Protocol of the Session on May 8, 2014

Nein!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Dann hinkt noch immer Ihre Rechnung an dem Punkt, dass Sie sagen, Sie hätten Standorte untersucht. Am Ende sind Sie zu dem Schluss gekommen, dass der Neubau am billigsten ist. Was Sie aber vollkommen außer Acht lassen ist, dass die Bestandsgebäude aber trotzdem vorhanden sind und diese Bestandsgebäude auch Kosten verursachen. Das größte Problem in Tempelhof, das wir haben, sind die roten Zahlen, die das Flughafengebäude schreibt. Würden wir in die Sanierung und den Bau der Bibliothek investieren, hätten wir den Euro nicht nur einmal, sondern gleich zweimal ausgegeben. Und das, lieber Herr Wowereit, ist die Position der Grünen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Sie haben Tempelhof angesprochen. Ich wollte das heute gar nicht, aber Herr Müller wird mir recht geben. Wir verbringen gerade fast jeden Abend gemeinsam auf irgendeinem Podium zum Volksentscheid. Er ist ein fantastischer Podiumsdiskutant und schafft es, mit Verve die Leute zu überzeugen.

[Allgemeiner Beifall – Heiterkeit]

Das ist verdienter Applaus. Das Problem ist immer, dass es schwierig wird, wenn die Sprache auf das Thema ZLB kommt. Da macht er sich selbst einen schlanken Fuß und sagt, es sei nicht so ganz sein Bereich; es müsse nicht alles sein. Es gibt aber viele Leute, die sagen, dass sie sich eine Randbebauung vorstellen können, aber diese ZLB nicht wollen. Solange der BER nicht fertiggebaut ist,

[Beifall bei den GRÜNEN – Heiterkeit]

können Sie sich keinen zweiten Palast in Berlin erlauben. Das, meine Damen und Herren von der SPD, aber auch

von der CDU, ist Ihre Achillesferse bei diesem Volksentscheid.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank, Frau Kapek! – Nun hat ein Mitglied der SPD-Fraktion noch einmal die Möglichkeit, das Wort zu ergreifen, wenn Interesse und Bedarf besteht. – Ich sehe, dass dem nicht so ist.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Was ist denn mit der SPD-Fraktion? Sie sind starke Frauen in der SPD nicht gewohnt!]

Dann gibt es die Möglichkeit für die Linksfraktion. – Herr Kollege Brauer, bitte, Sie haben das Wort.

Verzeihung! Dort oben auf der Pressetribüne: Sie dürfen nicht die Tische der Abgeordneten abfilmen. Danke sehr!

[Christopher Lauer (PIRATEN): Das waren nur die Dokumente, nicht die Tische!]

Auch nicht die Dokumente. Danke für den Hinweis.

Herr Lauer, dort liegen vielleicht Bibliotheksbenutzungsausweise. Das passt doch.

[Zuruf]

Ich habe keine Fraktion genannt. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur drei Bitten als kleiner, bescheidener Oppositionsabgeordneter äußern.

[Zuruf von Oliver Friederici (CDU)]

Warten Sie doch erst einmal ab, Herr Friederici! Ich weiß, Sie lesen Bücher. – Bitte Nr. 1 ist, zu den Äpfeln, Birnen und Kartoffeln nicht noch Chicorée und Hering dazuzurühren. Das wird dann wirklich eine ungenießbare Melange. Wir sollten uns wirklich konzentrieren. Eine Entscheidung für oder gegen einen Neubau, einen Zentralstandort, an welchem Ort in dieser Stadt auch immer, müsste einigermaßen unabhängig von den Nutzungskonditionen anderer Gebäude getroffen werden.

Das Zweite: Vielleicht habe ich den Regierenden Bürgermeister falsch verstanden, aber ich denke schon, dass das eine solche Apfel-Birnen-wie-auch-immer-Zusammenwürfelei bedienen würde. Wir sollten eine Entscheidung für eine Investition in diesem soziokulturellen Bereich und die Diskussion um einen Kostenrahmen auseinanderhalten. Ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass sich über einen Kostenrahmen erst einigermaßen verlässlich diskutieren lässt, wenn es verlässliche Planungsdaten gibt.

Ich zumindest kenne diese verlässlichen Planungsdaten nicht. Ich kenne untertriebene Schätzungen um die

200 Millionen Euro, ich kenne Worst-Case-Szenarien, die sich im Bereich von 500 Millionen Euro bewegen. Ich habe keine Ahnung, was das kostet. Ich weiß es nicht, weil ich solche Berechnungen nicht kenne.

[Joachim Esser (GRÜNE): Aber faktisch zwingt man uns, in drei Wochen zuzustimmen!]

Wenn wir solche verlässlichen Berechnungen auf dem Tisch haben, können wir über Deckel und Rahmen reden. Vorher tun wir das bitte nicht; es ist alles Rhetorik.

