Bereits da haben wir angekündigt – da saß auch Frau Demirbüken-Wegner dabei –, dass wir einen Runden Tisch fordern werden, wenn da nichts passiert, und deshalb haben Sie jetzt unseren Antrag hier liegen. Ich kann Sie nur bitten: Machen Sie mit! Versuchen Sie mit uns, dieses Problem wenigstens ansatzweise zu lösen oder den ersten Schritt zur Lösung zu gehen! Richten Sie diesen
Runden Tisch ein! Oder besser noch: Machen Sie gleich noch eine Analyse vorweg, damit wir auch mal valides Zahlenmaterial haben und nicht immer mit Phantasiezahlen operieren müssen, die allen nur Angst machen, aber letzten Endes nicht stimmen. – Vielen Dank!
Danke schön, Frau Kollegin! – Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort die Kollegin Vogel. – Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Prostitution ist nach wie vor ein aktuelles Thema in Berlin, eine bestehende Realität, mit der umgegangen werden muss. Das Prostitutionsgesetz ist in der Umsetzung seiner drei Paragraphen weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die Prostituierten sind nicht in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gekommen, und Honoraransprüche wurden nur in Ausnahmefällen eingeklagt. Deutschland ist zu einem Eldorado für Zuhälter und Bordellbesitzer geworden. Es besteht also dringender Handlungs- und Regelungsbedarf.
Im Koalitionsvertrag von 2013 zwischen der Union und der SPD auf Bundesebene wurde deshalb auch sehr richtig eine umfassende Überarbeitung des Prostitutionsgesetzes vereinbart. Wenn sich daraus Änderungserfordernisse für Landesgesetze etwa im Gewerbe- oder Baurecht ergeben, wird der Senat diese selbstverständlich umsetzen. Doch Landesgesetze schon vor der bundesrechtlichen Novelle ändern zu wollen, hält meine Fraktion nicht für sinnvoll. Ziel bleibt es also weiterhin, die Arbeitsbedingungen der betreffenden Frauen zu verbessern und gleichzeitig Zwangsprostitution und Menschenhandel einzudämmen. Ich möchte keineswegs Prostitution mit Menschenhandel gleichsetzen, aber es ist in der Realität leider so, dass dort, wo Menschenhandel stattfindet, oft auch Prostitution im Spiel ist.
Beiden heute behandelten Anträgen ist gemein, dass sie einen Runden Tisch fordern. Es läuft also darauf hinaus, dass vom Senat ein solcher initiiert werden soll, also noch ein weiterer Runder Tisch. Ich spare mir an dieser Stelle die Aufzählung der bereits existierenden Runden Tische und der Runden Tische, die mangels Beteiligung in Berlin wieder eingestellt wurden. Darüber haben wir bereits im Ausschuss ausführlich gesprochen. Es kann doch nicht unser Ziel sein, viele Runde Tische einzurichten, an denen sich womöglich auch noch die gleichen Akteure treffen. Auch in der Anhörung im Ausschuss wurde festgestellt, dass es schon genügend Gesprächsrunden in Berlin gibt und daher kein neuer Runder Tisch notwendig ist. Das sahen insbesondere auch die Vertreter der Prostituierten so.
