Protocol of the Session on May 8, 2014

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Gestatten sie jetzt eine Zwischenfrage des Abgeordneten Zillich?

Ja, natürlich!

Bitte!

Verehrte Frau Spranger! Sie haben schon mitbekommen, dass es bei dem Antrag nicht um die Frage geht „Bist du für oder gegen Tempelhof“, sondern um die Frage, ob öffentliche Unternehmen für die Senatsposition werben dürfen mit den Geldern, die sie für ihre Unternehmenszwecke haben?

Ich habe Ihren populistischen Antrag sehr wohl gelesen. Und ich weiß natürlich, denn Sie haben hier dem Gesetz nicht zugestimmt, und da ist mir das völlig klar, dass Sie von Ihrer eigenen Ablehnung im Abgeordnetenhaus nur ablenken und das dann den Wohnungsbaugesellschaften in die Schuhe schieben wollen.

[Udo Wolf (LINKE): Ach so!]

Denn Sie als Opposition, meine Damen, meine Herren von den Linken, haben sich dann in keinem Parlament mehr, in keinem Antrag mehr hierher zu stellen und dem Senat und der Koalition vorzuwerfen, warum hier in Berlin eventuell Ihrer Meinung nach nicht dort oder dort eine Wohnung neu zu bauen ist, wenn Sie 4 700 neue Wohnungen bekämpfen und die Wohnungsbaugesellschaften dazu auffordern, sich nicht klar dazu zu bekennen, dass sie neuen, bezahlbaren Wohnraum hier in Berlin machen wollen, dann haben Sie das zu erklären. Und deshalb, wie vorhin schon gesagt: Sie machen sich selbst unglaubwürdig, und das von einer Partei, die zehn Jahre mit uns an der Regierung war. – Herzlichen Dank!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Frau Spranger! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat nun Herr Dr. Lederer. – Bitte sehr!

Liebe Frau Kollegin Spranger! Ich habe zur Kenntnis genommen, dass Sie Ihre fünf Minuten Redezeit einfach dazu genutzt habe, um für Ihre Position zu werben. Das ist völlig legitim. Sie müssen es ja nötig haben, im Vorfeld des Volksentscheids jede sich bietende Chance zu nutzen, um für Ihre Position in Sachen Volksentscheid zu werben.

[Torsten Schneider (SPD): Sie machen doch so eine Nummer hier! Sie haben es doch nötig!]

Kriegen Sie sich ein, junger Mann! – Frau Kollegin Spranger! Haben Sie mir eigentlich zugehört und den Antrag mal gelesen? – Ganz offensichtlich nicht. Bei dem Antrag geht es nicht darum, den Senat aufzufordern, eine andere Position zu beziehen als jetzt. Es geht auch nicht darum, dass der Senat jetzt plötzlich sagen soll, die Initiative 100 Prozent Tempelhof habe recht, und dass wir deswegen künftig gegen des Senat stimmen sollen. Das habe ich vom Senat nicht verlangt. Der Senat und Herr Müller tun das ja auch. Er darf seine Position vertreten, wo immer er will, und tut das auch bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Das ist völlig in Ordnung. Sie haben recht: Es ist verwaltungsgerichtlich festgestellt worden, dass der Senat für seine Position werben darf.

[Iris Spranger (SPD): Genau!]

Aber, liebe Kollegin Spranger, Sie haben nicht verstanden, was der Senat nicht darf. Das zeigt Ihre Frage, was faire Bedingungen bei Volksentscheiden sind. Es geht nicht um eine Frage von Lust oder Laune, sondern um eine Rechtsfrage. Deswegen habe ich aus dem OVGBeschluss vorgelesen. Wissen Sie, was das OVG ist?

[Heiterkeit bei der LINKEN]

Das ist ein Gericht, das über das entscheidet, was Recht und Unrecht ist. Das OVG befasst sich nicht mit der Frage, ob Tempelhof bebaut werden soll oder nicht. Es stellt lediglich fest, dass mit öffentlichen Haushaltsmitteln oder mit Mitteln öffentlicher Unternehmen nicht missbräuchlich Kampagnenarbeit für die Position des Senats gemacht werden kann. Das steht in unserem Antrag, und dafür bitten wir um Zustimmung. Das gilt für die ZLB und für die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften. Sorry, aber das, was Sie hier erzählt haben, hat mit unserem Antrag nichts zu tun, sondern ist ein Ausweis der Tatsache, dass es Ihnen zu kompliziert war, das zu durchschauen. Das tut mir leid!

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

(Iris Spranger)

Vielen Dank, Herr Dr. Lederer! – Sie möchten replizieren. – Bitte!

[Udo Wolf (LINKE): Jetzt geht es aber um das Recht!]

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Lederer! Dass Sie hier natürlich aufgebracht sind, weil Sie erwischt worden sind, kann ich verstehen. Völlig klar!

[Beifall bei der SPD]

Sie stellen sich hier als Moralapostel hin und tun so, als würden nur Sie das Recht kennen. Ich kenne auch das Recht. Ich habe auch Gerichtsurteile gelesen. Ich kann das sogar. Stellen Sie sich das mal vor!

[Beifall bei der LINKEN]

Dass den Wohnungsbaugesellschaften, der IHK, dem Landessportbund und dem BBU zuzutrauen ist, dass sie sich allein eine Meinung bilden, lesen – übrigens auch Ihre Anträge – und das deuten können, davon können Sie ausgehen.

