Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich versuche mal, die Geschichte der Sprachkurse hier in Berlin, eine Geschichte voller Missverständnisse, ein bisschen aufzudröseln. Ich versuche, das mal so zu machen, dass es sogar Menschen verstehen, die vielleicht jetzt gerade zufällig am Fernseher nur den falschen Sender eingeschaltet haben.
Erst mal: Wir sind uns alle einig, dass es wichtig ist, dass es Sprachkurse gibt. Die werden auf Bundesebene vom BAMF, vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, bereitgestellt. Da ist es so, dass Menschen mit Sprachdefiziten an diesen Kursen teilnehmen können. Das richtet sich vor allem an Menschen mit Migrationshintergrund, leider nicht an Asylsuchende und Geduldete. Mittlerweile steht im Koalitionsvertrag, dass das auch ein bisschen aufgelockert werden soll, aber wie wir alle wissen, kann das lange dauern.
Schon Anfang 2013 haben sich die Integrationsministerinnen und -minister zusammengesetzt und gesagt: Da müsste eigentlich noch mehr drin sein. Wir fordern, dass das Bundesministerium das auch auf Asylsuchende ausweitet. – Das können natürlich Landesministerinnen und Landesminister – Frau Kolat kennt das schon – immer schön fordern, die Bundesebene soll sich bewegen. Inhaltlich bin ich da ja auch dabei. Trotzdem haben sich da auch mehrere Landesministerinnen und Landesminister gesagt: Das kann lange dauern – wie ich es eben schon gesagt habe –, insofern machen wir das auf Landesebene selber. So wichtig ist uns das. – Bayern hat es z. B. gemacht und gesagt: Wir stellen die Mittel selber zur Verfügung. – Insofern vielleicht mal einen kleinen Applaus für das Land Bayern.
Jetzt haben sich die Abgeordneten dieses Hauses gesagt: Was Bayern kann, das können wir in Berlin auch. – Insofern haben wir als Piratenfraktion 700 000 Euro für den Doppelhaushalt 2014/15 beantragt, um eben auch Sprach- und Integrationskurse in Berlin anbieten zu können. Das ist leider abgelehnt worden, aber immerhin wurde ein Antrag eingebracht, dass 300 000 Euro zur Verfügung gestellt werden sollen. Laut der Integrationsbeauftragten Lüke sollen noch weitere 300 000 Euro an Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds dazukommen. Das wäre schön gewesen. Leider haben wir noch keine Bestätigung über die europäischen Sozialfondsmittel, aber die 300 000 Euro sind im Etat.
Jetzt habe ich in der letzten Sitzung Frau Kolat gefragt: Was ist denn jetzt mit dem Geld? Kommen da jetzt auch die Kurse? – Und da hieß es: Ja, wir sind in Gesprächen. – Das ist schade, denn Gespräche bringen den Betroffenen nicht viel, gerade weil im April die Mittel auf Bundesebene erst mal vorübergehend ausgelaufen sind. Mittlerweile sind sie anscheinend wieder nachgestellt worden. Aber trotzdem erwarten wir hier mehr, gerade weil die Mittel ja schon im Haushalt sind.
Was hat das jetzt alles mit dem Antrag zu tun, über den wir gerade diskutieren? – Da steht nämlich drin – das ist ein Antrag der Oppositionsfraktionen –, dass genau das passieren soll: Sprach- und Integrationskurse sollen für Asylsuchende und Geduldete auf Landesebene er
Jetzt kommt die Koalition, die – wenn Sie eben richtig aufgepasst haben, haben Sie es gemerkt – schon zugestimmt hat, dass es Landesmittel geben soll, und sagt, dafür soll sich die Bundesebene einsetzen, und verändert unseren Antrag in der Form, dass das Land Berlin dort gar nicht mehr zuständig ist, sondern dass alles wieder auf die Bundesebene geschoben wird. Das ist relativ schade. Deswegen empfehle ich auch hier die Enthaltung, denn dass die Bundesebene Dinge tun soll, ist eh schon Konsens, wie gesagt, über die Konferenz der Integrationsministerinnen und -minister. Insofern muss man das nicht extra bekräftigen, es schadet aber auch nichts.
