen?

Der vorliegende Antrag als letzter in dieser Reihe befasst sich nun mit der Frage: Wie gehen wir mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um, die wir in der Berliner Verwaltung haben?

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Lux?

Ich würde gern erst etwas zu meinem Antrag sagen, bevor man dazu fragt. Wenn ich nicht gleich erst einmal etwas sagen darf – aber alles zulässig im Rahmen meiner Redezeit, Herr Kollege! Wenn Sie das einräumen würden, wäre ich Ihnen sehr zu Dank verpflichtet. Ich würde gerne meine Redezeit nutzen, um meine Position vorzutragen, und dann können Sie ja entweder in einer

(Senatorin Dilek Kolat)

Kurzintervention oder über den Kollegen Schruoffeneger, der dazu redet, ihre Gedanken zum Ausdruck bringen.

Im vorliegenden Antrag geht es unter anderem darum, dass wir einfach einmal gucken wollen, wie wir uns um den Aspekt der Gesundheit kümmern, um Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung in der öffentlichen Verwaltung. Wir glauben, dass es hier Maßnahmen geben kann und geben muss, die einen wichtigen Beitrag dazu leisten. Wir glauben aber auch – und das ist das, was den Haushältern immer wieder auffällt, wenn sie die entsprechenden Berichte sehen –, dass nicht jeder Mitarbeiter krank ist, weil die Büroräume schlecht beheizt sind oder sonst irgendwelche Einwirkungen dort sind, die seiner Gesundheit abträglich sind, sondern wir glauben, dass auch die Fragen der Motivation, der Personalführung und des Betriebsklimas einen wichtigen Aspekt in diesem Zusammenhang spielen. Wir erwarten von der Verwaltung, dass sie hier zeitgemäße und effektive Maßnahmen am Ende mit in das Personalkonzept einfließen lässt.

Natürlich – und das ist nicht nur bei den Lehrern ein Problem – haben wir eine erhebliche Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Berliner Verwaltung, die dauerkrank sind und wo wir uns immer wieder genauer die Frage stellen müssen: Gibt es eine Perspektive, dass diese Mitarbeiter in den Dienst zurückkehren? Gibt es möglicherweise andere Beschäftigungsmöglichkeiten im öffentlichen Dienst, wo wir sie effektiv und im Rahmen ihrer Möglichkeiten einsetzen können? Oder ist es am Ende so, dass sie dauerhaft nicht mehr arbeitsfähig sind und in den Ruhestand geschickt werden müssen? Auch dieses Verfahren – wenn es denn sein muss, weil die Mitarbeiter nicht mehr einsatzfähig sind – dauert nach unserem Dafürhalten zu lange und muss im Interesse einer effizienten Personalwirtschaft verkürzt werden.

All diese Punkte zeigen wir mit unserem Antrag auf. Wir fordern vom Senat, das entsprechend in die personalpolitischen Konzepte einzuarbeiten. Wir glauben, dass wir als Koalitionsfraktionen mit diesen fünf Anträgen die wesentlichen Eckpunkte für eine zukunftsfähige Personalpolitik im Land Berlin auf den Weg gebracht haben. Uns ist daran gelegen, dass diese Dinge vom Senat auch kurzfristig umgesetzt werden, damit sie möglichst noch im laufenden Doppelhaushalt Auswirkungen haben. Bei der Aufstellung des künftigen Doppelhaushalts im Winter müssen aber die entsprechenden Voraussetzungen gleich berücksichtigt werden können. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit, Herr Kollege Lux!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Goiny! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Abgeordnete Herr Schruoffeneger das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Goiny! Als ich die Überschrift und den Anfang Ihres Antrags gelesen habe, dachte ich mir: Na, endlich! – Ich war schon fast erfreut, dass endlich mal jemand auf eines der zentralen Themen der Personalpolitik im Lande zu sprechen kommt, nämlich die Motivationsfrage, den Umgang mit Mitarbeitern, das Gesundheitsmanagement. Und Ihre Rede war ja auch ein bisschen in dem Sinn. Aber als ich dann weiter in Ihrem Antrag gelesen habe, ist meine Freude drastisch gesunken, denn Sie haben zwar einen allgemeinen Satz drin, wonach die präventiven Maßnahmen gestärkt werden sollen, aber dann kommt der Amtsarzt. Das einzig Konkrete in Ihrem Antrag ist der Teil zu der Frage: Wie können wir Dauerkranke frühzeitiger pensionieren? Wie können wir schneller amtsärztliche Untersuchungen durchführen? – Das ist der konkrete Kern des Antrags, aber das ist leider nicht der konkrete Kern des Problems des betrieblichen Gesundheitsmanagements in Berlin.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Das betriebliche Gesundheitsmanagement muss sicherlich ausgebaut werden, aber was ist das Problem? – Das Problem erkennen Sie unter anderem daran, dass Sie als Haushälter diesen Antrag geschrieben haben und nicht die eigentlich zuständigen Innenpolitiker.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Das Gesundheitsmanagement ist bei der Innenverwaltung angesiedelt. Aber Sie haben schon recht: Wenn jemand dazu Vorlagen macht und sich damit befasst, dann ist das im Zweifel Herr Nußbaum. Der kann zwar viel reden, aber er kann nicht handeln, und derjenige, der handeln müsste, der kümmert sich nicht um das Thema. Das ist ein Problem.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Staatssekretär Andreas Statzkowski: Das ist doch völliger Blödsinn!]

