Protocol of the Session on November 7, 2013

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Herr Jahnke! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat Frau Dr. Kahlefeld.

[Zuruf: Nein!]

Doch, hat sie!

Was ich interessant finde, ist, dass Menschen, die sich für den Karneval der Kulturen interessieren, das heißt kulturschaffende Menschen mit Migrationshintergrund, offensichtlich nicht zu ihrer Klientel gehören, sondern nur zu unserer.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Und Sie haben offensichtlich überhaupt keine Ahnung von der Struktur und der Finanzierung dieses Festes. Jetzt verstehe ich auch, warum Sie im Ausschuss nichts dazu haben sagen wollen – das wäre einfach nur peinlich geworden. Der Wettbewerb zeichnet den Wagen aus, der am schönsten aussieht. Damit ist kein Geld verbunden. Die Städte, die ich aufgeführt habe, sind alles Städte, die im erheblichen Umfang ihren Karneval der Kulturen fördern.

Und was heißt hier „Staatsfixierung“? Ich meine, wie wollen Sie sich denn gerade finanzieren? – Doch schließlich auch vom Staat! Da wird so gnadenlos mit zweierlei Maß gemessen – Sie machen sich vollkommen unglaubwürdig.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank! – Möchten Sie antworten, Herr Jahnke? – Sie verzichten. Dann hat jetzt für die Linksfraktion Herr Abgeordneter Brauer das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich gestehe es gerne: Auch ich gehöre zu denen, die mit Leidenschaft im Etat der Wirtschaftssenatorin wildern gehen würden. – Sie ist leider nicht da, aber ich sage ihr das noch einmal separat. – Was ich nicht verstehe, ist, dass aus einem zweifelsohne vorhandenen und auch schmerzlichen Problem sozusagen eine Äpfel- und Birnendebatte gemacht wird. Es gibt eigentlich drei Arten von Plenaranträgen, mit denen wir uns in diesem Haus auseinandersetzen müssen: Das sind gute Anträge; das sind schlechte Anträge – ich sage ganz deutlich: Dies ist kein schlechter Antrag –; und es gibt gut gemeinte Anträge. Das ist hier ein gut gemeinter Antrag. Aber gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht.

(Frank Jahnke)

[Beifall bei der LINKEN und der SPD]

Das ist unser Problem. Wir teilen Ihr Anliegen. Wir finden das ehrenwert. Wir halten aber den von Ihnen formulierten Ansatz, Frau Kollegin Kahlefeld, für nicht zielführend. Deswegen werden wir nicht dagegen sein. Ich teile überhaupt nicht die Argumentation, die der Kollege Jahnke hier vorgetragen hat. Aber die Debatte hier so zu führen, ist wirklich nicht zielführend. Wir werden uns deshalb enthalten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Brauer! – Für die CDU-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Schlede das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wissen inzwischen: Die Karnevalsunterstützung gilt nicht dem Rosenmontagszug. Es ist klar geworden, dass es sich um den Karneval der Kulturen an Pfingsten handelt. – So weit, so klar! Ich möchte noch einmal summieren, was Sie, Frau Kahlefeld, hier in den Raum gestellt haben: Sie haben gesagt, dass es sich, wenn es nicht um Staatsfinanzierung geht, um die Verschleuderung von Kulturressourcen handelt, der wir uns sozusagen schuldig machen. Es geht darum, dass wir die entsprechenden Kreativen als Melkkühe missbrauchen. Es wird hier seitens des Staates, wenn er kein Geld gibt, systematisiert Ausbeutung betrieben. Und dieses Sponsorentrallalla – so wörtlich von Ihnen genannt –, das man zur Finanzierung initiiert, wird ebenfalls noch als ein Negativum abgestempelt.

