Die zweite Säule des Kinder- und Jugendmedienschutzes bleibt der Ausbau der Medienkompetenz und die präventive Aufklärung. Der Staat kann dies fördern, aber in erster Linie ist das eine gesellschaftliche Aufgabe. Kinder müssen bei der Mediennutzung von Eltern und Pädagogen begleitet werden, die mit ihnen darüber sprechen und dabei ihren Sinn für Qualität schärfen. Jugendmedienschutz ist also auch ein pädagogisches Thema. Unsere Schulen fördern bei den Kindern und Jugendlichen den bewussten und verantwortungsvollen Umgang mit den Medien.
Auch in vielen Berliner Jugendeinrichtungen findet medienpädagogische Arbeit statt. Unterstützt werden diese Anstrengungen durch unsere Medienanstalt BerlinBrandenburg. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 9 Medienstaatsvertrag ist die Förderung der Medienkompetenz eine zentrale Aufgabe der MABB. Sie fördert Projekte Dritter, führt eigene Initiativen, Veranstaltungen und Projekte durch und bietet Medienkompetenzmaterialien und publikationen an. Außerdem beteiligt sie sich an bundesweiten Projekten wie dem Ratgeber für Kinder und Eltern im Netz unter www.internet-abc.de.
Zu diesen Themen ist die Diskussion voll im Gang, und ich begrüße das ausdrücklich. Ich möchte auch die Poli
tik, die Parteien, aber auch besonders Sie, die Abgeordneten, ausdrücklich ermuntern, sich an dieser Debatte, wie bisher, rege zu beteiligen.
Na, sage ich doch! – Die Ministerpräsidentenkonferenz hat sich vorgenommen, die Chance für einen neuen Anlauf zur Novellierung des Staatsvertrags zu prüfen. Diese Prüfung läuft noch, aber sie läuft nicht alleine in den Gremien. Die Senatskanzlei wird zum Beispiel einen intensiven Dialog mit Bloggern und der Netzcommunity organisieren. Gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen und anderen will Berlin auch in punkto Dialogkultur vorangehen.
Der Bund ist für den Jugendschutz auf Trägermedien wie Videos, Kino, Film, CDs zuständig, die Länder für den Rundfunk und den Onlinebereich. Die Länder werden auch weiterhin darauf achten, dass der Bund diese Aufteilung von Zuständigkeiten respektiert. Eine andere Frage ist: Wo gibt es sinnvolle Kooperationsmöglichkeiten. Ohne den Beratungen in den Gremien vorzugreifen, kann ich sagen: Es gibt einen breiten Konsens dafür, die Alterseinstufung beider Regelungskreise anzugleichen. Wenn ein Film zunächst im Kino gezeigt wird und anschließend online abzurufen ist, muss die Altersfreigabe identisch sein.
Wie gesagt, hinsichtlich neuer gesetzlicher Initiativen der Länder ist noch nichts entschieden oder auch nur vorentschieden.
Nein! – Meine Einschätzung ist, dass wir noch nicht in diesem Oktober, wie ursprünglich angedacht, einen neuen Anlauf für die Staatsvertragsnovelle starten werden. Ich sichere Ihnen aber zu, dass die Senatskanzlei das Abgeordnetenhaus bei diesem Thema weiter regelmäßig einbeziehen wird, dass wir im zuständigen Medienausschuss kontinuierlich informieren werden, wie sich die Debatte entwickelt, und gern auch gute Argumente aus dem parlamentarischen Bereich aufgreifen und weitertragen werden. Ich lade Sie an dieser Stelle ausdrücklich noch einmal ein: Bringen Sie Ihre Ideen mit ein, machen Sie konkrete Vorschläge, beteiligen Sie sich an der Meinungsbildung über einen wichtigen Baustein unserer digitalen Gesellschaft im 21. Jahrhundert mit einem freien Netz, aufgeklärten und medienkompetenten Bürgerinnen und
Vielen Dank! – Für die Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Piratenfraktion. Herr Kollege Dr. Weiß – bitte schön!
