Protocol of the Session on March 6, 2014

[Beifall bei den PIRATEN]

Herzlichen Dank für die Anfrage! Aber Sie haben scheinbar bei den gesamten Haushaltsberatungen nicht zugehört.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Ich darf Sie noch mal belehren, obwohl ich das ungern von hier vorne tue, ich machen es lieber unter vier Augen.

[Heiterkeit bei der SPD]

332 Millionen sind in dem Wohnungsneubaufonds in diesem Doppelhaushalt drin. Und die städtischen Gesellschaften werden noch mal über 700 Millionen aus ihrem Eigenkapital dafür einsetzen. Also über 1,2 Milliarden werden in den nächsten zwei Jahren und in dieser Wahlperiode und dann hoffentlich noch länger für diesen Wohnungsneubau eingesetzt.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Bevor ich auf die umfangreichen wohnungspolitischen Maßnahmen eingehe, möchte ich noch mal kurz auf die Großsiedlungen zu sprechen kommen, weil es mir doch am Herzen liegt.

Ich muss Sie noch mal fragen, ob Sie noch eine weitere Zwischenfrage des Kollegen – –

Nein, jetzt mache ich zu Ende!

[Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Ich hatte jetzt die eine tolle Frage. Wenn die Fragen so weitergehen, will ich jetzt nicht mehr.

Vielen Dank!

Die damalige Errichtung von Großsiedlungen in Ost und West ist aus heutiger Sicht eine nachvollziehbare politische Reaktion auf politische Situationen, nämlich auf die Teilung der Stadt und den Zuzug, gewesen. Wohnraum war äußerst knapp und begehrt. Eine Sicherstellung der Wohnungsversorgung für große Teile der Bevölkerung wurde notwendig, und das in kurzer Zeit. Zwischenzeitlich wurde sehr viel Geld in die Weiterentwicklung investiert, für bauliche Maßnahmen, für Modernisierungen, für die Sicherung bezahlbarer Mieten und für sozial flankierende Maßnahmen einschließlich des Quartiersmanagements. Unsere landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, haben bis heute, wie gerade von mir noch mal erläutert, Milliardenbeiträge gerade in diese Siedlungsgebiete bezahlt. Es ist uns gelungen, diese Gebiete in vielerlei Hinsicht zu stabilisieren. Es wäre töricht und objektiv falsch, diese Gebiete zu stigmatisieren.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall von Antje Kapek (GRÜNE)]

Wir werden alles dafür tun, um auch in Zukunft in diesen Wohngebieten stabile und gute Wohnverhältnisse zu gewährleisten, mit einer sozialen Mischung und – das ist mir besonders wichtig – mit angemessenem Respekt für die Bewohnerinnen und Bewohner.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Sie haben es eingefordert, deshalb werde ich es tun, noch mal aktuell die Schwerpunkte unserer sozialen Wohnungspolitik zu nennen: Unsere Stadt wächst. Das haben wir von hier vorne oft gesagt. In den letzten beiden Jahren hat die Stadt einen Zuwachs von über 50 000 Einwohnerinnen und Einwohnern, die neu hierher kamen, gehabt. Dieser Trend scheint anzuhalten. Für diese Menschen brauchen wir genügend bezahlbaren Wohnraum. Deshalb werden wir den Wohnungsbestand unserer landeseigenen Gesellschaften auf über 300 000 Wohnungen erhöhen.

Wir haben einen Wohnungsneubaufonds – wie bereits gesagt – beschlossen. 320 Millionen Euro sind dafür vorgesehen. Die Wohnungsbaugesellschaften werden von sich aus noch mal 775 Millionen in den Neubau von Wohnungen stecken.

Zur Vermeidung von Ausgrenzung und Verdrängung haben wir das Mietenbündnis mit den landeseigenen Gesellschaften geschlossen, u. a. Nettokaltmiete maximal 30 Prozent des verfügbaren Einkommens, Mieterhö

hungen nur 15 Prozent in vier Jahren statt bisher 20 Prozent in drei Jahren.

