Protocol of the Session on October 24, 2013

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Nein, nein!]

Jetzt haben wir in unserem Antrag, der Ihnen seit dem letzten Jahr vorliegt, das Hamburger Modell übernommen und siedeln das Stadtwerk bei den Wasserbetrieben an – so, wie das eben in Hamburg seit einigen Jahren der Fall ist. Aber jetzt wollen Sie plötzlich nichts mehr davon wissen. Jetzt polemisieren Sie hier herum. Jetzt verurteilen Sie in Bausch und Bogen das, was Sie uns gestern noch gepredigt haben. Also wirklich, liebe Kollegen von der Opposition: Wischen Sie sich mal den Schaum vom Mund und kommen Sie zur Sachdiskussion zurück!

[Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf von Dr. Klaus Lederer]

Es ist ja richtig, lieber Herr Kollege Lederer: Es gab über diesen Punkt eine Diskussion. Wir als CDUFraktion hätten uns auch vorstellen können, die Berliner Energieagentur als Keimzelle für ein Stadtwerk herzunehmen, weil dort viele der Aktivitäten eines Stadtwerks bereits erfolgreich umgesetzt worden sind. Dort ist inzwischen auch sehr viel Know-how vorhanden. Wir können aber auch mit den Wasserbetrieben sehr gut leben. Ich wette einmal, dass viele von Ihnen gar nicht gewusst haben, in wie vielen Berliner Landesbetrieben inzwischen ökologische Stromerzeugung stattfindet,

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Doch! Das wissen wir!]

wie viele Unternehmen sich mit Photovoltaik, mit Windenergie, mit Biomasse und so weiter beschäftigen. Wir sind mit der Energiewende in Berlin schon viel weiter, als die Opposition uns das immer glauben machen will.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU – Lachen bei Bündnis 90/Die Grünen, der LINKEN und den PIRATEN]

Zusammenfassend lässt sich also feststellen: Die von den Initiatoren des Volksbegehrens aufgestellten Forderungen betreffen größtenteils Maßnahmen, die von der Koalition aus CDU und SPD bereits eingeleitet worden sind, soweit das die energiepolitischen Kernforderungen angeht. Was darüber hinausgeht, ist zum Teil unzweckmäßig und zum Teil eben auch energiepolitisch schädlich, soweit es zum Beispiel den faktischen Ausschluss von Fachleuten aus den Aufsichtsräten betrifft. Die Forderungen des Volksentscheids sind also zum Teil längst beschlossene Sache, zum Teil unsinnig. Stimmen Sie daher am 3. November mit Nein!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Was nun die anderen Anträge der Opposition angeht – Sie haben durchaus ein Interesse daran zu hören, warum wir hier nicht mitgehen können. Zunächst zu den angeblichen Privilegien einiger Betriebe: Sie wollen angeblich ungerechtfertigte Industrieprivilegien bei der EEG-Umlage abschaffen. Die Befreiung stromintensiver Betriebe von der EEG-Umlage, die im internationalen Wettbewerb stehen, ist vor etlichen Jahren von der damaligen rotgrünen Bundesregierung beschlossen worden, und wir halten das für prinzipiell richtig. Es kann nämlich nicht Sinn und Zweck der Energiewende sein, Arbeitsplätze aus Deutschland ins Ausland zu verlegen, wo der Strompreis geringer ist. Das kann nicht sein!

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Es hat an der einen oder anderen Stelle bei diesen Regelungen, weil sie sehr kompliziert sind, sicherlich Übertreibungen gegeben. Die sind von der Bundesregierung aber bereits bereinigt worden. Und, lieber Herr Kollege Wolf: Bitte Kommen Sie mir nachher nicht wieder mit dem von Jürgen Trittin frei erfundenen Golfplatzbeispiel! Es gibt in Deutschland keinen einzigen Golfplatz, der als stromintensiver Betrieb klassifiziert und daher von der

EEG-Umlage befreit worden wäre. Das gibt es nicht; das ist frei erfunden; und Jürgen Trittin will darauf auch nicht mehr angesprochen werden.

[Zurufe von der LINKEN]

Zum nächsten Thema, zur Strompreisaufsicht: Sie wollen die aus der Monopolzeit stammende Strompreisaufsicht wieder einführen. Bei aller Liebe, liebe Kollegen – das ist völlig unnötig. Wir haben mittlerweile auf dem Strommarkt Wettbewerb. Zugegeben: Der Wettbewerb könnte noch etwas intensiver sein. Aber alle Berlinerinnen und Berliner haben inzwischen die Auswahl zwischen mehr als 300 Stromanbietern. Wenn sie wechseln wollen, kostet das fünf Minuten, und sie können bis zu mehreren Hundert Euro im Jahr sparen. Der Wettbewerb ist es, lieber Herr Kollege Wolf, der für die Aufsicht sorgt, und für alle anderen Fälle haben wir noch die Kartellbehörden. Aber eine neue Behörde ist völlig unsinnig. Hier werden wir nicht mitgehen.

