Es ist auch niemand viel mehr Neues eingefallen, übrigens auch mir nicht, aber ich sage Ihnen mal was: Wenn Sie jetzt hier sagen, jetzt geht es in die große Erfolgsgeschichte, ja, dieses Gesetz ermöglicht vielen Menschen, ihre im Ausland erworbene Qualifikation als gleichwertig anerkennen zu lassen. Das ist ein Erfolg, auch beim Bundesgesetz.
Dieses Gesetz grenzt aber gleichzeitig ebenso wie das Bundesgesetz Menschen aus, und zwar die Menschen – Frau Kahlefeld hat es beschrieben –, die keinen Anspruch auf Leistungen haben, und im Übrigen auch die Angehörigen derjenigen, die keinen Anspruch auf Leistungen haben. Und auch die Erfahrungen der Bundesländer und auch des Bundesgesetzes zeigen, es gibt Menschen, die finanzielle Unterstützung brauchen. Lieber Herr Dregger, finanzielle Unterstützung! Ihr warmer Händedruck und Ihre netten Worte, die wir heute von Ihnen gehört haben, okay, mit ein bisschen nationalistischem Touch,
Die Opposition hat Ihnen entsprechende Änderungsvorschläge gemacht. Die haben Sie wie immer abgelehnt. Bis zum Schluss haben Sie sich geweigert, finanzielle Hilfe bereitzustellen. Und das ist tatsächlich eine ganz bittere Pille. Und wenn Sie jetzt sagen, Herr Dregger, wir geben doch kein Geld sinnlos aus, dann verstehe ich das nicht, denn mit einem Stipendienprogramm ist natürlich gemeint, dass jemand kommt und dann auch darlegen muss, dass er oder sie die entsprechende Hilfe braucht. Dieses Geld wird nicht automatisch ausgegeben, sondern für Menschen bereitgestellt, die darauf angewiesen sind. Das wollen Sie nicht. Eben haben Sie gesagt, man weiß es nicht, aber im Ausschuss haben Sie gesagt, Sie gehen davon aus, dass das ganz wenige Menschen betrifft. Und dann verstehe ich noch weniger, dass Sie nicht bereit sind, diesem Kreis von Menschen, die hier teilweise über Jahrzehnte leben, unterqualifiziert beschäftigt sind, in miesen Jobs, zu miesen Arbeitsbedingungen, zu miesem Geld, zu helfen. Wie Sie immer sagen, dass sie ihre Leistung erbringen, die Einzigen, die hier bei diesem Gesetz ihre Leistung nicht erbracht haben, das war die Koalition.
Es ist so unglaublich schäbig, dass Sie diese paar Kröten nicht bereitgestellt haben. Und es ist unglaublich schäbig, wenn Sie sich jetzt hier hinsetzen und sagen: Die Menschen, die Hilfe brauchen, die sollen das sagen, und dann helfen wir ihnen. – Frau Becker, Entschuldigung! Wenn jemand zum IQ-Netzwerk geht und sagt, ich kann mir das gar nicht leisten, die Situation haben wir ja jetzt schon im Bundesgesetz. Da gab es an keiner Stelle irgendeine Beratungsstelle, die sagt: Kein Problem! Wie viel Geld brauchen Sie? Hier ist die Kohle.
Können die auch gar nicht. Also das ist auch gar nicht ihre Aufgabe. Das Geld haben sie auch nicht. Und warum haben sie das Geld nicht? – Weil diese Koalition nicht bereit war, dieses Geld in den Haushalt einzustellen. Deshalb ist es Verdummung, was Sie hier erzählen. Und das nehme ich Ihnen übel, dann sagen Sie wenigstens, Sie wollen das Geld nicht bereitstellen.
Im Übrigen weiß ich jetzt nicht mehr, ob ich es gesagt habe, aber weil immer die Frage war: Wie werden Sie abstimmen? – Wir enthalten uns bei dem Gesetz, denn wir wollen nicht verhindern, dass Menschen ihre Qualifikation anerkennen lassen können, aber das, was Sie hier abgeben und dass Sie sich weigern, ein Stipendienprogramm aufzulegen, dem werden wir nicht zustimmen. Deshalb enthalten wir uns.