Wenn ich mich nicht irre, dann war das gerade das erste Mal in dieser Legislaturperiode, dass ein Mitglied des Senats von sich aus im Plenum das Wort ergriffen hat.
[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Stefan Gelbhaar (GRÜNE)]
Das finde ich gut, ganz unironisch. Das kann ruhig öfter passieren. Es ist dem Thema auch angemessen. Ich hätte mir nur gewünscht, dass ein bisschen mehr zur eigentlichen Sache, also zur anstehenden Novellierung gesagt wird.
Die nächste Novellierung steht an. Die letzte Novellierung ist, wie bereits ausgeführt, 2010 gescheitert. Darüber können wir froh sein.
Sie ist gescheitert in letzter Sekunde, als der Landtag Nordrhein-Westfalen die Zustimmung verweigert hat, sie ist gescheitert nach massiven und berechtigten Protesten aus der Zivilgesellschaft. Die Diskussion, die damals in Berlin auch in diesem Haus geführt wurde, habe ich, obwohl ich noch nicht Mitglied des Hauses war, durchaus intensiv mitverfolgt. Sie war damals mitentscheidend für meine Entscheidung, für dieses Haus zu kandidieren, leider nicht im positiven Sinne. Ich habe es als schmerzhaft empfunden zu sehen, wie ein Entwurf, den eigentlich niemand ernstlich verteidigen wollte, dennoch zur Zustimmung gelangt ist. Trotzdem finden wir in der vorliegenden schriftlichen Antwort des Senats immer noch die Verteidigung dieses letzten Entwurfs. Man habe dem damals durchaus zu Recht zugestimmt. Ich fände es interessant, gerade von den Koalitionsfraktionen dazu eine Stellungnahme zu hören.
Gehen wir zu den Inhalten. Was ist eigentlich das Problem, bzw. was war das Problem bei der letzten Novellierung, und welche Probleme müsste eine neue, erfolgreiche Novellierung eigentlich angehen? – Das Grundproblem ist das der Übertragung von Mechanismen, die bereits angesprochen worden sind – das sind die Alterskennzeichnungen, Methoden der freiwilligen Selbstkontrolle, Sendezeiten usw. aus dem Rundfunkbereich, wo
sie Sinn ergeben beziehungsweise seit Langem praktiziert werden – auf einen Bereich, für den sie sich einfach nicht eignen, und zwar das Internet als dezentrales und auch internationales Kommunikationsmedium. Folge davon war – ohne auf alle Probleme einzeln einzugehen, die Fragen unserer Großen Anfrage strukturieren sich danach – eine Regelung, die nicht nur für Anbieter, sondern auch für normale Nutzer des Netzes, wenn sie bloggen oder wenn sie sich in diversen sozialen Teilen des Netzes bewegen, zu erheblicher Rechtsunsicherheit führt, ohne auch nur einen einzigen Deut mehr für den Jugendschutz zu bringen.
Ein anderer Aspekt, den wir in der Großen Anfrage angesprochen haben und der auch damals intensiv diskutiert wurde, ist der des Zustandekommens dieser Staatsverträge. Nun wissen Sie alle, wie diese Staatsverträge zustande kommen. Sie entstehen aufgrund der Einigung von 16 Bundesländern. Das Parlament hat letztlich nur noch über Ja oder Nein zu entscheiden, die Öffentlichkeit bleibt von vornherein draußen. Das wurde damals kritisiert, und es wurde die Forderung gestellt, das solle man anders machen. Die Chance, das anders zu machen, ist noch nicht vertan. Ich freue mich – so eine Ihrer schriftlichen Antworten auf die Große Anfrage –, dass Sie Ihre Aussage, der Senat plane keine öffentlichen Anhörungen zur JMStV-Novellierung, geändert haben. Da bin ich sehr gespannt! Für uns als Parlament besteht jetzt noch die Möglichkeit, einmal in einem solchen Fall schon im Vorfeld in die Verhandlungen einzugreifen – Sie haben uns ja sogar dazu aufgefordert. Vielleicht machen wir es diese Mal früher als beim RBB-Staatsvertrag.