Der dritte Wunsch ist ein allgemeiner. Ich wünsche mir, dass wir damit aufhören, aus Gründen dritter Art eines der zentralen Zukunftsinvestitionsprojekte dieser Stadt kaputtzureden.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Die Zentral- und Landesbibliothek ist nichts anderes als die wissenschaftliche Allgemeinbibliothek für die Bevölkerung dieses Landes Berlin, und zwar unterhalb der Schwelle der für viele nur relativ begrenzt zugänglichen wissenschaftlichen Bibliotheken, wie Staatsbibliothek, Universitätsbibliothek, VW-Bibliothek etc. pp. Sie hat, wer die Bibliothek kennt, eine andere Qualität und einen anderen kulturpolitischen Anspruch – muss sie auch haben – als die am besten ausgestatteten Hauptbibliotheken unserer Bezirke. Das ist ein normaler Vorgang. Der ist politisch so gewollt. Der war schon so gewollt von unseren Vorgängerinnen und Vorgängern, und den sollten wir nicht leichtfertig aufgeben. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und der SPD]

Vielen Dank, Herr Brauer! – Nun hätte ein Mitglied der CDU-Fraktion die Möglichkeit zu sprechen. – Es besteht kein Interesse. Dann hat als Nächstes für die Piratenfraktion der Kollege Lauer das Wort. – Bitte sehr!

Erst einmal vielen lieben Dank für diesen warmen Empfang! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Worüber reden wir hier eigentlich?

[Allgemeine Heiterkeit – Zurufe: ZLB!]

Ja, wir reden über einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, in dem steht, dass der Senat Dinge tun soll, die er meines Wissens – ich habe diesen Bericht des Rechnungshofes überflogen – glaube ich, selbst in einer Stellungnahme zugesagt hat.

Freuen wir uns doch über das Positive! Erstens: Ein Mitglied des Senats schaltet sich in die Debatte ein. Das haben wir jetzt seit der neuen Geschäftsordnung schon öfter gehabt. Das freut mich erst einmal sehr. Dann hören

(Antje Kapek)

wir eine frei gehaltene Rede, was auch positiv und zu begrüßen ist,

[Heidi Kosche (GRÜNE): Am Thema vorbei!]

und dann ist diese Rede insofern ganz gut, weil der Regierende Bürgermeister Dinge über den Zustand, den Planungsstand und die Kosten dieser Bibliothek nennt und das hier von unserem Plenardienst mitprotokolliert und dokumentiert wird. Das heißt, wenn irgendwann in 50 Jahren diese Bibliothek fertig ist, kann man sich das Protokoll noch einmal bei einem Weinchen durchlesen und lachen oder weinen

[Zurufe von der SPD]

und mit einer tieferen Erkenntnis Gedanken dazu machen. So sehr ich die Polemik und die Aufregung, die künstliche, schätze, und so sehr ich weiß, dass sie meiner Gesundheit und unser aller Gesundheit abträglich ist, hätte ich mich doch sehr darüber gefreut, wenn dieser Antrag wenigstens irgendetwas Substanzielles gehabt hätte.

[Lachen bei der SPD]

Denn, wir halten einmal fest: Diese ZLB ist noch nicht geplant, sondern da gab es diese zwei Entwürfe, von denen einer noch ertüchtigt werden muss,

[Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Beide!]

oder beide müssen ertüchtigt werden. Dann werden beide Entwürfe ertüchtigt, dann sagen die Architekten: Das kostet so und so viel. –, dann sagen Senat oder das Parlament: Wir hätten hier aber gern noch eine Abfertigungshalle oder mehr Bänder oder noch eine Entrauchungsanlage. –, dann wird es teurer. Dann weiß man, dass man dieses Gebäude so nicht durch das Parlament, durch den Haushaltsgesetzgeber bekommt, und dann rechnet man das herunter, damit man später per Nachtragshaushalt die tatsächlichen Kosten aufbringen kann. Das ist ja ein beliebtes Spiel. Wir kennen das alle, hinter vorgehaltener Hand geben wir auch zu, dass es so läuft, aber diese Plenarsitzung und dieser Antrag werden dazu benutzt, um sich darüber zu empören, als hätte man gerade erfahren – was, weiß ich nicht, setzen Sie ein beliebiges, offenes Geheimnis ein. Die Katholische Kirche bezahlt bis zu zwei uneheliche Kinder mit, das hätte ich nie gedacht. So.

[Heiterkeit bei der SPD]

Der Punkt ist doch der: Wir wissen doch, wie das hier läuft. Deshalb irritiert mich dieser Furor, der hier vonseiten der Grünen gegenüber dieser noch nicht einmal geplanten Bibliothek entfacht wird. Wenn wir wenigstens einen Rohbau hätten, der unter Wasser steht und vor sich hin schimmelt, und nebendran eine Schule stünde und die dort alle Asthma hätten, dann könnten wir wenigstens etwas richtig skandalisieren. Aber wir reden hier über ein noch nicht geplantes, virtuelles Gebäude und unterhalten uns im Jahr 2014 darüber, was mit einem noch nicht geplanten Gebäude passieren soll, in das Bücher –

[Zurufe von der SPD]

physikalisch, ausgedruckt, tote Bäume, im Jahr 2014 Bücher! – hineingestellt werden sollen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich wissen wir doch, dass wir in jedem Bezirk eine Bibliothek dieser Größe, wie sie da möglicherweise geplant wird, hätten. Der einzige Grund, weshalb wir sie nicht haben, ist der, dass wir in der Vergangenheit beim Geldausgeben und beim Kontrollieren des Geldausgebens nicht so gut waren und wir angesichts der Knappheit der Mittel uns immer irgendwelche absurden Ausreden ausdenken müssen, warum Dinge gehen oder nicht gehen, und dabei so tun, als würden wir es nicht wissen. Machen wir uns doch einmal ehrlich! Das Ding ist noch nicht geplant. Herr Wowereit hat Zahlen genannt. – Vielen, lieben Dank!