Zum Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/1490 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich – gegen Grüne, Linke und Piraten – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind einzelne Mitglieder der Piratenfraktion. Wer enthält sich? – Keine Enthaltungen. Wer ist dagegen? – Das ist die Koalition. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie vom 3. April 2014 Drucksache 17/1573-Neu
Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion Drucksache 17/1573-1
In die Drucksache 17/1573 hatte sich ein Druckfehler eingeschlichen. Hierzu gibt es den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion, Drucksache 17/1573-1. Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.
Gemäß § 9 Abs. 2 des Berliner Abstimmungsgesetzes haben die Vertrauenspersonen einer Volksinitiative ein Recht auf Anhörung in den zuständigen Ausschüssen. Diese Anhörung ist im Ausschuss für Bildung, Jugend und Wissenschaft erfolgt. Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 des Abstimmungsgesetzes findet nach der Anhörung eine Aussprache zur Volksinitiative im Abgeordnetenhaus
statt. Für die Beratung steht jeder Fraktion eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Die Redereihenfolge richtet sich dieses Mal nach der Fraktionsstärke. Es beginnt die Fraktion der SPD, und als Redner ist mir der Kollege Özışık benannt worden. – Bitte schön!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Als bildungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion freue ich mich – ehrlich – jedes Mal, wenn sich Menschen für bessere Bildung engagieren. Gemeinsam müssen wir über die Gesellschaft nachdenken und diese erfolgreich gestalten. Wir müssen uns jedoch die Frage stellen, was wir unter einer besseren Bildung verstehen. Wir als sozialdemokratische Fraktion verstehen darunter eine gerechtere Teilhabe und Förderung, die Unterstützung von Schulen mit schwierigen Grundbedingungen, gut ausgebildete Lehrkräfte und damit vor allem die Gewährleistung einer erfolgreichen Ausbildung. Dafür arbeiten wir.
Doch das, was uns hier vorliegt – ich mache mir Gedanken, inwieweit das tatsächlich zu einer Verbesserung der momentanen Situation führen kann. Was wird gefordert? – Die Initiative will die Qualitätssicherung gegen die pädagogische Freiheit ausspielen. Sowohl die pädagogische Freiheit als auch die Qualitätssicherung sind für uns sehr wichtig und eben keine bloßen Kampfbegriffe, die gegeneinander gerichtet werden dürfen.
Um pädagogische Freiheit zu fördern, haben wir verschiedene Instrumente etabliert. Ein Beispiel an dieser Stelle ist das Brennpunktschulen-Programm. Die Schulen entscheiden selbst, wie sie ihre Schülerinnen und Schüler fördern wollen, wo sie Bedarf sehen – weg vom Gießkannenprinzip, hin zur eigenverantwortlichen Förderung.
Da gibt es einen weiteren Punkt: Ohne Standards, ohne einheitliche Prüfungs- und Testformate, ohne landesweite Richtlinien und ohne Vergleichsmöglichkeiten können wir eine gute Qualität unserer Schulen nicht sichern und schon gar nicht verbessern.
Die Kultusministerkonferenz hat nicht ohne Grund beschlossen, dass Schulversuche, die Schulabschlüsse tangieren, zulassungspflichtig sind. In dieser konsensorientierten Institution sitzen alle Parteien, auch die Grünen.
Um einer föderalen Zersplitterung entgegenzuwirken und Wildwuchs zu verhindern, müssen Schulversuche weiterhin genehmigungspflichtig bleiben.
Deshalb, im Klartext: Ohne Qualitätsstandards verlieren nicht nur die Schulen, sondern insbesondere die Schülerinnen und Schüler, da sie nach einem Schulwechsel in ein anderes Bundesland um die Anerkennung ihrer schulischen Leistungen fürchten müssen. Unsere Fraktion ist der Überzeugung, dass es eine wichtige bildungspolitische Aufgabe ist, allen Kindern und Jugendlichen in Berlin ein gleichwertiges und qualitativ gesichertes Bildungsangebot zu garantieren. Und wissen Sie was? – Das ist Sozialdemokratie pur, allen Schülerinnen und Schülern die bestmögliche Chance für ihre Zukunft zu bieten!
Dazu muss eine freie private Schule auch zeigen, dass sie Qualität liefern kann. Daher sprechen wir uns gegen eine Verkürzung der Wartefrist bei Neugründungen aus. Ich finde das auch fair, private Träger schaffen das schon. Darüber hinaus fördert es auch das langfristige Engagement im Bildungsbereich und garantiert den verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern.
Wie bereits gesagt, schätze ich bildungspolitisches Engagement und nehme die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst. Wir Parlamentarier sind gewählt, um diese Ideen zu prüfen, zu diskutieren und zu entscheiden, ob sie gut für alle Berlinerinnen und Berliner sind, ob sie gut sind für unsere Kinder. An dieser Stelle, das muss ich zugeben, habe ich Bauchschmerzen,
Bauchschmerzen in Bezug auf die Qualitätssicherung, in Bezug auf gleiche Qualitätsstandards. Inwieweit bringt diese Idee tatsächlich Vorteile für unsere Berliner Schülerinnen und Schüler? Oder bedeutet sie nicht doch vielmehr Schwierigkeiten für die Zukunft?