Was sind denn die Fakten? – Die Fakten sind, was Herr Jahnke und Sie auch schon erwähnt haben: 270 000 Euro Unterstützung bei Gesamtkosten von 750 000 bis 800 000 Euro. Da bleibt neben den eigen erwirtschafteten Mitteln von 350 000 Euro eine Differenz von 200 000 Euro, die ich nicht in Frage stellen will. Denn der Markt, der am Freitag stattfindet, bringt Erhebliches ein. Dieses sollte man auch tatsächlich als eine angemessene Eigenfinanzierung betrachten.

Nun kommen Sie mit dem Vorschlag: Aber die Wagen müssen doch finanziert werden! – Wissen Sie, wenn Sie die Wagen finanzieren, unterdrücken Sie im Endeffekt jegliche Eigeninitiative in einer sehr bunten Mischung und machen sie kaputt. So sprechen Sie, auch in Ihrer Replik gerade eben, vom Migrationshintergrund. Wie oft waren Sie denn beim Karneval der Kulturen? Sind denn da nur migrantische Hintergründe? – Nicht dass ich wüsste! Bei meinen diversen Besuchen habe ich viele, viele andere gesehen, die überhaupt nicht so einen Hintergrund aufweisen. Lassen Sie doch die Leute sich in ihrer vollen Bandbreite darstellen, bunt und vielfältig, wie sie sind,

und natürlich immer auch mit einer gewissen Eigeninitiative, und ich füge hinzu: mit einem gewissen Eigenrisiko!

Herr Jahnke hat fraglos recht, wenn er Ihnen vorwirft: Was mit Staatsknete läuft, ist gut, und was ohne, das ist Ausbeutung, die wir zugunsten unseres Kulturlebens gerne entgegennehmen. – Das ist mir eine zu einfache Darstellung. Sie schicken Ihrem Antrag auch voran, dass es regelmäßige, unbürokratische Förderanträge geben soll. Dann soll eine mit regelmäßig wechselnden Mitgliedern aus der Berliner Kulturlandschaft zu besetzende Jury sicherstellen, dass sowohl die künstlerische als auch die soziokulturelle Qualität bei der Auswahl Berücksichtigung findet. – Das hat uns gerade noch gefehlt, dass diese Eigeninitiative, die hier in einer wirklich bunten, erheblichen Vielfalt querbeet in Bezug auf die Bewohner Kreuzbergs und weiterer Bezirke in Berlin entfaltet wird, durch eine Jury, die sicherstellen soll, dass die künstlerische und soziokulturelle Qualität erhalten bleibt, kaputt gemacht wird! Warum müssen die denn durch eine Jury gehen? Keine Art von Jury ist in der Lage, diesen Karneval der Kulturen letztlich zu befördern.

[Zuruf von Thomas Birk (GRÜNE)]

Herr Birk, rufen Sie ruhig ein bisschen lauter! – Ich will noch einen weiteren Punkt nennen: Was hier von Ihrer Seite bei Ihrem Antrag völlig außer Acht gelassen wird, sind die beachtlichen Nebenkosten der öffentlichen Hand. Die können Sie doch nicht einfach wegdenken! Der jetzige Prinz des Berliner Karnevals – er heißt Eddy oder so – hat gerade heute im „Tagesspiegel“ festgestellt, dass sie etwa 40 000 Euro aufbringen müssten, um allein für Absperrungen, Sicherheitsvorkehrungen und Ähnliches beim Rosenmontagsumzug zu sorgen. Was glauben Sie denn, was mit zwei Tagen Karneval der Kulturen die öffentliche Hand unter anderem bezüglich der Straßenabsperrungen, der Sicherheit und Ähnlichem mitinvestiert, was hier gar nicht zu Buche schlägt?

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter?