Der Evaluationsbericht zur Umsetzung des Prostitutionsgesetzes auf Bundesebene hat die bestehenden Defizite festgestellt und aufgelistet. Also kann auch das keine Aufgabe eines weiteren Runden Tisches sein. Der im Antrag beschworene Runde Tisch in Nordrhein-Westfalen hat sicher großen Einsatz gezeigt. Was sich durch seine Arbeit konkret für alle Beteiligten verbessert hat, scheint mir jedoch ernüchternd gering zu sein. Für Berlin ergibt ein zentraler Runder Tisch wenig Sinn, da die Problemlagen in der Stadt nicht überall identisch sind. Auf Bezirksebene können sich die Akteure viel besser mit der Situation vor Ort auseinandersetzen. Das geschieht auch. Die dort geleistete wertvolle Arbeit wollen wir nicht mit einem vom Land geschaffenen übergeordneten Gremium entwerten. Ein Runder Tisch sollte nur dann eingerichtet werden, wenn man sich davon konkrete Wirkungen verspricht, nicht aber aus blindem Aktionismus. Deshalb schließt sich meine Fraktion beiden Beschlussempfehlungen an, welche die Ablehnung der vorliegenden Anträge empfehlen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Kollegin Vogel! – Für die Piratenfraktion hat jetzt der Kollege Kowalewski das Wort. – Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! In letzter Zeit wurde, seitdem Alice Schwarzer – ich sage es einmal ganz wertfrei – ihr Papierprodukt auf den Markt gebracht und sehr medienwirksam vermarktet hat, wieder viel über Prostituierte geredet. Leider wurde dabei großflächig übersehen, dass es auch möglich wäre, mit Prostituierten zu reden. Die Diskussion beschäftigt sich dabei leider auch vor allem mit einem kleinen Teil Sexbranche, der eigentlich keiner ist. Wenn Menschen verkauft, verschleppt oder vergewaltigt werden, hat das nichts mit Prostitution zu tun. Es sollte doch dann besser als Menschenhandel, Verschleppung oder Vergewaltigung bezeichnet werden.
All das sind strafbewehrte Verbrechen. Dieses Haus hat am 20. Februar leider gezeigt, dass es die Opfer dieser Verbrechen nicht ernst nimmt. Die SPD und die CDU haben ihnen nämlich unterstellt, sie wollten sich zumeist oder zumindest teilweise nur einen Aufenthaltstitel erschleichen. Darüber freuen sich natürlich die Täterinnen und Täter, die auch kaum mit Belastungszeugen konfrontiert werden und sich wenig Sorgen um Strafverfolgung zu machen brauchen. Das macht mich als Mitglied dieses Parlaments auch heute noch sehr betroffen.
Kommen wir aber zu den Anträgen zurück und den selbstbestimmt arbeitenden Prostituierten, ob auf der
Straße, in Privatwohnungen oder in Großbordellen, zu den Escorts, zu den erotischen Masseur/-inn/en, zu den Tänzern und Tänzerinnen, zu den Sexualassistent/-inn/en und allen anderen Angehörigen dieser vielfältigen Branche, die sich von Schwarzer, Honeyball und den von Ihnen aufgepeitschten, zum Teil gut organisierten Hurenhasserinnen vorwerfen lassen müssen, sie seien unmündig, Fürsprecher/-innen der Zuhälter/-innen-Lobby oder zu vernachlässigende Einzelfälle.
Beide Anträge wollen das ändern. Die Menschen, die in der Sexbranche arbeiten, sollen in Überlegungen zu den Regelungen, die sie betreffen, einbezogen werden, sowohl im Verwaltungshandeln in den Bezirken bis hin zur überfälligen Weiterentwicklung des Prostitutionsgesetzes im Bund. Dazu gehören natürlich nicht nur die Sexarbeiter/-innen selbst bzw. ihre Berufsverbände, sondern auch die Bordellbetreiber/-innen und die Kund/-inn/en.
Leider ist es nicht einfach möglich, sämtliche Stigmata, mit denen die Prostitution genauso wie alle anderen Ausprägungen der Sexualität bei vielen Menschen noch belegt ist, einfach vom Tisch zu wischen. Der Dialog mit Akteur/-inn/en aus der Prostitution, statt nur über sie, wird vermutlich auch zur Entkrampfung dieses Themas beitragen.
Beide Anträge nehmen nichts Inhaltliches vorweg, sondern schaffen Strukturen, in denen alle Beteiligten gemeinsam Vorschläge erarbeiten können. Beide Anträge konkurrieren auch nicht, sondern ergänzen sich. Der grüne Antrag sorgt nämlich dafür, dass der Runde Tisch bald losgehen kann, während der Senat den gründlicheren Antrag der Linken noch prüft. Wenn ich hier aus Reihen der Koalition höre, dass Runde Tische sowieso nicht viel bringen oder eigentlich ziemlich sinnlos sind, kann ich nur empfehlen, einmal hinzugehen. Ich weiß von vielen Runden Tischen – beispielsweise aus den Musikschulen oder aus vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen –, dass sich die Menschen teilweise auch freuen würden, wenn mal jemand von der Regierungskoalition vorbeikäme.