Was ich Ihnen bislang noch schuldig geblieben bin, ist die Antwort auf die Frage: Was müsste denn jetzt konkret anders gemacht werden? – Da muss ich tatsächlich etwas ins Grundsätzliche gehen. Das Problem des JMStV sind nicht nur die Inhalte der letzten Novellierung, das Problem ist bereits der Regelungsansatz. Der Regelungsansatz des JMStV ist aus den Gründen, die ich schon angesprochen habe, schlicht nicht geeignet, wirksam und sinnvoll Jugendschutz im Internet zu garantieren.
Ich hatte inzwischen die Gelegenheit seit dem Stellen der Großen Anfrage bei der Senatskanzlei die Protokolle der Rundfunkkommission einzusehen. Nach dem, was ich dort gelesen habe, bleibt bei mir nur ein Eindruck zurück, und das ist der großer Ratlosigkeit. Wie können wir denn mit dem Regelungsansatz irgendetwas Sinnvolles machen? Es gibt keine schlimmere Kombination für die Gesetzgebung als Ratlosigkeit und Regelungswillen. Ich glaube, wir müssen einfach zu einem anderen Ansatz finden. Ich hoffe, dass wir es schaffen, uns als Parlament in dieser Diskussion tiefgehend zu beteiligen. Jetzt muss ich abbrechen, denn meine Redezeit ist beendet. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst dem Regierenden Bürgermeister für die dezidierte Antwort auf die Große Anfrage danken – und auch für die Statements darüber hinaus. Sie zeigen, dass der Senat und allen voran der Regierende Bürgermeister an diesem Thema dran sind und dass wir bei einem erneuten Durchgang, so glaube ich, eine aktive Rolle des Senats bei der Erarbeitung eines weiteren Entwurfs erwarten können. Das freut uns!
Wir könnten heute sagen, wir gackern über ungelegte Eier, denn es liegt nichts vor. Trotzdem ist es richtig, frühzeitig eine grundsätzliche Debatte zu führen. Der Regierende hat das angeregt, und das Parlament ist gut beraten, dies auch frühzeitig zu tun. Deswegen ist Ihre Große Anfrage auch nicht ganz umsonst, sondern sie macht durchaus Sinn. Wir werden den Senat ernst nehmen, dass wir frühzeitig im Medienausschuss die Fortschritte bei den Beratungen in den Staatskanzleien abfragen. Dann werden wir die grundsätzlichen Fragen dort debattieren können.
Die schriftliche Antwort des Senats müht sich über sieben Seiten, tatsächlich Antworten auf etwas zu finden, was eigentlich noch gar nicht da ist. Dazu kann man sagen: Mehr kann man eigentlich nicht verlangen, als dass da sogar schon einige dezidierte Antworten angedeutet sind. Es ist nicht so, Herr Weiß, dass jetzt der alte Entwurf, der vor ein paar Jahren bundesweit keine Mehrheit gefunden hat, hier verteidigt wird. Es werden einige Akzente gesetzt, die aus der Debatte von damals Lehren ziehen. Ehrlich gesagt, hatte ich gar nicht mehr damit gerechnet, dass die Staatskanzleien nach dem Scheitern von damals überhaupt noch einen neuen Anlauf unternehmen für einen neuen Jugendmedienschutzstaatsvertrag, aber sie machen es wohl. Wenn der Entwurf kommt, dann gehen wir jedenfalls davon aus, dass alle Landesregierungen tatsächlich Lehren aus der damaligen Debatte ziehen. Das bedeutet zum einen, dass Netzsperren oder Sperrverfügungen tatsächlich kein probates Mittel sind, vielmehr muss der Grundsatz Löschen statt Sperren gelten. Ich höre auch, dass sich die Rundfunkkommission tatsächlich von diesem Grundsatz wird leiten lassen. Wir werden sehen, was dabei konkret herauskommt.
Vielen Dank! – Herr Wowereit hat mich vorhin darauf hingewiesen, dass meine Rede nicht besonders konkret gewesen wäre. Da hat er recht. Deshalb will ich ganz konkret nachfragen.