Dabei sind uns besonders wichtig: Die Begrenzung der Miete für Neuvermietungen und die Anwendung des Mietspiegels im Mittelwert, die Ausdehnung der Kündigungssperrfrist bei Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen auf ganz Berlin und der verlängerte Kündigungsschutz auf zehn Jahre, weitere Bundesratsinitiativen zur Begrenzung der Mieten, die nur auf Bundesebene umgesetzt werden können, die Kappungsgrenze bei Mieten von 5,50 Euro bis zum Jahr 2017 als Maßnahme zur Stabilisierung von Kiezen und Großsiedlungen, die Sicherung von Wohnraum durch Erlass des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes – die entsprechende Verordnung steht kurz vor Inkrafttreten –, die Unterstützung der Bezirke beim Erlass sogenannter sozialer Erhaltungsgebiete, der Milieuschutz zum Erhalt der Bevölkerungsstruktur, sozial flankierende Maßnahmen u. a. für Mieterinnen und Mieter nach Wegfall der alten Anschlussförderung und als letztes wohnungspolitisches Kriterium, welches ich natürlich auch erwähnen möchte, der qualifizierte Berliner Mietspiegel. Dieses Instrument hat sich seit Jahren bewährt und ein hohes Maß an Sicherheit für alle Beteiligten gebracht.

Ich komme zum Schluss: An die Piratenfraktion gerichtet möchte ich noch mal sagen: Von einer gescheiterten Wohnungspolitik kann überhaupt keine Rede sein. Wir sind für die großen wohnungspolitischen Herausforderungen, vor denen die wachsende Stadt Berlin steht, gut aufgestellt. Wir werden dafür sorgen, dass trotz angespannter Wohnungsmarktlage keine soziale Schieflage in der Stadt entsteht. Wir stehen für soziale Mischung und sozialen Ausgleich, im Übrigen in allen Stadtgebieten. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen jetzt Frau Kollegin Schmidberger, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch nach dem Aschermittwoch lacht die Bundesrepublik über die nicht endende Pannenserie des BER. Wir wollten heute eigentlich mit Ihnen und dem Regierenden Bürgermeister über den BER diskutieren, über zwei Jahre verfehltes Krisenmanagement von Klaus Wowereit, über die Scheinprojekte seines Mitarbeiters Hartmut Mehdorn, über die Idee, beim Schallschutz ein bisschen weniger zu machen, und und und.

[Sven Kohlmeier (SPD): Wir haben ein anderes Thema!]

Aber das Haus will lieber über die Achtzigerjahre reden. Okay! Dann machen wir das eben.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Geschichte ist dazu da, um aus den Fehlern zu lernen und die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Das, was und wie es gebaut wurde, macht uns heute Probleme. Damals war es Programm der Sozialdemokratischen Partei, Armenviertel zu verhindern. Doch das ist mächtig schiefgegangen. Der Leerstand im Falkenhagener Feld ist so gering wie nie. Das ist kein positives Zeichen, denn die Menschen dort berichten uns, dass das vor allem am starken Zuzug einkommensschwacher Haushalte aus der Innenstadt liegt. Wir müssen vermeiden, dass sich Armut im Falkenhagener Feld und in anderen Kiezen und Stadtteilen konzentriert, die übrigens nicht alle am Stadtrand liegen. Dafür müssen wir die Rahmenbedingungen so setzen, dass auch Menschen mit mittlerem Einkommen in diese Viertel ziehen.

[Zuruf von Joschka Langenbrinck (SPD)]

Das kann das Programm Soziale Stadt aber allein nicht leisten. Da reicht es nicht, mal eben einen Park zu sanieren oder einen Spielplatz zu bauen. Es braucht ein Gesamtkonzept für faire Lebenschancen, ein Mix aus Sozial- und Wohnungspolitik und nicht mal eben nur kleinere Reparaturen durch QM-Gebiete.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Wir brauchen vor allem gute Bildungseinrichtungen, eine bessere Verkehrsanbindung und eine größere Nutzungsmischung. Vor allem müssen wir die zunehmende Verdrängung von Menschen aus ihren Stadtteilen und Kiezen, wo sie gern leben, verhindern. Sie haben zehn Jahre lang nichts dafür getan, dass die Stadt für alle bezahlbar bleibt. Es gab ja angeblich kein Problem. Jetzt müssen wir Ihre langjährige Untätigkeit ausbaden.