Herr Statzkowski! Dass Sie das als Blödsinn betrachten, verstehe ich schon, denn Sie sind ja betroffen.

[Staatssekretär Andreas Statzkowski: Sie lesen die Vorlagen nicht!]

Das zweite Problem: Es gibt viele Studien, die die Bedeutung von Unternehmenskultur und Arbeitsqualität für die Fehlzeiten klarmachen. Aber es gibt auch viele Untersuchungen, die sagen, dass die Fehlzeiten an sich das kleinere Problem sind. Einen viel größeren Schaden richtet der sogenannte Präsentismus an. Das heißt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind zwar da, sie sind aber abgelenkt, sie können sich nicht auf die Arbeit konzentrieren, sie gucken mal aus dem Fenster. Jeder von uns macht das. Das ist völlig normal. Aber wenn mir die Studien sagen, dass das einen zehnfachen Schaden im Vergleich zu den wirklichen Fehlzeiten anrichtet, dann müssen wir da heran.

(Christian Goiny)

[Zuruf]

Das ist kein Skandal. Das passiert. Aber ob das in 10 Prozent oder in 40 Prozent der Arbeitszeit passiert, das macht den Unterschied. Wenn wir wirklich Gesundheitsmanagement betreiben wollen, müssen wir die Frage der Mitarbeiterführung angehen. Dann müssen wir die Frage angehen, ob wir sensibel genug sind, Entlastungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorzunehmen, wenn Überlastungen erkannt werden, und wir müssen die Frage angehen, ob sich die Menschen in ihren Büroräumen und in ihrem Umfeld wohlfühlen. Zu all diesen Fragen muss man gegenwärtig sagen: Da gucken wir eigentlich gar nicht hin.

Wenn Sie sich die Stellungnahme ausgerechnet der Gesundheitsverwaltung zu Ihrem Konzept des Gesundheitsmanagements angucken, dann können Sie darin lesen: „Der Fokus liegt bei Einzelmaßnahen der gesundheitlichen Prävention und des Gesundheitsverhaltens.“ Dort, wo es möglich ist, werden Angebote wie Gymnastik, Nordic Walking oder Massagen angeboten. – Also die klassische Verhaltensprävention statt der Verhältnisprävention! Okay, ist ja nicht falsch, aber unser Problem sind die Verhältnisse der Arbeit im öffentlichen Dienst und nicht das Verhalten einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Wenn Sie 40 Jahre offene Jugendarbeit machen sollen – immer abends Dienst, Verlust aller sozialen Beziehungen, weil Sie dann, wenn andere Menschen feiern, nie Zeit haben –, dann ist das eine enorme Belastung, die auch zu gesundheitlichen Beschwerden führen kann – nicht bei jedem, aber bei ganz vielen. Wir reagieren darauf nicht strukturell, z. B. mit dem Angebot geteilter Stellen – nur noch die Hälfte der Arbeitszeit in diesem Job und die andere Hälfte in einem anderen. Wenn Sie z. B. 40 Jahre lang Kinderschutz machen sollen, ist das eine enorme psychische Belastung. Wie reagieren wir strukturell darauf? Wie schaffen wir Entlastung für diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? – Da reicht der Druck mit der Frühpensionierung nicht. Da muss man viel mehr machen.

Wie nehmen wir im öffentlichen Dienst die Entwicklung einzelner Dienststellen wahr? – Ich gebe Ihnen ein Beispiel und sage jetzt nicht, woher es kommt.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Warum nicht?]

Gut, Sie wollen es wissen: Das Landesarchiv! – Ich habe dazu vor wenigen Wochen eine Antwort bekommen, und zwar auf eine schriftliche Anfrage hin: Krankenstand 2008: 6,6 Prozent –, dann 6,3 Prozent, dann 6,8 Prozent, dann 8,5 Prozent, dann 9,8 Prozent und schließlich 11,2 Prozent. Eine Verdoppelung des Krankenstandes innerhalb von fünf Jahren! – Gleichzeitig wissen wir, dass es dort Mobbingvorwürfe gegeben hat. Und wie geht

der Senat damit um, wie lautet seine Antwort: Das Thema wird nicht weiterverfolgt. – Das ist die falsche Antwort. Ich sage nicht: Hier ist eine Scheißpersonalführung – Entschuldigung für das Wort! Ich will sagen: eine schlechte Personalführung! – Aber hier ist ein Problem, auf welcher Seite auch immer. Das zeigen auch die Krankheitszahlen. Damit muss man umgehen, und das darf man nicht ignorieren.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Diese Sensibilität fehlt leider ganz oft in der öffentlichen Verwaltung in Berlin.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Schruoffeneger! Sie haben sich ja bereits selbst ermahnt, dann muss ich das nicht noch tun. – Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort die Frau Abgeordnete Flesch. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Schruoffeneger! Sie haben sehr viel Richtiges gesagt.