Das kann ich nicht beeinflussen. – Zum Thema Sperren bzw. Sperrverfügung: Ich habe mit großem Interesse in der Antwort auf die Große Anfrage gelesen, dass der jetzige JMStV gar keine Sperren vorsehen würde. Ich weiß nicht, wie Sie das beurteilen, aber wenn ich mir den § 20 Abs. 4 in Verbindung mit § 59 des Rundfunkstaatsvertrags ansehe, dann ist das sehr wohl der Fall. Verstehe ich Sie richtig, dass Sie einer Novellierung nicht zustimmen würden, die diese Ermächtigung zur Sperrverfügung beibehält?
Herr Weiß! Ich glaube, wir sollten jetzt keine Exegese betreiben, wie wir den alten Entwurf interpretieren. Wichtig ist, dass wir Lehren daraus ziehen. Ich kann für meine Fraktion sagen, dass wir von Sperren wenig halten. Wir räumen dem Grundsatz Löschung absoluten Vorrang ein. Wenn es Möglichkeiten gibt, diesem Prinzip zum Durchbruch zu verhelfen, auch in einem neuen Staatsvertragsentwurf, würden wir das unterstützen. Sperren halten wir nicht für das richtige Mittel.
Ich will einen zweiten wichtigen Punkt aus der schriftlichen Antwort hervorheben, nämlich die schon bestehenden Pflichten für private Websitebetreiber, Blogger und Ähnliches. Bereits das geltende Recht verlangt, dass die Anbieter von entwicklungsgefährdenden Inhalten dafür sorgen müssen, dass sie von Kindern und Jugendlichen üblicherweise nicht wahrgenommen werden können. Diese Pflicht ist bereits im alten Staatsvertrag enthalten. Wir sehen herzlich wenig Raum für weitere Pflichten, die für private Websitebetreiber kreiert werden sollten. Für zusätzliche Restriktionen muss man schon sehr gute Begründungen finden. Ich glaube, dass der Senat das auch so sieht. Es wird zumindest in der schriftlichen Antwort angedeutet, dass auch an dem Punkt die Rundfunk
Ich möchte weiter hervorheben – das hat auch der Regierende Bürgermeister betont –, dass das Prinzip der freiwilligen Selbstkontrolle sehr wichtig ist. Wenn wir dazu kommen, dass wir gleiche Regeln in allen Medien haben – gleiche Altersstufen und Ähnliches –, und dann auf der Basis von Vereinbarungen im Ernstfall zu praktikablen Löschungsregeln kommen können, dann haben wir ein angemessenes Instrumentarium. Ich gehe davon aus, dass der Entwurf auch in diese Richtung geht.
Lassen Sie uns eine frühzeitige Debatte führen, auch im Medienausschuss! Wenn sich dann die Rundfunkkommission auf einen Entwurf einigt und sich die Ministerpräsidenten den zu eigen machen, dann werden wir die Sache wieder aufrufen und in Verarbeitung der damaligen Erkenntnisse erneut beraten. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege Zimmermann! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort der Kollege Gelbhaar. – Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben es schon gehört: Ende 2012 wurde von den Ministerpräsidenten beschlossen, im Jahr 2013 einen neuen Entwurf für den Staatsvertrag zum Jugend- und Kinderschutz zu erarbeiten. Seitdem haben wir und die Piraten immer wieder nachgefragt, was darin neu geregelt werden soll. Wir haben bereits im März dieses Jahres einen Antrag an den Senat gestellt, endlich eine öffentliche Debatte mit Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und der Politik zu führen. Daraus ist bislang nichts geworden. Zum Beispiel gab es einen Runden Tisch Medienbildung, der vom Senat knallhart gemieden wurde. Dort waren nur die Oppositionsfraktionen vertreten. Ich freue mich immer über SPD-Parteitagsbeschlüsse oder über Ankündigungen des Regierenden Bürgermeisters, aber in der Sache aktiv geworden ist der Senat in dieser Sache bislang nicht.