Trotzdem fehlt hier das klare Bekenntnis des gesamten Hauses, dass wir diese Sprachkurse in Berlin wollen, dass wir sie hier auch haushaltstechnisch unterstützen und dass sie hier auch endlich kommen, etwas, worauf wir hier schon seit Monaten warten. Insofern gibt es keinen logischen Grund – auch wenn man konsequent handelt –, diesen Antrag, den wir eingebracht haben, zu verändern. Trotzdem liegt uns eine Version des Innenausschusses vor, in der empfohlen wird, einer veränderten Version zuzustimmen. Ich nehme an, die Koalitionsabgeordneten können uns gleich erklären, wie man diesen Gedankensprung machen kann. Ich komme da nicht mehr hinterher. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Reinhardt! – Für die Fraktion der SPD hat die Kollegin Radziwill jetzt das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Reinhardt! Wir haben Ihren Antrag aus unserer Sicht verbessert, erweitert, gut weiterentwickelt, und wir lassen den Bund hier auch nicht aus der Verantwortung. Das ist auch wichtig in diesem Kontext. Von daher verstehe ich Ihre Gesamtkritik überhaupt nicht.
Was wir wollen, ist doch eigentlich – da sind wir alle einer Meinung –, dass wir Flüchtlingen, Menschen, die hierher kommen, bei uns Schutz suchen, die Möglichkeit einräumen, in einem sehr frühen Stadium schon Deutsch zu lernen. Das unterstützen wir. Und das unterstützt auch dieser Senat. Deswegen gibt es ja die Bemühungen, hier zu schauen, ob wir einen Anteil an Landesmitteln dort verwenden können, und auch zu schauen, dass wir Bundesmittel, aber auch europäische Mittel, die dafür auch da sind, Menschen, die eine Unterstützung brauchen, die eine zusätzliche Anstrengung zur Unterstützung brauchen, dass wir sie auch wirklich dafür nutzen. Und dass
der Senat genau all das prüft, ist genau seine Aufgabe. Wenn er das nicht tun würde, würden sie da nicht richtig handeln.
[Fabio Reinhardt (PIRATEN): Er soll nicht prüfen, er soll die Mittel einsetzen! Die sind doch schon da!]
Und wir sagen: Das wird aus unterschiedlichen Töpfen zu finanzieren sein. – Ihr Antrag war ursprünglich so, dass alles aus den Landesmitteln zu finanzieren sein sollte, so hatten wir das in der Debatte auch nachvollziehen können. Von daher sagen wir: In der Form, wie wir das jetzt hier weiterentwickelt haben, ist das der richtige Weg. Es ist gut, wenn wir diesen Menschen frühe Hilfen anbieten, Deutschkenntnisse zu erwerben, denn auch wenn sie nicht einen Aufenthaltstitel oder eine Aufenthaltserlaubnis hier bekommen, hilft es ihnen trotzdem auch in ihren Herkunftsländern, und es hilft insgesamt ihrer Integration.
Es ist auch – das müssen Sie erkennen – ein gesellschaftlicher Konsens erzielt worden. Wir hatten in der gesamten Sprachkursdebatte in den letzten Jahren einen anderen Stand. Dass wir schon diesen Stand haben, auch diese Erweiterung zu ermöglichen, finde ich, ist ein positiver Weg. Auch das würde ich mir wünschen, dass Sie das in Ihren Kritikpunkten nachvollziehen könnten.
Wir als SPD freuen uns zumindest, dass wir hier eine Möglichkeit gefunden haben, diese Flüchtlinge und Asylsuchenden bei uns so weit zu unterstützen und zu prüfen, inwieweit wir eine Möglichkeit einräumen können. Ich denke, dass wir auch dort für die Prüfung durchaus Zeit brauchen.