Nein, in diesem Fall nicht! – Diesen Faktor sollten wir einbeziehen. Das ist eine selbstverständliche Leistung, die anderen sehr wohl in Rechnung gestellt wird – siehe den Karnevalsumzug im Rosenmontagsbereich. Insofern denke ich: Wir sollten es bei einer Mischung aus öffentlicher Finanzierung und Unterstützung belassen, um es möglich zu machen, nicht aber eine jurierte Karnevalsprozession installieren, die dann mit Sicherheit das Ende jeglicher Initiative dieser sehr originellen Gruppen darstellt. Ich hoffe, das bleibt auch in Zukunft so. – Danke schön!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

(Wolfgang Brauer)

Vielen Dank, Herr Schlede! – Für die Piratenfraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Magalski das Wort. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt ein Antrag der Grünen vor, den wir federführend im Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten beraten haben. Mitberaten werden sollte dieser auch im Wirtschaftsausschuss. Formell ist das zwar dokumentiert, faktisch aber hat die Kollegin Kahlefeld ihn dort wohl nur begründet. Anschließend wurde laut Inhaltsprotokoll aber auf eine Aussprache hierzu verzichtet. Das kann der Sinn einer Überweisung ja wohl nicht sein. Ich finde es sehr schade, wie wenig Aufmerksamkeit den Belangen der Kreativwirtschaft in diesem Hause bisweilen zuteil wird.

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN]

Die freie Szene kann ja ein Lied davon singen. Wenn Herr Jahnke hier von Klientelpolitik spricht, weiß er vermutlich nicht, dass Berlinerinnen und Berliner jedweder Couleur am Karneval der Kulturen teilnehmen.

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN]

Insbesondere aber ist der Karneval der Kulturen ein Parameter für eine internationale und weltoffene Metropole Berlin und ein jährlicher Höhepunkt der Völkerverständigung und des friedlichen und kreativen Miteinanders der verschiedenen Kulturkreise. Der Karneval der Kulturen hat nicht nur Ausstrahlungs- und Anziehungskraft in Deutschland und Europa, sondern findet als Völkerfest weltweite Beachtung und Anerkennung.

Diesem Highlight des Berliner Kulturjahres soll mit dem vorliegenden Antrag zur Einrichtung eines Kulturfonds Rechnung getragen werden. Der Antrag dient nämlich nicht nur der barrierefreien, soziokulturellen Unterhaltung und Bildung für jeden, sondern ist für Mitte Mai zu einem starken Wirtschaftsfaktor für Berlin geworden,

[Lars Oberg (SPD): Kein Grund zum Schreien!]

wie die in der Antragsbegründung erwähnte Studie der Investmentbank Berlin auch ausweist. Sie listet auch alle Branchen auf, die direkt vom Karneval profitieren. Das sind nicht nur Gewerbetreibende im Umfeld, sondern das ist ganz Berlin.

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN]

Diese überaus positiven wirtschaftlichen Zahlen und die konstant hohen Besucherzahlen von regelmäßig weit über einer Million sprechen eigentlich schon für sich.

An dieser Stelle kann ich dem Argument von Herrn Brauer von der Linken auch nicht so ganz folgen, dass hier ja jeder kommen könnte und dann so einen Antrag auf einen Fonds einrichten mag. Nein! An dieser Stelle haben wir ja eine besondere Situation.

[Zuruf von Wolfgang Brauer (LINKE)]

Dem Abgeordnetenhaus sollte es eigentlich eine Herzensangelegenheit sein, Hunderte von ehrenamtlichen Darstellern und Organisatoren, die unsere Kulturlandschaft derart bereichern, mit einem entsprechend ausgestatteten Fonds unter die Arme zu greifen,

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN]

ohne die Institution Karneval der Kulturen dabei für sich zu vereinnahmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei den PIRATEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank, Herr Magalski! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zum Antrag Drucksache 17/0677 empfiehlt der Kulturausschuss mehrheitlich – gegen Grüne und Piraten, bei Enthaltung Linke – auch mit geändertem Berichtsdatum die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die Piratenfraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU, der fraktionslose Abgeordnete und zwei Stimmen aus dem Kreis der Piratenfraktion. Enthaltungen? – Das sind die Fraktion Die Linke und eine Stimme aus dem Kreis der Piratenfraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 12:

Arbeitszeitkonten der Lehrkräfte ohne Betrug beenden!

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie vom 19. September 2013 Drucksache 17/1212

zum Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/0715