Vielen Dank, Frau Breitenbach! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort Herr Abgeordneter Spies. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist da schon viel gesagt worden, nur noch nicht von jedem. Also ich habe dazu noch nicht gesprochen. Wenn ich jetzt mal die Leistung der Regierung, des Senats bei diesem Gesetz bewerten darf, dann würde ich eine Vier minus vergeben, also knapp ausreichend. Ist immer besser als mangelhaft, also gar nichts. Also auch auf Bundesebene hat es ja lange gebraucht, bis es eben 2012 zu einem Anerkennungsgesetz kam. Danach sind eben die Länder aufgerufen worden, ihre – sagen wir mal – Hausaufgaben zu machen. Es gab einen Entwurf der Kultusministerkonferenz. Was der Berliner Senat jetzt vorgelegt hat, entspricht auch fast genau diesem Entwurf. Es wurde also nicht noch eigenes Gehirnschmalz reingesteckt. Trotzdem hat es relativ lange gedauert. Also Berlin ist jetzt nicht das Schlusslicht, aber das elfte Bundesland, das dieses Gesetz beschließt.
Die Frage ist: Worum geht es denn eigentlich? – Wir wissen, dass wir in Deutschland eine hervorragende Berufsausbildung haben. Darum werden wir auch im Ausland beneidet. Aber der Nachteil, und es ist deutsch, es ist eben sehr bürokratisch, es gibt viel staatliche Anerkennung. Wenn jetzt qualifizierte Leute zu uns nach Deutschland kommen, um hier arbeiten zu wollen, dann können sie sich natürlich nicht mit ihren im Ausland erworbenen Fähigkeiten an diesen deutschen Standards so einfach messen lassen. Das ist eben auch ein Grund
übel des Gesetzes, dass man jetzt versucht, die deutschen Standards auf Ausbildungen zu übertragen, die nach ganz anderen, auch historisch anders gewachsenen Kriterien gemacht worden sind.
Was macht man in anderen Ländern besser – nicht nur in Hamburg, da kann man nach Europa sehen, es geht ja auch um Fachkräftesicherung, also eigentlich ist es ein Wirtschaftsthema? – Da lädt man Leute ein und finanziert ihnen erst einmal den Sprachkurs, die Anpassung ihrer in einem anderen Land erworbenen Qualifikationen an die jeweiligen Standards in dem Land, und dann sind sie qualifiziert, um auch eine Tätigkeit auszuüben. All das fehlt hier. Insofern ist es für uns sehr schwierig, diese Fachkräfte bei uns einzusetzen. Im Gegenteil, wir verlieren eher auch noch die gut ausgebildeten deutschen Fachkräfte an das Ausland, als dass wir in der Lage sind, die qualifizierten Zuwanderer hier entsprechend ihrer eigentlichen Qualifikation einzusetzen. Das wurde auch alles schon gesagt.
Insofern ist es ganz wichtig, hier nachzubessern. Ich will jetzt gar nicht mal von den Qualifikationen reden, die im Ausland gar nicht in dem Sinn erbracht werden wie bei uns, sondern wo man Learning by Doing macht, wo viele im Handwerk jahrelang oder jahrzehntelang gearbeitet haben, ohne jemals irgendeinen Abschluss erworben zu haben. Diese Kenntnisse müssten genauso anerkannt werden. Es ist ja nicht einsehbar, warum jemand, der jahrzehntelang im Ausland in einem bestimmten Bereich gearbeitet hat, jetzt hier in Deutschland nichts mehr können sollte – nur weil er kein Schriftstück mit einem Stempel vorlegen kann –, auf einmal seine ganzen Fähigkeiten verlieren sollte. Insofern geht die Grundphilosophie dieses Gesetzes sehr stark an der Realität vorbei.
Wir werden sehen, wie das Gesetz wirkt. Es ist besser als nichts. Insofern wird es erst einmal dazu führen, dass etwas passiert. Aber wir werden sehr schnell an die Grenzen stoßen und werden uns sicher noch darüber unterhalten. Hoffentlich nicht erst in vier Jahren, sondern schon im nächsten Jahr, denn das haben wir auch gefordert, dass nämlich der Senat jährlich über die Umsetzung dieses Gesetzes berichtet. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Anja Kofbinger (GRÜNE) und Carsten Schatz (LINKE)]
Zur Gesetzesvorlage Drucksache 17/1220 empfiehlt der Bildungsausschuss einstimmig – bei Enthaltung Linke und Piraten – die Annahme mit Änderungen. Wer der Vorlage mit den Änderungen der Beschlussempfehlung Drucksache 17/1391 zustimmen möchte, den bitte ich
jetzt um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der SPD und der CDU, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der fraktionslose Abgeordnete. Gegenstimmen? – Ich sehe keine Gegenstimmen. Enthaltungen? – Das ist die Fraktion Die Linke und die Piratenfraktion. Damit ist das Gesetz über die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen so beschlossen.
Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Beck. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Jüngst hat Kardinal Rainer Maria Woelki angesichts der eisigen Kälte zu besonderer Solidarität mit Obdachlosen aufgerufen. Obdachlose bräuchten jetzt besonders dringend einen warmen und sicheren Schlafplatz.
Mir erscheint es, als würden sein Aufruf und die Initiativen meiner Fraktion zur Verbesserung der Situation Wohnungsloser in unserer Stadt regelmäßig an den eisigen Herzen von Regierungsmitgliedern abprallen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen des Abgeordnetenhauses! Lassen Sie uns gemeinsam diese Solidarität zeigen und die Kältehilfe stärken! Das ist jetzt dringend nötig. Wir Bündnisgrüne möchten nicht abermals einen sinnlosen Versuch starten, mit moralischen Appellen diese unsozialen Politikelemente des Senats zu korrigieren.
Wie jeden Winter werden in den innerstädtischen Notunterkünften zusätzliche Schlafplätze benötigt. Die Medien haben in den letzten Tagen wiederholt darüber berichtet, dass Notübernachtungsstellen dramatisch überbelegt sind. Die Träger der Kältehilfe geben ihr Bestes. Sie versuchen, spontan zu korrigieren, was wegen fehlender Planungsgrundlagen präventiv nicht geleistet wird. Schon seit zwei Jahren versuchen wir, den Senat zu einer koor
dinierten Wohnungslosenpolitik zu bewegen. Neue Leitlinien wurden zu Beginn der Legislaturperiode versprochen. Jetzt werden sie unverbindlich von Senator Czaja für 2015 angekündigt.
Im September letzten Jahres kündigte der Senator wiederholt an, bis zum Wintereinbruch 500 Plätze in der Kältehilfe vorzuhalten. Bis Dezember waren es aber nur 470. Nicht einmal Ihren eigenen Ansprüchen konnten Sie gerecht werden. Unterkünfte ausschließlich für Frauen sind weiterhin knapp. Ende November haben Sie, Herr Senator, bereits bestätigt, dass es zu Überbelegungen gekommen ist. Und 18 Plätze bei mob e. V. sind gerade ersatzlos weggefallen, weil angeblich keine Immobilien zur Verfügung stünden. Bei Bedarfen für unsere ärmsten Mitbürgerinnen auf die Haushaltslage des Landes zu verweisen, halte ich für schändlich.
Das Zugeständnis, nicht in der Lage zu sein, neue Plätze zu schaffen, halte ich für organisatorisch peinlich, sich mit Zuständigkeiten auszureden, für billig.
Herr Senator! Sie verweisen sehr gern auf die Zuständigkeit der Bezirke, aber es ist doch längst deutlich geworden, dass es einer gesamtstädtischen Steuerung bedarf.
Sorgen Sie doch bitte unverzüglich dafür, dass geeignete leer stehende landeseigene Immobilien für die Kältehilfe genutzt werden können!
Die Kältehilfe ist nur ein kleines Segment der in Berlin insgesamt nicht funktionierenden Wohnraumversorgung für einkommensschwache Menschen. Der Senat wirkt angesichts der großen Problemlage für Flüchtlinge, für Wohnungslose, für Menschen mit psychischen Erkrankungen hilflos, tatenarm und überfordert. Die Verselbstständigung von in betreuten Wohnformen untergebrachten Menschen wird durch Wohnungsmangel gefährdet. Wirkungsarme Instrumente wie Belegungsbindungen und geschützte Marktsegmente sind bisher nicht durch neuere, bessere Steuerungsinstrumente ersetzt worden. Im geplanten Neubau sind soziale Mieten nicht zu erwarten. Statt öffentliche Immobilien weiter zu verscherbeln, sollten einige Immobilien besser sozialen Trägern zur Verfügung gestellt werden.
[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Oliver Höfinghoff (PIRATEN) und Alexander Spies (PIRATEN)]
Es macht auch Sinn, über die Verwendung der zusätzlichen Millionen aus dem Programm Soziale Stadt für die Wohnraumversorgung nachzudenken.