Ich will die Diskussion nicht beenden, vielmehr möchte ich den Anstoß seitens der Initiative nutzen, um das Thema der besseren Bildung in die Gesellschaft hineinzutragen. Viele Menschen haben sich in der Initiative für eine bessere Bildung ausgesprochen. Das tun auch wir, und zwar als Repräsentanten aller Berlinerinnen und Berliner. Wir sind in der Verantwortung für alle.
Einige sehr wichtige Anstöße haben wir bereits vorangetrieben: das Schulprogramm, die Strukturreform, die Gemeinschaftsschule und vor allem das Brennpunktschulen-Programm. Lassen Sie uns gemeinsam nachdenken und dabei die Voraussetzungen für erfolgreiche und gerechte Bildungschancen nicht vergessen! – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Kollegin Remlinger das Wort. – Bitte sehr, Frau Kollegin!
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Unterstützer und Vertreter der Volksinitiative „Schule in Freiheit“! Ich darf Sie ganz herzlich begrüßen und mich auch noch mal persönlich und im Namen meiner Fraktion für Ihr Engagement, für Ihre Bereicherung der bildungspolitischen Debatte hier im Abgeordnetenhaus ganz herzlich bedanken.
Sie haben z. B. allein mit der Frage, wie eine Pädagogik, aber auch Leistungsnachweise aussehen können, die sowohl aussagekräftig sind als auch der individuellen Förderung gerecht werden können, eine sehr schwierige Frage von in der Tat großer Tragweite aufgeworfen, die wir, wie Sie ja auch selbst betont haben, nicht hier und ad hoc lösen konnten und das auch nicht vorgeben wollten, von heute auf morgen alle Fragen hier aufzulösen. Aber gerade deshalb möchte ich mich auch bei Ihnen bedanken, weil Sie in Ihren Reformvorschlägen, in den Varianten eine bemerkenswerte Debattenoffenheit gezeigt haben und die Varianten, die Sie vorgeschlagen haben, auch noch mal zur Debatte gestellt haben und bereit waren, diese weiter auszufeilen und ggf. auch zu verändern. Eine bessere Voraussetzung dafür, mit diesem Parlament, mit den bildungspolitisch Interessierten im Gespräch zu bleiben, hat es eigentlich nicht geben können.
Deshalb bedauere ich ausdrücklich, dass es uns nicht gelungen ist, hier im Haus eine gemeinsame Beschlussempfehlung zu formulieren. Ich möchte die Debatte im Ausschuss nicht wiederholen, aber ich möchte doch sagen, dass es in der Tat auch deshalb bedauerlich war, weil es eine Vorverständigung gab und weil wir als Oppositionsfraktionen bewusst darauf verzichtet hatten, inhaltlich Positionen zu jedem Vorschlag der Volksinitiative festzuzurren, sondern lediglich versucht haben, einen weiteren Debattenprozess strukturell aufzusetzen und die Punkte, zu denen man im Gespräch bleiben könnte, zu benennen. Und nicht einmal das, als kleinster gemeinsamer Nenner, wenn ich es so nennen darf, war möglich, als Beschlussempfehlung hier zu verabschieden. Das ist in der Tat ein Trauerspiel.
Wir wurden damit in der Debatte konfrontiert, dass sehr klar wurde, wer hier nicht über den eigenen Tellerrand blicken mag, wem solche Vertreterinnen und Vertreter wie die Volksinitiative als Vertreterin einer Zivilge
sellschaft suspekt sind, wer hier die Auffassung vertritt, man ist gewählt, um zu regieren, zu entscheiden, da müsse man sich nicht mehr mit den Bürgerinnen und Bürgern auseinandersetzen. Und wer es hier ist, der der Volksinitiative an jeder Stelle nur das Schlechteste in den Mund legt, die Lektüre, ihre Vorschläge nur auf das Bösartigste interpretiert. Zweiter Teil dieses Trauerspiels!
[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Beifall von Regina Kittler (LINKE) – Zuruf von Lars Oberg (SPD)]
Der Tragödie dritter Teil: Sie haben als Koalition noch nicht einmal begriffen, dass das keine Volksinitiative freier Schulen ist. Sie haben nicht sehen wollen, dass es eine Volksinitiative ist, der es um eine gemeinsame Bildungslandschaft öffentlicher Schulen in freier und staatlicher Trägerschaft geht, dass es darum geht, dass es um zwei Seiten einer gemeinsamen Medaille geht, dass es der Volksinitiative gerade darum geht, das, was Sie, Herr Özışık, als sozialdemokratisch bezeichnet haben: sich um jedes Kind im Land Berlin zu kümmern. Dass es nicht nur um die Kinder aus bildungsnahen Familien geht, sondern gerade darum, z. B. durch ein intelligenteres Finanzierungssystem dafür zu sorgen, dass die soziale Durchmischung vorankommt. Und Sie haben kein Argument gegen unseren Vorschlag gehabt zu sagen, dass wir diejenigen Schulen besser finanzieren, die nachweislich alle Kinder aufnehmen.
Vielen Dank, Frau Kollegin! – Ich hätte eine ganz konkrete Frage: Wie stehen Sie denn zu dem Ansinnen der Volksinitiative, Schulabschlüsse in Berlin weitgehend abzuschaffen und durch Einzelbewertungen der Schülerinnen und Schüler zu ersetzen?
Werter Herr Buchner! Das ist genau ein Beispiel dafür, was ich als „das Schlechteste, die bösartigste Lektüre der Volksinitiative in den Mund legen“ bezeichnen würde.