Zeitdruck haben wir leider bei diesem Thema durchaus. In der aktuellen gesellschaftlichen Situation und in dem zu befürchtenden Aktionismus der Bundesregierung wird deutlich, dass da bald etwas passieren muss. Wir werden deshalb für beide Anträge stimmen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege Kowalewski! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Jetzt kommen wir zu den Abstimmungen. Wir stimmen zunächst über den Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/1394 ab. Dort empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen Grüne, Linke und Piraten die Ablehnung. Wer dem
Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Grüne, Linke und Piraten. Wer lehnt den Antrag ab? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Letzteres war die Mehrheit. Dann ist der Antrag abgelehnt.
Dann kommen wir zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1368. Auch hier empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen Grüne, Linke und Piraten die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind wiederum Grüne, Linke und Piraten. Wer lehnt den Antrag ab? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.
Die Tagesordnungspunkte 14 bis 16 stehen auf der Konsensliste. Der Tagesordnungspunkt 17 war Priorität der Piraten unter 4.5. Der Tagesordnungspunkt 18 steht auf der Konsensliste. Der Tagesordnungspunkt 19 wurde bereits in Verbindung mit der Aktuellen Stunde beraten.
Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt vom 7. Mai 2014 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 7. Mai 2014 Drucksache 17/1632
zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion Drucksache 17/1570
Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. Es hat das Wort der Kollege Harald Wolf. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Energiewende, das ist mehr als die Ersetzung von Atomenergie, von Kohle, von Öl, von fossiler Energie durch erneuerbare Energieträger. Energiewende – wir sehen das gegenwärtig an der intensiven politischen Diskussion auf der Bundesebene – bedeutet einen Umbau, eine Veränderung der gesamten energiewirtschaftlichen Strukturen, wir brauchen eine neue Infrastruktur für die Energiewende, wir brauchen intelligente Netze, wir brauchen Speichertechnologien, wir werden neue Produktionsanlagen brauchen, und wir werden neue wirtschaftliche Strukturen für die Energiewende brauchen, dezentrale, stärker kommunale Strukturen. In der Energiewende werden auch neue Player auftauchen bzw. sind schon im Zusammenhang mit den erneuerbaren Energien aufgetaucht.
Es ist eine ausgesprochen komplexe und ambitionierte Aufgabe. Die Bewältigung einer solchen Aufgabe braucht klare Vorstellungen, eine Strategie, was man will, vor allem aber die Schritte, wie man es umsetzt, und die Methoden, wie man es umsetzt, wie man zu dem Ziel einer klimaneutralen Stadt kommt.
Gegenwärtig liegt für das Land Berlin eine solche Strategie nicht vor. Die Oppositionsfraktionen hatten bereits im Dezember 2012 einen Antrag vorgelegt, in dem der Senat aufgefordert wurde, deutlich zu machen, was seine energiepolitischen Ziele sind, mit welchen Mitteln und mit welchen Instrumenten er diese Ziele umsetzen würde. Dieser Antrag wurde, wie es das Schicksal von Oppositionsanträgen ist, mit der Mehrheit der Koalition abgelehnt. Insofern bin ich froh, dass es jetzt gelungen ist, fraktionsübergreifend einen Antrag aller Fraktionen in diesem Haus auf die Einrichtung einer Enquete-Kommission heute zu beschließen, die sich die Aufgabe stellt, diese Frage zu beantworten, die der Senat bis heute nicht beantwortet hat, auch noch nicht einmal in Versatzstücken.
Wir haben eine Studie zur Machbarkeit des klimaneutralen Berlins. Wir haben ein Energiewendegesetz als Referentenentwurf – noch nicht einmal ins Parlament eingebracht –, das eine Selbstverpflichtung der öffentlichen Hand ist, aber keine Strategie darstellt. Insofern ist es, glaube ich, dringend notwendig, dass sich die EnqueteKommission dieser Aufgabe zuwendet und klärt, welche wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen auf Strom-, Gas- und Fernwärmenetz, auf die öffentlichen und privaten Strom- und Wärmenutzer und -anbieter zukommen, damit diese Frage geklärt wird und wir eine Konzeption vorlegen.