Dann zu dem Thema Stromsperren: Sie wollen es verbieten, dass Stromkunden, die ihre Rechnung nicht bezahlen, irgendwann der Strom abgeschaltet werden kann. Lieber Herr Kollege Wolf! Sie vergessen dabei, dass es auch bei den Stromhandelsunternehmen – das sind nicht nur die Konzerne, wie gesagt –, 300 Unternehmen in Berlin, die den Strom liefern und die Rechnung schreiben, Arbeitnehmer gibt, die dort beschäftigt sind, Arbeitnehmer, die ihren Lohn regelmäßig haben möchten, Arbeitnehmer, die ihre Miete bezahlen müssen, Arbeitnehmer, die die Brötchen für ihre Familie bezahlen müssen.

[Zuruf von Uwe Doering (LINKE)]

Diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind darauf angewiesen, dass die Rechnungen auch bezahlt werden. Es geht also nicht, dass man jemandem erlaubt, Leistungen zu beziehen und nicht bezahlen zu müssen. Beim Bäcker müssen Sie auch bezahlen. Wenn Sie dort nicht bezahlen wollen, bekommen Sie keine Brötchen. Das funktioniert nicht.

[Zuruf von Heidi Kosche (GRÜNE)]

Alle diejenigen, deren Einkommen zur Lebenshaltung nicht ausreicht, beziehen Transfereinkommen, BAföG, Sozialhilfe, Grundsicherung usw. Und für diesen Personenkreis sind die Strompreise in den Transfereinkommen berücksichtigt, und diese reichen aus. Auch weitere Steigerungen, die möglicherweise im Rahmen der Energiewende noch kommen, werden bei der Bemessung der Transfereinkommen berücksichtigt. Also Verbot von Stromsperrungen, da können wir auch nicht mitgehen.

Dann zu den Anteilen an der Berliner Energieagentur: Sie wollen an Vattenfall und GASAG appellieren, ihre Anteile an der Berliner Energieagentur zu verkaufen. Der Erfolg der BEA ist auch darin begründet, dass dort zwei Gesellschafter beteiligt sind, nämlich Vattenfall und GASAG, die dort energiewirtschaftliches Know-how einbringen. Das Land Berlin bringt dort das Interesse ein,

dass die Strom- und Energieversorgung funktioniert. Die KfW bringt finanzielle Mittel ein. Aber beide öffentliche Gesellschafter bringen kein Know-how ein. Das machen Vattenfall und GASAG. Und deswegen halten wir das für sinnvoll, dass an der BEA auch weiterhin Vattenfall und GASAG beteiligt sind und ihr Know-how dort einbringen. Auch diesem Antrag können wir also nicht zustimmen.

Und was den letzten Antrag betrifft: Wir als Abgeordnetenhaus sollen ein Unternehmen wegen angeblich rechtswidrigem Verhalten maßregeln. Bei aller Liebe, das überlassen wir doch lieber der Justiz. Die versteht was davon. Das ist nicht die Aufgabe des Abgeordnetenhauses.

[Uwe Doering (LINKE): Und was ist mit der Aufsicht?]

Das war eine ganze Reihe von Anträgen. Wir wollen natürlich nicht die Kraft sein, die stets verneint, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, aber diesen Anträgen können wir beim besten Willen nicht zustimmen. Ich lade Sie aber herzlich ein: Bringen Sie doch mal Beispiele, die durchdacht sind, die sinnvoll sind, dann können wir auch mal zustimmen! – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Herr Dr. Garmer! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt der Abgeordnete Harald Wolf. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Garmer! Da Sie gesagt haben, über meine Zwischenfrage können wir nachher reden, habe ich jetzt die Gelegenheit zur Kurzintervention genutzt.

Erstens – die Frage Transparenz und Öffentlichkeit im Konzessionsverfahren: Da haben Sie gesagt, das ist die Rechtsauffassung irgendeiner beliebigen privaten Anwaltskanzlei. Es handelt sich um die Anwaltskanzlei, die vom Land Berlin beauftragt ist und auf deren Rechtsgutachten sich das gesamte Verfahren zur Konzessionsvergabe stützt, ist also keine Wald-und-Wiesen-Kanzlei, sondern die Kanzlei, der das Land Berlin, vertreten durch den Finanzsenator, das Vertrauen geschenkt hat, dass sie in der Lage ist, ihn so zu beraten, dass dieses Verfahren rechtssicher durchgeführt wird.