[Zuruf von Uwe Doering (LINKE)]

Ich habe heute diese Priorität nicht gefordert. Das haben Sie doch gemacht. Ich habe auch den Antrag nicht geschrieben.

[Beifall bei der SPD]

Das haben Sie getan. Da müssen Sie mit einer Antwort leben können, egal, wie sie ausfällt. – Herr Lederer, Sie brauchen sich nicht zu den Grünen umdrehen. Die werden Ihnen weniger helfen, als Sie jetzt denken, denn die haben einen solchen Antrag nicht geschrieben. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD – Beifall von Matthias Brauner (CDU)]

Vielen Dank, Frau Spranger! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Behrendt. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Die Öffentlichkeitsarbeit des Senats vor Volksentscheiden ist ein heikles Thema. Wir haben das heute gemerkt. Wir haben es auch im Vorfeld des ProReli-, Pro-Ethik-Entscheides diskutiert. Da hat Herr Müller – da erging die Rechtsprechung, die der Kollege Lederer zitiert hat – gesagt: Diese Rechtsprechung vom Oberverwaltungsgericht, die uns untersagt, dort einzugreifen, nimmt der Senat so nicht hin, und wir streben eine grundsätzliche Entscheidung in dieser Frage an. – Davon ist

nichts passiert. Es blieb also bei diesem Beschluss, und deswegen – Frau Spranger, da können Sie ja sagen, Sie könnten und hätten andere Beschlüsse gelesen – gilt zunächst einmal diese Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Heiko Herberg (PIRATEN)]

So sieht es offenbar der Senat auch, denn er plant jetzt keine eigene Anzeigenkampagne mehr, sondern er ist auf die Idee verfallen, das seine Töchter machen zu lassen. Darum sind die DEGEWO und Stadt und Land angetreten und sind vorneweg mit dabei, wenn es gilt, für die Senatslinie zu werben. Dabei sollten aber eigentlich die Zeiten, wo die SPD die landeseigenen Unternehmen als fünfte Kolonne und als Melkkuh nutzte, vorbei sein. Das hatten wir alles, auch mit Parteispenden an die SPD. Die Älteren werden sich daran erinnern.

Stichwort Mentalitätswechsel: Davon ist in dieser Kampagne leider sehr wenig zu erkennen. Frau Spranger, es tut mir leid, aber Sie haben gezeigt, dass Sie nicht einmal ein Bewusstsein dafür haben, dass Sie hier problematisch handeln. Gucken wir uns das mal an: Der Gesellschaftszweck der Wohnungsbaugesellschaften ist die Wohnraumversorgung zu annehmbaren Preisen. Der Gesellschaftszweck ist aber nicht, sich werbend für den Senat in die Bresche zu werfen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Wenn wir uns die Mitglieder dieses Bündnisses pro Bebauung angucken, ist kaum einer nicht Mitglied der SPD:

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Das stimmt!]

Herr Böger, Herr Matz, Herr Bielka, Herr Hoßbach, Herr Nisblé.

Der ehemalige Oppositionsführer und jetzige Innensenator hat damals, als es noch um Pro-Reli ging, richtigerweise hier ausgeführt, das könne ja wohl nicht richtig sein, der damals SPD-geführte Senat – bei dem er jetzt dabei ist – könne ja dann mit seiner Machmaschinerie quasi mit unbegrenzten Mitteln aus dem Steuersäckel dagegenhalten. Das hat er kritisiert, und Christoph Lehmann, der damalige Initiator der Pro-Reli-Kampagne, der heute als Beisitzer im CDU-Landesvorstand sitzt, hat damals gesagt: Das ist ja wohl ein ausgewachsener Skandal. Wowereit werbe mit Steuermitteln gegen ein Anliegen von Berliner Bürgern und verhöhne die direkte Demokratie. Er habe für Parteizwecke Staatsmittel verwendet. – Und die CDU heute? – Sie schweigt um des Machterhalts willen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Zur ZLB: Die ZLB macht nun Werbung für den Volksentscheid, zum Beispiel mit Postkarten wie diesen hier.

[Der Redner hält Postkarten hoch]

Der Aussagegehalt dieser Postkarten ist allerdings recht dünn. Zunächst einmal zum Foto – Sie können das vielleicht hinten nicht sehen, ich gebe es nachher gerne rum –: Es zeigt drei Herren, die über das Haus Wowereit finanziert werden. Wenn man sich das genau anguckt, dann sehen sie nicht so ganz so glücklich und begeistert aus. Es sieht eher so aus, als hätte ihnen jemand gesagt: Der Chef will, dass ihr jetzt mal begeistert guckt.

[Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN]

Jetzt zum Text, der lautet: Berlin braucht die Bibliothek am Tempelhofer Feld, weil Bildung und Kultur in der Bibliothek anfangen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Aha! Dafür gibt die ZLB Steuergelder aus. Darf sie das überhaupt? – Ein Blick ins Stiftungsgesetz – immer hin hier von uns verabschiedet – erleichtert die Rechtsfindung. Der Stiftungszeck ist eindeutig auf die Bewahrung des kulturellen Erbes und die Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit ausgerichtet. Von Parteinahme in laufenden Volksabstimmungen und werbendem Eingreifen steht in diesem Gesetz nichts. Deshalb lässt sich die Kampagne, die auch noch mit Großflächenwerbung und Kinospots ergänzt wird, mit dem Stiftungszweck der ZLB nicht vereinbaren. Deswegen haben wir diesen Änderungsantrag gestellt.