Wir haben uns auch darauf verständigt, auch das ist gut, dass wir sehr konzentriert arbeiten und dass wir versuchen wollen, bevor sich die nächsten Wahlkämpfe abzeichnen, diese ambitionierte Aufgabenstellung innerhalb eines Jahres in sehr konzentrierter Arbeit abzuarbeiten. Ich hoffe, dass die Verständigung, die zwischen den Fachpolitikern über die Aufgabenstellung stattgefunden hat, sich auch in einer konstruktiven Arbeit einer Kommission widerspiegeln wird.
Was ich allerdings bedaure, das will ich an dieser Stelle noch einmal sagen, ist, dass, nachdem es zwischen den Fachpolitikern eine Einigung über die Besetzung der Kommission mit externen Experten gegeben hatte, die CDU-Fraktion diesen Konsens aufgekündigt hat. Das Resultat ist, dass wir bei den Experten leider keinen einzigen haben, der auf Erfahrungen im operativen Geschäft der Energiewirtschaft verweisen kann. Das ist bedauerlich. Ich glaube, dass wir dieses nachholen müssen durch entsprechende Einladungen zu Anhörungen etc. Denn wir werden nicht nur mit Professoren, nicht nur mit Verbandsvertretern reden können, wir dürfen nicht nur mit Leuten, die sich wissenschaftlich mit dieser Frage
Ich hoffe, dass wir in der Kommission zu einer Einigung kommen und diese Kompetenzen auch nutzen, zum Nutzen aller und damit wir alle klüger werden. Wahrscheinlich werden wir am Ende doch wieder unterschiedliche Positionen haben, aber ich denke, wir sollten sehen, dass wir einen möglichst breiten Konsens erzielen, denn die Energiewende wird nur gemeinsam bewältigt werden können. Dazu ist ein breiter Konsens notwendig. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Kollege Wolf! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt der Kollege Buchholz das Wort. – Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Wenn der Regierende sagt: Mach‘ hinne! –, ich sage es jetzt einfach mal, dann soll man sich sputen. Es ist nämlich bald 19 Uhr. Ich werde mich deshalb kurz fassen.
Meine Damen! Meine Herren! Ich kann direkt an den Kollegen Wolf anknüpfen, denn es ist wirklich etwas ganz Besonderes, dass wir es geschafft haben, uns mit fünf Fraktionen, die wirklich nicht immer einer Meinung sind, was politische Zielstellungen, was die politische Arbeit angeht, untereinander zu verabreden. Wir brauchen nach über zehn Jahren wieder eine EnqueteKommission, die sich mit sehr grundlegenden Fragen beschäftigt: Wie können wir das Land Berlin fit machen für die Energiezukunft? Wie können wir als Land Berlin unseren Beitrag für die Energiewende in Berlin, in Deutschland und letztlich in der gesamten Welt leisten? Auch wenn das vielleicht manchmal ein kleiner Beitrag ist, wir müssen ihn gemeinsam meistern. Deshalb finde ich es hervorragend, dass wir fünf Fraktionen das gemeinsam angehen wollen! – Jetzt könnte man eigentlich klatschen, aber es traut sich keiner.
Danke schön! – Die Notwendigkeit muss ich, glaube ich, nicht mehr ausführen. Wir kennen sie nicht nur durch die Berichte des Weltklimarates, IPCC, auch die deutschen Experten, der Think Tank Agora genauso wie der Sachverständigenrat für Umweltfragen, sagen, die Notwendigkeit ist da, wir müssen umsteuern, wir müssen es tatsächlich tun. Es reicht nicht, immer nur über die Energiewende zu reden. Wir werden uns alle überlegen müssen: Wo können wir im öffentlichen, im privaten, im gewerblichen und im industriellen Sektor tatsächlich