Ich freue mich aber, wenn es sich eben nicht ewig hinzieht. Und ich habe nicht die Anzeichen, dass es sich ewig hinziehen wird, sondern der Senat ist hier sehr bemüht, so schnell wie möglich diese Angebote, soweit es geht, mit Bundes- und europäischen Mitteln auch umzusetzen. In diesem Sinne hat er unser Vertrauen. Wir werden diesen Änderungen zustimmen. Die Ausschussberatung war in der Tat sehr an-,
sehr interessant, in diesen Debatten. – Vielen Dank! – Anstrengend zum Teil auch! – Danke für die Aufmerksamkeit!
Danke auch, Frau Kollegin Radziwill! – Frau Bayram hat jetzt das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Deutschkurse für Flüchtlinge, das ist unser heutiges Thema. Eigentlich sollte man ja meinen, Sprache ist so wichtig, dass diese Kurse selbstverständlich sein müssten. Denn was wünschen wir uns alle? – Dass wir uns mit anderen in einer gemeinsamen Sprache verständigen können. Leider ist das keine Selbstverständlichkeit. Deshalb müssen wir uns heute mit den Umständen auseinandersetzen, warum wir den Menschen nicht ermöglichen, die Sprache zu sprechen, in der sie sich mit uns verständigen können.
300 000 Euro jährlich wurde bei der letzten Haushaltsberatung eingestellt – der Kollege hat es auch schon gesagt. Seit dieser Entscheidung ist fast ein halbes Jahr vergangen. Ich habe neulich eine Kleine Anfrage zu dem Thema gemacht: Diese 300 000 Euro – was wurde damit gemacht? – Ich muss Ihnen leider berichten, dass mir geantwortet wurde: Wir machen nichts und prüfen noch. Das ist keine integrationsfördernde Politik im Lande Berlin, und ich denke, da müssen wir auf jeden Fall alle umdenken.
Ein weiteres Thema bei den Deutschkursen ist, dass unser Antrag, den wir ursprünglich eingebracht haben, indem wir in eigener Verantwortung die Einrichtung von Deutschkursen eingefordert haben, nunmehr so verändert wurde, dass die Bundesebene sich dazu verhalten soll. Wenn wir uns allerdings anschauen, dass auf Bundesebene schon für diejenigen, die eigentlich eine rechtliche Möglichkeit hätten, Sprachkurse zu besuchen, keine mehr angeboten werden, weil die Mittel bereits ausgeschöpft sind, dann müssen wir uns doppelt fragen, warum wir die Mittel nicht zur Verfügung stellen.
Denn im Moment ist es so, dass in den meisten Flüchtlingseinrichtungen im Lande Berlin ehrenamtliche Lehrerinnen und Lehrer diese Sprachkurse anbieten. Und selbst da müssten wir uns überlegen, ob wir nicht zumindest eine Unterstützung für die ehrenamtlichen Aktiven in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften bereitstellen, dass das koordiniert wird oder eine sonstige Unterstützung gibt. Im Moment machen das die Berlinerinnen und Berliner rein aus ihrer eigenen Initiative einer Willkommenskultur, die wir natürlich begrüßen, wobei wir aber die Menschen nicht allein lassen sollten und ihnen mehr Unterstützung geben müssten.
Eine Anmerkung ist mir wichtig, weil ich der Ansicht bin, dass sich im Moment Fehler wiederholen, die in der Bundesrepublik schon vor 50 Jahren gemacht wurden – auch da kamen Leute ins Land, und man ging immer davon aus, sie bleiben kurz und gehen wieder: Nein! Die Flüchtlinge, die jetzt aus Syrien oder aus Ägypten oder aus Afghanistan und aus den ganzen afrikanischen Län
Und dann ist alles, was wir ihnen verweigern, eigentlich nur Abhalten vom Leben, Einschränken ihrer Möglichkeiten.