Auch wenn die Wirtschaftskraft steigt, ist die Kaufkraft in Berlin so niedrig, wie in kaum einer anderen Großstadt. Die Mieten hingegen steigen unaufhaltsam. Die Berliner Einkommen halten da nicht mit. Es ist nicht nur der Einwohnerzuwachs, der Berlin eine neue Wohnungsknappheit und Verdrängung bringt, es sind vor allem die zunehmenden Immobilienspekulationen, seitdem die globalen Finanzmärkte ihr Heil nicht mehr in faulen Derivaten, sondern in Sachwerten suchen. Da man eine hohe Rendite erwartet, steigen die Mieten eben exorbitant. Deshalb gilt: Der Erhalt bezahlbarer Mieten für Familien, Alleinerziehende, Rentner, Studenten und Künstler sind der Dreh- und Angelpunkt für eine lebenswerte und sozial gerechte Stadt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Liebe Koalitionäre! Werden Sie endlich aktiv! Wir brauchen endlich das Wohnungsbauprogramm. Wo andere Städte seit Jahrzehnten auf Kontinuität setzen, wacht

(Iris Spranger)

Berlin erst langsam aus seinem Dornröschenschlaf auf. Senator Müller hat zwar in Worten einiges Engagement für eine soziale Wohnungsbaupolitik angekündigt. Es bleibt aber meist bei den Ankündigungen. Eine wohnungspolitische Gesamtstrategie fehlt in dieser Stadt. Bisher wurde vom Senat lediglich ein sogenanntes Mietenbündnis mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften vereinbart. Das war ein erster Schritt in die richtige Richtung. Aber die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften brauchen auch ausreichend Wohnungen in der Innenstadt – vor allem auch in guten Wohnlagen. Sie dürfen die soziale Entmischung nicht verstärken, weil sie Wohnungen in guter Lage bevorzugt an solvente Mieter vergeben oder in Eigentum umwandeln. Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften haben einen gemeinwohlorientierten Auftrag. Der Senat hat endlich dafür zu sorgen, dass sie diesem auch gerecht werden.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Alexander Spies (PIRATEN)]

Der neue IBB-Wohnungsmarktbericht ist alarmierend, denn er zeigt, dass sich die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen im Vergleich zu den beiden Vorjahren verdoppelt hat. Die Mieten in umgewandelten Wohnungen liegen bis zu 30 Prozent höher als in nicht umgewandelten. Deshalb ist das ein Problem. Die Umwandlungsverordnung – die versprechen Sie uns hier schon seit mehr als einem Jahr – kann der Spekulation mit Wohnungen einen Riegel vorschieben. Selbst die CSU will das jetzt machen. Ist die CSU also sozialer als die SPD hier in Bayern, oh!, in Berlin

[Allgemeine Heiterkeit]

kleiner freudscher Versprecher –? Bei Ihnen scheint die Politik des solidarischen Miteinanders leider unbekannt verzogen zu sein. – Na ja, ich kann keinen großen Unterschied zwischen der CDU in Berlin und der CSU erkennen, deshalb ist mir das herausgerutscht.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Kommen wir noch einmal auf die Großwohnsiedlungen vor allem in der Innenstadt zurück. Wir haben da eine absurde Situation, nämlich, dass gerade die Familien, für die Sozialwohnungen extra gebaut wurden, für diesen mafiösen Wohnungsbau, den Sie jahrelang systematisch betrieben haben, bluten sollen.

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Sie sitzen dieses Problem aus und lassen die Menschen im Regen stehen. Sie sind nicht einmal bereit, Kotti & Co dabei zu unterstützen, selbst einen Weg für eine Rekommunalisierung zu finden. Der Kotti gehört übrigens zu den Gebieten, für die viel Geld aus der Städtebauförderung geflossen ist.

[Iris Spranger (SPD): Ja, genau!]

Die jahrelange Arbeit von Quartiersmanagement und Sozialinitiativen machen Sie zunichte, wenn Sie es zulassen, dass die Menschen dort ihr Zuhause verlieren.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Beifall von Katrin Lompscher (LINKE)]

Noch ist der Anteil einkommensschwacher Familien in Innenstadtbezirken wie Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln überdurchschnittlich hoch. Der Anteil wird aber geringer und das nicht, weil der Senat eine gute Arbeitsmarktpolitik betreibt, sondern weil die Menschen, die arbeitslos sind oder geringe Einkommen haben, sich ihre Wohnungen dort nicht mehr leisten können. Diese Verdrängung zeigt sich in ganz Berlin wellenartig. Dabei geht es immer mehr weiter nach draußen an den Stadtrand. Sie sind es den Berlinerinnen und Berlinern bis heute schuldig geblieben, angemessenen Wohnraum zu schaffen und zu vermeiden, dass sich diese Stadt sozial spaltet. Sonst würden wir heute gar nicht über dieses Thema reden müssen.