[Zuruf von Uwe Doering (LINKE)]

Und ich sage zum Zweiten: Der CDU-geführte Stadtrat in Stuttgart mit dem damaligen CDU-Oberbürgermeister ist diesen Empfehlungen gefolgt. Es gab eine breite Bürgerbeteiligung. Es gab eine Offenlegung der Verfahrensbriefe und der Regelungen für die Konzessionsverträge. Und

ich stelle noch mal fest, die große Koalition in Berlin mit CDU und SPD verweigert nach wie vor die Offenlegung dieser Konsortialverträge und verhindert damit eine breite öffentliche Debatte über die Vergabekriterien. Das stelle ich an dieser Stelle fest.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Zweitens: Herr Garmer! Ich fand es schon erstaunlich, dass Sie die Chuzpe haben, sich hier hinzustellen und zu sagen: Wir legen am 3. November eine Alternative vor. – Ja, wenn Sie es denn getan hätten, aber Sie haben es nicht getan. Sie waren dazu nicht in der Lage.

[Beifall von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

Die Regelungen über die Volksgesetzgebung sehen ausdrücklich vor – und das war damals genau die Überlegung –, dass das Abgeordnetenhaus die Möglichkeit hat, zur Abstimmung eine Alternative vorzulegen. Sie haben keine Alternative vorgelegt.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Weil sie keine haben!]

Stattdessen lassen Sie den Bürgerinnen und Bürgern nicht die Möglichkeit, über Ihren Gesetzentwurf am 3. November mit zu entscheiden, sondern Sie stellen sich hin und sagen: Kurz vorher verabschieden wir noch was anderes und tun damit so, als ob es erledigt wäre. – Sie hintergehen und missachten damit an dieser Stelle die Volkssouveränität. Das sage ich noch mal ganz deutlich.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Wolf! – Herr Dr. Garmer! Möchten Sie replizieren? – Sie verzichten. Danke! – Dann hat jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort der Herr Abgeordnete Schäfer. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 230 000 Berlinerinnen und Berliner haben das Volksbegehren „Neue Energie für Berlin“ unterschrieben. Noch viel mehr haben sich mit den Zielen dieses Volksbegehrens auseinandergesetzt, haben vielleicht zum Teil bewusst nicht unterschrieben. Wir hätten diese Diskussion heute hier und die Diskussion in der ganzen Stadt über die Zukunft der Energieversorgung Berlins nicht, wenn diese 230 000 Menschen das nicht getan hätten. Ich denke, egal wie dieser Volksentscheid ausgeht, es ist Zeit, dass wir diesen Menschen für diesen Einsatz für die Demokratie in Berlin einmal danke sagen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

(Dr. Michael Garmer)

Ich glaube, dass die direkte Demokratie in Berlin unsere Stadt stärken kann. Ich glaube, dass direkte Demokratie dazu führt, dass sich mehr Menschen in große Richtungsentscheidungen eingebunden fühlen. Ich glaube, sie ist auch ein Mittel gegen Politikverdrossenheit. Sie schärft das Bewusstsein dafür, dass Entscheidungen oft nicht einfach, sondern komplex sind. Und ich glaube, dass diese Vorteile alle nur dann zum Tragen kommen, wenn wir respektvoll mit dieser direkten Demokratie umgehen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Zu diesem Respekt gehört es, möglichst vielen Menschen die Beteiligung an den Instrumenten der direkten Demokratie zu erleichtern. Ich glaube, dazu gehört es, wann immer es möglich ist, einen Abstimmungstermin einer Volksabstimmung mit einem Wahltermin zusammenzulegen, das auch zu tun.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Da müssen wir feststellen, dass diese Koalition 1,5 Millionen Euro nur dafür ausgibt, den Menschen die Beteiligung am Volksentscheid zu erschweren, und das ist eine Respektlosigkeit. Und das prangern wir hier an.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Das verstehen Leute nicht, dass ein Senator, der früher als Oppositionspolitiker bei „Pro Reli“ selber mal gesagt hat, das muss zusammen mit einem Wahltermin, dann beim nächsten Volksentscheid, wo er zufällig in der Regierung ist, genau das Gegenteil sagt. Das ist unverständlich.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]