Ich habe sehr viele Flüchtlinge kennengelernt, die schon perfekt mehrere Sprachen sprechen, sodass ich ganz sicher sagen kann: In kürzester Zeit wären diese Leute auch in der Lage, Deutschunterricht so wahrzunehmen, dass sie danach der Sprache mächtig sind. Schon der gesunde Menschenverstand würde zeigen, dass es in unserem eigenen Interesse ist, die Menschen möglichst schnell in den Stand zu versetzen, dass sie sich mit ihren eigenen Möglichkeiten verständigen können – in der Schule, wenn es um ihre Kinder geht, bei den Ämtern, wenn es um irgendwelche Angelegenheiten geht. Das heißt, wir würden sogar unseren eigenen anderen Institutionen einen Gefallen tun, indem wir teilweise auf Dolmetscher verzichten können, Konflikte aufgrund sprachlicher Missverständnisse vermeiden können.
Deswegen meine Forderung bei dem Thema: Ganz schnell die Deutschkurse für Flüchtlinge hier im Land Berlin einrichten und den Menschen den Einstieg in Berlin erleichtern! – Danke schön!
Danke, Frau Kollegin Bayram! – Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Kollege Dregger. – Bitte sehr!
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte drei Punkte in unsere Debatte einbringen. Erstens: Unser offenbar gemeinsames Ziel ist es inzwischen, dass alle Menschen, die bei uns mit einer gewissen Dauer leben, die deutsche Sprache erwerben. Das ist gut für die Betroffenen, denn es erleichtert ihre Kommunikation mit den Behörden, aber es verbessert auch ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt, und es erleichtert ihnen, dieses Land und seine Menschen zu verstehen, und das wollen wir.
Zweitens: Wir wissen aber auch, dass Asylbewerber, die sich noch in ihrem Asylantragsverfahren befinden, möglicherweise zu einer bestimmten Quote keine dauerhafte Perspektive in unserem Land haben. Das zeigen ja die Statistiken. Im letzten Jahr gab es in Deutschland knapp 81 000 Entscheidungen über Asylanträge, darunter 919 Fälle von Asylgewährungen – das sind 1,1 Prozent –, knapp 10 000 mal Flüchtlingsschutz – das sind
12,3 Prozent – und etwa 9 200 individuelle Abschiebungsverbote. Insgesamt ist das eine Schutzquote von knapp 25 Prozent.
Deswegen meinen wir, dass Ihre ursprüngliche Intention, die gesamten Integrationskurse auf alle Asylbewerber auszudehnen, unangebracht ist, weil es auch Geld kostet. Darüber müssen wir auch reden. Solche Maßnahmen kosten Geld, und sie sind nicht sinnvoll, wenn 75 Prozent der Betroffenen keine Perspektive in dem Land haben.
Deswegen haben wir den Antrag auf die Sprachmodule der Integrationskurse begrenzt, weil es darum geht, die Sprache zu vermitteln. Daran haben wir ein gemeinsames Interesse. Aber wir können nicht alle staatlichen Integrationsinstrumentarien, die viel Geld kosten, wie einen gönnerhaften Regen über alle ausgießen. Das ist völlig sinnlos.
Der dritte Punkt, den ich bringen möchte, der beachtlich ist, wenn wir zu einer gemeinsamen Position kommen, in diesem Bereich etwas erreichen wollen: Ich wünsche mir, dass Sie in zukünftigen Debatten davon Abstand nehmen, die Flüchtlingspolitik unseres Landes als menschenunwürdig zu brandmarken. Ich möchte gern darauf hinweisen, dass alle Fakten gegen diesen Vorwurf sprechen. Nicht nur, dass wir jetzt auch Sprachkurse staatlich finanzieren, damit Betroffene erleichtert die Sprache erlernen können, sondern die Anzahl der Asylbewerber, die nach Deutschland kommen, liegt weit über der anderer Länder.
127 000 Asylanträge in Deutschland im letzten Jahr, 46 000 in den USA, 11 000 in Kanada, 4 500 in Spanien und 28 500 in Italien – ich glaube, wir stehen nicht schlecht da.
Wir nehmen 10 000 Syrer aktiv auf. Ich begrüße das auch. Das ist wichtig. Und ich wünsche mir, da wir solche gemeinsamen Maßnahmen jetzt angehen, dass wir uns darauf verständigen, unser Land nicht immer schlechtzureden, sondern auch mal sagen, dass das, was wir hier leisten, vorbildlich ist. – Vielen Dank!